Unsere nordhessische Heimatzeitung hat das Thema gestern ebenfalls dankbar aufgenommen: dass das Projekt A 49 daran glauben muss, damit die GRÜNEN nicht ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Was ist denn das für ein Demokratieverständnis? Wir GRÜNE waren gegen die A 49. Wir haben dagegen gekämpft, aber es gab immer andere parlamentarische Mehrheiten. Jetzt besteht Planungsrecht und Baurecht. Wir haben die Fakten zur Kenntnis genommen und haben im Koalitionsvertrag mit der CDU eine Vereinbarung getroffen, nicht mehr und nicht weniger.
Dass die Finanzierung sichergestellt werden muss, ist doch selbstverständlich. Das erklären die Parlamente in der Region; da gibt es Beschlüsse in Schwalmstadt, Neustadt und Stadtallendorf. Sie alle haben beschlossen, dass die Autobahn durchfinanziert sein muss, damit sie nicht im Nirgendwo endet und sich der Verkehr durch die Ortschaften schlängelt.
Das könnten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen, aber anscheinend interessiert Sie das nicht; Sie wollen nur Druck machen und Ihre Untätigkeit von damals verschleiern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wieder einmal jagt die FDP das Thema „A 49“, sozusagen den Untoten unter den hessischen Autobahnen, durch das Parlament.
Dabei ist seit unserer letzten Debatte eigentlich nicht viel passiert. Was bekannt wurde, finde ich ganz spannend, nämlich dass die A 49 im Juni anlässlich einer Bundeswehrrekrutierungsveranstaltung mit Waffenschau in Fritzlar, auch Tag der Bundeswehr genannt, zum „längsten Parkplatz Deutschlands“ umgewidmet werden soll. Vielleicht so viel zum verkehrlichen Nutzen dieser Autobahn. So groß kann er nicht sein, wenn man einfach einmal einen Tag lang einen Parkplatz daraus machen kann.
Viele Menschen in der Region hoffen auf eine Entlastung ihrer Ortslagen. Aber was sie durch die A 49 bekommen würden, wäre noch mehr Transitverkehr. Ich finde, wir sollten uns wirklich noch einmal genau anschauen, über was für ein Bauprojekt wir hier sprechen. Wir sprechen bei den drei Bauabschnitten von insgesamt 43 km neuem Asphalt mit alleine mehr als einem halben Dutzend Talbrücken. Sie würden die Region zwischen Schwalm und Vogelsberg zerschneiden und verändern, eine Region, die gemeinsam mit dem Knüll gerade als märchenhaftes „Rotkäppchenland“ für sich wirbt.
Es geht dem Bund mit dem Bau der A 49 auch nicht darum, dass die Menschen aus Schwalmstadt oder Stadtallendorf schneller vorankommen. Wir sprechen hier nicht über eine Erschließungsstraße für die Region, sondern um eine Strecke – da zitiere ich das Bundesverwaltungsgericht in seiner Urteilsbegründung –, die „zum transeuropäischen Verkehrsnetz gehört“ und eine „europäische wie auch nationale Verbindungsfunktion“ hat.
Meine Damen und Herren, es geht hier auch ein Stück weit um eine Abkürzung; denn die kürzeste Strecke von Frankfurt nach Kassel, aber auch von der Schweiz und Ostfrankreich nach Norddeutschland und Skandinavien wird dann nicht mehr über das Hattenbacher Dreieck führen, sondern über eine von Anfang an hoch belastete zweispurige Autobahn durch die Schwalm. Das ist ein Paradebeispiel für die Verlagerung von bestehendem Verkehr, und es ist auch ein Paradebeispiel dafür, dass neue Straßen noch mehr Verkehr verursachen: Diese Verbindung z. B. könnte Menschen geradezu ermutigen, von der Bahn auf das Auto umzusteigen.
Die Autobahn zu bauen, wird auch die Verkehrsprobleme auf der B 3 nicht lösen, wenn diese einfach unverändert bliebe.
Die Menschen in der Region hätten außer mehr Verkehr, mehr Lärm und Schadstoffen, nichts gewonnen, und – Herr Kollege Rentsch, da haben Sie ausnahmsweise einmal recht – das war die Argumentation, die die GRÜNEN vor der Wahl vertreten haben. Das hat sich leider im Koalitionsvertag so nicht niedergeschlagen.
An die Heilsversprechen von blühenden Gewerbegebieten und den neuen Arbeitsplätzen, die wegen dieser Autobahn entstehen sollen, glaube ich nicht. Ich glaube sogar, es kann sein, dass, wenn es eine neue Rennpiste zwischen Gießen und Kassel geben würde, beispielsweise dem Schwalmstädter Einzelhandel eher noch ein Kaufkraftabfluss drohen würde. Deshalb bin ich überzeugt, dass beispielsweise im sanften Tourismus ein sehr viel größeres Potenzial für die Region liegt als in 40 km Beton, die sich durch die Landschaft schneiden und die Gegend kilometerweit beschallen.
