nommen wird, wenn auch, wie vor Ort zu hören ist, eher trotz als wegen der Bemühungen der Landesregierung.
Aber es ist nun wahrlich kein Anlass zu hemmungslosem Jubel, wenn eine von einem wortbrüchigen Vertragspartner eingegangene Verpflichtung mit drei Jahren Verspätung – wofür ihm 100 Millionen € Kaufpreis erlassen wurden – endlich erfüllt wird. Das ist in Ordnung. Ein Anlass zum Jubeln ist es nicht.
Dass dafür die Mehrheit an der Anlage den Heidelbergern überlassen werden musste, obwohl sie mit hessischem Geld bezahlt worden ist, ist auch kein Anlass zum Jubeln. Zusammenarbeit – ja, ohne jeden Zweifel, aber Unterwerfung – nein. Herr Kollege, ein Verhältnis von 75,1 % zu 24,9 % als eines auf Augenhöhe zu bezeichnen, ist mutig.
Es ist richtig, dass diese Methode weiter erforscht wird, vernünftigerweise am onkologischen Schwerpunkt in Marburg. Auch das ist richtig. Warum allerdings die Landesregierung, obwohl der onkologische Schwerpunkt in Marburg ist, toleriert, dass die Kinderonkologie irrationalerweise in Gießen bleibt, verstehe ich nicht. Vielleicht kann es uns der Herr Staatsminister nachher erklären.
Wesentlicher aber ist – auch deshalb gibt es keinen Anlass zum Jubilieren, sondern es muss ernsthaft und besonnen mit der Frage umgegangen werden –, dass es in Deutschland pro Jahr etwa 500.000 und in Hessen pro Jahr etwa 40.000 Krebsneuerkrankungen gibt. In Marburg werden, wenn die Anlage einmal läuft, maximal 1.000 Behandlungen pro Jahr möglich sein. Allein diese Gegenüberstellung macht deutlich, es bleibt eine wissenschaftliche Anlage, deren Wirksamkeit nur bei der Behandlung ganz weniger Tumore nachgewiesen ist. Sie steht nun für immer mehr Patienten zur Verfügung, aber selbst in der Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Heidelberg allenfalls bei der Behandlung von rund 0,5 % der jährlichen Krebsneuerkrankungen.
Machen wir uns klar: Diese Methode soll und muss weiter erforscht werden. Aber so zu tun, als wären damit der finale Durchbruch, die endgültige Lösung und das unmittelbare Heilungsversprechen für Tausende von Krebserkrankten gewährleistet, geht weit über die aktuellen Möglichkeiten hinaus. Das zu behaupten wäre unredlich.
Wollte man solche Anlagen, die Siemens gar nicht mehr bauen will, auch nur für die Hälfte der an den drei häufigsten Krebsarten – diese gelten alle als geeignet – neu erkrankten Patienten zur Verfügung stellen, würden Investitionskosten anfallen, die ungefähr 15 % des Jahresvolumens der Krankenkassen beanspruchen würden. Das ist in den Fällen, für die es geeignet ist, richtig. Aber natürlich muss man sehen, dass das am Ende vermutlich nur einem begrenzten Teil der Patienten zur Verfügung stehen wird.
Jubelanträge über Selbstverständlichkeiten, nämlich die Einhaltung einer Vereinbarung, dienen allerdings nur einem Punkt: davon abzulenken, was alles an Problemen vorliegt.
Ich habe vor zwei Wochen einen Tag auf einer Station verbracht, auf der ich vor 15 Jahren gearbeitet habe. Ich will nicht über Details reden. Es war eine freundliche Geste des Krankenhauses, das zuzulassen. Ich will nur so viel sagen: Nach allem, was ich dort von den Mitarbeitern gehört und selbst gesehen habe, war ich nicht überrascht. Ich glaube, mehr muss man nicht sagen.
Meine Damen und Herren, in dieser Frage wäre es richtig, wenn sich auch die Mehrheit in der Lage zeigte, etwas mehr Lauterkeit, etwas mehr Selbstkritik und etwas mehr Reflexion an den Tag zu legen.
Kein Mensch, der sich auch nur fünf Minuten lang damit beschäftigt hat, hält die Privatisierung für ein Erfolgsmodell.
