Protokoll der Sitzung vom 04.03.2015

Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 37. Plenarsitzung. Ich stelle zunächst die Beschlussfähigkeit fest.

Zur Tagesordnung. Erledigt sind die Punkte 1 bis 5 und 48.

Noch eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Bleiberecht für Flüchtlinge in Ausbildung, Drucks. 19/1670. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 49 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit Tagesordnungspunkt 35 zu diesem Thema aufgerufen werden.

Außerdem eingegangen und eben an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend mobiles Hessen 2020: Nachhaltige Konzepte sichern Mobilität in Hessen, Drucks. 19/1672. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 50 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit Tagesordnungspunkt 29 zu diesem Thema aufgerufen werden.

Zum Ablauf der Sitzung. Vereinbarungsgemäß tagen wir heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von zwei Stunden.

Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 29, Antrag der Fraktion der SPD betreffend Schwarz-Grün verschläft die Verkehrswende – marode Infrastruktur gefährdet Wirtschaftsstandort Hessen, Drucks. 19/1623. Dieser Tagesordnungspunkt wird gemeinsam mit Tagesordnungspunkt 50, Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend mobiles Hessen 2020: Nachhaltige Konzepte sichern Mobilität in Hessen, Drucks. 191672, aufgerufen.

Dann folgt Tagesordnungspunkt 10, Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Erfolgsmodell Häuser des Jugendrechts ausbauen, Drucks. 19/400. Nach der Mittagspause beginnen wir mit Tagesordnungspunkt 32, Drucks. 19/1626.

Heute fehlen entschuldigt Frau Staatsministerin Lucia Puttrich ab 12 Uhr, Frau Vizepräsidentin Ursula Hammann – sie ist erkrankt – sowie Frau Abg. Nicola Beer und Herr Abg. Dieter Franz ganztägig.

In der Mittagspause der Plenarsitzung, gegen 13 Uhr, wird die Ausstellung „move on – 10 Jahre Theater Aktiv im Staatstheater Wiesbaden – Foto-Momente von Michael Kretzer“ in der Ausstellungshalle eröffnet.

In der Mittagspause der Plenarsitzung wird der Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung in Sitzungsraum 510 W zusammenkommen.

Heute Abend tagt der Kulturpolitische Ausschuss im Anschluss an das Plenum, ebenfalls in Sitzungsraum 510 W.

Jetzt habe ich noch die Möglichkeit, zu einem runden Geburtstag zu gratulieren. Im Namen des gesamten Hauses einen herzlichen Glückwunsch der Abg. Sabine BächleScholz zu ihrem 50. Geburtstag.

(Allgemeiner Beifall – Abg. Sabine Bächle-Scholz (CDU) werden Blumen überreicht.)

Jetzt können wir in die Tagesordnung einsteigen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 29 und Tagesordnungspunkt 50 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend SchwarzGrün verschläft die Verkehrswende – marode Infrastruktur gefährdet Wirtschaftsstandort Hessen – Drucks. 19/1623 –

Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend mobiles Hessen 2020: Nachhaltige Konzepte sichern Mobilität in Hessen – Drucks. 19/1672 –

Vereinbarte Redezeit: zehn Minuten je Fraktion. Als Erster spricht Kollege Frankenberger, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sperrung der Schiersteiner Brücke hat wieder einmal den Fokus auf den desolaten Zustand der Infrastruktur im Verkehrsbereich gerichtet.

(Beifall bei der SPD)

Fakt ist: Der Sanierungsbedarf beträgt bei den Brücken in Hessen 1 Milliarde €, bei den Straßen in Hessen gibt es einen Sanierungsstau in Höhe von insgesamt 4 Milliarden €,

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zuständig ist der Bund!)

und bei den überregionalen Schienenausbauprojekten fehlen 6 Milliarden €. – Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, seien Sie doch nicht so aufgeregt. Wir machen das ruhig, sachlich und gelassen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Wagner, all das ist seit Langem bekannt. Das Problem ist aber: In Hessen gibt es überhaupt kein Licht am Ende des Tunnels, weil die Regierung und die sie tragenden Fraktionen nicht wissen, wie sie diese Herausforderung annehmen sollen.

(Beifall bei der SPD)

Dabei sollte doch alles anders werden. Die grüne Regierungspartei sagte in der Zeit vor der Übernahme der Regierungsverantwortung: „Wir wollen eine echte Verkehrswende: Verkehr vermeiden, Verkehre verlagern und den Verkehr verbessern.“

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Stimmt, es wäre besser, wenn wir in der Bundesregierung wären!)

