Protokoll der Sitzung vom 18.12.2014

(Beifall bei der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): So sieht es aus!)

Das ist genau der Punkt, den die Leute merken. Deswegen wird Ihnen das auch nichts nützen.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass dieser Prozess der Energiewende, der im Jahr 2011 gesamtgesellschaftlich begonnen wurde, im Gange ist und noch lange nicht beendet ist. Wir haben noch Atomkraftwerke in diesem Land, die laufen. Das nächste in Grafenrheinfeld wird nächstes Frühjahr abgeschaltet – ich kann sagen: glücklicherweise.

Liebe Kollegen von der FDP, wenn Sie sagen, dass die erneuerbaren Energien nicht ausgebaut werden sollen, wenn Sie sagen, dass es nicht dazu kommen soll, dass mehr Vernetzung stattfindet, dann würde es zur Wahrheit dazugehören, dass Sie auch einmal dazusagen, dass das am Ende be

deuten würde, dass der Atomausstieg nicht vollendet würde, nicht im Jahr 2021 abgeschlossen würde. Dann sagen Sie den Leuten, dass das Ihre Alternative ist. Ich bin mir sehr sicher, wie die Mehrheit der Bevölkerung dazu steht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – René Rock (FDP): Das ist doch Blödsinn!)

Deswegen: Ja, wir haben für eine Übergangszeit auch noch eine Nutzung fossiler Energieträger. Da setzen wir aber auch darauf, dass die modernsten und effizientesten Technologien zum Einsatz kommen. Dazu will ich ausdrücklich sagen, dass wir momentan noch zu viel Braunkohle in Deutschland am Netz haben. Das hängt aber damit zusammen, dass es einmal einen Bundeswirtschaftsminister namens Philipp Rösler gab, der kräftig dafür gekämpft hat, dass es so viele Emissionszertifikate auf dem Markt gibt, dass die fast keinen Preis mehr haben und deswegen auch keine Lenkungswirkung haben. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ja, es sind Veränderungen und Einschnitte. Ein wirklicher Prozess der Energiewende wird uns zwangsläufig noch über etliche Jahre begleiten. Ja, wir werden vor Ort für die Akzeptanz der Windräder, der nötigen Vernetzung werben müssen. Ja, wir werden es auch mit Menschen zu tun haben, die das ablehnen. Aber auch dazu sage ich ausdrücklich: Wir sollten uns nicht von den Schlagzeilen an bestimmten Orten leiten lassen und dann sagen, dass das die Mehrheit sei. Lieber Kollege Rentsch, Sie kennen die Umfrage, dass über 90 % der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land den verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien für wichtig halten.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Sie kennen die Ergebnisse, dass es bei Projekten in der eigenen Nachbarschaft immer noch rund 65 % sind. Sie kennen die Umfrage aus dem Vogelsberg, gerade aktuell, dass der Tourismus dadurch negativ beeinflusst wird.

Es sollte Ihnen zu denken geben, wenn beispielsweise ein Konzern wie E.ON – das ist jetzt keine Vorfeldorganisation der GRÜNEN – auf die Idee kommt, sich auf die Zukunftsthemen zu konzentrieren. „Zukunftsthemen“ heißen bei E.ON erneuerbare Energien, Energienetze und Kundenlösungen. Es sollte Ihnen zu denken geben, Herr Kollege Rentsch, wenn die Allianz Capital Partners – auch das ist nicht gerade eine kleine Bürgerenergiegenossenschaft – dazu kommt, ausdrücklich zu sagen, dass sie in Zukunft mehr in den Bereich erneuerbarer Energien investieren wird, weil da aus ihrer Sicht große wirtschaftliche Chancen lägen. Das bedeutet, Herr Kollege Rentsch, dass das, von dem Sie sagen, es würde sich nicht rechnen, mit der Wirklichkeit schlicht nichts mehr zu tun hat.

(Widerspruch des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Es sollte Ihnen zu denken geben, wenn der Ort, aus dem Wolfgang Gerhardt und Matthias Beltz stammen, nämlich Ulrichstein, eine Gemeinde von knapp 3.000 Einwohnern, im nächsten Jahr mit Einnahmen von über 1 Million € rechnet – wer das Haushaltsvolumen einer solchen Gemeinde kennt, der weiß, was das bedeutet –, weil sie inzwischen dort im ländlichen Raum die Chance erkannt haben, dass man mit erneuerbaren Energien auch dafür sorgen kann, dass es kommunalen Haushalten besser geht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, dass an dem Punkt auch klar ist, dass wir die wirtschaftlichen Chancen gerade für die Kommunen im ländlichen Raum noch stärker betonen müssen.

Ich respektiere ausdrücklich die Entscheidung, die die Bürgerinnen und Bürger in Oestrich-Winkel getroffen haben – ja, natürlich. Es ist ja auch kein Geheimnis, dass es meine Partei war, die Anfang der Neunzigerjahre dafür gesorgt hat, dass es Bürgerentscheide in der HGO gibt. Herbert Günther und Gerhard Bökel waren davon anfangs nicht sehr begeistert.

Herr Minister, ich darf Sie an die Fraktionsredezeit erinnern.

Wir respektieren das, wir akzeptieren dieses Ergebnis ohne Wenn und Aber. Es ist allerdings klar, dass das der erste Entscheid in dieser Richtung war und dass wir in den nächsten Wochen und Monaten weiter für die Akzeptanz der erneuerbaren Energien werben müssen.

Ich will ausdrücklich sagen: Wenn Sie Oestrich-Winkel da sehen, dann müssen Sie auch einmal beispielsweise nach Hohenahr gehen, nach Heidenrod, nach Söhrewald, auf die Neutscher Höhe – das sind alles Projekte, die vor Ort akzeptiert sind und die funktionieren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen will ich ausdrücklich sagen: Wir wollen dafür sorgen, dass es eine möglichst umfangreiche Klärung von Fachfragen gibt, die unvoreingenommenen Bürgerinnen und Bürgern eine Meinungsbildung ermöglicht. Wir werden vor Ort werben, wir werden auch mit unserem Bürgerforum Energieland Hessen weiter unterwegs sein. Ich hoffe, dass auch diejenigen, die das Ergebnis des Energiegipfels mitgetragen haben – mit einer Ausnahme, die sich inzwischen von dem verabschiedet, was sie selbst einmal unterschrieben hatten –, weiter dafür werben.

Ich will auch betonen, dass es an diesem Punkt natürlich abweichende Meinungen gibt. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass die Energiewende in Hessen vorangeht, dass sie vor Ort überwiegende Akzeptanz findet und dass wir am Ende des Weges in einigen Jahren zurückschauen und sagen werden: Hessen hat sich erfolgreich auf diesen Weg gemacht und nutzt die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Chancen. Die Akzeptanz wird auch da sein.

Wissen Sie, die GRÜNEN in Frankfurt haben vor 30 Jahren gegen die Hochhäuser gekämpft, jetzt haben sie die Skyline im Logo. Vielleicht wird auch die FDP einmal Windräder im Logo haben, wenn es sie in 30 Jahren noch gibt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abg. Rock für die FDP-Fraktion.

(Manfred Pentz (CDU): Jetzt kommt die Vorstellung des neuen Logos!)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Staatsminister Al-Wazir, mit dem, was ich sage, bei Ihnen noch einmal eine Lernkurve zu erzielen, habe ich aufgegeben. Aber wenn Sie hier mit dem Wort „Wahrheit“ jonglieren und Dinge in den Raum stellen, muss ich sagen, Sie lesen wohl keine Zeitung und Gutachten scheinbar sowieso nicht, und Sie beschäftigen sich überhaupt nicht mit der aktuellen Realität und den Problemlagen, die sich mit der Energiewende immer stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung drängen, aber auch bei den Fachleuten schon seit Jahren bekannt sind. Damit beschäftigen Sie sich einfach nicht, das blenden Sie in Ihrer Politik komplett aus.

(Beifall bei der FDP)

Die einfachsten Wahrheiten sind festzustellen: Seit Jahren steigt der CO2-Ausstoß in Deutschland wieder, obwohl die Subventionen explodieren.

(Beifall bei der FDP)

Das muss man doch einfach einmal wahrnehmen, erkennen und feststellen. Und dann kommt immer wieder Ihr Hinweis auf den Energiegipfel – also, es sind 17 Seiten ausgedrucktes Papier – und der Blickwinkel auf einen winzigen Ausschnitt dieses Energiegipfels. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, lieber Herr Al-Wazir, ich weiß gar nicht mehr, ob es das zweite oder dritte Gesetz war, das Sie in den Hessischen Landtag eingebracht haben, mit dem Sie § 121 HGO geändert haben.

Das ist einer der zentralen Bestandteile des Energiegipfels, den Sie hier gemeinsam mit der Union – wahrscheinlich gegen bessere Überzeugung der Union, da ist sie wieder umgefallen – umgesetzt haben. Einen der zentralen Bausteine des Energiegipfels haben Sie mit der Brechstange und mit Mehrheit hier beendet und rausgebrochen, aber das übersehen Sie einfach.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Energiegipfel steht Staudinger Block 6 drin. Es stehen die konventionellen Energien drin. Das alles ist Bestandteil des Energiegipfels, aber das alles blenden Sie aus. Sie machen eine andere Politik, Sie reden anders, Sie haben mit den 17 Seiten des Energiegipfels relativ wenig zu tun.

Wenn es um die faktische Politik geht, dann gibt es einen Punkt, und dann sagen Sie, das sei die Wahrheit, weil es an dem einen Punkt eine kleine Abweichung gibt. Sie wissen ganz genau, dass es bei Union und FDP für die 2 % enormen Widerstand gab und dass wir da niemals auf Ihrer Seite waren, sondern dass es ein Gesamtkonzept war.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der CDU)

Der Energiegipfel war ein Gesamtkonzept, es war ein Gesamtkompromiss, den Sie hier per Gesetz zerstört haben. Das müssen Sie einfach einmal wahrnehmen, in das Papier sehen und sich mit den Tatsachen beschäftigen.

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Liebe Freunde von den GRÜNEN, auch ist am Ende des Landesentwicklungsplans kein Ziel formuliert, sondern ein Grundsatz. Sie haben hier Reden geschwungen – ich weiß gar nicht mehr, wer es war, mit Sicherheit Herr Gremmels von der SPD – und uns massiv kritisiert, dass es beim Landesentwicklungsplan kein Ziel gegeben hat.

Sie alle wissen, dass das genau eine Politik ist, die wir dort vertreten haben, bei der wir das Ziel von 2 % unterschreiten wollten. Und das haben wir in dem Landesentwicklungsplan möglich gemacht – damals noch mit den Stimmen der Union, und dafür haben Sie uns kritisiert.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt aber drehen Sie diese Argumentation um. Die Einzigen, die sich hier drehen, sind Sie, und sonst niemand.

Liebe Freunde von der Union, ich will es noch einmal auf den Punkt bringen – ich habe ja noch nie so intensiv bei einer energiepolitischen Rede geklatscht wie heute beim Kollegen Gremmels –: Wir sind verknüpft und im Dialog mit fast 70 Bürgerinitiativen in Hessen, die sich alle das Thema Windenergie bzw. gegen Windenergie zu sein auf ihre Fahnen geschrieben haben. Überall hören wir von diesen Initiativen, dass sich die Kollegen der Union vor Ort und auch Kollegen des Hessischen Landtags reihenweise bei den BIs eindeutig gegen Windkraftanlagen aussprechen.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Das aber lassen wir Ihnen hier nicht durchgehen.

(Manfred Pentz (CDU): Hui, hui, hui!)

Wenn Sie in öffentlicher Plenarsitzung im Landtag die Politik der GRÜNEN, die Sie noch vor einem Jahr für falsch gehalten haben, gnadenlos durchexekutieren, dann müssen Sie auch vor Ort dafür einstehen und sie auch vor Ort vertreten. Das werden wir Ihnen im Hessischen Landtag nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Man kann nicht hier für etwas eintreten, durch das Tor des Landtags fahren und dann ein anderer Mensch sein. Das wird nicht funktionieren, und das werden die Bürger mitbekommen. Darum werden wir unseren Antrag heute auch namentlich abstimmen lassen.

(Zurufe von der CDU)