Protokoll der Sitzung vom 04.03.2015

furt-Höchst, in meinem Wahlkreis liegt und ich mich bereits persönlich von der hervorragenden Arbeit überzeugen konnte, die dort von einem hoch motivierten Team geleistet wird.

(Beifall bei der CDU)

Mit Blick darauf, dass in gut drei Wochen ein drittes Haus des Jugendrechts im Frankfurter Norden, im Mertonviertel, eröffnet wird, ist aktuell zudem ein passender Zeitpunkt, um über die Arbeit dieser Einrichtungen zu diskutieren.

Meine Damen und Herren, nachdem wir uns nun im fünften Jahr des Betriebs der beiden Einrichtungen in Wiesbaden und Frankfurt-Höchst befinden, können wir festhalten: Die Häuser des Jugendrechts haben sich hervorragend bewährt und sind zu Erfolgsmodellen geworden, die bundesweit eine hohe Anerkennung genießen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Zielsetzung für die Häuser des Jugendrechts in Hessen war und ist zunächst ein Gedanke grundlegend: Durch eine räumlich zusammenliegende und behördenübergreifende Kooperation der mit der Jugendkriminalität befassten Institutionen, Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendhilfe bzw. Jugendgerichtshilfe, soll eine schnellere Bearbeitung der Verfahren ermöglicht werden.

Dies ist auch gelungen. Die zeitliche Nähe von Tat und Sanktionierung ermöglicht es, den jugendlichen Straftätern rasch eine Konsequenz ihres kriminellen Handelns aufzuzeigen, damit sie unmittelbar spüren, dass es falsch war, was sie getan haben.

Damit wird zugleich dem im Jugendstrafrecht verankerten Erziehungsgedanken eine bessere Geltung verschafft.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es reicht jedoch nicht aus, dieses Projekt nur unter dem Aspekt der Beschleunigung der Verfahren zu betrachten. Denn ein Erfolg soll nicht allein durch strafrechtliche Ahndung erzielt werden. Mindestens ebenso wichtig ist es, dass Maßnahmen zur Prävention und Resozialisierung umfassend Platz greifen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein wesentlicher Faktor dafür ist die Anwendung des Wohnortprinzips. Das heißt, die Tat wird am Wohnort des Täters geahndet, nicht dort, wo sie begangen wurde. Dadurch ist es möglich, die Straftat und den Täter umfassend zu betrachten und die persönliche Situation des Jugendlichen mit einzubeziehen. Ziel ist es, die Ursachen für das kriminelle Verhalten aufzuzeigen und mit genau zugeschnittenen Maßnahmen auf das Verhalten des betreffenden Jugendlichen zu reagieren. Umgangssprachlich würde man wohl sagen: Sie kennen ihre Pappenheimer.

Meine Damen und Herren, die Häuser des Jugendrechts bieten außerdem lösungsorientierte Beratungsgespräche an, durch die enge Kontakte mit kriminellen oder sozial auffälligen Jugendlichen hergestellt werden und in die auch deren Eltern eingebunden sind. So können Vergehen, wie etwa eine nicht gezahlte Handyrechnung oder wiederholtes Schwarzfahren, oftmals schnell und unkompliziert geahndet und abgeschlossen werden. Dies gibt die Möglichkeit,

schon bei kleineren Delikten frühzeitig einzugreifen und eine kriminelle Karriere – in deren Verlauf Jugendliche im schlimmsten Fall als Intensivstraftäter enden – möglichst bereits im Vorfeld zu verhindern.

(Beifall bei der CDU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nach dem erfolgreichen Start der beiden Häuser des Jugendrechts wurden die Angebote mittlerweile sogar noch erweitert. In Frankfurt-Höchst ist eine Zusammenarbeit mit dem nahe gelegenen Jobcenter – zur Berufsorientierung – und mit dem Verein Kinder- und Jugendhilfe Frankfurt gelungen, was auch von den Jugendlichen gut angenommen wird. Auch die Drogen- und Schuldnerberatung wird in die Arbeit einbezogen.

Alle diese Aspekte tragen dazu bei, einen Jugendlichen, der eine Straftat begangen hat, auf den rechten Weg zurückzubringen, damit er nicht in die Spirale weiterer Kriminalität gerät. Auch dem Täter-Opfer-Ausgleich wird eine hohe Bedeutung beigemessen, um die Auseinandersetzung mit der Tat zu fördern und im Idealfall ein Konfliktregelungsgespräch zwischen dem Täter und dem Opfer herbeizuführen.

