Protokoll der Sitzung vom 18.12.2014

Sie braucht natürlich unser Engagement, zu zeigen, warum Windräder für den Klimaschutz und für den Ausbau der erneuerbaren Energien wichtig sind.

(Florian Rentsch (FDP): Und Steuergeld!)

Herr Kollege Rentsch, hätten Sie sich einmal dafür eingesetzt, dass der Emissionshandel anders funktioniert. Ihre Partei war im Bundestag doch eine der Kräfte, die dieses System so schrecklich gemacht haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Minister Tarek Al- Wazir: Brüssel hat dafür gesorgt, dass zu viele Zerti- fikate auf dem Markt sind!)

Wenn ein schwaches Lüftchen aufkommt, dann werden wir sicherlich nicht ängstlich den Kopf einziehen. Wir als Koalition und die, die für den Energiegipfel noch stehen, haben ein sehr gutes Konzept im Rücken. Für das kann man werben, und das ist auch gut so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, das Werben um Akzeptanz ist eigentlich nur ein ganz kleiner Teil der Energiepolitik. Die Energiewende ist ein Systemwechsel mit einem kompletten Umdenken, nicht nur im Strom-, im Wärme- und im Verkehrsbereich. Genau aus diesem Grund wollen wir als Koalition die Ergebnisse des Energiegipfels verstetigen. Wir wollen auch den Bereich Verkehr hinzunehmen. Das hat Kollege Schäfer-Gümbel schon gesagt, und das ist auch Inhalt unseres Koalitionsvertrages. Auf diesen Weg machen wir uns.

Ich möchte die Herausforderungen am Beispiel Strom darstellen. Ein Problem ist die Volatilität der Energie. Wie kann man schnell und flexibel Energie dazuschalten, wenn gerade eine Spitzenlast gedeckt werden muss? Wie kann

man den verbrauchsstarken Süden versorgen? – Über Lastmanagement und über Netzausbau.

Genau an diesen Punkten arbeiten wir – auch an der Integration der dezentralen Energie, damit die Wertschöpfung vor Ort passiert. Genau um solche Themen kümmern wir uns gerade. Herr Kollege Rock, wir hängen nicht mehr an diesen Scheinproblemen, wie die FDP das tut, sondern wir kümmern uns um die Energiewende hier im Land.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – René Rock (FDP): Sie hängen an einem Scheinproblem!)

Wir kümmern uns um ein weiteres ganz wichtiges Thema. Es gilt nämlich, hier einen Beweis zu erbringen, dass Deutschland als wirtschaftsstarkes Land durch die Energiewende nicht nur wirtschaftsstark bleibt, sondern sich auch ein Alleinstellungsmerkmal auf den Exportmärkten erarbeitet. Um das zu erreichen, muss man die Energiewende zum einen sehr gut umsetzen

(René Rock (FDP): Genau!)

und zum anderen kosteneffizient gestalten. Herr Kollege Rock, genau darum kümmern wir uns. Das ist nämlich der Schlüssel zum Erfolg. So wird die Energiewende zum Exportschlager. Ich bin dankbar, dass die Koalition diese Aufgabe als prioritär betrachtet.

Ich freue mich immer wieder, dass es Unterstützung durch die SPD und in Teilen durch DIE LINKE gibt. Eines ist schließlich klar: Die Energiewende braucht vor allem eine ruhige Hand, Entschlossenheit, Weitblick, Geduld und den Dialog mit allen Beteiligten. Ich bin mir sehr sicher, dass wir mit Ministerpräsident Bouffier, mit Tarek Al-Wazir als Energieminister und mit Priska Hinz als Umweltministerin drei Personen an der Spitze haben, die die dafür erforderlichen Fähigkeiten besitzen. Als Koalition werden wir sie auf genau diesem Weg unterstützen, und ich bin froh, dass wir da so erfolgreich vorangehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn. – Als Nächster hat Herr Abg. Peter Stephan, CDU-Fraktion, das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nehmen wir einmal an, heute sei Donnerstag, der 26. Januar 2012, und die FDP hat einen Punkt mit dem Titel „Bürgerwillen ernst nehmen“ auf die Tagesordnung gesetzt. Wie wäre da die FDP in die Debatte eingestiegen? – Denn: Am 22. Januar 2012 haben sich 88 % der Bürger aus Heidenrod im Taunus für die Errichtung von Windenergieanlagen auf ihrer Gemarkung und auf den städtisch-gemeindlichen Flächen ausgesprochen. Sicherlich hätte Herr Kollege Rentsch vor diesem Hintergrund ausgeführt, dass der Bürgerwillen ernst zu nehmen ist und die Windräder unbedingt zu bauen sind.

