Bevor ich die nächste Aktuelle Stunde aufrufe, teile ich mit, dass ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Fertigstellung der A 49, Drucks. 19/1914, eingegangen ist. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 79, und wir rufen ihn jetzt mit Tagesordnungspunkt 66 auf. – Kein Widerspruch, dann wird so verfahren.
Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Jetzt oder nie – Jahr der Entscheidung bei der A 49 – Regierung Bouffier muss sich klar bekennen und Finanzierungsprogramm des Bundes nutzen) – Drucks. 19/1891 –
Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Das Wort hat der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Herr Kollege Rentsch.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die A 49 ist eines der zentralen Infrastrukturprojekte dieses Landes. Wir befinden uns in der Situation, dass wir über diese Autobahn – den Lückenschluss, wie es heißt – seit Jahrzehnten diskutieren. Viele Parteien haben sich dafür eingesetzt. Die GRÜNEN waren immer gegen das Projekt. Sie haben immer gesagt, sie wollten den „qualifizierten Abschluss“ behalten, was für die Menschen bedeutet, dass diese Autobahn mitten in der Region, bei Neuental, endet. Sie sollte aus umweltschutzpolitischen Gründen nicht weitergebaut werden.
CDU und FDP haben sich 2009 gemeinsam dafür entschieden, alles Mögliche zu tun, um dieses Projekt zu forcieren. Ich sage ausdrücklich: Auch der amtierende Hessische Ministerpräsident hat sich immer mit uns gemeinsam für dieses Projekt eingesetzt, nicht nur, weil es aus landespolitischer und aus regionalpolitischer Sicht wichtig ist, sondern auch, weil wir wissen, dass die A 49 Alternative zur A 5 und zur A 7, eine der meistbefahrenen Autobahnen Deutschlands und aus diesem Grund auch eine der Autobahnen mit der höchsten Unfallhäufigkeit, ist. Zu dieser Autobahn brauchen wir eine Alternativstrecke, weil uns die Verkehrssicherheit in diesem Land wichtig ist.
Wir sind von den GRÜNEN dafür kritisiert worden, dass wir das Thema forciert haben – wegen eines Tunnels, der aus Sicht der GRÜNEN überflüssig war. Jetzt sind die GRÜNEN dafür zuständig, diese Autobahn weiterzubauen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Meine Damen und Herren, die Realisierungschance für den Weiterbau der A 49 ist so gut wie noch nie. Wir haben von CDU und GRÜNEN einen Koalitionsvertrag vorgelegt bekommen, der im entscheidenden Passus wortgleich ist mit dem damaligen Entwurf für einen Koalitionsvertrag von
SPD, GRÜNEN und Linkspartei. Dort hatte man eine hohe Hürde eingezogen, was die A 49 betrifft. Im Hintergrund stand, dass man die A 49 eigentlich nicht wollte. Man darf im Hessischen Landtag wohl die Frage stellen, warum das Gleiche jetzt im Koalitionsvertrag von CDU und GRÜNEN steht.
Aber sogar diese hohe Hürde kann in diesem Jahr überwunden werden, wenn es darum geht, die A 49 zu realisieren. Wir sind rechtlich so weit wie noch nie zuvor. Es stehen nur noch wenige Fragen im Raum. Der Verkehrsminister weiß, dass die Verwaltung dort sehr gut und ordentlich gearbeitet hat. Aber die Finanzierung, die bisher die höchste Hürde war, ist dieses Jahr eindeutig machbar, und deshalb müssen wir sie jetzt auch in Angriff nehmen. Das ist wie ein Elfmeter vor einem leeren Tor. Wer den nicht reinmacht – –
Das sind nicht nur Spieler des FC Bayern München. Herr Kollege Al-Wazir, ich möchte Sie nicht mit Spielern des FC Bayern München vergleichen. Aber wenn es um das Elfmeterschießen geht, darf man von Ihnen schon verlangen, dass Sie einen Ball, der vor einem leeren Tor liegt, auch reinmachen.
Es gibt auf der einen Seite das 10-Milliarden-€-Programm von Wolfgang Schäuble zur Verbesserung der Infrastruktur in Deutschland. Darüber kann die A 49 dieses Jahr finanziert werden. Aber das Land muss etwas dafür tun, dass es Mittel aus diesem Topf erhält. Herr Ministerpräsident und Herr Verkehrsminister, deshalb frage ich: Was tun Sie dafür, dass die A 49 dabei berücksichtigt und aus diesem Topf finanziert wird?
Auf der anderen Seite gibt es das Projekt Neue Generation ÖPP. Für die heutigen Besucher: öffentlich-private Partnerschaft. Das ist ein Modellprojekt, das von Herrn Dobrindt neu aufgelegt und forciert worden ist. Wenn man der „Bild“-Zeitung vom heutigen Tag glauben darf, sind es immerhin 14 Milliarden €, die hierfür zur Verfügung gestellt werden. So titelt die „Bild“-Zeitung heute. 600 km Bundesfernstraßen sollen damit neu gebaut werden.
Jetzt frage ich die Landesregierung: Was hat die Landesregierung dafür getan, dass das Vorhaben in diesen Modellprojekten implementiert wird? Ist die A 49 dort berücksichtigt, ja oder nein? Das haben die Freien Demokraten in den letzten Jahren immer vorgeschlagen. Was haben Sie dafür getan?
Ich habe das Gefühl, dass die Landesregierung wenig dafür getan hat. Es entsteht nämlich der Eindruck, dass diese Autobahn auf dem politischen Altar von Schwarz und Grün geopfert werden soll. Die GRÜNEN können bei einem Projekt, von dem sie jahrzehntelang gesagt haben, es dürfe nicht umgesetzt werden, nicht einfach eine Wende um 180 Grad hinlegen. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass dieses Projekt nicht realisiert wird. Wenn es anders ist, freue ich mich darüber. Herr Ministerpräsident, ich sage Ihnen: Sie haben mit Ihrem Einfluss in Berlin alle Möglichkeiten, um diesen Ball reinzumachen.
Seit gestern Abend gibt es eine von Herrn Dobrindt veröffentlichte Liste – sie ist auf der Seite der „Bild“-Zeitung zu finden –, auf der die Projekte verzeichnet sind, die die Bundesrepublik zur Finanzierung aus dem sogenannten Juncker-Topf angemeldet hat: ein EU-Programm, mit dem Infrastrukturprojekte realisiert werden sollen. Da finden Sie die A 49 nicht mehr. Im Europaausschuss hat die hessische Europaministerin eine Liste vorgelegt, nach der die A 49 bei diesen EU-Projekten noch angemeldet war und angeblich daraus finanziert werden sollte.
Jetzt frage ich die Landesregierung: Warum sind alle anderen Projekte, die auf dieser Liste stehen, noch auf der Liste, die gestern Abend veröffentlich worden ist, und warum steht die A 49 nicht mehr darauf?
Heißt das etwa, dass die Hessische Landesregierung die A 49 aus politischen Gründen von dieser Liste genommen hat, damit sie bloß nicht gebaut wird? Wir warten darauf, dass diese Frage heute geklärt wird.
Ansonsten sind wir gern bereit, eine Sondersitzung des Europaausschusses durchzuführen. Der Europaausschuss ist von Frau Kollegin Puttrich informiert worden. Zu diesem Zeitpunkt stand das Projekt noch auf Liste. Seit gestern Abend ist es dort nicht mehr enthalten. Wir wollen wissen, was die Gründe dafür sind. Ist das hier ein politischer Kuhhandel, damit die A 49 nicht gebaut wird und damit sich die GRÜNEN in dieser Koalition durchsetzen und sozusagen ihr Gesicht wahren können?
