Florian Rentsch
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Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde das niedlich. Man könnte es als ein politisches Zeichen sehen: Schwarz-Gelb hier vorne am Pult. Vielen Dank dafür. In dieser politischen Konstellation habe ich viel Zeit verbracht.
Ich habe selten so viel Applaus am Anfang einer Rede bekommen. Ich merke, dafür muss man seine letzte Rede halten.
Der Ministerpräsident hat gesagt, er bleibe noch fünf Minuten, um zu hören, ob ich etwas Freches sage. Herr Ministerpräsident, die Frechheiten kommen erst im persönlichen Teil am Schluss der Rede. Das werden Sie nicht mehr mitbekommen, aber es wird dokumentiert.
Meine Damen und Herren, bevor ich zu dem komme, was ich persönlich noch zu sagen habe: Wir Freie Demokraten haben heute das Thema Industriestandort Hessen auf die Tagesordnung gesetzt, weil das ein Punkt ist, der uns umtreibt.
Ich denke, es sollte Gemeinsamkeit in unserem Hause bestehen, wir alle sollten der Auffassung sein, dass die wirtschaftliche Struktur dieses Landes dafür Sorge trägt, dass Hessen so erfolgreich ist, dass wir im Herzen der Bundesrepublik so viele Tausende gut bezahlter, innovativer Arbeitsplätze bieten können und dass die Menschen gerne hierher kommen.
Wenn wir über die Wirtschaftspolitik diskutieren, muss man ganz einfach sagen: Wir Hessen haben Strukturen, um die uns viele andere beneiden. Das sorgt auf der einen Seite dafür, dass wir seit einer Rekordzahl an Jahren Zahlerland im Länderfinanzausgleich sind, aber eben auch dafür, dass wir in den letzten Jahren gut durch verschiedene Krisen gekommen sind. An dieser Stelle vielleicht parteiübergreifend noch gesagt: Auch viele Vorgängerregierungen, politisch unterschiedlich getragen, haben kluge Entscheidungen getroffen, damit dieses Land heute dort steht, wo es steht.
Ich glaube aber, dass wir mit genauso großer Wichtigkeit darüber diskutieren müssen, was jetzt zu tun ist, damit das so bleibt.
Wer sich die aktuellen Zahlen und Entwicklungen anschaut, der stellt fest: Der Industriestandort Hessen steht an vielen Stellen vor Herausforderungen, über die wir dringend diskutieren müssen. Es ist nicht gottgegeben, dass wir jedes Jahr mehr Steuereinnahmen haben. Es ist nicht gottgegeben, dass wir gut bezahlte Arbeitsplätze haben, sondern im Konkurrenzkampf mit anderen Wirtschaftsstandorten auf der Welt sind wir gefordert, mehr zu tun als viele andere.
Wer sich die Standortschließungen in den letzten Monaten – Coty, Mundipharma, Sanofi, Spezialguss Wetzlar –, die Kurzarbeit bei K+S oder die Übernahme von Opel vor Augen führt, muss sagen: Eine Erfolgsgeschichte wie die, die wir definitiv haben – da stimme ich dem Ministerpräsidenten zu –, muss immer wieder neu erarbeitet und erkämpft
werden. Das, was wir dort erleben, sollte uns zum Nachdenken anregen.
Wer sich die aktuellen Wirtschaftszahlen ansieht, stellt fest, dass Hessen mit 1,5 Prozentpunkten hinter dem Bund – 1,9 Prozentpunkte – liegt. Das war häufiger so, und zwar deshalb, weil wir in Hessen von einem höheren Niveau ausgehen. Klar ist aber auch: Wenn die Wirtschaft in Bayern um 2,2 Prozentpunkte und in Baden-Württemberg um 2,2 Prozentpunkte wächst, dann sind das unsere direkten Konkurrenten, und wir müssen schon darüber nachdenken, warum die Industrie in anderen Bundesländern stärker wächst als in Hessen.
Deshalb sind die Zahlen, gerade die aus der Chemie- und der Pharmabranche, aus meiner Sicht besorgniserregend. Die Umsätze sind von 2013 bis 2016 signifikant jedes Jahr gesunken – bis jetzt um 2 Milliarden €. Wir haben einen Rückgang um 2.000 Arbeitsplätze. Da werden viele sagen: Das ist doch nicht viel. – Das sind aber hoch bezahlte und hoch qualifizierte Industriearbeitsplätze. Deren Zahl ist von 39.000 auf 37.000 gesunken. Das sind erst die Anfänge. Es besteht zwar noch kein Grund, in Panik zu verfallen, aber es gibt Anlass dazu, genau hinzuschauen, was die Gründe dafür sind.
Der Wirtschaftsminister hat, gemeinsam mit der Regierung, das Ziel formuliert, man wolle unter die Top 5 der innovativsten Industriestandorte Europas kommen. Das ist gut so. Das halte ich für das richtige Ziel.
Der europäische Innovationsindex ist anspruchsvoll. Er spiegelt, so glaube ich, das wider, was wir sein wollen: ein moderner Wirtschaftsstandort, der sich auch neuen Herausforderungen im Bereich der Digitalisierung, im Bereich der Infrastruktur usw. stellt. Im Jahre 2014 lagen wir bei diesem Innovationsindex auf Platz 7; im Jahre 2016 stehen wir auf Platz 10. Herr Wirtschaftsminister, wenn man Platz 5 erreichen will, ist es nicht gut, rückwärts zu gehen, sondern man muss vorwärts gehen.
Deshalb ist die Frage: Woran liegt das? Die IHK stellt in einer Studie des DIW fest, Hessen und die Region RheinMain gehörten längst nicht mehr zu den am stärksten prosperierenden Regionen der Welt und Deutschlands, sondern sie würden von anderen Regionen in Deutschland abgehängt, z. B. von den Regionen München, Hamburg und Nürnberg. In all diesen Regionen sei die Beschäftigungsentwicklung deutlich günstiger als in Hessen. Wenn man sich die Dinge anschaut, die wir in dieser Studie ins Stammbuch geschrieben bekommen: Über alle diese Dinge haben wir hier schon häufiger diskutiert.
Unter uns sollte an vielen Punkten Übereinstimmung bestehen. Wir müssen wettbewerbsfähig bleiben. Dafür brauchen wir moderne Infrastrukturen. Wir wollen Investitionen ins Land holen. Dafür brauchen wir gute Rahmenbedingungen. Wir wollen moderne Arbeitsplätze haben. Dafür brauchen wir eine gute Bildungspolitik. All das mündet zum Schluss darin, dass es Menschen und Unternehmen gibt, die Steuern zahlen, damit das Land überhaupt über die Voraussetzungen dafür verfügt, diese Rahmenbedingungen zu setzen. Deshalb sind aus unserer Sicht eine gute Infrastruktur, digital und traditionell – das sagt auch das
DIW –, eine gute Situation bei den Fachkräften, ein modernes Infrastrukturnetz – das besteht nicht nur, aber eben auch aus Straßen – und eine leistungsfähige Energieversorgung extrem wichtig.
Ich will einen fünften Punkt hinzufügen, den das DIW nicht nennt, der aber lange Zeit Überzeugung einiger Fraktionen hier im Hause war: Die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, die 1999 in der Regierung unter Roland Koch und Ruth Wagner in der „House of“Idee auf den Weg gebracht worden ist. Wissenschaft und Wirtschaft auf einer gemeinsamen Plattform zusammenarbeiten zu lassen, das ist eine Grundlage für Innovation in diesem Lande, die es in keinem anderen Land der Bundesrepublik gibt. Ich kann nur dazu raten, das fortzusetzen, weil das die optimale Grundlage ist.
Wenn man sich fragt, was wir machen müssen, dann muss man feststellen: Herr Minister, wir werden nicht darum herumkommen, mehr in die Infrastruktur zu investieren. Bei 185 Millionen € an Abschreibungen – so der Geschäftsbericht der Landesregierung – reicht es eben nicht, wenn man deutlich weniger investiert, weil man dann noch nicht einmal den Status quo sichert. Auf diese Weise verschlechtert sich der Zustand unserer Straßen jedes Jahr.
Kollege Al-Wazir wird an der Stelle sagen: Na ja, auch ihr habt nicht viel investiert. – Ich hätte gern – ich gebe offen zu, darum beneide ich Sie ein Stück weit – so viel Geld gehabt wie die amtierende Landesregierung. Sie könnten pro Jahr mehr für den Straßenbau ausgegeben. Das würden Ihnen die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande danken.
Eine zentrale Rolle spielen eben die großen Projekte, wie die A 44, die A 49 und der öffentlich stark diskutierte Riederwaldtunnel. Es geht aber auch um den Frankfurter Flughafen als Jobmotor. Alle diese Punkte muss man vorantreiben. Man sollte ihre Umsetzung nicht behindern. Sie sind für dieses tolle Land in der Mitte der Bundesrepublik dringend erforderlich.
Genauso wichtig ist es, die digitale Infrastruktur voranzutreiben. Ich glaube, 2003, als ich in dieses Parlament kam, hatte ich es, wenn ich telefonieren wollte, mit genauso vielen Funklöchern zu tun wie jetzt. Da hat sich nicht viel geändert. Aber daneben brauchen wir – da hat Kollege Schäfer-Gümbel recht – eine andere Verwaltung, eine, die modern und digital ist. Wir haben dazu ein, wie ich finde, sehr kluges Papier erstellt.
Genauso müssen wir die Menschen auf eine neue Arbeitswelt vorbereiten. Die Arbeitswelt Industrie 4.0 ist etwas völlig anderes als das, worüber wir in den letzten Jahrzehnten diskutiert haben. Die Aussage „Können Sie eine Programmiersprache? Wenn nein, gehören Sie zu den Analphabeten der modernen Generation“ ist leider wahr. Die Frage, wie wir die Menschen auf die Arbeitswelt Industrie 4.0 vorbereiten, werden wir nur mit einer guten Bildungspolitik beantworten können. Deshalb ist diese der Schlüssel.
Der nächste Punkt ist klar – das will ich nicht ausführen; denn die Marke ist bekannt –: Wir sind für eine kluge Energieversorgung, die nicht nur auf hoch subventionierte Bereiche, z. B. auf die Windkraft, setzt, sondern bei der eine Struktur entwickelt wird, zu der auch moderne Kraftwerke gehören. Ich weiß, dass das hier sehr umstritten ist. Aber, Herr Kollege, ich glaube, es ist falsch, zu sagen: „Wir verabschieden uns jetzt noch schneller von der Kohle, als es vereinbart war“; denn irgendwelche Menschen in diesem Land müssen das bezahlen.