(Heiterkeit der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Im Übrigen läuft dieses Projekt, und es soll der finanzschwachen Kommune 800.000 € im Jahr an Einnahmen bringen.

Oder: Was wäre, wenn wir heute die Woche nach dem 20.07.2014 hätten? In einem Bürgerentscheid vor fünf Monaten in Braunfels waren die Windenergiegegner unterlegen. Die kommunalen Mandatsträger haben anschließend die entsprechenden Beschlüsse gefasst, um den Bau von Windenergieanlagen zu ermöglichen.

Dazu gibt das Internet ein paar schöne Spezifika preis. Erstens. Die FDP in Braunfels unterstützt den Bau der Windkraftanlagen.

(Florian Rentsch (FDP): Das ist doch völlig legitim!)

Sieh an, auch in der FDP gibt es Menschen, die für Windenergieanlagen eintreten.

Zweitens. Die BI, die gegen Windenergieanlagen aufgetreten ist, beschreibt die Entscheidungen der Braunfelser Parlamentarier, die den Bürgerentscheid entsprechend umsetzen, wie folgt – ich zitiere von der Homepage der Initiative vom 18.09.2014 –:

Parlament winkt Gestattungsvertrag wieder durch. … Ein ausführlicher Bericht folgt dazu, auch mit den Namen und dem Abstimmungsverhalten der Stadtverordneten.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, geht man so mit Bürgerentscheiden und mit den Parlamentariern um, die diese Bürgerentscheide anschließend umzusetzen haben? Ich glaube, man muss einmal ernsthaft darüber nachdenken, ob das korrekt ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Drittens. Wie ist die Aussage des Sprechers der dortigen BI zu verstehen, der feststellt, dass – ich zitiere wieder – „die Stadt vierspurig am Bürger vorbeigefahren ist“? Er macht diese Aussage deshalb, weil die Bürger in einem Bürgerentscheid so entschieden haben. Ein Bürgerentscheid enthält auch ein Quorum. Das sind eben die Verfahrensregeln, an die sich alle zu halten haben. Ich meine, so kommentiert man keine Entscheidung, die die Bürgerinnen und Bürger getroffen haben.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir nehmen zur Kenntnis, dass in Hessen jetzt erstmals eine örtliche Initiative gegen die Verpachtung städtischer Flächen für Windenergieanlagen erfolgreich gewesen ist: Eine Mehrheit der teilnehmenden stimmberechtigten Bevölkerung in Oestrich-Winkel hat sich im Rahmen eines Bürgerentscheids dagegen ausgesprochen, städtische Flächen für die Errichtung oder den Betrieb von Windenergieanlagen zur Verfügung zu stellen. Dieses Votum ist Ausdruck des Bürgerwillens vor Ort, und dieses Votum ist entsprechend zu respektieren. Das gilt für alle demokratischen Kräfte.

Diesem Bürgerentscheid stehen aber auch andere Bürgerentscheide in Hessen gegenüber; aus zweien habe ich eben zitiert. Ich meine, beides muss akzeptiert werden – von allen: von der Bevölkerung und von der Politik. Das gilt für diejenigen, die sich für solche Anlagen ausgesprochen haben, und für die, die eine Gegenmeinung dazu gehabt haben.

(Florian Rentsch (FDP): Sehr gut, das kann ich nur unterstützen!)

Es gilt, dass die Ergebnisse dieser Verfahren – diese Bürgerentscheide sind über die HGO geregelt – so umzusetzen sind. Auch in der Politik und im Verwaltungshandeln gibt es Spielregeln, die in Gesetzen und Verordnungen festgelegt sind.

Es ist schlicht undemokratisch, nach einer Entscheidung, die nicht im eigenen Sinne ausgefallen ist, lauthals zu schreien, dass die Spielregeln falsch sind. Auch das gehört zu unserem Verständnis von Demokratie, diese Entscheidungen – es gibt ja nicht nur den Entscheid, es gibt im Vorfeld auch eine Reihe von Maßnahmen, die über Parlamente laufen – so zu akzeptieren, wie sie nach Recht und Gesetz getroffen worden sind.

Kolleginnen und Kollegen, die Arbeiten an den Regionalplänen zur Steuerung der Windenergie in Hessen kommen gut voran. 2013 wurden in Hessen zu den 1.000 MW, die wir schon haben, 180 MW Leistung zugebaut. Wir haben derzeit Anlagen mit einer Leistung von 1.300 MW in Planung, im Genehmigungsverfahren oder schon genehmigt.

In der Presse lesen wir derzeit sehr häufig über Initiativen gegen Windenergieanlagen. Aber dort, wo in aller Ruhe geplant, gebaut, in Betrieb genommen wird, wird selten in dieser Intensität darüber berichtet. Das bleibt dann in der lokalen Presse.