Ein wichtiger Baustein ist nicht zuletzt, dass die Häuser des Jugendrechts aktiv an der Präventionsarbeit teilhaben. Sie wollen auch dort Ansprechpartner sein, wo noch kein kriminelles Verhalten vorliegt. So führen sie Veranstaltungen – wie Workshops und Vorträge an Schulen und in Jugendhäusern – sowie auf Jugendliche ausgerichtete Präventionsstreifen durch und arbeiten eng mit den regionalen Präventionsräten zusammen.

Meine Damen und Herren, bei der Einrichtung der Häuser des Jugendrechts gab es auch Bedenken. Zum einen wusste man nicht, ob den beteiligten, mit durchaus unterschiedlichen Ansätzen arbeitenden Institutionen eine konstruktive Zusammenarbeit gelingen werde. Zum anderen befürchtete man, dass die präventiven und resozialisierenden Angebote der Einrichtungen auf mangelnde Akzeptanz bei den betroffenen Jugendlichen stoßen könnten. Diese Zweifel haben sich nicht bestätigt. Im Gegenteil: In den beiden Häusern des Jugendrechts arbeiten die Staatsanwaltschaft, die Jugendhilfe bzw. Jugendgerichtshilfe und die Polizei mit großem Einsatz und hoher Fachkompetenz effizient zusammen.

In Frankfurt-Höchst gab es von Anfang an eine reibungslose und von Respekt und Vertrauen getragene Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. In Wiesbaden, wo es keine eigene Jugendgerichtshilfe gibt, hat sich die Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe aufgrund unterschiedlicher Erwartungen und Arbeitsmöglichkeiten zunächst etwas schwierig gestaltet. Mittlerweile funktioniert die Zusammenarbeit deutlich besser. Alle Beteiligten betonen aber weiterhin, dass die Tatsache, dass es in Wiesbaden keine eigene Jugendgerichtshilfe gibt, nicht optimal ist.

Die wissenschaftliche Bewertung des Projekts, die von der Kriminologischen Zentralstelle in Zusammenarbeit mit der Universität Gießen durchgeführt wurde, hat gezeigt, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrem Haus des Jugendrechts identifizieren und die gemeinsame Bearbeitung der Fälle als eine wesentliche Verbesserung ihrer Arbeitssituation einschätzen.

Meine Damen und Herren, in beiden Häusern ist es durch die neue Herangehensweise gelungen, die Verfahren zu beschleunigen und einen positiven Effekt auf das delinquente Verhalten der betroffenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu erzielen. Sowohl in Wiesbaden als auch in den Stadtteilen des Frankfurter Westends zeigen die Fallzahlen bei der Jugendkriminalität eine sinkende Tendenz. Die Häuser des Jugendrechts leisten mit ihrer Arbeit somit einen Beitrag zu der seit Jahren stetig sinkenden Kriminalitäts- und der steigenden Aufklärungsquote in Hessen.

An dieser Stelle gilt mein Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Häuser des Jugendrechts, die mit qualitativer Arbeit und außergewöhnlich hohem Engagement den Erfolg der beiden Häuser ermöglicht haben.

(Beifall bei der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir, die Koalition von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sind daher der Überzeugung, dass dieses Erfolgsmodell dort, wo Bedarf besteht, auf andere Regionen auszuweiten ist. Dies geschieht bereits beim dritten und bislang größten Haus des Jugendrechts im Frankfurter Norden, auf dessen Eröffnung am Freitag, dem 27. März 2015, wir uns freuen können. Dieses Haus wird für 178.000 Einwohner in 17 Stadtteilen Verantwortung übernehmen. Dort werden 18 Polizisten und sechs Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten. Organisatorisch ist diese Einrichtung an das Haus des Jugendrechts in Höchst angelehnt. Ich bin sicher, dass sie genauso erfolgreich arbeiten wird.

Meine Damen und Herren, seit die Einrichtung der Häuser des Jugendrechts im Jahre 2008 durch die damalige Hessische Landesregierung vorbereitet wurde, bestand im Hessischen Landtag große Einigkeit darüber, dass dies ein sinnvolles Projekt zur Bekämpfung der Jugendkriminalität ist. Auch in den Stadtparlamenten von Frankfurt und Wiesbaden haben die Häuser des Jugendrechts einen fraktionsübergreifenden Rückhalt. Dieses Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, wie eine an der Sache orientierte Arbeit geleistet werden und zum Erfolg führen kann; denn die Häuser des Jugendrechts sind eine Erfolgsgeschichte, der wir demnächst ein weiteres Kapitel hinzufügen werden.