Im Hinblick auf die Tatsache, dass wir nicht nur eine sichere, sondern auch eine bezahlbare Energieversorgung brauchen, ist das EEG an seine Grenze gestoßen. Für die erneuerbaren Energien sollte aus meiner Sicht jetzt eine Struktur geschaffen werden, bei der sie nicht mehr von Subventionen abhängig sind. Es wäre dringend erforderlich, hierfür einen ordentlichen Markt zu schaffen, der diese Bezeichnung tatsächlich auch verdient.
Nächster Punkt. Ich glaube, wenn es einem so gut geht, muss man aufpassen, dass man die Situation nicht dadurch verschlechtert, dass man jetzt Fehler macht, deren Auswirkungen man erst in vier, fünf oder sechs Jahren richtig spürt.
Ich sage das sehr offen in Richtung der Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN: Ich will nicht bestreiten, dass wir bei der Frage, was wir für richtig oder für falsch halten, unterschiedliche Marken haben. Die Klimaschutzpolitik ist Ihre Marke; da haben Sie sicherlich auch große Verdienste. Aber auch hier kann ich nur raten, mit gesundem Menschenverstand voranzugehen. Man sollte aufpassen, dass man mit einem Klimaschutz-Aktionsplan nicht dazu beiträgt, dass die Investitionen in diesem Land weiter zurückgehen.
Damit komme ich zu meinem letzten Punkt: Die Investitionen in unserem Land gehen zurück.
Es wird in Hessen weniger investiert als noch vor fünf Jahren, sowohl seitens der öffentlichen Hand – man braucht sich nur die vorhandenen Einnahmen anzuschauen – als auch von privaten Investoren. Die großen Unternehmen, die nicht nur über einen einzigen Standort verfügen, planen nicht mehr nur mit dem Standort Deutschland, sondern gerade auch mit ihren ausländischen Standorten. Das sollte für uns ein Zeichen sein, dringend darüber nachzudenken, wie wir in Deutschland wieder Investitionen ermöglichen, damit es weiter gut bezahlte Arbeit in unserem Land gibt und diese Investitionen nicht in den USA, in Asien oder irgendwo anders auf der Welt getätigt werden. Wir haben ein Interesse daran, dass sie hier getätigt werden, und dafür müssen wir etwas tun. Dazu ist eben auch eine vernünftige Energiepolitik dringend erforderlich.
Das Fazit der Freien Demokraten ist daher – ich könnte noch einige Punkte nennen –: Das Land tut zu wenig für den Industriestandort. Wir können froh sein, dass wir Industrie haben. Wir wären niemals so gut durch die Finanzkrise gekommen, wenn wir in diesem Bereich nicht eine solch starke Struktur hätten.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es lohnt sich wirklich, für diese Unternehmen zu streiten – so schwierig es heute auch manchmal ist, für ein Unternehmen zu streiten, das z. B. Abwässer produziert. Wir müssen hier mit gesundem Menschenverstand vorgehen, der beides ermöglicht: die Umwelt im Blick zu haben, aber auch den Unternehmen eine Chance zu geben, an diesem Standort weiter erfolgreich zu sein.
Darüber werden wir auch in Zukunft mit Ihnen streiten. Die großen Themen, der Klimaschutz-Aktionsplan und andere, kommen erst noch. Ich gehe davon aus, dass diese Themen in diesem Landtag weiterhin eine wichtige Rolle spielen; denn ich weiß, dass alle Kollegen sehr diskussionsfreudig – fast hätte ich gesagt: streitsüchtig – sind und gern über solche Fragen debattieren.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschied – ich möchte von der Frau Präsidentin ungern gemahnt werden – eine persönliche Bemerkung machen: Das ist meine letzte Rede. Ein Mitarbeiter hat mir vorhin einen Ausdruck mit meiner ersten Rede in die Hand gedrückt, die ich am 7. Mai 2003 gehalten habe. Das war eine Rede zu dem Thema „Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung“. Diese habe ich stark kritisiert. Vielleicht muss ich da ein bisschen Abbitte leisten; denn, wie ich im Nachhinein sagen muss, die Arbeitsmarktpolitik unter Wolfgang Clement enthielt doch einiges Gutes.
Das ist so. – Ich habe in dieser Rede nachgelesen. Es gibt mehrere Zwischenrufe, zum einen von Frau Fuhrmann – das bestärkt mich –,
zum anderen von dem Kollegen Al-Wazir. Damals fing es schon an. Ich weiß noch, dass ich während meiner ersten Rede – in der ersten Reihe saßen Al-Wazir und Kaufmann – gleich von Ihnen persönlich beleidigt worden bin. Ich sage jetzt nicht, was Sie gerufen haben.
Natürlich, so kenne ich den Kollegen Al-Wazir: Er schiebt immer alles auf Kaufmann. Herr Kaufmann, ich glaube, Sie waren es nicht. Aber ich weiß es nicht mehr so genau.
Genau so fing es an. 14 Jahre lang habe ich das hier sehr gern gemacht. Ich habe die Rede am 7. Mai 2003 gehalten; das ist jetzt also fast 14 Jahre her. Frank Lortz hat als Vizepräsident sozusagen die Regie geführt.
Ihnen allen kann ich nur sagen: vielen Dank dafür. Mir hat das wirklich sehr viel Spaß gemacht. Ich finde auch, ein Parlament ist eine tolle Möglichkeit, um Meinungen auszutauschen und über den richtigen Weg zu streiten. Dass wir das tun, kann man uns allen nicht absprechen.
Ich habe vor jedem Einzelnen hier großen Respekt. Ich weiß, dass dieser Beruf nicht immer die Bestätigung und die Wertschätzung erfährt, die wir uns erhoffen; denn das, was wir machen, stößt in der Öffentlichkeit an vielen Stellen auf massive Kritik. Ich glaube, wer einen solchen Beruf nicht ausgeübt hat, dem fällt es schwer, nachzuvollziehen, wie der Zeitablauf ist, wie viele Abendtermine man hat und wie viele Diskussionen über jedes Komma man inner
halb der eigenen Truppe und in Versammlungen mit Bürgerinnen und Bürgern zu erdulden hat. Insofern drücke ich Ihnen allen meinen Respekt dafür aus, dass Sie das machen.
Ich finde, dieses Parlament ist auch ein Stück weit eine Antwort auf die Politikverdrossenheit. Es ist eigentlich der richtige Zeitpunkt für eine Renaissance des Parlaments; denn wenn wir darum kämpfen, müssen wir auch zeigen, dass wir zwar unterschiedlicher Meinung sind, hier aber auf verantwortungsvolle Art und Weise darüber diskutieren können.
Roland Koch hat einmal gesagt – das finde ich sehr klug –: „Politiker sind keine Gefahr für die Demokratie, sondern ihre Grundlage.“ Das ist sehr selbstbewusst, aber ich glaube, in diesen Zeiten ist es gar nicht so falsch, ein solches Selbstbewusstsein an den Tag zu legen. Ehrlicherweise muss ich nämlich sagen: Wir kämpfen für diese Demokratie, und aus meiner Sicht ist das Land mit dieser Struktur nicht so schlecht gefahren.
Ich habe mich immer gefreut, wenn wir Debatten geführt haben, in denen die Redner ein bisschen mutiger waren. Ich fand es immer klug, wenn man mutig Politik gemacht hat, obwohl ich weiß, dass es den Lohn dafür nicht sofort, sondern erst sehr viel später gibt. Ich bin immer noch Fan einer – ich will es einmal so sagen – Agendapolitik, ohne die wir z. B. heute nicht so volle Steuerkassen hätten. Das fand ich alles sehr klug.
Ich habe mir mit dem Kollegen Al-Wazir im Parlament sehr gern Rededuelle geliefert. Das hat Spaß gemacht, muss ich zugeben. Er ist dann auf die Regierungsbank gewechselt. Das hatte Nachteile, aber auch Vorteile.
Es gab nämlich nicht so viele Sitzungen des Ältestenrats. Das war auch in Ordnung.
Ich habe in den letzten Jahren gelernt, dass auch die Opposition einen Wert für dieses Parlament hat. Die Opposition kann für die Regierung sehr lästig sein. Wenn du das bestätigen könntest, würde ich mich freuen. Dann hätten wir unsere Arbeit nämlich nicht falsch gemacht.
Die Opposition nervt allein schon dadurch, dass sie oft dorthin schaut, wohin man nicht schauen soll. Insofern hat hier jeder eine wichtige Rolle. Aber ich kann jeden, der einmal Opposition gemacht hat, verstehen, wenn er etwas anderes machen möchte. Das sollte nicht ein Zukunftsprojekt für jeden sein.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion, die mich ertragen haben. Vielen Dank dafür. Es hat wirklich Spaß gemacht. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind auch ein gutes Team. Das muss man ebenfalls einmal sagen: Vieles von dem, was wir hier erklären, hat sich irgendjemand ausgedacht, und man schaut noch einmal darüber. Gerade bei kleinen Fraktionen ist es wichtig, dass ein gutes Team dahintersteht, das das Ganze organisiert.
Bis auf die CDU-Fraktion; das habe ich mir gedacht. Die machen alles selbst. Kollege Bellino, auch an der Stelle drücke ich Ihnen meinen Respekt aus.
Als Letztes möchte ich sagen: Meine Frau und meine Tochter mussten mich ebenfalls ertragen. Meine Tochter wollte wissen, wie das hier funktioniert. Es ist schwer, einem Kind zu erklären, was wir hier machen. Wenn die hierherkommen und das mitkriegen, denken die immer, wir schlagen uns die Köpfe ein. Wir verstehen uns aber – jedenfalls die meisten – auch nachher immer noch ganz gut.
Ein Dank geht auch an die Journalistinnen und Journalisten, die das Ganze hier übertragen. Wir können froh sein, dass wir in diesem Landtag noch eine solch gute Landespressekonferenz haben, die das auf diese Weise nach außen transportiert, damit die Menschen mitbekommen, worüber hier diskutiert wird. Ohne sie wäre das gar nicht möglich. Auch dafür ein herzliches Dankeschön.
Deshalb will ich jetzt meine Rede beenden. Ich habe nachgeschaut: In meiner zweiten Rede habe ich einen Ordnungsruf bekommen. Ich möchte nicht, dass sich das jetzt wiederholt. Insofern habe ich aus meinen Fehlern gelernt. Ich hoffe, das können auch andere von sich sagen. – Herzlichen Dank und eine gute Zeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Beuth, ich kann in der kurzen Zeit nur eine ganz kurze Anmerkung machen. Nach dem, was Deutschland in den letzten Jahren versäumt hat, gibt es – das will ich hier einmal ausdrücklich sagen – neben allen parteipolitischen Debatten eine Mehrheit von Sozialdemokraten, GRÜNEN und der FDP dafür, dass wir in diesem Land endlich aktiv werden müssen. Wir haben unterschiedliche Gewichtungen, zwischen den GRÜNEN und der FDP gibt es diese, aber klar ist, dass Frau Beer zwei wichtige Punkte herausgegriffen hat:
Erstens. Wir haben in Deutschland zurzeit eine Situation, wo das Asylrecht als Einwanderungsrecht missbraucht wird. Das kann man an den geringen Anerkennungsquoten sehen, die wir in Deutschland haben.
Zweitens. Die Union verhindert seit über 20 Jahren, wie man schon fast sagen kann, hierzu eine gesetzliche Grundlage. Es ist nicht nur problematisch, dass wir eine Flucht in das Asylrecht haben, sondern wir machen etwas falsch. Übrigens eine kleine Anmerkung: Wenn die Kanzlerin so rechtstreu wäre, wie Sie das beschrieben haben, hätte sie im September 2015 nicht diesen Fehler gemacht. Ich glaube, da können wir uns auch einig sein.
Herr Beuth, es ist auch ganz klar – das ist es, was mich als Wirtschaftspolitiker interessiert –: Was wir in Deutschland falsch machen, ist, dass wir kein Signal an die klugen Köpfe in der Welt senden, das besagt, dass wir sie hier haben wollen.
Letzter Satz. – Wir unterhalten uns zurzeit über die Einwanderung in die Sozialsysteme. Das ist ein schwieriges Thema, wenn es um Flüchtlingsbewegungen geht. Was wir aber dringend brauchen, sind kluge Köpfe aus der ganzen Welt; diese brauchen wir in Deutschland dringend für unseren Arbeitsmarkt. Dabei versagt dieses Land durch die Haltung der CDU leider vollständig.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Komplex Türkei, mit dem wir uns heute beschäftigen, ist auf der einen Seite – danke an die Kollegen der SPD, die die Initiative ergriffen haben – auf einen Punkt zu konzentrieren, das ist sozusagen die Inhaftierung von Herrn Yüksel als Journalist – –
Yücel, Entschuldigung.
Auf der anderen Seite erleben wir die Ausfälle des Ministerpräsidenten, Herrn Erdogan, gegenüber der Bundesrepublik Deutschland, aber auch gegenüber anderen EU-Vertretern.
Ich glaube, man kann das eine nicht ohne das andere diskutieren. Letztendlich erleben wir hier eine Entwicklung, die sich seit Jahren ankündigt. Wer schaut, wie die AKP über Jahre dieses Land umgebaut und demokratische Strukturen verändert hat, Verlage gekauft und Journalisten entlassen hat, Strukturen an den Schulen bzw. Religionsschulen wieder eingeführt hat usw., der wundert sich heute nicht über das, was wir dort erleben – aber der kann trotzdem schockiert sein über die Entwicklung in einem Land, das eine wichtige Bedeutung für uns hat, mit dem wir bisher eine gute Partnerschaft hatten. Ich glaube, gerade das Land Hessen hatte mit seiner Partnerregion Bursa eine sehr gute Partnerschaft. Da kann es Demokraten wie uns nicht egal sein, was dort passiert, im Gegenteil.
Deshalb glaube ich, dass es richtig ist, wenn wir einen Bürger unseres Landes in dieser Frage verteidigen und klarmachen, dass wir es nicht akzeptieren, dass hier nicht rechtsstaatliche Verfahren durchgeführt werden. Es ist ein Unding, was dort passiert – dass der Mann nicht weiß, wie es weitergeht, wann überhaupt möglicherweise eine Verhandlung durchgeführt wird, das ist unfassbar. Genauso unerträglich aber ist es, wenn Herr Erdogan die Bundeskanzlerin in einen historischen Kontext stellt, der alles andere als angemessen ist. Das ist eine Unverschämtheit, und es ist richtig, dass der Hessische Ministerpräsident es auch so formuliert hat. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen.
Ich glaube, wir sind an einem Punkt, an dem wir neu über das Verhältnis mit der Türkei nachdenken müssen. Ich sa
ge auch klar, dass die Türkei ein wichtiger Partner für uns ist.
Viele Türken bzw. Deutschtürken leben in unserem Land. Zudem gibt es Freundschaften, die sind Bürger unseres Landes, die fühlen sich auch in vielen Fällen als Deutsche. Ich erlebe aber auch Fälle, in denen diese Menschen hinund hergerissen sind zwischen einer Loyalität zu Ministerpräsident Erdogan und unseren Werten, die wir hier leben. Ich darf aber allen Menschen sagen: Man sollte nicht aus Deutschland – ein freies Land, in dem freie Meinungsäußerung und andere Rechte grundgesetzlich gewährleistet werden und wo wir alles dafür tun, dass dies auch so bleibt – die Unfreiheit in der Türkei unterstützen, indem man Herrn Erdogan sozusagen, egal in welcher Form, Unterstützung angedeihen lässt. Das ist nicht in Ordnung. Wir sollten eher alles dafür tun, dass diejenigen, die ihre Meinungsfreiheit in der Türkei ausleben wollen, eine Chance dazu haben, aber nicht, dass derjenige gewinnt, der zum Schluss diese Meinungsfreiheit und alle anderen demokratischen Rechte bekämpft. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt.
Wir sind an einem Punkt, an dem wir klarmachen müssen, dass es für Herrn Erdogan auch einen Tag nach dem Wahlkampf gibt. Dieser Tag wird kommen und ist nicht mehr lange hin. Anscheinend ist er auch nicht mehr ganz so siegesgewiss, ansonsten könnte man gar nicht erklären, was er zurzeit durchführt. Er muss ja auch wissen, dass man sich danach noch in die Augen schauen können sollte.
Wichtig ist auch, ihm klarzumachen, dass wir nicht erpressbar sind. Nur, weil es im Rahmen der Flüchtlingspolitik eine Vereinbarung gab, heißt das nicht, dass wir uns hier alles gefallen lassen. Es heißt auch nicht, nur weil wir ein Interesse daran haben, die Türkei auch als NATO-Mitglied nicht zu verlieren, dass wir uns in dieser Frage alles gefallen lassen. Das heißt auch nicht, dass wir uns in einer Art und Weise beleidigen lassen, die in der Europäischen Union eher ungewöhnlich ist, weil sie nicht mit unseren Werten zusammenfällt, dass wir auf der anderen Seite diese Beitrittsverhandlungen weiter führen und so tun, als ob alles in Ordnung wäre.
Ich glaube, dass das mittlerweile eine Phantomdebatte ist und man den türkischen Kollegen auch sagen muss, diese Debatte kann ad acta gelegt werden; denn so weit, wie sich die Türkei mittlerweile ins Abseits gestellt hat, ist es ausgeschlossen, dass die Türkei noch Mitglied der Europäischen Union werden kann. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das gehört zur Wahrheit dazu.
Deshalb habe ich es auch für richtig gehalten, dass Ministerpräsident Rutte in den Niederlanden klargemacht hat, dass das für ihn nicht in Ordnung ist, dass er das auch nicht akzeptiert – genauso wie Volker Bouffier. Ich glaube, deshalb sollte der Hessische Landtag auch heute bei den vielen Anträgen, die es gibt, versuchen, gemeinsam zu votieren, weil klar ist: Dieses Parlament hat dort keine parteipolitische Funktion, sondern eine insgesamt demokratiestärkende Funktion. Deshalb sollten wir zu diesen Anträgen gemeinsam votieren.
Letzter Punkt dazu, meine Damen und Herren: Ich glaube, Herr Ministerpräsident, dass wir unsere Partnerschaft mit Bursa nutzen sollten. Ich fand es richtig, dass Frau Kollegin Puttrich mit ihrer Delegationsreise noch einmal versuchte, den Kontakt zu unserer Partnerregion zu stärken, aber auch den Dialog zu führen.
Vielen Dank. – Ich finde, es ist jetzt der richtige Moment, dass wir auch den Gouverneur von Bursa hierher einladen, damit er sich einmal davon überzeugen kann, wie mittlerweile die Stimmung gegenüber der Türkei ist. Ich glaube, dass wir diesen Dialog auch hier mit den türkischen Freunden aus Bursa führen sollten. Wir sollten jetzt nicht aufgeben. Ich halte auch das für richtig, was Herr Schäfer-Gümbel dazu gesagt hat, jetzt in die Türkei zu reisen. Aber ich glaube, es wäre der richtige Zeitpunkt, eine Einladung auszusprechen, den Gouverneur von Bursa hierher einzuladen und die Diskussion hier zu führen. Denn, ehrlicherweise gesagt, wenn der merkt, welche Stimmung hier ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass das spurlos an ihm vorbeigeht. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der dritten Lesung kann man eine solche Debatte kurz halten. Der Zwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag hat verschiedene Punkte, ich will mich auf die wesentlichen konzentrieren.
Wir als Freie Demokraten kritisieren zum einen die Regelung zur angeblichen Staatsferne des Rundfunks. Es ist aus unserer Sicht nicht einmal ansatzweise zu erkennen, nach welchen Kriterien die neuen „staatsfernen“ Mitglieder des Hörfunkrats und andere ausgewählt werden. Das Thema Quotenregelung – eine feste Quote, bei der auf eine Frau ein Mann folgt und wieder umgekehrt – ist aus unserer Sicht in keiner Weise sinnvoll. So wichtig eine Geschlechterrepräsentation in diesen Gremien ist, umso wichtiger wäre es aber auch, noch einmal über Eignung zu sprechen – beides gehört aus unserer Sicht zusammen.