Stattdessen sind auf der hessischen Seite der A 45 20 der 22 großen Talbrücken marode und müssen durch Neubauten ersetzt werden. Die Kosten für die Brückenerneuerungen auf hessischer Seite betragen nach Schätzungen ca. 300 Millionen €. Knapp die Hälfte der Landes- und Kommunalstraßen in Hessen, exakt 47 %, befindet sich nach einer Klassifizierung in einem schlechten bzw. sehr schlechten Zustand.

Deshalb hat die Sozialdemokratie für den Haushalt 2015 20 Millionen € mehr für den Landesstraßenbau gefordert.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Eine „herausragende“ Leistung! – Weitere Zurufe von der CDU)

Schwarz-Grün hat diesen Vorschlag aber abgelehnt.

Bedingt durch den großen Nachholbedarf bei der Schieneninfrastruktur gibt es im deutschen Bahnnetz vermehrt Langsamfahrstellen. Die durchschnittliche Dauer der Baustellen war in Hessen besonders hoch – Herr Kollege Wagner, Zuhören bildet –: im Durchschnitt 1.282 Tage. Getoppt wurde dieser Wert nur von Baden-Württemberg mit durchschnittlich 1.317 Tagen. Das ist hessische Realität.

(Beifall bei der SPD)

Wir freuen uns, dass der Bund die Mittel für die Schieneninfrastruktur erheblich erhöht hat und dass davon in Hessen bis 2019 1,8 Milliarden € ankommen. Da merkt man doch gleich, dass im Bund die Sozialdemokraten mitregieren.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Unter Schwarz-Gelb war das nämlich nicht möglich.

Im Kreis Offenbach wurde in der örtlichen Presse über Megastaus an einer Baustelle berichtet. Herumirrende Autofahrer auf teilweise unzureichend ausgeschilderten Umleitungsstrecken, regelrecht blockierte Abschnitte, die auch für die Rettungsfahrzeuge zum Nadelöhr werden, und frustrierte Menschen, wohin das Auge blickte – so die örtliche Presse. Wie reagierte der zuständige Minister? – Die Straßenbaubehörde des Landes habe keinerlei Pannen zu verantworten. Die Überschrift in der örtlichen Presse lautet entsprechend: „Chaos? Welches Chaos? Al-Wazir kann Baustellenfrust nicht nachvollziehen“. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, das ist Ihre Art, an Problemlösungen heranzugehen.

(Beifall bei der SPD)

Nun sind wir ja milde und erwarten nicht, dass nach einem Jahr Schwarz-Grün in Hessen alle Aufgaben erledigt sind. Aber wenigstens ein schlüssiges und langfristiges Konzept kann man nach diesem Zeitraum erwarten. Auch hier: Fehlanzeige.

(Beifall bei der SPD)

Funktionsfähige Verkehrswege sind ein wichtiger Standortfaktor und stärken die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie.

So können wir es in einer VCI-Initiative zur Infrastruktur lesen. Wie der VCI warnen seit mehreren Jahren Wirtschaftsverbände, Logistiker, Gewerkschaften, Automobilverbände und -clubs vor einem Werteverzehr bei der verkehrlichen Infrastruktur. Der VCI hält außerdem fest:

Es fehlt ein praxisorientierter Infrastrukturbericht, der Schwachstellen aufdeckt, den tatsächlichen Bedarf aufzeigt und damit der Politik als Grundlage für Investitionsentscheidungen gegen den fortschreitenden Verfall dienen kann.

Recht hat der VCI, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Fraktion sieht sich damit in ihrer Forderung nach einem jährlichen Bericht zum Zustand der öffentlichen Infrastruktur in Hessen bestätigt. Das wollten wir hier im

Landtag mittels eines Antrags beschließen lassen. Was hat Schwarz-Grün dazu gesagt? – Njet. Selbst dazu sind Sie nicht in der Lage.

Es gibt nämlich in Hessen nach wie vor kein Konzept, wie man dem Werteverfall in der öffentlichen Infrastruktur entgegenwirken will. Logistiker warten seit Langem auf eine öffentliche Prioritätenliste bei den Brückensanierungen, damit sie sich bei den Verkehrsbewegungen auf mögliche Einschränkungen einstellen können.

(Beifall bei der SPD)

Sie warten auf ein schlüssiges Verkehrs- und Logistikkonzept, bei dem auch die Beziehung Straße – Schiene sinnvoll geklärt wird. Auch hier: Fehlanzeige. Dabei ist Hessen, insbesondere meine Heimat Nordhessen, ein führender Logistikstandort in Deutschland.

Der ÖPNV, in Vor-Regierungszeiten von der grünen Regierungspartei immer gehätschelt, gepflegt und in den Vordergrund gerückt, erfährt von dieser Landesregierung keine besondere Beachtung.