In Wahrheit wissen Sie das alle selbst. Jetzt kommt es darauf an, gemeinsam zu eruieren, wie die Probleme, die dadurch entstanden sind, gelöst werden können. Seit dem Jahr 2006 bieten wir Ihnen gebetsmühlenartig an, bei der Lösung dieser Herausforderungen zu kooperieren; das Scheitern des Universitätsklinikums Gießen und Marburg kann nämlich keine Option sein, und man muss deshalb gemeinsam schauen, wie man aus Ihrer falschen Entscheidung das Beste machen kann.
Dieses Angebot haben Sie bislang an keiner Stelle annehmen wollen. Stattdessen bekommen wir Selbstlob und – wie heute wieder – Jubelanträge vorgelegt. Ich will das Angebot erneuern. Die Herausforderungen sind die Verbesserung der Qualität und die Stärkung des Vertrauens der Menschen, die auf dieses Krankenhaus angewiesen sind. Ich will das ganz deutlich sagen: Das Universitätsklinikum Gießen und Marburg ist – nicht wegen, sondern trotz Ihrer Privatisierung – ein gutes Krankenhaus, weil die Beschäftigten die Folgen der Privatisierung mit Engagement, Mehrarbeit und Selbstüberforderung kompensieren.
Warum müssen sie das? Weil die Investitionen, die Sie mit lockerer Hand in den Haushalt für Frankfurt einstellen, in Gießen und Marburg von einem privaten Träger bezahlt werden, der die Investitionssumme im Betrieb erwirtschaften muss, und weil der Ausgleich genau dieser Differenz an der Arbeitsleistung der Beschäftigten hängen bleibt. Dabei hätte eine Jahrestranche HEUREKA gereicht, um diese Investitionen zu tätigen. Stattdessen wird das mit einer Arbeitsverdichtung für die Beschäftigten bezahlt.
Vielleicht lassen sich nächstes Jahr manche Auseinandersetzungen leichter in Kooperation umwandeln. Ich jedenfalls bin da zuversichtlich.
Erstens ist es nämlich nötig, dass wir über die Parteigrenzen hinweg zu einer Kooperation kommen, die sich den aktuellen Problemen stellt. Ich für meinen Teil war dieses Jahr schon zweimal mit der Geschäftsleitung im Gespräch über genau diese Frage, nämlich wie man das gemeinsam
lösen könnte. Die Geschäftsleitung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg wäre froh, wenn sie diesbezüglich landespolitische Einigkeit vorfände.
Sie wäre froh, wenn wir an der Stelle kooperieren würden. Das Angebot steht seit sieben Jahren. Nur die Landesregierung – Herr Staatsminister, jedenfalls Ihre Vorgänger – verweigert sich konsequent einem gemeinsamen Dialog und der Kooperation und macht es damit auch dem UKGM schwerer. Aber ich will die Hoffnung nicht aufgeben.
Zweitens. Der Einfluss des Landes muss gestärkt werden, damit überhaupt Einfluss genommen werden kann und die Rolle des Landes Relevanz erlangt. Meine Damen und Herren, wir hatten vor ein paar Jahren ein Schriftstück auf dem Tisch, in dem das vollmundig und lautstark versprochen wurde. Nichts ist seither passiert. Die notwendige Steigerung des Einflusses des Landes hat nicht stattgefunden. Wie wollen Sie denn die von Ihnen verursachten Probleme auf eine Art und Weise lösen, die das Vertrauen der Menschen in der Region stärkt? Das erreichen Sie nicht mit Jubelanträgen, und das erreichen Sie nicht, wenn Sie keinerlei Einfluss auf das Geschehen nehmen können – geschweige denn, es bislang nicht einmal wollen. Herr Staatsminister, ich will die Hoffnung an dieser Stelle aber nicht aufgeben.
Drittens. Wir brauchen Verfahren zur systematischen Erfassung der kritischen Ereignisse. Eine solche Evaluation bei der Privatisierung nicht zu vereinbaren, war fahrlässig, und es war fahrlässig, nicht daran zu denken, dass man das kritisch überprüfen muss. Das muss jetzt nachgeholt werden, und es ist insofern unverzichtbar, als die öffentliche Debatte versachlicht werden kann und nicht jede kleine Komplikation durch die Medien gejagt wird; denn das ist dem Standort nicht zuträglich.
