Protokoll der Sitzung vom 04.03.2015

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Jetzt spricht Staatsminister Al-Wazir.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dankbar für den Setzpunkt der SPD, weil er mir Gelegenheit gibt, darzustellen, dass wir uns als Landesregierung, als schwarz-grüne Koalition eine Verkehrspolitik zum Ziel gesetzt haben und sie auch umsetzen, die zukunftsfähig und zukunftsweisend ist.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schwerpunkt dieser Politik ist die Erhaltung der Verkehrsinfrastruktur. Als ich im letzten Sommer eine Tour über Brückenbaustellen gemacht habe und den Wert der Infrastruktur darzustellen versucht habe oder erstmals überhaupt die Wiedereröffnung einer nur sanierten Brücke, nicht einer neu gebauten Brücke, zelebriert habe, da hielten sich der öffentliche Zuspruch und die öffentliche Wahrnehmung noch ein bisschen in Grenzen. Spätestens seit der Sperrung der Schiersteiner Brücke ist klar, was wir an der bestehenden Infrastruktur haben und dass wir sie erhalten müssen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Politik dient der Beseitigung von Engpässen, insbesondere im Rhein-Main-Gebiet, und zwar nicht nur im Straßennetz, sondern in erheblichem Umfang auch auf der Schiene im Nah- und Fernverkehr.

Der Antrag der SPD-Fraktion greift die Finanzierungssituation im Bereich der Verkehrsinfrastruktur sowie die Handlungsfelder der Verkehrspolitik in einem Rundumschlag auf. Er differenziert aber leider nicht wirklich zwischen den unterschiedlichen Verantwortlichkeiten des Bundes und des Landes. Da hier offensichtlich Aufklärungsbedarf bei der größten Oppositionsfraktion besteht, will ich Ihnen gerne die Schwerpunkte der hessischen Verkehrspolitik in den einzelnen Bereichen erläutern.

In der Verkehrswende haben wir – das ist angesprochen worden – ein neues Dach. Dieses Dach heißt Mobiles Hessen 2020. Wir gestalten dort eine integrierte Verkehrspolitik, die vor allem in der Vernetzung ihre große Chance sieht.

Ich will ausdrücklich sagen: Die Verkehrswende wird sich nicht als Erfolg über Nacht einstellen,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Aber anfangen muss man schon!)

wie die SPD-Fraktion es in ihrem Antrag zum Ausdruck bringt, sondern die Verkehrswende besteht aus dem Zusammenspiel einer Vielzahl von unterschiedlichen Projekten. Dazu gehört die Telematik, die schon im „Staufreien Hessen“ eine Rolle gespielt hat. Dazu gehören Apps auf dem Smartphone in der Tasche. Dazu gehören Fahrzeuge, die mit der Infrastruktur kommunizieren. Es gehört aber auch dazu, dass man all dies im Individualverkehr mit dem ÖPNV zusammen zu einem integrierten Verkehrssystem vernetzt. Das ist die große Aufgabe.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dabei wollen wir Carsharingsysteme und E-Mobilität mit einbeziehen. So soll ein neues Verkehrssystem in Hessen entstehen – ökonomisch nachhaltig, weil es die Infrastruktur effizient nutzen hilft, sozial nachhaltig, weil es die Mobilität aller Menschen in Hessen sichert, und ökologisch nachhaltig, weil es Anreize schafft, die umweltverträglichen Verkehrsmittel zu benutzen.

Zu den einzelnen Infrastrukturmaßnahmen. Die sind angesprochen worden, auch im Schienenfernverkehr. Wir brauchen in der Schieneninfrastruktur gerade im Fernverkehr zusätzliche Kapazitäten, weil die bisherige Situation ist, dass im Großraum Frankfurt und auf den Zulaufstrecken eine Engpasssituation besteht, die dafür sorgt, dass wir zu

sätzliche Verkehre überhaupt nicht mehr auf die Schiene bringen können – im wahrsten Sinne des Wortes. Genau deswegen setze ich mich dafür ein, dass die überregionalen Schienenausbau- bzw. -neubauprojekte wieder Fahrt aufnehmen, über die seit Jahrzehnten geredet wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sind die Strecken Hanau – Fulda und Frankfurt – Mannheim sowie der Ausbau des Knotens Frankfurt. Ich setze mich dafür ein, dass diese drei Projekte die höchste Priorität im Bundesverkehrswegeplan 2015 bekommen. Ich hoffe, ich habe da auch die hessische SPD an meiner Seite.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn bei den Schieneninfrastrukturprojekten im Fernverkehr liegt die Zuständigkeit für die Finanzierung ganz zweifellos beim Bund. Die Große Koalition in Berlin erstellt momentan den Bundesverkehrswegeplan und wird mit dem Bundesschienenwegeausbaugesetz Vorhaben festlegen, die vorrangig innerhalb des Finanzierungsrahmens des Bundes zu realisieren sind. In diesem Prozess werden wir die besonderen hessischen Interessen mit Nachdruck vertreten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der öffentliche Personennahverkehr ist unerlässlich dafür, dass es eine nachhaltig funktionierende Mobilität im Ballungsraum gibt. Ich sage ausdrücklich auch den wenigen, die es sich überhaupt nicht vorstellen können, aus ihrem Auto auszusteigen: Selbst für sie ist der ÖPNV unverzichtbar. Denn wenn wir die Verkehrszuwächse nicht auf die Schiene bringen, dann kann man auch kein Auto mehr fahren. Daher sollten alle ein Interesse daran haben, dass es gelingt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Gründung von Frankfurt/RheinMain plus ist aus dem Jahr 2002, und da ist zu wenig Tempo gemacht worden in den letzten zwölf Jahren. Ich will ausdrücklich sagen: Wir brauchen Beschleunigung bei Frankfurt/RheinMain plus, und wir haben unseren Teil dazu beigetragen. Wir sind letztes Jahr in die Planungsgesellschaft der Regionaltangente West wieder eingetreten, um klarzumachen, dass das ein Projekt ist, das die Unterstützung der Landesregierung bekommt. Ich hoffe auch an diesem Punkt auf Unterstützung aller Fraktionen im Hessischen Landtag.

