Protokoll der Sitzung vom 05.03.2015

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe gesagt, der Handwerkerbonus – –)

Dass Ministerpräsident Seehofer an der Stelle die Unterstützung der Freien Demokraten hat, will ich Ihnen durchaus darlegen.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie waren ja noch nie für die Energiewende!)

Wir haben in dieser Woche die Bedeutung des Handwerks rauf und runter diskutiert. Das ist immer eine Gelegenheit, bei der man sich dann sehr mittelstandsfreundlich gibt. Ich habe Ihnen in der Rede am Dienstag gesagt: Eines der Dinge, die man vorrangig für das Handwerk tun muss, ist, die Schwarzarbeit zu bekämpfen. Schaffen Sie die Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen ab, Frau Kollegin Dorn, ist das nichts anderes als ein Konjunkturprogramm für Schwarzarbeit.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, diese Gegenrechnung kann nicht funktionieren. Dagegen hat sich der Bayerische Ministerpräsident gewehrt, und dabei hat er unsere volle Unterstützung.

(Beifall bei der FDP)

Frau Dorn, der Bundesratspräsident wird mir an der Stelle vielleicht zustimmen: Die Länderkammer, der Bundesrat, hat immer ein gewaltiges Wörtchen mitzureden, gerade wenn es um Steuerfragen geht, wenn die Interessen der Länder betroffen sind. Er hat eine Fülle von Möglichkeiten, seinen Einfluss geltend zu machen. In der Vergangenheit – der Kollege Stephan hat es schon erwähnt – haben der Bundesrat und die Länder davon kräftig Gebrauch gemacht, vor allen Dingen bei der Frage der energetischen Sanierung.

Am 12. Dezember 2012 ging die Vermittlung bezüglich der Gebäudesanierung dem Ende entgegen. Am 21. November 2012: Vermittlungsausschuss vertagt. Am 27. Juni 2012: Beratungen erneut vertagt. 13. Juni: Vermittlungsausschuss vertagt Beratungen auf den 27. Juni. 8. Februar: Sitzung des Vermittlungsausschusses vertagt. Am 14. De

zember 2011: Sitzung des Vermittlungsausschusses ohne Ergebnis. Im November 2011 erste Sitzung des Vermittlungsausschusses: Bundesrat verweigert Zustimmung. Erste Beratung im Bundestag: Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf. Und, liebe Frau Kollegin Dorn, am 14. September 2011, Gesetzgebung: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will Vermittlungsausschuss anrufen. Sie und der Kollege Stephan haben recht: Wir könnten das schon längst umgesetzt haben, wenn die GRÜNEN nicht massiv im Bundesrat mit blockiert hätten.

(Beifall bei der FDP)

Daher kann ich Ihren Ausführungen inhaltlich viel abgewinnen. Die beste Energie ist die, die wir nicht verbrauchen. Am Ende müssen immer wieder diejenigen die Zeche zahlen, die sich hohe Energiekosten überhaupt nicht leisten können.

Wenn wir Anreize geben wollen, dass Vermieter ihre Bestände sanieren und das in Teilen über die Miete abwickeln können, aber auch steuerliche Anreize bekommen, dann ist es das beste Konjunkturprogramm, das wir machen können, es ist das beste Programm, das wir machen können, um Energie einzusparen. Aber, Frau Kollegin Dorn, die GRÜNEN spielen dabei eine sehr unrühmliche Rolle. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Kollege Lenders. – Als Nächster spricht Kollege Schaus, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage vorweg: Ich wäre dankbar, wenn die anderen Fraktionen beim Beifall aushelfen könnten.

(Der Redner weist auf die leeren Sitzreihen seiner Fraktion. – Heiterkeit und Beifall – Holger Bellino (CDU): Wir können ja einen Sammelaufruf starten!)

Danke schön, das war fürs Erste schon ganz gut.

(Zurufe)

Gegenwärtig stehen die Stromkosten im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte. Doch die wünschenswerte Beschleunigung der energetischen Gebäudesanierung könnte eine neue Kostenwelle auch für Mieterinnen und Mieter sowie selbst genutztes Wohneigentum verursachen, sofern nicht rechtzeitig gegengesteuert wird.

Das ist eine andere Betrachtungsweise als bisher, aber wir wollen sie durchaus einführen; denn die Heizkosteneinsparungen werden in vielen Fällen niedriger sein als die umgelegten Kosten der Investition. Das ist früher einmal anders behauptet worden, mittlerweile gehen auch die Experten davon aus, dass es hier nicht zu einer Kostendeckung kommt.

Dennoch muss saniert werden; denn der Gebäudebereich verbraucht in Deutschland rund 40 % aller Endenergie. Der vor wenigen Tagen vorgelegte „dena-Gebäudereport 2015“ sagt, ca. 65 % der Fassaden und ca. 35 % der Dächer älterer Gebäude seien ungedämmt, ca. 55 % der Heizungsanlagen wurden vor 1997 installiert.

(Beifall der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Heiterkeit und Beifall)

Energieeffizienz und damit auch energetische Sanierungen sind deshalb eine tragende Säule der Energiewende. Steuerliche Anreize reichen deshalb bei Weitem nicht aus, diese Mammutaufgabe mittelfristig zu lösen. Es ist aber auch ein verheerendes politisches Signal, sie abzuschaffen oder zu reduzieren.

Was wir brauchen, sind Förderprogramme über Zuschüsse. Um den Altbaubestand bis Mitte dieses Jahrhunderts nahezu vollständig energetisch zu sanieren, muss sich die Sanierungsrate von derzeit 1,1 % pro Jahr baldmöglichst auf 2 % pro Jahr verdoppeln. Dazu brauchen wir eine Langzeitplanung, die anspruchsvolle, stufenweise zu erreichende Klassen für den energetischen Zustand der Gebäude enthält.