Der Vorschlag einer solchen Kommission kam seinerzeit vom vorletzten Geschäftsführer, Herrn Rohrer. Ich meine, das Unternehmen steht dem offen gegenüber. Aber daran müssten dann alle Beteiligten mitwirken. Es geht sicherlich nicht ohne Vereinbarungen und ohne Zugeständnisse des Unternehmens, was die Frage der Personallage angeht. Die gegenwärtigen erneuten Abbaupläne sind da ganz bestimmt nicht hilfreich. Es geht auch nicht ohne das Engagement der Landesregierung bei der Finanzierung der Universitätsklinika.
Da greifen die Vereinbarungen zu den Krankenhäusern deutlich zu kurz, und da muss Herrn Gröhe seitens der Union klar gemacht werden: Der Systemzuschlag für Universitätskliniken ist unverzichtbar – ob es um Gießen und Marburg, oder Frankfurt, oder Freiburg und Tübingen geht. Man kann die Hochleistungszentren mit den teuersten Fällen nicht alleine lassen, ohne adäquat gegenzufinanzieren. Ganz egal, ob privatisiert oder nicht: Hier haben Sie viel zu tun.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Im Moment weiß niemand genau, wie sich die Mehrheitsverhältnisse am UKGM nach dem Sommer darstellen werden. Umso dringlicher ist eingefordert, dass die Landesregierung den Auftrag, sich allen Optionen zu öffnen, die sich bei einem Change of Control ergeben, endlich erfüllt. Wir sind gespannt, zu hören, welche Gedanken Sie sich dazu nach drei Jahren in der Zwischenzeit gemacht haben.
Zum Schluss gilt: Entweder ist die Mehrheit in diesem Haus endlich bereit, selbstkritisch ihre Entscheidung zu überprüfen und gemeinsam zur Lösung der dadurch initiierten Probleme zu kommen, oder die zwei teuersten Einrichtungen im Bildungsbereich des Landes werden Schaden nehmen. Das kann niemand wollen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der heute vorliegende Antrag zur Partikeltherapie in Marburg war eigentlich als Friedensangebot an die Opposition gedacht. Leider haben Sie das nicht so wahrgenommen. Sie hätten heute die Möglichkeit gehabt, endlich Ihren Frieden mit der Entwicklung zu schließen, die bei der Partikeltherapie erreicht wurde.
Herr Dr. Spies, leider wollten Sie das nicht nachvollziehen. Vielmehr haben Sie heute wieder Dinge kritisiert, die Sie früher einmal gut fanden und die unstreitig gut sind, und hier – anstelle von konstruktiver sachlicher Bemängelung – Kritik um ihrer selbst willen geäußert. Sie haben hier sozusagen einen Kritikexzess vorgelegt: Sie konnten nur am Rande loben, was wir erreicht haben. Herr Dr. Spies, das finde ich ein bisschen schade.
Sie haben wortreich erklärt, dass die Kooperation mit der Universität Heidelberg und dem HIT ganz schlecht sei, weil Sie sich eine 100-prozentige Tochter der Rhön AG wünschen würden.
Das verstehe ich, ehrlich gesagt, nicht. Sind Sie doch normalerweise jemand, der immer sagt: „Na ja, diese Privatisierung, diese private Rhön-Klinikum AG, das war alles ganz schlecht.“ Nun ist die Universität Heidelberg, das HIT, aber nun mal in öffentlicher Hand. Von daher verstehe ich Ihr Problem nicht.
Aber die Spirale geht noch weiter; dann reden Sie noch davon, schließlich sei das ja hessisches Geld, das dort investiert worden sei.
Letztes Jahr haben Sie dann wiederum gesagt – ich habe hierzu ein Zitat –: „Schließlich hat der Betreiber Rhön AG 107 Millionen € Landesmittel für diese Anlage bekommen.“ Dabei wissen Sie, dass das gar nicht den Tatsachen entspricht; denn Sie haben es selbst einmal richtig erklärt – ich zitiere Sie vom 22.07.2011 –: „Die Investition von 107 Millionen €“ – die Sie eben benannt haben – „war Teil des Kaufpreises“ der Rhön AG. Das zeigt, dass Sie an dieser Stelle nicht ganz ehrlich argumentieren.