Wir haben im letzten Jahr etwas gemacht, was sehr ungewöhnlich ist. Wir haben im Vorgriff Maßnahmen finanziert, damit wir die Nordmainische S-Bahn überhaupt noch sicherstellen können. Wir haben Investoren die Verstärkung von Bodenplatten bei geplanten Hochhausprojekten finanziert, damit man dort später überhaupt noch einen Tunnel durchgraben kann. Wir sind als Land Hessen also ins Risiko gegangen, aber wir haben es auch geschafft, dass 2014 endlich alle drei Abschnitte der Nordmainischen S-Bahn in die Planfeststellung gegangen sind. Das heißt, da hat es richtig Tempo aufgenommen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Realisierung befindet sich die Reaktivierung der Kurhessenbahn Korbach – Frankenberg. Ich lade alle dazu ein, im September bei der Wiedereröffnung dieser Strecke im schönen Landkreis Waldeck-Frankenberg zu Gast zu sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben Mitte 2014 die Finanzierung der S-Bahn-Station Gateway Gardens sichergestellt. An diesem Vorhaben beteiligt sich das Land übrigens mit 22 Millionen € – nur, damit das einmal gesagt wird. Das fällt ja alles nicht vom Himmel.

(Manfred Pentz (CDU): Ja!)

Wir haben damit dafür gesorgt, dass Gateway Gardens zu einem der mit dem ÖPNV bestangebundenen Büro- und Gewerbegebiete Europas wird. Wir entlasten damit natürlich auch das Streckennetz rund um das Frankfurter Kreuz.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind dabei, weitere Vorhaben in die Realisierung zu bringen. Ich gehe davon aus, dass wir noch in diesem Jahr das Baurecht für die Verlängerung der U 2 in Frankfurt in Richtung Norden bekommen und dass auch bei der Stadtbahn Europaviertel in Frankfurt in diesem Jahr das Baurecht erreicht wird. All diese Projekte würden ohne Unterstützung des Landes nicht funktionieren können.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hinzu kommen Zuschüsse zu kommunalen ÖPNV-Investitionen. Wir stellen ab diesem Jahr Fördermittel für Investitionen in den ÖPNV im gleichen Umfang wie für den kommunalen Straßenbau zur Verfügung.

Allerdings wird es an einem Punkt absurd. Die Regionalisierungsmittel, die der Bund den Ländern zahlt, sind zu gering. Wir mussten sogar darum kämpfen, dass es überhaupt ein Angebot gibt, die 1,5 % Dynamisierung beizubehalten. Ich will ausdrücklich sagen: Wir bestehen auf einer Erhöhung der Regionalisierungsmittel.

Wir haben als Länder ein Gutachten, das besagt, 8,5 Milliarden € und eine jährliche Dynamisierung um 2 % wären nötig. In dieser Frage liegt der Ball jetzt aufseiten der Bundesregierung. An diesem Punkt wird der Antrag der SPD ärgerlich. Im letzten Punkt steht der schöne Satz:

Der Landtag erwartet insbesondere hier mehr Anstrengungen als bisher vom stellvertretenden Bundesvorsitzenden und Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier.

(Zuruf von der CDU)

Wenn Sie sehen, was wir seit einem Jahr auf der Verkehrsministerkonferenz, auf der Ministerpräsidentenkonferenz versuchen,

(Michael Boddenberg (CDU): Und Bundesrat!)

wenn Sie sich die Rede des Ministerpräsidenten in der letzten Sitzung des Bundesrates zu dieser Frage betrachten,

(Zuruf von der SPD: Ui!)

dann wissen Sie, da sind 16 : 0 Länder mit der Forderung, am Ende dafür zu sorgen, dass es eine bedarfsgerechte Finanzierung gibt. Wir sind in dieser Frage aktiv, auch der

stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU und Hessische Ministerpräsident.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Herr Staatsminister, die Redezeit der Fraktionen ist abgelaufen.

Letzter Punkt zum Straßenbau. Die Darstellung im Antrag der SPD-Fraktion bedarf offensichtlich zunächst der Klarstellung einiger Zusammenhänge. Wie das Wort „Bundesfernstraße“ schon sagt, hat der Bund die Verantwortung für seine Straßen, auch wenn sie durch Hessen führen. Die Erhaltung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen wird vom Bund finanziert.

Dafür stellt der Bund – dafür bin ich ausdrücklich dankbar – in diesem Jahr eine Rekordsumme für Investitionen in Hessen bereit. Wir werden über 700 Millionen € im Jahr 2015 in die Bundesfernstraßen in Hessen investieren, allerdings erstmals mit einem Schwerpunkt auf Erhalt und Sanierung vor allen Dingen der Bauwerke.

Es geht genau um die Brücken, die Kollege Frankenberger angesprochen hat. Sie fordern, wir sollen aktiv werden. Ich kann Ihnen sagen: Wir sind da schon längst aktiv. Sie können gern dort einmal eine Baustellenbesichtigung machen. Ich organisiere das gern auch für den Ausschuss.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)