Frau Kollegin Dorn, es kann doch sogar sein, dass es sehr viel mehr geeignete Frauen – z. B. in einer Fraktion wie Ihrer – gibt, die beim Thema Rundfunk deutlich kompetenter sind. Genauso könnte es natürlich auch sein, dass es in anderen Fraktionen andere Geschlechterverteilungen gibt.
Insofern glauben wir – und da sind wir nicht ganz allein, sondern unsere Position wird von vielen unterstützt –, dass dies hier eine ziemlich unsinnige Position ist, Frau Kollegin Dorn.
Der Hauptpunkt ist, dass der Empfehlung der KEF, die für die Frage der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zuständig ist, die auch die wissenschaftliche Analyse dieser Strukturen durchführt, seitens der Ministerpräsidenten nicht gefolgt wird. Ich will Herrn Staatsminister Wintermeyer nicht aufregen – er hat gesagt, er habe Husten und müsse Hustensaft nehmen –, aber wir halten das für falsch. Wir halten die Empfehlung der KEF für richtig, wir glauben, dass die Rücklage, die gebildet wird, nicht richtig ist, sondern dass dieses Geld – so, wie der Vorschlag auch ursprünglich war – an die Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler zurückgegeben werden sollte;
denn es soll auch ein Anreiz im öffentlich-rechtlichen Rundfunk geschaffen werden, um in den nächsten Jahren effizient zu arbeiten. Das ist gerade für die kleinen Häuser wie den Hessischen Rundfunk eine große Ambition, das ist unbestritten. Aber ich glaube, dass diese Empfehlung der KEF nicht ohne Grund abgegeben worden ist.
Ich halte es für falsch, dass sich die Ministerpräsidenten in dieser Frage darüber hinwegsetzen. Insofern wird die FDP diesem Gesetzentwurf, diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag, nicht zustimmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zuerst einmal sagen, dass ich es richtig finde, dass Kollegen der Regierungsfraktionen heute diesen Antrag gestellt haben, weil ich der festen Überzeugung bin, dass Gesundheitswirtschaft einer der wichtigsten Punkte ist, die wir in diesem Land als starke Säule der Wirtschaft haben.
Deshalb haben gerade die Kolleginnen und Kollegen der alten Landesregierung die Initiative Gesundheit Hessen auf den Weg gebracht. Herr Ministerpräsident, ich glaube, das haben wir zu Recht gemeinsam gemacht. Ich halte das auch für richtig, weil immer gesagt wird, es waren Gemeinsamkeiten – es sind heute noch Gemeinsamkeiten, und es ist völlig richtig, alles zu versuchen, diese Unternehmen zu stärken. Deshalb habe ich in Ihrem Auftrag – damals als Kabinettsbeschluss – auch das House of Pharma & Healthcare umgesetzt. Ich glaube, auch das war ein richtiger Schritt, der jetzt vom Kollegen Al-Wazir fortgesetzt wird. Da gibt es wohl keinen Dissens, sondern Übereinstimmung, dass das eine richtige Initiative ist.
Herr Grüttner, ich habe Sie dort in keiner Weise vergessen, weil wir in dieser Frage sehr gut zusammengearbeitet haben und Sie als Gesundheitsminister dort eine gute Arbeit machen. – Jetzt will ich es auch mit dem Lob bewenden lassen, aber das kann man schon sagen.
Herr Al-Wazir, zu Ihnen komme ich in dieser Frage nicht mehr, aber es reicht auch. Das sollten wir an dieser Stelle auch genug sein lassen.
Es ist richtig, da macht Hessen mehr als viele andere Länder, und das muss auch fortgesetzt werden, weil wir ein gemeinsames Interesse daran haben, dass sich die Gesundheitswirtschaft gut entwickelt. Sie ist auf der einen Seite – das ist zunächst einmal der Nutzen – für die Menschen in diesem Land wichtig, weil sie Sorge dafür trägt, dass wir eine hochwertige, innovative, zeitgemäße medizinische Versorgung haben. Wir wollen Krankheiten heilen, und dafür sind moderne gute Pharmaunternehmen wichtig. Aber natürlich haben wir auch ein wirtschaftliches Interesse, dass diese hervorragend bezahlten Arbeitsplätze und die Menschen, die hier ihre Arbeitsplätze haben, in unserem Land bleiben und dass das weitergeht. Wir wollen uns nicht dafür schämen, im Gegenteil.
Herr Schäfer-Gümbel, wir waren vor Kurzem mit den Kollegen der anderen Fraktionen bei der Veranstaltung der IG BCE. Dort ist der Vorsitzende des Bezirks Rhein-Main, der Betriebsratsvorsitzende von Sanofi, gewesen: Natürlich machen sich die Menschen dort Sorgen, wenn es um die Frage der Zukunft der Arbeitsplätze geht. Herr Al-Wazir, wir wollten vorhin nicht kritisieren, dass Sie mit Mundipharma telefoniert haben, im Gegenteil halte ich das sogar für richtig, sondern natürlich haben wir bei einer solchen Plenarsitzung auch ein Interesse daran, dass die werte Landesregierung in diesem Raum ist – da sehen Sie einmal, welche Bedeutung Sie für uns haben.
Aber dass Sie mit ihm telefonieren, ist richtig. Trotzdem sollten wir diese Zeichen ernst nehmen. Sanofi, Mundi
pharma, auch Opel, Wella, Kali + Salz – all das sind Themen, die wir nicht von der Tagesordnung wischen können.
Deshalb ist neben guten Konjunkturprognosen auch immer nach den Ursachen zu schauen.
Wir sollten alles dafür tun, dass die Rahmenbedingungen für Wirtschaft in diesem Land gut sind. Und da ist die Gesundheitswirtschaft nun einmal eine ganz spezielle: Die brauchen ganz spezielle Voraussetzungen, die haben viel mit Regulierung zu tun – da kann sich keine Partei ausnehmen. Irgendwie haben alle Parteien in diesem Raum in den letzten Jahren oder Jahrzehnten an der Bundesregierung teilgehabt und dort mit reguliert, das ist nicht ganz einfach.
Fakt aber ist, wenn man sich die Zahlen anschaut, dass es leider einen Verlagerungstrend aus Deutschland weg in andere Länder gibt, gerade im Bereich der forschenden Pharmaindustrie. Wenn man sich die Beispiele von BASF und anderen anschaut, die seit einigen Jahren im Ausland mehr als im Inland investieren – hier werden mehr Erhaltungsinvestitionen gemacht, die modernen Forschungszentren werden nicht mehr in Deutschland gebaut –, zeigt sich, dass diese Arbeitsplätze der Zukunft nicht mehr hier geschaffen werden, sondern in anderen Ländern. Das muss Politik besorgt machen, das muss uns umtreiben. Wir müssen über die Ursachen reden, warum dies so ist.
Wenn Chemie- und Pharmaunternehmen lieber im Ausland forschen als im Inland, dann hat das Gründe. Dann hat das auf der einen Seite möglicherweise etwas mit dem steuerlichen Rahmen zu tun. Forschungs- und Entwicklungsförderung ist ein Instrument, in diesem Bereich aktive Unternehmen ein Stück zu binden – ich habe mir das letztes Jahr in Ungarn angeschaut: Sie können in Ungarn, egal wo Sie im F+E-Bereich unterwegs sind, den doppelten Betrag der Investition steuerlich geltend machen. Dass das z. B. Unternehmen wie Audi, Opel, Mercedes oder Suzuki dazu animiert, Forschung und Entwicklung von Motoren dort und nicht in Deutschland zu betreiben, das ist ein Punkt, der uns genauso wie in der Pharmaindustrie umtreibt. Gerade BASF ist ein schönes Beispiel: Wenn man sich die Pflanzen- und Biotechnologiesparte anschaut, stellt man fest, die ist nicht mehr in Deutschland, sondern bereits 2012 komplett nach Amerika verlagert worden – das sind hoch bezahlte Zukunftsarbeitsplätze, die nie wieder in das Land zurückkehren. Deshalb muss heute diskutiert werden, aber dann muss auch dieser Teil in diesem Antrag auftauchen, und er darf sich nicht nur mit den Sachen beschäftigen, die definitiv in Ordnung sind.
Jetzt könnte ich den Satz sagen, den ich sonst immer von den GRÜNEN höre: Eigentlich ist dieser Punkt viel zu wichtig, um ihn in fünf Minuten abzuhandeln. – Das ist er im Übrigen auch. Deshalb bin ich dankbar, wenn wir jetzt
auch noch etwas zu Mundipharma hören, weil das ein Indiz für das System ist, das hier nicht richtig läuft. Deshalb müssen wir auch darüber diskutieren.
Sie haben Unterstützung bei allem, was richtig ist. Aber lassen Sie uns bitte auch über die Punkte reden, die wir anpacken müssen, die nicht richtig laufen. Das wäre meine Bitte auch für diese Debatte. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Dorn, Sie haben sich jetzt gar nicht so gelobt, wie Sie sich hätten loben können. Man muss doch einfach feststellen, dass die grüne Umweltministerin, Frau Kollegin Hinz, das mit diesem Klimaschutzplan – man
könnte fast sagen – perfide gut gemacht hat. Das ist einfach respektabel.
Frau Hinz, ich habe großen Respekt vor dieser Leistung – das will ich wirklich anerkennend sagen. Es gibt viele Themen, wo wir mit Respekt daneben stehen: Ob das die Jagdverordnung, die Ökolandwirtschaft, der Verbraucherschutz oder die Schweinemast sind – Sie agieren aus Sicht Ihrer Klientel immer wieder sehr klug. Ich habe manchmal schon das Gefühl, dass die Union ein bisschen überrascht und ein Stück im Verteidigungsmodus ist, aber Sie ein wenig das Verfahren bestimmen. Das haben Sie bei diesem Klimaschutzplan perfektioniert. Da muss ich muss einfach sagen: Respekt.
Frau Kollegin Dorn, ich glaube, Herr Kollege Gremmels hat es mit seinem Zwischenruf schon richtig thematisiert. Es ist eben nicht das Gleiche, ob man mit einer E-Mail, die sicherlich CO2-schonend ist, weil sie hoffentlich nicht ausgedruckt worden ist, sozusagen eine Einladung verteilt und dann die Regierungsfraktionen dabei sind, aber komischerweise nicht die komplette Opposition. Man kann vielleicht darüber nachdenken, ob das wirklich gut war. – Aber seis drum. Das, was wir wollen, ist etwas anderes. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen, dass eines der größten Projekte der Landesregierung im Bereich des Umweltschutzes – 140 Millionen € Steuergeld ist doch wirklich nicht wenig – in diesem Landtag transparent diskutiert wird.