Das lassen wir der Landesregierung nicht durchgehen. Der Ball liegt bei Ihnen, vor dem leeren Tor. Wir wollen wissen, ob Sie die A 49 verwirklichen, ob Sie also diesen Elfmeter reinmachen, oder ob Sie der FC Bayern München in der Landespolitik sein wollen. Das wollen wir heute wissen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich müsste die Aktuelle Stunde so heißen: „Die unvollendete Amtszeit von Herrn Posch und Herrn Rentsch in Hessen: Wie erkläre ich meinem Nachfolger die Welt und tue so, als ob ich nie Verantwortung hatte?“
Die heutige Veranstaltung heißt „Aktuelle Stunde“; aber aktuell ist an dem Thema gar nichts. Sie suggerieren hier zwar, dass dies jetzt das „Jahr der Entscheidung bei der A 49“ sei. Die Regierung Bouffier müsse sich klar bekennen und das Finanzierungsprogramm des Bundes nutzen.
Erstens. Die Regierung Bouffier hat sich klar bekannt, sowohl im Koalitionsvertrag als auch im November, als wir
Zweitens. Es gibt keine klare Aussage des Bundes, die A 49 komplett zu finanzieren. Auch bei den genannten ÖPP-Projekten ist sich die Große Koalition noch gar nicht einig, wo und wie sie umgesetzt werden sollen. Sie haben es in Ihrer Amtszeit noch nicht einmal hinbekommen, dass für den Abschnitt VKE 20, von Neuental bis Schwalmstadt, eine komplette Finanzierungszusage des Bundes vorliegt. Aber, Herr Rentsch, das Thema ist Ihnen anscheinend so „wichtig“, dass Sie jetzt etwas anderes zu tun haben, als den Beiträgen zu Ihrer eigenen Aktuellen Stunde zuzuhören. Das sagt schon alles darüber, wie hoch Ihr Interesse an der A 49 ist.
Wenn Sie jetzt sagen, die Tatsache, dass keine Finanzierungszusage vorhanden ist, liege daran, dass der grüne Minister die Autobahn nicht will und sich nicht dafür einsetzt, frage ich Sie, lieber Herr Rentsch – auch wenn Sie nicht zuhören –: Wie konnte es passieren, dass zwei FDP-Minister, nämlich Sie und Herr Posch, die Sie immerhin insgesamt neun Jahre Minister der jeweiligen Landesregierungen waren, die A 49 als das wichtigste Projekt ansehen und im Gegensatz zu den GRÜNEN für und nicht gegen den Bau dieser Autobahn waren, beim Bund so gut wie nichts erreicht haben?
Seit dem zuletzt fertiggestellten Abschnitt von Borken nach Neuental sind 20 Jahre vergangen, von denen, wie gesagt, neun Jahre in die Amtszeit von FDP-Ministern fielen, die jetzt Druck machen. In zehn Jahren Ihrer Amtszeit wurde nichts erreicht. Man hat zwar angefangen, einen Tunnel zu bauen, der noch in diesem Jahr fertig werden soll, aber vorne und hinten keinen Abschnitt hat. Wie gesagt, der Rest ist komplett nicht finanziert. Mehr haben Sie in Ihrer Amtszeit nicht erreicht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Rentsch (FDP): Was ist denn Ihr Vorschlag, Frau Müller?)
Dann stellen Sie sich hierhin und stricken an der Legende vom untätigen Minister. Auch für den Abschnitt VKE 30, der im Januar 2012 planfestgestellt worden ist, gibt es nämlich keinerlei Zusagen des Bundes. Da hatten Sie immerhin noch mehr Zeit als die jetzige Regierung, um beim Bund dafür zu sorgen, dass es dafür eine Zusage gibt.
Aber auch da ist nichts passiert. Herr Rentsch, Sie haben sich 2013 in der „HNA“ noch „zuversichtlich“ gegeben. Sie sagten:
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer habe ihm sein Wort gegeben, dass der A 49 in Berlin Vorzug gegeben werde,
Stattdessen stellen Sie sich jetzt als Amtsvorgänger hierhin und werfen anderen Untätigkeit vor. Anscheinend ist Ihnen nichts mehr peinlich.