(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ausgerechnet Sie! – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN – Gegenrufe)
Man kann unterschiedlicher Meinung sein. Ich will aber sehr deutlich sagen, was ich nicht akzeptiere: Wegen einer vermeintlichen oder wirklichen Wahlkampfunterstützungsaktion für den Kollegen Spies eine Debatte loszutreten, die niemandem hilft,
Meine Damen und Herren, deshalb ganz bewusst meine Bitte: Wir tragen in Berlin gemeinsam Verantwortung.
(Lachen bei der SPD und der LINKEN – Günter Ru- dolph (SPD): Da bin ich mir nicht so sicher! Da müssten Sie Ihrem Generalsekretär einmal einen Hinweis geben!)
Langsam. Manchmal kann man den Eindruck haben, Sie sehnen sich nach der Opposition. Aber bleiben wir bei der Sache.
Wir werden eine sehr schwierige Debatte darüber zu führen haben, wie wir bundesweit eine bessere Finanzierung der Klinika durchsetzen. Dafür stehe ich. Das kommt dann auch den Beschäftigten zugute. Darum zu ringen – das ist unser gemeinsamer Auftrag. Aber eine hervorragende Einrichtung des Landes Hessen zum Spielball kurzfristiger parteipolitischer Interessen zu machen, ist ein Fehler. Deshalb bitte ich Sie, das abzulehnen.
(Günter Rudolph (SPD): Marburg wird sich jedenfalls für diese Rede bedanken! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Der Betriebsrat auch! – Günter Rudolph (SPD): Das hat also doch etwas gebracht!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Ihr Auftritt hat es ja nicht besser gemacht, sondern nur noch schlimmer.
Wer sich immer noch hierhin stellt und allen Ernstes behauptet, dass die Privatisierung des Uniklinikums Gießen und Marburg eine Erfolgsgeschichte ist, der betreibt doch wirklich Realitätsverleugnung,
Herr Ministerpräsident, wenn das eine Erfolgsgeschichte ist, dann möchte ich gar nicht wissen, wie bei Ihnen einmal ein Misserfolg aussehen würde.
Ich finde es unmöglich und verwahre mich auch dagegen, dass Sie Menschen, die auf Missstände hinweisen – ob das seitens des Betriebsrates ist, seitens der Opposition oder seitens der Bürgerinitiative in Marburg –, unterstellen, sie wollten das UKGM schlechtreden.
(Günter Rudolph (SPD): Ja, das ist immer dieselbe Masche! – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Immer dieselbe Methode!)
Das ist ein absurder Vorwurf. Unsere Kritik richtet sich doch nicht an die Beschäftigten – die natürlich alles tun, um eine bestmögliche Patientenversorgung sicherzustellen, teilweise auf Kosten der eigenen Gesundheit, die bis an die Belastungsgrenze gehen und teilweise weit darüber hinaus. Dem Betriebsrat zu unterstellen, es ginge ihm darum, das Klinikum schlechtzureden, das ist doch absurd. Herr Ministerpräsident, das zeigt doch, dass Sie die Sorgen der Beschäftigten einfach nicht ernst nehmen.
Sich jetzt hierhin zu stellen und allen Ernstes zu sagen, die Rückkehr der Beschäftigten zum Land haben Sie erfolgreich umgesetzt – das setzt dem Ganzen die Krone auf. Ich will Sie nur einmal daran erinnern: Sie haben vor dem Bundesverfassungsgericht verloren. Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, die Privatisierung des Uniklinikums war teilweise verfassungswidrig.
Das Bundesverfassungsgericht hat Sie dazu gezwungen und gesagt, Sie dürfen nicht gegen Arbeitnehmerrechte verstoßen.
Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, als Arbeitgeber kann man sich nicht einfach seiner Verantwortung durch Privatisierung entledigen. Sich aber jetzt hierhin zu stellen und so zu tun, als hätten Sie da irgendetwas erfolgreich umgesetzt: Das Bundesverfassungsgericht hat Sie erst dazu gezwungen, weil Sie gegen Widerstände, gegen alle Warnungen und sogar gegen verfassungsrechtliche Bedenken damals diese Privatisierung durchgezogen haben. Das ist das Problem.
Wir reden hier über die Patientenversorgung in Mittelhessen, und wir reden über die Situation der Beschäftigten. Hier jetzt wahlkampftaktische Erwägungen zu unterstellen,
ist absurd. – Frau Kollegin Dorn, bei aller Wertschätzung für den Kollegen Spies, aber Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass wir hier das Wahlkampfteam für den Kollegen Spies sind, damit er OB-Wahlkampf für Marburg machen kann? Das ist doch absolut absurd.
Uns geht es um die Sorgen der Beschäftigten. Es geht um die Patientenversorgung, um nichts anderes. Das spitzt sich zu, und deswegen haben wir das hier in den Landtag eingebracht. Wir sind doch nicht das Wahlkampfteam von Herrn Spies und der SPD – es ist doch geradezu absurd, uns das zu unterstellen.
Die Privatisierung des Uniklinikums Gießen und Marburg ist ein Desaster. Das ist ein Desaster für die Beschäftigten, ein Desaster für die Patienten, und es ist auch ein Desaster für Forschung und Lehre.
Ich will noch einmal deutlich machen, warum wir diese Debatte beantragt haben. Herr Ministerpräsident, Anfang Mai hat sich der Betriebsrat des Uniklinikums in einem Brandbrief an Sie gewendet. Darin wurden die vielen Überstunden – mittlerweile über 130.000 –, die zunehmende Arbeitsverdichtung und der anhaltende Personalabbau beklagt. Offene Stellen würden nicht mehr in vollem Umfang wiederbesetzt.
Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen würden nicht darüber informiert, wie es denn weiterginge. Auszubildende würden nicht übernommen.
Das – so der Betriebsrat – führe zu einer Resignation der Beschäftigten und wirke sich sowohl auf die Patientenversorgung als auch auf Forschung und Lehre aus. Nur durch den unermüdlichen Einsatz aller Beschäftigten – –