Es ist vorhin vom Kollegen Boddenberg mutig dazwischengerufen worden nach dem Motto: Das ist doch nicht neu, das ist doch schon häufig diskutiert worden. – Richtig, weil wir das Thema hier ungefähr viermal auf die Tagesordnung gesetzt haben. Ich habe bisher aber noch keinem einzigen Antrag von CDU und GRÜNEN hier entnehmen können, dass Sie das Thema jemals transparent diskutieren wollen. Deshalb ist es doch nichts Illegitimes, wenn wir sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, so wie wir dieses Parlament sehen, ist es notwendig, dass ein so einschneidender – Frau Dorn hat gesagt, aus ihrer Sicht sehr weitgehender – Entwurf auch die Möglichkeit bekommt, in einer sauberen Anhörung transparent und offen diskutiert zu werden. So viel Selbstbewusstsein sollte der Hessische Landtag doch haben.
Deshalb werbe ich für den gemeinsamen Antrag von SPD und FDP. Ich kann aber auch schon sagen, dass wir auf jeden Fall – unabhängig davon, ob Sie das jetzt beschließen oder nicht – diesen Sachverhalt einer Anhörung zuführen werden.
Zweiter Punkt, der mir wichtig ist. Meine Damen und Herren, kein Land der Welt spart CO2 so teuer ein wie Deutschland. Ich habe gerade mit Herrn Kollegen Rock über die Tatsache gesprochen, dass der CO2-Ausstoß wieder steigt und dass Frau Kollegin Hinz mit ihrer bisherigen Klimaschutzpolitik – möglicherweise betrifft das auch die Energiewende mit 25 Milliarden € alleine für das EEG –, von den Erfolgen her gesehen, relativ weit hinten liegt. Man könnte, wenn man bösartig wäre, auch sagen: Sie ist gescheitert.
Ich will gar nicht das bestreiten, was Sie als Grundanliegen haben; und da würde ich auch Kollegen Boddenberg zustimmen. Ich glaube, wir haben alle ein Interesse daran, dieses Thema in den Blick zu nehmen. Ich bin ein bisschen anderer Auffassung als Kollegin Dorn. Ich finde, dass man junge Menschen mit der Kompetenz versehen muss, sich eine eigene Meinung zu bilden. Aber ihnen diese Meinung sozusagen schon mitzugeben – das sehe ich anders. Ich finde, wir brauchen mündige und nicht geleitete Bürger an dieser Stelle.
Es ist gut, dass wir uns an der einen oder anderen Stelle unterscheiden. Dass wir das Thema aufgreifen, finde ich völlig in Ordnung. Ich glaube, es ist auch unbestritten, dass es dazu in der Wissenschaft unterschiedliche Meinungen gibt.
Frau Kollegin Dorn, ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Fakt ist doch, dass wir als Hessen auch über diese Frage diskutieren sollten – neben der Tatsache, dass wir in Deutschland so teuer CO2 einsparen wie in keinem anderen Land. Das werden die Bürgerinnen und Bürger, die Unternehmen und die Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze vielleicht durch eine solche Politik wegfallen, zum Schluss zu zahlen haben. Denn jede Tonne CO2, die wir hier einsparen, darf über den Emissionshandel irgendwo anders emittiert werden. Meine Damen und Herren, dieses Thema zeigt doch, dass nationale oder sogar internationale Alleingänge an dieser Stelle wenig Sinn machen.
Vielmehr sollten wir, was Kollege Lenders völlig zu Recht ausgeführt hat und was wirklich notwendig ist, mit einer europaweiten Strategie – ehrlich gesagt, wir suchen gute Projekte für Europa, damit uns Europa nicht um die Ohren fliegt – CO2 einsparen und nicht hier eine Tonne einsparen, die die Franzosen nachher mehr emittieren dürfen. Das macht wirklich wenig Sinn, und das ist auch ein Stück fehlgeleitet.
Sie haben gesagt, wir hätten den Plan gar nicht so richtig gelobt. Das sei schade. – Das stimmt. Wir haben ihn auch erst kurzfristig auf den Tisch bekommen. Herr Kollege Boddenberg, man kann aber nicht jeden Entwurf, der hier durch die Gegend geistert, für voll nehmen. Wir wissen, dass Sie noch stark Hand angelegt haben. Es gab die unterschiedlichsten Entwürfe, die kursierten. Man weiß auch nicht immer, was richtig und was falsch ist. Seit heute Morgen haben Sie uns netterweise beteiligt.
Ich bin auf Seite 36 über einen Punkt gestolpert, den man negativ oder positiv interpretieren kann. Ich will es Ihnen einmal vorlesen, nur damit man ein Gefühl dafür bekommt, was damit passiert. Dort steht:
Beseitigung des Vollzugsdefizits bei der Energieeinsparverordnung: Bei der Umsetzung der Energieeinsparverordnung ist ein Umsetzungsdefizit zu beobachten. Das Land entwickelt daher gemeinsam mit
den Kommunen ein kosteneffizientes Verfahren, wie die Einhaltung der EnEV in Zukunft auf örtlicher Ebene
jetzt achten wir auf das Verb –
besser kontrolliert werden kann.
Frau Dorn, nun muss ich Sie fragen: Ist das jetzt die grüne Klimapolizei, die den Menschen vor Ort erklärt, was geht und was nicht geht?
Wenn ich die Worte „Kontrolle“ und „grün“ lese – es mag sein, dass ich an dieser Stelle ein Siebziger bin; ich bin schließlich in den Siebzigern geboren –, habe ich kein gutes Gefühl. Ich habe kein gutes Gefühl dabei, Ihnen ein solches Instrument in die Hände zu legen. Ich weiß, Frau Kollegin Hinz ist sehr ambitioniert dabei, das auch umzusetzen. Ich habe aber zu wenig Vertrauen in Ihre Politik, dass das letztlich so ausgeht, wie wir uns das vorstellen. Das wird zum Schluss die Klimapolizei sein, die den Leuten den grünen Finger vor das Gesicht hält und sagt: Das dürft ihr, und das dürft ihr nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eine Politik, die wir nicht wollen.
Herr Präsident, vielen Dank. – Abschließend möchte ich noch einmal für unseren Antrag werben, den wir früh genug eingebracht haben. Ich glaube, jeder, der nichts zu verbergen hat – das ist ein Satz, der vom Innenminister kommt –, kann sich dem Votum für eine Anhörung anschließen. Das Verfahren haben Sie ja selbst gelobt. Insofern sollten wir den Klimaschutz-Aktionsplan auch der Öffentlichkeit zugänglich machen. Wenn wir das gemeinsam hinbekämen, wäre dies eine Stärkung des Parlaments. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Wagner, es ist richtig, dass uns das Thema Opel hier nicht zum ersten Mal beschäftigt. Ich freue mich, dass Volker Hoff heute da ist. Wir haben in einer Zeit der Krisen versucht, nach einer langen Diskussion der damals von CDU und FDP geführten Landesregierung, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Opel nach der Insolvenz des Mutterkonzerns GM in einer Situation bleiben kann, die den Fortbestand der Produktion der Marke Opel gewährleistet. Damals ist aber auch – die Kollegen erinnern sich an die Diskussion – durch den Versuch des Verkaufs an Magna probiert worden, eine Eigenständigkeitsstrategie zu unterstützen.
Ich sage für meine Fraktion sehr offen, wir waren damals an vielen Stellen skeptisch; die Kollegen können sich vielleicht noch erinnern. Wir haben uns damals auf das Minimum geeinigt, was möglich war. Ich glaube aber im Nachhinein, dass es kein Fehler war, diese Bürgschaft zu übernehmen. Heute müssen wir aber die Diskussion führen. Deshalb bin ich nicht gerade sehr begeistert über das, was wir hier diskutieren. Nicht, dass wir das bedauern würden nach dem Motto: „Das ist alles nicht schön“, oder „Wir haben Sorgen“. Die Sorge teilen wir. Meine Damen und Herren, die Frage ist aber: Was kann der Hessische Landtag tun, damit sich die Situation für den Automobilbau in Hessen und in Deutschland besser gestaltet als derzeit?
Die Frage, ob Peugeot Opel von GM kauft, ist eine unternehmerische Entscheidung. Meine Damen und Herren, die Frage, warum sie das verkaufen, ist die eigentliche Frage, die heute hier auf die Tagesordnung gehört.
Ich bin überrascht, dass wir über diese Frage wenig diskutieren.
Erstens kann man feststellen, das Vertrauen von GM in die Politik scheint nicht mehr so groß zu sein. Vor einigen Jahren war die Politik sehr frühzeitig eingebunden. Jetzt ist die Politik im Nachhinein hinzugekommen. Das muss nicht schädlich sein. Das muss aber auch nicht gut sein.
Zweitens. Richtig ist, dass wir hier darüber diskutieren, weil das Auswirkungen auf unseren Standort hat. Ich bitte aber auch darum, dass bei diesen Debatten über die Fragen diskutiert wird, die wir beeinflussen können. Es sollte nicht eine der vielen Sonntagsreden darüber gehalten werden, wie schlimm das doch alles ist und welche Gefahren sich hier ergeben. Das entwertet letztlich auch ein Stück weit das Parlament.
Drittens. Wer sich mit den Opel-Mitarbeitern unterhält – ich denke, das werden alle getan haben –, wird feststellen, dass die Aussage des GM-Aufsichtsrats, man sehe für Opel
keinen Business Case mehr ab 2020, im Hessischen Landtag die Alarmglocken schrillen lassen muss. Wer keinen Business Case mehr sieht, scheint doch im Umkehrschluss zu sagen, dass die Rahmenbedingungen für die Produktion von Automobilen in Europa offenbar nicht mehr so sind, wie sie sein sollten, um damit Geld zu verdienen.
Schauen wir uns einmal an, was der Aufsichtsrat diskutiert hat. Anhand des Gap to Target, also anhand dessen, was Opel erfüllen muss, um die CO2-Vorgaben und die Feinstaubvorgaben ab 2020 zu erfüllen, die nicht an den produzierten, sondern an den verkauften Autos gemessen werden, wird deutlich, dass Opel noch einen weiten Weg vor sich hat.
Man kann zwei Konsequenzen daraus ziehen, Herr Kollege Wagner. Man kann sagen: Opel hat in den letzten Jahren eine Entwicklung verschlafen. – Das sagen Sie. Man kann aber auch sagen – und das ist meine Meinung –, dass die Vorgaben in Europa, die wir in diesem Bereich machen, an vielen Stellen überzogen sind.
Sie haben gerade das Beispiel China gebracht. Wenn ich die chinesische Diskussion über das Thema Automobil verfolge, dann stelle ich fest, dass wir eine Binnendiskussion über Nanopartikel führen. Das finde ich völlig in Ordnung. Die Verhältnismäßigkeit und der gesunde Menschenverstand müssen an dieser Stelle aber ein Stück weit beachtet werden.
Deshalb kann ich nur sagen: Wenn die Antwort der europäischen Industriepolitik nur ist, den Verbrennungsmotor aus Europa zu vertreiben, dann kann ich dazu nur sagen, dass die Freien Demokraten alles dafür tun werden, dass das nicht passiert,
weil – und da sind wir uns ja einig – die Wertschöpfungskette – – Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen, wenn das beabsichtigt war.
Vielen Dank, Herr Kollege Schäfer-Gümbel. Ich will gerne darauf eingehen. Ich glaube, dass wir weder bei der ersten noch bei der zweiten Frage in der Einschätzung auseinanderliegen. Ich muss aber auch feststellen, dass ich das nicht einschätzen kann; denn ich bin Jurist. Ich habe nicht die Kompetenz, einzuschätzen – das scheint bei einigen in diesem Raum anders zu sein –, welche Technologien in Zukunft dazu führen werden, dass wir sowohl umweltpolitisch als auch ökonomisch gute Fahrzeuge herstellen.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle das großartige Interview mit Katrin Göring-Eckardt vom vergangenen Wochenende zum Thema „Martin Schulz“ erwähnen. In diesem Interview sagt Katrin Göring-Eckardt, Martin Schulz sei nicht die Zukunft, sondern die Vergangenheit. Da äußert sich Frau Göring-Eckardt, eine grüne Automobilexpertin, auch zum Thema Opel. Sie sagt, der Autokonzern habe eine Mitschuld an einer möglichen Übernahme durch Peugeot:
Die merken erst jetzt, wo es für Opel fast zu spät ist, dass sie grundlegend umsteuern müssen, …
Frau Göring-Eckardt ist anscheinend eine Technologieexpertin und weiß genau, was Opel zu produzieren hat. Ähnlich hat sich Herr Al-Wazir in seiner alten Funktion hier geäußert nach dem Motto: Die müssen ökologischere Autos bauen. – Meine Damen und Herren, es kann doch nicht die Aufgabe der hessischen Landespolitik sein, Opel zu sagen, wie Opel seine Autos bauen soll. Wo sind wir denn mittlerweile angekommen?
Deshalb müssen wir aufpassen, Herr Al-Wazir. Herr Boddenberg hat recht, wenn er sagt, dass 50 % der Wirtschaftspolitik nach Ludwig Erhard Psychologie seien. Die anderen 50 % dürfen nicht durch grüne Ideologie ersetzt werden nach dem Motto:
In diesem Land gibt es eine Partei, die weiß, was passiert. – Der Kampf der GRÜNEN gegen den Verbrennungsmotor ist an vielen Stellen offensichtlich. Es gibt eine Institution, die Sie immer wieder vorschicken und die eng mit Ihnen verbunden ist. Das ist die Deutsche Umwelthilfe, die an jeder Stelle versucht, einen Kampf gegen Opel zu führen. Das ist sehr spannend. Der grüne Staatssekretär Baake ist einer der Gründerväter. Einer seiner Ziehsöhne ist Herr Samson, der derzeit Staatssekretär im hessischen Wirtschaftsministerium ist. Schauen wir uns einmal die Pressemitteilungen an, die die Deutsche Umwelthilfe verfasst hat und die sich gegen Opel richten.
Dann darf ich doch einmal die Frage stellen: Ist das gut für Opel, oder ist es ein Imageschaden, wenn eine deutsche Organisation so einen Kampf gegen ein wichtiges Automobilunternehmen in Deutschland führt? Das ist doch völlig abstrus, was wir hier machen.
Ich möchte heute hier über die Frage diskutieren, was wir tun können, damit die Automobilindustrie in Deutschland eine Zukunft hat und damit nicht diese Debatte der Anfang
vom Ende der Industrie in Deutschland ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Herr Kollege Boddenberg, wir haben doch nicht ohne Grund hier schon dreimal über Kali + Salz diskutieren müssen, nämlich weil Ihre Landesregierung nicht in der Lage ist, ordentliche Rahmenbedingungen für ein wichtiges Unternehmen in Hessen zu schaffen. Das ist doch eindeutig.
Das Gleiche gilt – damit will ich den Ministerpräsidenten wieder in die aktuelle Diskussion zurückholen – auch für diese Landesregierung bei einer aktuellen Frage. Herr Ministerpräsident, ist es denn richtig, dass wir hier eine Sonntagsrede nach der anderen hören, dass wir etwas für den Automobilbau in Deutschland tun müssen, während Sie im kommenden Monat mit Ihrer Landesregierung einen Klimaschutz-Aktionsplan vorlegen, der die deutsche und die hessische Industrie massiv belasten wird? Ist das richtig?
Da müssen Sie sich keine Sorgen machen. Bei Ihnen sickert alles heraus. Es ist nicht so, dass das bei Ihnen bleibt, sondern wir haben die Vorlagen wahrscheinlich eher als Sie.
Ich will ein Beispiel hinzufügen. Mir liegt eine Vorlage der nordrhein-westfälischen Landesregierung vor, und zwar des grünen Umweltministers Remmel. Diese ist im Januar 2017 dort im Kabinett beraten worden: „Weg freimachen für E-Mobilität: Einführung einer verbindlichen Quote für Neufahrzeuge im Markt“.
Ein Vorschlag zur Einführung einer verbindlichen Quote für Neufahrzeuge im Markt ist dem Kabinett von Herrn Remmel vorgelegt worden. Ich bin gespannt, ob das dort beschlossen wird oder ob das einen anderen Weg finden wird. Wenn das grüne Politik ist, wenn man den Automobilstandort Deutschland so voranbringen will, dann wird mir angst und bange um die Industrie in Deutschland.
Herr Ministerpräsident, deshalb kommen Sie bei dieser Frage ins Spiel. Wenn der Klimaschutz-Aktionsplan in Hessen ähnlich unsinnige Geschichten vorsieht, wie Herr Remmel sie in Nordrhein-Westfalen vorantreibt, dann brauchen wir hier keine Sonntagsreden zum Thema Automobilstandort, sondern wir brauchen Taten, die so etwas nicht ermöglichen, sondern verhindern, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist der Unterschied.
Deshalb kann man lange Debatten darüber führen, wie schlimm das alles ist oder welche Chancen sich ergeben. Meine Damen und Herren, GM würde Opel nicht verkaufen, wenn – –
Nein. Herr Boddenberg kann ja gleich noch nachlegen. Ich freue mich, wenn die Debatte noch etwas anhält; denn das ist schließlich ein wichtiges Thema.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir aufpassen müssen, dass wir bei der Frage der Industriepolitik nicht völlig falsche Zeichen setzen. Ich bin gerne bereit – Frau Kollegin Dorn hat sich vorhin ganz engagiert eingebracht –, über die Frage zu diskutieren, ob die Umweltvorgaben, die wir in Deutschland und in Europa haben, nicht teilweise überzogen sind. Ich möchte diese Debatte führen.
Sie können das gerne kritisieren. Das finde ich völlig in Ordnung. Ich glaube, dass an vielen Stellen diese Fragen nicht richtig diskutiert werden und dass Ideologie Wissenschaft nicht ersetzen kann. Politik kann Wissenschaft auch nicht ersetzen.
Herr Wagner, was wollten Sie eigentlich mit Ihren Worten zum Schluss zum Ausdruck bringen? Sie haben gesagt, in Frankreich sei der Staat bei Peugeot dabei. Auch die Chinesen seien dabei. Ist denn Ihre Schlussfolgerung – das würde ich Ihnen sofort zutrauen –, dass sich auch bei uns der Staat bei Automobilkonzernen engagieren muss, damit wir sozusagen die ökologische Wende demokratisiert im Unternehmen vorantreiben? Ist das Ihre Botschaft? Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das klarstellen würden. Es sollte nicht die Botschaft des Hessischen Landtags im Jahr 2017 sein,
dass in einem gemeinsamen Antrag von Sozialdemokraten, GRÜNEN und Christdemokraten gefordert wird, dass sich Hessen bei Opel engagiert. Das wäre der völlig falsche Weg, und das würde sicherlich auch nicht dazu führen, Herr Boddenberg, dass Opel bessere Autos baut, die am Markt letztlich auch Erfolg haben.
Das ist für viele Mitarbeiter einer der zentralen Aspekte. Opel hat in den letzten Jahren eine Wende hingelegt. Ich glaube, es gibt da viele Punkte, wo man sagen muss: Die haben das gut gemacht.
Viele Mitarbeiter haben in Kauf genommen, dass sie über Tarifverträge an der schwierigen Situation beteiligt werden. Sie haben in ihre eigene Zukunft investiert. Sie sind natürlich nicht begeistert – das zeigen übrigens auch die Gespräche, die wir mit Vertretern von Opel geführt haben –, dass die Rahmenbedingungen in Deutschland nicht pro Automobilindustrie, sondern gegen die Automobilindustrie ausgerichtet werden. Herr Boddenberg, zurzeit regiert in Berlin übrigens keine rot-grüne Regierung, sondern eine schwarz-rote, und Hessen hat eine schwarz-grüne Regierung. Deshalb hätte ich mir gewünscht, dass wir darüber streiten, was wir hier in Hessen tun können, damit Opel bessere Rahmenbedingungen vorfindet. Wenn Ihre Antwort auf diese Debatte die Vorlage eines Klimaschutz-Aktionsplans ist, der eine grüne Handschrift trägt, dann kann ich verstehen, dass den Industriearbeitern in Hessen angst
und bange wird, wenn sie hören, was Sie hier vorhaben. Das kann ich absolut nachvollziehen.