Die Förderprogramme für die energetische Gebäudesanierung müssen deshalb deutlich erhöht und vor allem dauerhaft gestaltet werden. Das wollen wir bei dieser Debatte auch überhaupt nicht aus dem Blick verlieren. Ohne staatliche Förderung wird es nämlich nicht gehen; denn die Umlage der Sanierungskosten liegt in vielen Fällen höher als die Einsparungen bei den Betriebskosten.

Deshalb brauchen wir umfangreiche Förderprogramme, gleichzeitig aber auch klare gesetzliche Änderungen im Mietrecht, damit die energetischen Sanierungen nicht von den Vermietern zu deutlich höheren Mieten und zur sozialen Verdrängung missbraucht werden können.

(Beifall der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Nach unseren Vorstellungen muss sich deshalb die Höhe der Modernisierungsumlage nicht an den Kosten, sondern am Nutzen orientieren, den die jeweils Beteiligten haben.

So sollen Mieterinnen und Mieter nur die Kosten in Höhe der Einsparungen bei der Heiz- und Energiekostenrechnung tragen müssen. Die Vermieter müssen sich aus unserer Sicht den Wertzuwachs ihrer Immobilie anrechnen lassen, und der Nutzen, den die ganze Gesellschaft durch die energetische Gebäude- und Quartiersentwicklung erlangt, muss gemeinschaftlich, also durch öffentliche Förderung über Zuschüsse, finanziert werden.

All dies – also die Beschleunigung der energetischen Gebäudesanierung, die Verhinderung von Zusatzbelastungen für Mieterinnen und Mieter und die Einbeziehung des Wertzuwachses in die Berechnung – erachten wir als eine untrennbare Verbindung zu einem wirklich tragfähigen Klimaschutzprogramm im Gebäudebereich.

Dazu brauchen wir ein nachhaltig tragfähiges Finanzierungskonzept über Zuschüsse statt über Darlehen, über ein Bundesprogramm ausgestattet mit jährlich mindestens 5 Milliarden € – das ist weitaus mehr als die diskutierten Steuerersparnisse, die ein maximales Volumen von 1 Milliarde € ausmachen.

Sie sehen also, wir brauchen weit mehr als nur einen Steuerbonus oder das aktuelle Gezerre um die Änderungen bei der steuerlichen Anrechnung von Handwerkerleistungen. In diese Richtung müssen wir meiner Ansicht nach weiter diskutieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Schaus. – Ich habe zurzeit keine Wortmeldungen der Fraktionen mehr vorliegen.

(Minister Tarek Al-Wazir: Wenn die SPD nichts sa- gen möchte, kann ich ja reden! – Thorsten Schäfer- Gümbel (SPD): Nach Ihnen!)

Das Wort hat Staatsminister Al-Wazir.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin etwas überrascht, dass sich eine Regierungspartei auf Bundesebene zu diesem Thema nicht äußern möchte, aber vielleicht kommt ja noch etwas.

Bis vor einer Woche haben wir uns bei der energetischen Gebäudemodernisierung auf einem guten Weg gewähnt. Dann kam die für fast alle überraschende Nachricht aus Berlin, dass im Koalitionsausschuss von CDU, CSU und SPD am 24. Februar keine Einigung hinsichtlich der Finanzierung des grundsätzlich von allen gewünschten Programms zur steuerlichen Abschreibung von energetischen Modernisierungsmaßnahmen erzielt werden konnte. Wenn ich „fast alle“ sage, so schaue ich dabei in den Süden der Republik.

Ich will auch aus Sicht der Hessischen Landesregierung ausdrücklich sagen, dass es für uns unbegreiflich ist, warum eine Maßnahme, über die sich die Bundeskanzlerin und – das betone ich – alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten Mitte Dezember 2014 grundsätzlich geeinigt hatten, nun doch wieder scheitern soll, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie Beifall des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Es ist vor allem deshalb unbegreiflich, weil wir uns im Dezember auf eine aufkommensneutrale Umsetzung dieses Programms verständigt hatten. Nun heißt es aber plötzlich aus der CSU – und dadurch auch aus der Bundesregierung –, dass eine Gegenfinanzierung durch die Einführung eines Sockelbetrags beim Handwerkerbonus nicht mehr möglich sei. – Ich will ausdrücklich sagen, dass dies ein verheerendes Signal für die Energiewende und kein Ruhmesblatt für die Große Koalition ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen werden wir den Kampf um dieses wichtige Programm nicht aufgeben und auch weiterhin selbst tätig sein; denn die energetische Gebäudesanierung ist einer der wichtigsten Punkte, der momentan noch lange nicht so erfolgreich läuft, wie es der Fall sein müsste.

Wir haben als Landesregierung, als Mehrheit im Hessischen Landtag mit dem Haushaltsbeschluss 2015 – und haben das auch 2016 vor – den Etat für die hessische Energiesparaktion um 20 % auf jährlich 1,3 Millionen € erhöht.

(Norbert Schmitt (SPD): 1,3 Millionen €! Das ist ja sensationell!)

Das ist nicht unbedingt sensationell, Herr Kollege Schmitt. Aber diese hessische Energiesparaktion ist eine der erfolgreichsten Energiesparaktionen der Bundesländer. Mit diesen Mitteln wird nicht gefördert, sondern es werden

die Bürgerinnen und Bürger beraten, was man machen kann und woher man Fördermittel bekommt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Holger Bellino (CDU) – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich verstehe nicht, was es da dazwischenzurufen gibt – vor allem, wenn die SPD-Fraktion bisher nicht in der Lage war, in dieser Aktuellen Stunde überhaupt das Wort zu ergreifen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nun warten Sie doch erst einmal ab!)