Ich bin sicher – das ist die Schlussfolgerung aus all diesen Zahlen und Daten –, dass wir unser Ziel, eine Verdoppelung der Stromproduktion aus regenerativen Energien, in der Koalitionszeit bis 2019 erreichen werden.

Doch nun zu den Anträgen. Bürgerbegehren und Bürgerentscheide laufen nach den Regeln der HGO ab. Das gilt für Antragssteller, die für etwas sind, und für Antragssteller, die gegen etwas sind. Sie werden von den Kommunalparlamenten entsprechend den rechtlichen Vorgaben als Verfahren zugelassen – oder nicht –, und sie werden von den Kommunalparlamenten respektiert und umgesetzt. Wenn dem nicht so wäre, würde man mit Recht dagegen klagen können.

Das gilt nicht nur für Windenergieanlagen, sondern genauso für Supermärkte, für Straßen oder für Verkäufe kommunaler Einrichtungen und Flächen, zu denen es immer wieder solche Entscheidungen gibt. Alle haben sich an Recht und Gesetz zu halten. Das gilt vor, während und nach einem Bürgerentscheid, und das gilt auch für die Forderung der FDP in ihrem Antrag, der im Titel auch „Bürgerentscheide zulassen“ stehen hat. Bürgerentscheide werden nach Recht und Gesetz durchgeführt, so, wie es vorgeschrieben ist. Wem das Ergebnis nicht passt, der kann dagegen klagen, und da gewinnt oder verliert er anschließend.

Es ist immer die Frage: Bürgerwille, ja oder nein? Ich weise noch einmal darauf hin: Gegen die im Regionalplan Südhessen ausgewiesenen Vorrangflächen haben 30.000 Menschen Einspruch eingelegt. Ich glaube, das stellt ein ganz großes Spektrum dar, innerhalb dessen sich der Bürger beteiligen und einbringen kann.

Ich will heute zwei weitere Punkte aufgreifen. Akzeptanz war von Anfang an ein wichtiges Thema beim Energiegipfel. Ich bin froh, dass das „Bürgerforum Energieland Hessen“ heute wieder sehr aktiv ist und Beiträge dazu leistet.

Eine Anmerkung für das Protokoll: In unserem Antrag ist unter Ziffer 7 der Begriff nicht korrekt geschrieben; es muss „Bürgerforum“ heißen. Das „Bürgerforum Energie

land Hessen“ sorgt vor Ort mit seinen Beiträgen dafür, dass emotionale Diskussionen auf Sachlichkeit zurückgeführt werden und höchst strittige Themen im Bereich der Windenergie gezielt vorangetrieben werden können. Dieses Gremium hat gerade in dieser Woche mit einer Anhörung zur Problematik Infraschall ein wichtiges Thema aufgerufen, das bei der Frage „Windenergieanlagen – ja oder nein?“ immer wieder eine große Rolle spielt.

Ich bin sicher: Wenn diese Aktion abgeschlossen ist, werden wir – mit sachlichen Gründen – wissen, dass Infraschall auch bei Windenergieanlagen keine so große Bedeutung hat.

Was die juristische Ebene betrifft – das haben uns die Experten dort gesagt –, gibt es so viele Urteile, wonach Infraschall im Zusammenhang mit Windenergieanlagen keine Rolle spielt, dass wir da eigentlich auf der richtigen Seite sind. Zudem haben die Experten gesagt: Wenn man ein Windrad im Wald baut, kann man den Infraschall gar nicht messen, weil der Infraschall des Waldes sehr viel größer ist.

Auch über Hessen-Forst ist diskutiert worden. Es gibt dort eine klare Ansage: Solange wir in den Regionalplänen keine Vorrangflächen ausgewiesen haben, stimmt sich Hessen-Forst immer mit der jeweils zuständigen Kommune ab. Es hat bisher keine Verpachtung von Hessen-Forst gegen den Willen einer Kommune gegeben. Aber wenn wir Vorrangflächen haben und vonseiten des Landes Hessen die Energiewende betreiben wollen, ist es doch falsch, zu sagen: Genau die Landesflächen dürfen dafür nicht zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Florian Rentsch (FDP): Aha!)

Ganz im Gegenteil, wir haben Vorrangflächen, und Hessen-Forst hat die Aufgabe, die Politik des Landes Hessen in Bezug auf die regenerativen Energien zu unterstützen. Das ist die Aufgabe, und das wird auch so gemacht, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Bürger sprechen sich für oder gegen Windenergieanlagen aus, so wie auch für oder gegen Straßen, Schienenwege und Einkaufszentren. Ich zitiere noch einmal von einer Internethomepage einige Sätze, die sicherlich für uns alle die Dinge zusammenfassen: