Protokoll der Sitzung vom 04.02.2015

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Kritik will ich in diesem Zusammenhang an dem Verhalten der Stadt Hanau üben: Schon seit dem Umzug 2002 des Love Family Park auf die Mainwiesen haben Umweltschützer und auch meine Genossinnen und Genossen vor Ort darauf hingewiesen, dass der Veranstaltungsort zumindest suboptimal ist. Schon damals bestand das Landschaftsschutzgebiet. Zehn Jahre lang wurden Alternativorte von der Stadt immer ausgeschlossen.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Dabei war es unseres Erachtens wichtig, überhaupt einen Alternativort zu finden, auch wenn damit weniger Raver als zuvor in den Genuss der Technomusik hätten kommen können. Sicherlich würde eine abgespeckte Version, z. B. auf den Konversionsflächen, sprich: dem ehemaligen Gelände der US-Kasernen, heute noch stattfinden können, und die Petition hätte nie gestellt werden müssen.

In der naturschutzrechtlichen Bewertung der Petition ist dies noch einmal aufgezeigt, dort heißt es:

Das Regierungspräsidium hat die Stadt Hanau in der Vergangenheit fachaufsichtlich mehrfach darauf hingewiesen, dass es dem Veranstalter nicht mehr im zufriedenstellenden Maße gelingt, den Schutz der Flächen im gebotenen Umfang sicherzustellen. Das von der Stadt Hanau beauftragte Gutachten zeigte letztlich, dass in den letzten zehn Jahren bereits nachteilige Vegetationsveränderungen eingetreten sind.

Meine Damen und Herren, das heißt nichts anderes, als dass die Stadt Hanau seit Jahren immer wieder eine Ausnahmegenehmigung für den Love Family Park gegeben hat und wie selbstverständlich damit gerechnet hat, dass das Regierungspräsidium dies auch weiterhin dulden würde. Dies halte ich, mit Verlaub, für grob fahrlässig.

Somit sind nicht etwa der Naturschutz oder die Umweltschützerinnen und Umweltschützer die Totengräber des Love Family Parks, sondern die städtischen Verantwortlichen, die sich über die Zukunft der Veranstaltung keine Gedanken gemacht haben. Dies sollten auch die Initiatorinnen der Petition erkennen.

Da es gute Argumente für und gute Argumente gegen eine Berücksichtigung gab und unsere Partei in Hanau und im Main-Kinzig-Kreis dieses Dilemma ebenfalls nicht auflösen konnte, habe ich mich im Ausschuss enthalten müssen, und wir werden uns heute als Fraktion hier ebenfalls enthalten. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Cárdenas. – Das Wort hat der Abg. Jörg-Uwe Hahn, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gebe zu, ich finde es ein bisschen schade, dass Kollege Kasseckert das Wort nicht ergriffen hat, da er an dieser Petition – –

(Zuruf der Abg. Astrid Wallmann (CDU))

Was soll denn das? Lassen Sie mich einfach einmal reden, hören Sie zu, und dann können Sie das bewerten. So eilig müssen Sie wirklich nicht dazwischenrufen.

(Beifall bei der FDP)

Aber wir haben Zeit, Frau Wallmann. Das ist alles kein Problem. – Ich sage noch einmal: Ich finde es schade, dass Kollege Kasseckert nicht als einer der Ersten ans Pult gegangen ist. Denn an seiner Verhaltensweise wird in meinen Augen sehr deutlich, wie man mit diesem Thema umgehen kann und wie man letztlich als Vertreter der ersten Gewalt mit einem solchen Thema auch untergehen kann.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich halte es – ich bin schon seit einiger Zeit mit diesem Thema sehr intensiv beschäftigt – für den Sieg der Fachschaften innerhalb der Ministerialbürokratie über die Interessen der ersten Gewalt. Das kann man gar nicht anders beschreiben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ungefähr zehn Kollegen waren unter der Leitung unseres heutigen Geburtstagskindes, Herrn Roth, vor Ort. Sie haben miterlebt – lassen Sie es mich hier sagen, Frau Ministerin –, mit welcher Überheblichkeit der Vertreter der Landesregierung bzw. des RP dort agiert hat.

(Zuruf der Abg. Astrid Wallmann (CDU))

Er hat eigentlich überhaupt nichts gesagt, außer: Schauen Sie doch hin, dann sehen Sie, dass die Vegetation leidet. – Ein solcher Umgang – das hat Herr Roth dankenswerterweise weiter problematisiert – eines Mitarbeiters der Landesregierung mit Abgeordneten des Hessischen Landtags, auch noch in einer Petitionssache, ist nicht korrekt.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Herr Präsident, Sie merken, ich habe mich gerade zurückgehalten.

Ich kann es nicht glauben, dass auf einmal nach der Ortsbesichtigung, nach einer weiteren Beratung im Petitionsausschuss eine neue Rechtslage entstanden sein soll.

(Astrid Wallmann (CDU): Sie waren doch gar nicht dabei!)

Ich weiß gar nicht, warum Sie so nervös sind, Frau Wallmann. Waren Sie eigentlich vor Ort dabei?

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Astrid Wallmann (CDU))

Was soll diese Nervosität bei Ihnen? Frau Wallmann, Ihnen wurde über die Ortsbesichtigung berichtet.

(Zuruf der Abg. Astrid Wallmann (CDU) – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Kommen Sie nachher doch ans Pult.

Meine Damen und Herren, Herr Kollege, Moment. Wir sind alle nicht nervös. Ich wollte nur wieder ein bisschen Ruhe für Sie schaffen zu dieser späten Stunde. Ich bitte alle, wieder vernünftig zuzuhören. Ich muss auch noch dableiben. Also bitte, machen wir den Punkt. – Bitte sehr.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Wir haben zur Kenntnis zu nehmen – das ist in der Sitzung des Petitionsausschusses dann auch vorgetragen worden –, dass es nunmehr offensichtlich eine neue Rechtslage gebe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben diese Rechtslage bereits in Anwesenheit eines hohen Vertreters der Landesregierung anlässlich der Ortsbesichtigung erörtert, auch in Anwesenheit eines Verfahrensbevollmächtigten der Stadt Hanau, eines Anwalts einer sicherlich sehr anerkannten großen Anwaltskanzlei. Wieso wurde das da nicht gesagt? Wieso sind wir Abgeordnete erst einmal vorgeführt worden in Hanau? Wieso ist der Oberbürgermeister der Stadt Hanau erst vorgeführt worden, um nachher zu erklären, die Weisheit sei eine andere?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere liberale Weisheit sagt: Auch hier ist ein Abwägungsprozess notwendig, weil er möglich ist.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wenn er möglich ist, dann müssen wir ihn durchführen. Hier will man nicht, und deshalb ist diese Veranstaltung jetzt in Mainz. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Heiko Kasseckert, CDU-Fraktion.

(Unruhe)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass dieses Thema auch zu später Stunde hier im Hause noch diese Aufmerksamkeit erfährt. Dass wir es auf

die Tagesordnung genommen haben, Herr Roth, gibt mir Gelegenheit, das eine oder andere zu meiner Motivation zu sagen. Ich bekenne mich dazu: Ich war einer der Petenten. Ich habe diese Petition unterzeichnet, aber, wohlgemerkt, zu einem Zeitpunkt, bevor ich hier im Hessischen Landtag tätig war.

(Zurufe der Abg. Günter Rudolph (SPD) und Janine Wissler (DIE LINKE))

Lassen Sie mich ausreden. – Das war auch zu einem Zeitpunkt, zu dem meine Kenntnis der Rechtslage bezüglich der naturschutzfachlichen Bewertung so war, wie sie bei uns allen war, als wir in die Beratungen gegangen sind. Sie war auf Zuruf der Stadt Hanau. Sie entsprach dem Interesse der jungen Menschen, diese Veranstaltung von immerhin 15.000 bis 18.000 Leuten, die sich einmal im Jahr an dieser Stelle getroffen haben, auch in Zukunft zuzulassen.

Deshalb habe ich mich dafür eingesetzt, nicht nur in der Petition, sondern auch in der weiteren Beratung. Ich habe versucht, nach Wegen zu suchen, wie wir diese Veranstaltung an diesem Ort in Hanau aus den verschiedenen Gründen aufrechterhalten können. Das ist zum einen für die jungen Menschen, die dort feiern wollen. Das ist zwar nicht meine Musik, und wahrscheinlich teilen viele im Ausschuss das. Es ist ebenso die Meinung von Herrn Roth, dass die Technomusik nicht unsere Musik ist. Aber die jungen Menschen haben ein Interesse daran, dort zu feiern.

In den bisherigen Jahren lief das auch ganz vernünftig, mit der Ausnahme, dass die Genehmigung der unteren Naturschutzbehörde bei der Stadt Hanau schon immer vom Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde moniert wurde, weil die Veranstaltung in der Tat in einem Landschaftsschutzgebiet stattfand und ein Widerstreit der Interessen vorlag.

Trotzdem haben wir nach Wegen gesucht. Herr Hahn hat schon vom Ortstermin gesprochen. Ich will einräumen, dass der Ortstermin völlig anders als die spätere Beratung verlaufen ist. Der Ortstermin hat allen Beteiligten das Gefühl gegeben, dass wir im Rahmen des Naturschutzrechts mit einer Ausnahmegenehmigung dieses Fest auch zukünftig ermöglichen können. Es war sogar die Sprache davon, die Fläche, um die es geht, aus dem Landschaftsschutzgebiet zu entlassen, wogegen wir uns ausgesprochen haben, weil damit der Landschaftsschutz dem Grunde nach deutlich geschwächt worden wäre.

Danach haben wir in den Beratungen des Petitionsausschusses – deshalb bin ich Ihnen dankbar, Herr Roth, dass Sie diesen Beratungen ausreichend Raum gegeben haben – eine andere Betrachtung erlebt, nämlich die Präzisierung, dass in diesem Landschaftsschutzgebiet eine Fläche von immerhin 4 ha der Veranstaltungsfläche liegt, die der sogenannten Schutzzone I zugeordnet ist. Die Schutzzone I in einem Landschaftsschutzgebiet kann so gut wie unmöglich für eine Veranstaltung dieser Art zur Verfügung gestellt werden.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Ich sage deutlich: Das war zumindest für mich, Frau Faeser, und für viele Ihrer Fraktion und auch meiner Fraktion ein Erkenntnisgewinn, den wir vorher in der Beurteilung und im Engagement für diese Veranstaltung nicht hatten.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Und bei der Ortsbesichtigung auch nicht!)

Beim Ortstermin sind wir nicht darauf hingewiesen worden vonseiten des Ministeriums. – Das kann man beklagen. Aber wir können nicht umhin, dass es in der Landschaftsschutzgebietsverordnung tatsächlich diese Zone I an dieser Stelle gibt. Das können wir bewerten, das können wir beklagen, das können wir unterschiedlich beklagen. Aber wir können den Umgang mit einer Landschaftsschutzgebietszone I nicht der Beliebigkeit unterwerfen.