Deshalb sage ich abschließend: Krokodilstränen sind nicht der richtige Weg. Wir müssen uns ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, wie wir bessere Rahmenbedingungen für Opel schaffen können. Die Variante „Wir stehen an der Seite von Opel“ genügt nicht. Polittourismus hilft Opel nichts; Opel helfen nur gute Rahmenbedingungen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin! Herr Ministerpräsident, ich darf vielleicht zunächst einmal feststellen, weil das schon recht emotional war – so habe ich es jedenfalls empfunden –: Das Letzte, was ich Ihnen vorwerfen würde, wäre Niedertracht oder „niederträchtig“. Das sage ich für meine Fraktion; das nehme ich für den Kollegen Lenders und mich in Anspruch. Das ist nicht unsere Intention, und ich bitte Sie, das zu unterlassen. Das ist, glaube ich, dem Thema nicht angemessen. Das können Sie ja anders beurteilen, ich glaube aber, dass das kein angemessener Stil im Umgang miteinander ist.
Ich weiß, dass Sie in einer Koalition sind, wo Sie mit einem Koalitionspartner in irgendeiner Form Dinge im Konsens zusammenbringen können. Das ist Ihr Bündnis; das würde ich nicht als „niederträchtig“ oder sonst in irgendeiner Form beurteilen, sondern es gibt unterschiedliche politische Positionen. Deshalb war es nur meine Bitte, und es wäre schön, wenn das heute mit Ihrer Rede klargestellt würde, dass das, was bisher als Klimaschutz-Aktionsplan vorliegt, was da sozusagen durchsickert und im Umlauf ist, so nicht kommt. Wenn heute Ihre Aussage ist: „Das kommt so nicht; dieser Klimaschutz-Aktionsplan wird in Hessen nicht das Tageslicht erblicken“, dann bin ich froh und gehe heute beruhigter aus dieser Debatte. Herr Ministerpräsident, ein Frontalangriff auf mich bringt die Arbeiter bei Opel keinen Schritt weiter, aber ein Klimaschutz-Aktionsplan könnte den Kollegen deutlich weiterhelfen.
Es war ja Ihre Botschaft; wir könnten nicht einmal im Protokoll nachlesen. Daher habe ich jetzt ein paar Sachen; da müssen wir einmal in die Details gehen. Neben der Tatsache, dass Ihr Verkehrsminister, glaube ich, auch Ihrem Kabinett angehört, ist die Initiative von Herrn Al-Wazir für die Einführung einer blauen Plakette, die Gott sei Dank auf der Verkehrsministerkonferenz vor drei Monaten krachend gescheitert ist, auch eine Initiative Ihrer Landesregierung gewesen, und diese würde übrigens dazu führen, dass 90 % der Dieselfahrzeuge nicht mehr in die Städte fahren könnten.
Ich glaube, das ist ein Punkt, wo wir gemeinsam der Auffassung sind, dass das wenig Sinn macht. Das ist der erste Punkt.
Zweiter Punkt. Der Bundesrat hat mit hessischen Stimmen das Verbot des Verbrennungsmotors ab 2030 beschlossen. Das ist eine Initiative gewesen, der Hessen in Punkt 4 zugestimmt hat. Bei aller Liebe, Herr Ministerpräsident, auch das ist ein Punkt, bei dem Sie sagen können – ich habe die Protokolle da; es gab mehrere Initiativen zu diesem Thema –: 2030 ist noch weit entfernt. – Es ist aber doch ein klares Zeichen dafür, dass die Politik in Deutschland nicht mehr auf den Verbrennungsmotor setzt, der in seiner Wertschöpfungskette, anders als die Batterietechnik, sozusagen die ganzen Wertschöpfungsstufen erreicht, die wir mit der Elektromobilität aber nicht erreichen. Deshalb geht es bei dieser Debatte – ich hätte mich gefreut, Sie hätten dazu etwas gesagt – doch nicht nur um Opel, sondern es geht auch um die Hunderten von Zulieferunternehmen mit Tausenden von Mitarbeitern in der Region,
die ganz wesentlich sind für die Frage – wir erinnern uns an die Magna-Debatte –: Welche Wertschöpfung bleibt in Hessen, und was bleibt nicht in Hessen?
Dann zu einem Punkt, der mir wichtig ist, weil wir das im Hauptausschuss, mittlerweile ist es auffällig, immer wieder vorantreiben. Sie haben uns gerade dafür kritisiert – wir müssen das immer aufwendig recherchieren; ich nehme die Kritik des Ministerpräsidenten immer ernsthaft auf –, wir hätten das Abstimmungsverhalten nicht nachgelesen. Aber genau diese Abstimmungsverhältnisse werden im Bundesratsprotokoll nicht notiert. Ich bin dankbar, wenn wir uns dafür gemeinsam einsetzen; wir fragen das jetzt immer nach, weil wir – ich muss es leider sagen – der Landesregierung nicht trauen. Das werden Sie mir nachsehen; das Vertrauen ist nicht so weit gediehen, dass ich sage: Sie machen das immer richtig. – Wenn das demnächst so kommt, dann freue ich mich darüber. Aber bei der entscheidenden Bundesratsinitiative hat das Land Hessen zugestimmt.
Bei aller Liebe, Herr Ministerpräsident, gestatten Sie mir das zum Schluss auch in Respekt vor Ihrer Persönlichkeit und Ihrem Amt: Da die Landesregierung in den letzten drei Jahren an verschiedenen Stellen wichtige Punkte anders sieht, die wir einmal genauso gesehen haben, ob das die Themen Jagdverordnung, Landwirtschaft oder Windenergie sind, wo Sie noch versprochen haben, sie werde nicht mit der Bereitschaftspolizei gebracht, haben wir mittlerweile Zweifel daran, ob Ihre Aussagen so gelten, wie sie noch vor drei Jahren gegolten haben. Das dürfen Sie uns nicht vorwerfen; das ist ein Resultat Ihrer eigenen Politik und der eigenen Realität, die in Hessen mittlerweile herrscht.
Deshalb darf ich zum Abschluss sagen: Ich glaube, wir können gern hart in der Sache streiten. Ich glaube auch, dass wir das, was wir in Rüsselsheim gemeinsam im Wissenschaftsbereich gemacht haben, richtig war. Aber ich sage noch einmal: Ich wünsche und erwarte, dass wir hier keine Krokodilstränendebatten führen, nach dem Motto: „Es ist alles schlimm“, sondern dass wir es schaffen, für die Automobilindustrie endlich Rahmenbedingungen zu
setzen, die sie im Land hält und nicht vertreibt. Herr Ministerpräsident, da ist der Ball bei Ihnen. Kommt der Klimaschutz-Aktionsplan so, wie wir ihn kennen, oder kommt er nicht? Das ist die entscheidende Frage. Damit können Sie heute aufräumen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht können die Geschäftsführer die Debatte dort führen, wo sie hingehört. Ich möchte gerne beim Thema weitermachen, weil uns das Thema wichtig ist.
Herr Staatsminister Wintermeyer, die Landesregierung versteigt sich heute in Superlativen und spricht von „unsäglich“. Ich finde es unsäglich, wenn es eine Landesregierung nicht schafft, Anfragen des Parlaments zeitnah zu be
arbeiten, wenn das Parlament sozusagen auf die lange Bank geschoben wird.
Jetzt frage ich Sie einmal, warum Sie überhaupt aktiv geworden sind, wenn es da gar kein Problem gibt. Das ist ja interessant. Auf der einen Seite sagen Sie, Sie könnten ausschließen, dass es da ein Problem gibt. Das können Sie überhaupt nicht ausschließen, Herr Staatsminister Wintermeyer, weil Sie zurzeit keinen Datenabgleich machen. Deshalb können Sie nicht ausschließen, dass es einen Doppelbezug gibt.
Sie loben sich dafür jedoch in Ihrer Rede, die offenbar schon schriftlich vorgefertigt wurde, in der stand, dass es heute eine hoch emotionale Debatte wird. Die Debatte war gar nicht so emotional. Wir haben versucht, die Debatte sehr sachlich anzulegen.
Der Punkt ist: Warum wird die Landesregierung überhaupt tätig, wenn sie gar kein Problem sieht? Sie müssen sich entscheiden: Entweder gibt es ein Problem, dann müssen Sie aktiv werden; oder es gibt kein Problem. Dann hätte der Kollege Grüttner gar keinen Brief schreiben und auch bei der Arbeits- und Sozialministerkonferenz nicht aktiv werden müssen.
Fakt ist – darin sind wir uns doch einig –: Bisher gibt es keine Struktur, um abzugleichen, ob Menschen in Hessen oder in einem anderen Land doppelt Bezüge erhalten. Ich denke, darin sind wir uns einig. Dass die vielen, die es richtig machen und die den Staat nicht ausnutzen, nicht mit den schwarzen Schafen in einen Topf gesteckt werden, das sollte unser gemeinsames Anliegen sein. Ich verstehe deshalb gar nicht, wo die Emotionalität auf der einen und der anderen Seite herkommt. Wer die populistischen Äußerungen von CSU-Abgeordneten in Bayern, aber auch von CDU-Abgeordneten in Niedersachsen und anderswo hört – auf die bezogen sich die Hinweise des Kollegen Rock –, der sollte doch sagen: Wir brauchen jetzt die gesetzlichen Grundlagen dafür, dass ein Abgleich gemacht werden kann.
Herr Kollege Grüttner, ich finde es sehr gut, dass Sie aktiv geworden sind, nachdem wir bei diesem Thema nachgefragt haben.
Herr Kollege Beuth, ich bin mittlerweile von dieser Landesregierung gewöhnt, dass Sie alle sich hier nicht benehmen können.
Aber wenn Sie schon mal da sind: Halten Sie sich endlich einmal zurück. Ich habe langsam die Nase voll.
Setzen Sie sich in die Reihen der Abgeordneten. Sie sind doch Mitglied des Parlaments. Diskutieren Sie von dort. Wenn die Landesregierung schon einmal da ist und kein Benehmen hat, sind irgendwann die Grenzen erreicht.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich bin gerne bereit, mit jedem in diesem Parlament zu diskutieren. Das macht aber nur dann Sinn, wenn man sich sieht und wenn man nicht ständig in den Rücken gesprochen bekommt. Das ist auch nicht unbedingt der parlamentarische Standard, den man erwarten darf.
Wir werden das Thema weiterverfolgen. Wir werden Ihnen nicht durchgehen lassen, dass Sie mit der Aussage: „Wir haben einen Brief geschrieben“, das ganze Thema auf dem Weg nach Berlin versacken lassen. Sie haben recht: Die Zuständigkeit liegt beim Bund. Herr Kollege Grüttner, die CDU stellt zwar nicht die Ministerin für Arbeit und Soziales in Berlin, aber die CDU stellt die Bundeskanzlerin und einen tragenden Teil der Bundesregierung. Deshalb ist das Spiel, der Bund tue nichts oder handle zu langsam, in diesem Bereich nicht akzeptabel.
Wenn wir wollen, das kein falsches Licht auf diejenigen fällt, die aus guten Gründen Leistungen, die ihnen gesetzlich zustehen, in Anspruch nehmen, dann sollten wir auch dafür sorgen, dass ein Missbrauch dieser Leistungen, den Sie aufgrund fehlender gesetzlicher Grundlagen nicht ausschließen können, meine Damen und Herren – das wollen wir heute noch einmal festhalten –, nicht eintritt. Ich hoffe, dass es in den nächsten Monaten nicht noch zu Fällen kommen wird, die Missbräuche bestätigen.
Ich nehme erst einmal hin, dass Staatsminister Wintermeyer hier behauptet hat, er könne einen Missbrauch ausschließen. Ich denke, wir können das nicht wirklich ausschließen, aber ich hoffe, dass gegenteilige Fälle nicht noch bekannt werden, weil damit denjenigen, die dieses Thema populistisch ausnutzen, auch noch recht gegeben würde.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Sommer, Sie haben das sehr charmant gemacht. Ich muss zugeben, dass sicher jeder gerne in Ihre Sprechstunde kommt. Allerdings fiel mir auf, dass Sie es zwar charmanter verpackt haben, aber es kam es mir so vor wie eine Rede des Kollegen Dr. Spies, wenn ich das so sagen darf.
Wir haben ihn in diesem Haus ja sehr geschätzt und gemocht.
Wir haben ihn dann deshalb, weil wir ihn kaum entbehren konnten, als Oberbürgermeister nach Marburg entsendet. Jetzt setzen Sie das fort.
Ich kenne auch Leute, die bei der Oberbürgermeisterwahl mitgemacht haben – so will ich es einmal formulieren.
Das ist ein ganz amüsanter Punkt, aber er betrifft natürlich ein ernstes Thema, und zwar die Frage: Wie sind unsere Krankenhäuser ausgestattet? Wie ist die Qualität unserer Medizin? Ich will zuerst feststellen: Frau Dr. Sommer, Sie sind auch ein Teil dieses Medizinsystems, das wir haben. Ich glaube, es ist ein sehr gutes Medizinsystem. Trotz der vielen Diskussionen, die wir hier führen, ist das System, das wir in Deutschland haben, eines mit der höchsten Qualität weltweit. Wir können stolz darauf sein, dass die medizinische Versorgung in Deutschland Gott sei Dank so ist.
Man hat manchmal das Gefühl, wenn man solche Debatten und auch die Worte, die Frau Schott an uns gerichtet hat, verfolgt, dass wir hier eine Diskussion haben – Kollege Dr. Bartelt hat es gesagt –, als ob wir in den USA sind, nach dem Motto: Wir müssen hier über die Frage diskutieren, ob Leute überhaupt Zugang zum Gesundheitssystem haben und ob es Qualitätsprobleme gibt. – Natürlich werden wir bei jeder Diskussion auch über Probleme diskutieren müssen. Jeder von uns hat wahrscheinlich schon selbst erfahren, dass nicht immer alles glücklich läuft. Natürlich sind gerade Fehler in einem System, in dem es um Leib und Leben geht, mit hoher Sorgfalt zu bekämpfen. Ich glaube, das tun wir auch hier in den Debatten.
Frau Kollegin Schott, es ist jetzt nicht gerade eine Meisterleistung, einen Antrag, den die SPD hier schon fünfmal gestellt hat und der fünfmal abgelehnt worden ist, hier erneut zu stellen und ihn als Programm der LINKEN zu verkaufen. Das ist jetzt kein großer parlamentarischer Fortschritt, den wir heute erlebt haben.
Ich will nur offen sagen, dass Sie vorsichtig damit sein sollten, was Sie als Diktion mit dem Begriff „gefährliche Pflege“ verwenden, wenn man sich einmal die Zahlen durchliest, die Sie aufgeschrieben haben. Ehrlicherweise – das ist zu Recht gesagt worden – geht es bei der Frage, wie wir unsere Gesundheitsvorsorge in Deutschland organisieren, auch stark um Vertrauen. Das, was angesprochen worden ist, ist unbestreitbar. Wir kämpfen darum, dass Menschen bereit sind, in der Pflege zu arbeiten. Wenn man die Rede von Frau Schott heute verfolgt hat, würde ich wahrscheinlich jedem, der das gehört hat, raten, nicht in die Pflege zu gehen. Gott sei Dank sieht die Realität an vielen Stellen anders aus.
Frau Schott, ich glaube, das Schwarzmalen
und die berechtigten parteigebundenen Interessen, die die Kollegen von ver.di verfolgen, sind völlig in Ordnung. Aber es ist nicht so, dass sich der Hessische Landtag hier alle Positionen zu eigen machen muss.
Frau Wissler schaut schon wieder – das ist die Vorstufe zu einem aggressiven Zwischenruf. Frau Wissler, lassen Sie es lieber. Ich bin heute nicht auf Krawall gebürstet. – Ich habe es gesehen.
Wenn man so lange mit jemandem im Parlament sitzt, sieht man doch schon, was er vorhat. Frau Wissler, ich wollte einfach – –
Ich bin trotzdem schon 15 Jahre hier. Ich weiß, es ist erschütternd. Ich stelle es hier jetzt selbst fest.
Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir nicht abrutschen. Aber dass der Kollege Al-Wazir hier schon 25 Jahre sitzt, finde ich jetzt sehr erstaunlich.
22, sieht aber aus wie 25 – darauf können wir uns einigen.
Zurück zum Thema. Frau Schott, das, was Sie hier angesprochen haben, wird uns kein Stück weiterhelfen. Das, was wir von den Krankenhäusern und den Spezialisten wissen, ist, dass eine starre Personalvorgabe absolut untauglich ist, um sofort auf die verschiedenen Bedürfnisse einzugehen. Ich habe schon in relativ vielen Krankenhäusern Gespräche mit Klinikdirektoren, Ärzten, aber auch mit Pflegepersonal geführt: Ja, ich bin bei Ihnen bei dem Thema, dass sich viele darüber beschweren, es seien zu wenige Personen da. Aber ich habe auch schon von vielen Fachleuten bei der Diskussion um die Frage, ob eine starre Personalvorgabe die richtige Antwort sei, gehört: Nein, wir brauchen zwar mehr Personal, aber es muss weiterhin flexibel eingesetzt werden können. – Meine Damen und Herren, ich glaube, das sollte dann auch heute unser Thema sein.
Wir haben uns selbst einmal kundig gemacht zu den Themen, die abgefragt worden sind. Wenn man sich z. B. einmal das Uniklinikum Frankfurt anschaut – eine unserer wirklich herausragenden Kliniken auch in der medizinischen Qualität –, stellt man fest, dass der Versorgungsgrad ein sehr guter ist. Auf die Frage nach dem, was sie sich wünschen, kommt bestimmt nicht die Antwort: „Wir brauchen weniger Flexibilität“, sondern: „Wir brauchen mehr Flexibilität in der Versorgung und in den Strukturen“. Insofern sollten wir auch alles dafür tun, dass es in diese Richtung geht.
Sie können über die Frage streiten – Stefan Grüttner weiß das als Gesundheitsminister –: Was können wir tun, damit wir im Ausgleich zwischen ambulanten und stationären Systemen zu Positionen und Strukturen kommen, die fair sind? Dass der stationäre Sektor in Deutschland derjenige ist, der die meisten Kosten absorbiert, ist wohl auch unstreitig.
Ich sage einmal sehr selbstkritisch: Wir haben alle schon eine Diskussion darüber geführt, dass wir versuchen wollen, die stationäre Überversorgung – beispielsweise im Rhein-Main-Gebiet – anzugehen. Der Bund hat das mit einem Gesetz über Qualitätsstandards versucht. Ich halte es übrigens nicht für falsch, was dort gemacht worden ist. Ich glaube, es ist eine richtige Grundstruktur, Qualitätsstan
dards festzulegen und dann zu sagen: Die Häuser, die diese Standards erfüllen, sind die richtigen. Andere, die sie nicht erfüllen, müssen dann möglicherweise auch Platz machen für mehr Qualität. – Aber klar ist doch bei der stationären Überversorgung auch, dass es schwierig ist, in einem kleinen Ort über den Standort eines Krankenhauses vor Ort zu diskutieren. Auch das hat schon jeder von uns erlebt. Auch das ist an vielen Stellen ein Politikum besonderer Art, wenn es um die Gesundheitsversorgung vor Ort geht.
Frau Schott, deshalb glaube ich, dass wir nicht darum herumkommen werden, bei der Frage, wie wir den Pflegemangel im Gesundheitssystem angehen können, eher den umgekehrten Weg zu gehen. Wir müssen Werbung für unser System machen. Ich glaube, das, was Herr Grüttner und auch andere versucht haben, ist ein richtiger Weg, nämlich Personen aus anderen Ländern dazu zu motivieren, bei uns in Hessen und in Deutschland vor Ort in der Pflege aktiv zu werden, weil das wirklich sichere und gut bezahlte Berufe sind, mit denen man etwas Gutes bewirken kann.
Na ja, gut bezahlt. Wissen Sie, wenn ich sehe, woher diese Leute kommen, die wir zum Teil anwerben konnten – es ist ein großer Erfolg, wenn sie dann zu uns kommen –, und wenn man sieht, was sie in ihren Heimatländern verdient haben,
dann ist das wohl für diese Menschen an vielen Stellen keine Niederlage, sondern eine Verbesserung ihrer persönlichen Situation. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.