Deshalb freue ich mich, wenn wir auch heute hier im Hessischen Landtag diesen Weg gemeinsam beschreiten und das Modell „Häuser des Jugendrechts“ bedarfsgerecht fortentwickeln können.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Viele Dank. Das war zeitlich eine Punktlandung und außerdem die erste Rede des Kollegen Serke. Dazu herzlichen Glückwunsch.

(Allgemeiner Beifall)

Als Nächste spricht Kollegin Hofmann, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Häuser des Jugendrechts sind in der Tat ein Erfolgsmodell. Sie dienen dazu, angemessen und abgestimmt auf Jugendkri

minalität zu reagieren, die Dauer von Jugendstrafverfahren zu verkürzen und dem Gedanken der Prävention zu folgen. Das ist bereits angesprochen worden.

Es gibt die Häuser des Jugendrechts bereits seit vielen Jahren in Rheinland-Pfalz, aber auch in Baden-Württemberg. Es war die hessische SPD, die, nachdem wir uns im Jahre 2006 als Arbeitskreis das Haus des Jugendrechts in Ludwigshafen angeschaut hatten, einen Antrag in den Hessischen Landtag eingebracht hat. Somit hat die hessische SPD die Häuser des Jugendrechts nach Hessen transferiert.

(Beifall bei der SPD)

Es hat zwar noch rund ein Jahr gedauert, bis auch die hessische CDU von diesem „Haus des Jugendrechts“ überzeugt worden war, aber dann haben auch Sie dieser Idee zugestimmt.

Ich will nun auf die fachlichen Aspekte der Häuser des Jugendrechts ergänzend zu den Darstellungen des Kollegen Serke noch einmal eingehen. Wir alle wissen, dass gerade bei Jugendlichen und Heranwachsenden – manchmal sind es sogar strafmündige Kinder –, die kriminell sind, die Institutionen, aber auch die Eltern überfordert und vor viele Fragen gestellt sind. Gerade bei jugendlichen Straftätern brauchen wir deshalb ein Netzwerk der unterschiedlichsten Institutionen, innerhalb dessen die Beteiligten mit ihren eigenen Erfahrungen und ihrem Wissen auf die jugendlichen Delinquenten schauen und gemeinsam entsprechende Lösungsansätze entwickeln. Denn wir wissen: Es braucht ein Bündel von Maßnahmen, um der Jugendkriminalität zu begegnen; ein einzelner Baustein reicht oft nicht.

(Beifall bei der SPD)

Genau das ist der Ansatz in den Häusern des Jugendrechts. Unterschiedlichste Professionen, ob Polizei, ob Staatsanwaltschaft, ob Jugendgerichtshilfe, aber auch externe Partner, schauen mit ihrem unterschiedlichen Background und ihrem unterschiedlichen Wissen auf den Einzelfall, auf die ganze Lebenssituation eines Jugendlichen, nehmen sie in den Blick und überlegen sich: Wie können wir dafür sorgen, dass dieser Jugendliche nicht mehr straffällig wird? – Genau das muss das Ziel sein, meine Damen und Herren.

Insofern ist es positiv, dass in den Häusern des Jugendrechts die Angehörigen unterschiedlicher Professionen miteinander kooperieren. Ich will ausdrücklich sagen, dass sie das auf Augenhöhe machen. Wir hören immer wieder, dass diese unterschiedlichen Beteiligten auch voneinander lernen. Die Arbeit wird von der Jugendgerichtshilfe, den Staatsanwaltschaften, der Polizei und auch weiteren Beteiligten als bereichernd empfunden, weil man über den eigenen Tellerrand hinausschauen und das Wissen der anderen Seite in die Entscheidungsprozesse einbeziehen kann.

Wir begrüßen auch, dass es Häuser des Jugendrechts in Wiesbaden und in Frankfurt gibt. Wir kennen beide Institutionen sehr gut. Nach langem Hin und Her, was die Organisation und die räumliche Unterbringung betrifft, gibt es – wie Sie, Herr Kollege, gesagt haben – ab Ende des Monats offiziell ein weiteres Haus des Jugendrechts in Frankfurt. Das begrüßen wir ausdrücklich.