Da reden wir auch von einem enormen Flächenverbrauch. Wir reden vom Zerschneiden der Wälder, von FFH-Gebieten, dem Versiegeln von wertvollen Äckern und auch von den Lebensräumen vieler Wildtiere. Wir sprechen von ei
ner Abkürzung von wenigen Kilometern, die – das finde ich wichtig, noch einmal deutlich zu machen – mehr als eine halbe Milliarde € kosten soll, eine Abkürzung von zehn Kilometern für 569 Millionen €, wovon im Moment 60 Millionen € finanziert sind.
Ich bin der Meinung, mit dem Unterhalt der öffentlichen Straßen ist die öffentliche Hand jetzt schon überfordert. Ich halte überhaupt nichts davon, PPP-Projekte beim Autobahnbau zu machen, weil sich gezeigt hat, dass das für die öffentliche Hand am Ende immer nur teurer wird.
Deshalb ist die Prämisse, die im schwarz-grünen Koalitionsvertrag festgeschrieben ist, nämlich „Erhalt vor Neubau“ eigentlich vollkommen richtig. Es wäre nur gut, wenn Sie sich im Fall der A 49 auch daran halten würden.
Die Alternative ist nicht der Status quo, wie den Menschen immer erzählt wird. Ich finde es auch nicht ganz fair, die Menschen, die unter Lärm und Durchgangsverkehr leiden, gegen diejenigen auszuspielen, die jetzt diese Autobahn kritisieren. Natürlich muss man die Anwohner entlasten. Die A 49 endet heute quasi im Nichts und führt in die umliegenden Orte hinein.
Ich denke, es müssen mit den Menschen vor Ort gemeinsam Lösungen gefunden werden, z. B. ein ordentlicher Autobahnabschluss direkt an der B 3, nahe der jetzigen Stelle. Es braucht Lärmschutzmaßnahmen und Ortsumfahrungen. Eine weitere transeuropäische Lkw-Piste durch Nordhessen wird aber noch mehr Belastung bringen. Deswegen: Man schaue sich den Titel der Aktuellen Stunde der FDP „Jetzt oder nie …“ an. Da sind wir der Meinung, wenn es nach dem Nutzen für die Menschen in der Region, für die Natur und die Steuerzahler geht, dann sollte die Antwort ganz klar sein: „Nie“. – Vielen Dank.
Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen zwei Bemerkungen machen. Karin Müller sehe ich nicht, aber ich sage es einmal in ihrer Abwesenheit: Dass ich noch erleben darf, dass sich meine Kollegin Karin Müller darüber beklagt, es geht beim Autobahnbau in Deutschland und in Hessen zu langsam voran, das hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können.
Der nächste Punkt: Wenn man beim Autobahnbau in Deutschland mit so viel Engagement herangegangen wäre wie die jetzige Landesregierung bei der A 49, dann wäre die A 7 heute noch nicht fertiggestellt.
Was wir derzeit immer noch erleben, ist der allzu durchsichtige Versuch von Schwarz-Grün, die Verantwortung
Ich will noch einmal kurz auf die Historie eingehen; denn ich finde, das ist auch für die Zuschauer oben immer ganz wichtig: Der Fakt ist, die CDU hat immer beteuert,
dass sie die Autobahn 49 will. Wir erinnern uns alle noch an das Versprechen mit den Baggern. Es gibt böse Zungen in Nordhessen, die behaupten, dass nicht weitergebaut werden kann, weil die Bagger noch bei der A 44 gebraucht werden, die schon längst fertiggestellt sein sollte. Das ist aber, wie gesagt, nur ein böses Gerücht in Nordhessen. Herr Staatssekretär, dieses Versprechen mit den Baggern haben die Menschen in der Region der Schwalm aber bis heute nicht vergessen.
Die GRÜNEN haben vor den Wahlen immer beteuert: „Wir wollen diese Autobahn nicht.“ Das war die Ausgangslage.
Jetzt beginnt ein weiterer Akt dieses traurigen Schauspiels. Schwarz-Grün musste sich im Koalitionsvertrag irgendwie verständigen. Wie das immer so ist, dafür haben wir auch Verständnis, sollte dies möglichst gesichtswahrend passieren. Was sollte man also tun? – Mit einer Bedarfsprüfung wie beim Terminal 3 konnte man sich bei der A 49 nicht retten.
Bei der A 49 kann man eine solche Showveranstaltung wie beim Terminal 3 auf Kosten des Steuerzahlers und zur Beruhigung der eigenen Klientel eben nicht machen.
Heraus kam dann der uns allen bekannte Kompromiss. Entgegen aller bisheriger Praxis sollte die Autobahn ab Schwalmstadt erst dann weitergebaut werden, wenn die Gesamtfinanzierung steht. Damit konnten beide Seiten, Schwarz und Grün, prima leben – die GRÜNEN in der Annahme, die Autobahn werde dann sowieso nie gebaut, und die CDU in dem Glauben, man könne dann die gesamte Verantwortung auf Berlin abschieben. Das war die Ausgangslage. Politisch haben wohl beide Seiten gedacht, dass dies eine Win-win-Situation sei.