(Beifall bei der SPD)

Ich will einen weiteren Aspekt deutlich machen, der gerade bei der Jugendkriminalität von besonderer Bedeutung ist. Bei jugendlichen Straftätern ist es wichtig, dass auf eine Straftat schnell eine „Antwort“ kommt, dass also auf eine

Straftat schnell eine Strafe folgt, wenn sie denn erforderlich ist; denn viele jugendliche Straftäter verdrängen das, was sie gemacht haben, und haben vielleicht schon weitere Straftaten begangen. Sie müssen sich zeitnah – das ist gerade bei Jugendlichen wichtig – mit der Straftat auseinandersetzen. Das heißt, das Ziel der Häuser des Jugendrechts ist es gerade, dass eine schnelle Befassung mit der Straftat stattfindet, der Jugendliche also schnell mit dem konfrontiert wird, was er gemacht hat.

Ich finde es auch positiv – das hat der Kollege ebenfalls ausgeführt –, dass die Häuser des Jugendrechts unterschiedliche fachliche Schwerpunkte haben. Ich möchte noch einmal den Schwerpunkt des Hauses des Jugendrechts in Frankfurt-Höchst unterstreichen: der Täter-OpferAusgleich, der dort – auch durch die Kooperation mit dem Evangelischen Regionalverband – in vorzüglicher Weise mit eingebracht wird. Wir von der SPD sagen ohnehin, dass eine Stärkung des Täter-Opfer-Ausgleichs von uns nicht nur bei der Jugendkriminalität ausdrücklich unterstützt wird.

Ich will noch einmal den Aspekt des Wohnortprinzips herausstreichen, den Sie erwähnt haben. Oft ist es so – wir kennen das aus dem Strafrecht –, dass sich die Zuständigkeit der Polizei nicht nur nach dem Tatort-, sondern auch nach dem Wohnortprinzip richtet. Das gewährt eine größere räumliche Nähe – gerade zu jugendlichen Straftätern. Der Jugendliche kennt die Akteure im Haus des Jugendrechts oft schon. Das ist leider gerade dann der Fall, wenn Jugendliche bereits mehrfach in Erscheinung getreten sind. Auch die Institutionen und das räumliche Umfeld kennt man. Sie haben es so ausgedrückt: Man kennt dann seine Pappenheimer. – Man kennt sich, und das sorgt dafür, dass man kürzere Wege hat, gerade auch kürzere Kommunikationswege.

Im Haus des Jugendrechts in Wiesbaden – das ist eine weitere Besonderheit, die ich sehr positiv finde – finden im Rahmen von eingeleiteten Ermittlungsverfahren sogenannte Beratungsgespräche statt. Sie dienen auch dazu, dass man mit dem Jugendlichen Kontakt aufnimmt, ihn mit der Tat und seinem Leben konfrontiert und auf ihn mit der Frage einwirkt: Wie sieht es künftig aus? – Es wird also durch ein Beratungsgespräch versucht, zu verhindern, dass er wieder straffällig wird.

Besonders wichtig ist auch, dass in Wiesbaden ein besonderes Augenmerk auf sogenannte Mehrfach- und Intensivtäter und auf sogenannte Schwellentäter gelegt wird, also auf Straftäter, die kurz davor sind, eine schwerere Straftat zu begehen. Das ist ein besonderer Schwerpunkt, der aus meiner Sicht wichtig ist.

Konzeptionell sieht es so aus, dass unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Tatvorwurfs eine Strafanzeige gestellt wird und die Ermittlungstätigkeiten anlaufen. Unmittelbar danach wird die Jugendgerichtshilfe angerufen. Erkenntnisse über den Straftäter und seine Persönlichkeitsstruktur werden ermittelt, und das Verfahren kommt dann sehr schnell in Gang.

Sehr positiv finde ich – das wurde uns vor Ort berichtet –, dass es in den Häusern des Jugendrechts sogenannte Fallkonferenzen gibt. In regelmäßig alle 14 Tagen stattfindenden Sitzungen – sogenannten Fallkonferenzen, wenn man einen Einzelfall bespricht – setzen sich Bedienstete der Jugendgerichtshilfe, der Staatsanwaltschaft und der Polizei in

einem Team zusammen und reden über die einzelnen Fälle. Das ist ein sehr professionelles Vorgehen.