Protokoll der Sitzung vom 22.09.2015

schnellen und nachhaltigen Lösungen zu suchen. Im Mittelpunkt muss jedoch immer das Streben danach stehen, einerseits den Menschen, die unter lebensbedrohlichen Bedingungen zu uns geflohen sind, einen sicheren Hafen zu bieten und andererseits die Sorgen und Ängste unserer eigenen Bevölkerung ernst zu nehmen. In diesem Spannungsverhältnis darf es keinen Platz für parteipolitisches Geplänkel geben, da bin ich ganz bei Ihnen. Wir werden auch nicht umhinkommen, mutige und mitunter unbequeme Entscheidungen zu treffen. Tatkraft und Besonnenheit dürfen dabei nicht ausgeschlossen werden.

Ich will – da auch Sie einige Bemerkungen dazu gemacht haben – einige Bemerkungen zu den verschiedenen Ebenen machen, um unseren Standpunkt in der Flüchtlingsfrage zu verdeutlichen: Ja, wir sind beieinander, wenn es darum geht, dass wir auch in Europa ein gerechteres System der Flüchtlingsverteilung brauchen – immer unter Beachtung dessen, was ich eben zur Dublin-Verordnung sowie zur Verlogenheit auch der deutschen Debatte in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren gesagt habe. Wir müssen aufpassen, dass wir nach einer Diskussion eines Europas der zwei Geschwindigkeiten in diesen Tagen und Stunden nicht ein Europa der unterschiedlichen Werteorientierung bekommen, was den Umgang mit Flüchtlingen angeht.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Wir brauchen ganz sicher ein einheitliches Vorgehen an den EU-Außengrenzen, das isoliertes Abschotten gegenüber geflüchteten Menschen nicht zulässt. Ich will Ihnen sagen, das ist etwas, was mir die Zornesröte ins Gesicht treibt: Wir brauchen mehr humanitäre Hilfe für Flüchtlingslager. Deutschland hat in diesem Jahr 139 Millionen € an den UNHCR überwiesen. Damit finanziert Deutschland etwa 4 % der Aufwendungen der weltweiten Flüchtlingshilfe für den UNHCR – genauso viel wie Schweden, aber prozentual 2 % weniger als Großbritannien. Der größte Finanzier sind übrigens die Vereinigten Staaten mit 39 %.

Jetzt will ich Ihnen erzählen, was in den letzten Tagen passiert ist. Im Libanon und in Jordanien mussten im September 2015 – jetzt – 360.000 Flüchtlinge aus der Unterstützung genommen werden. In Syrien wurden in diesem Monat die Notrationen für 4 Millionen Menschen um ein Viertel gesenkt. Die Gutscheine für die Versorgung wurden von 27 $ pro Monat und Kopf auf 13,50 $ pro Monat und Kopf in den Flüchtlingslagern gesenkt. Sie wurden deswegen gesenkt, weil die westliche Welt – Europa, die Vereinigten Staaten, aber auch die Golfstaaten – nicht bereit war, das UN-Flüchtlingshilfswerk adäquat zu finanzieren. Ich kann es niemandem verübeln, dass er – vor die Situation gestellt, ob er mit seiner Familie in Syrien, im Libanon, in Jordanien in den Flüchtlingslagern verhungert oder sich auf einen brandgefährlichen Weg macht, um Zuflucht und Schutz in Europa zu finden – sich auf diesen Weg macht. Es ist ein Skandal, was sich die westliche Welt dort erlaubt.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN, bei Abgeord- neten der CDU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Die gerechte Verteilung hat aber auch noch eine andere Dimension. Mit Blick auf die langfristigen Wirkungen und

Ursachen darf man auch darüber nicht hinwegschauen. Nach einer Studie des World Institute for Development Economics Research – das ist die Universität der Vereinten Nationen – wurde jüngst erfasst, dass 90 % des weltweiten Vermögens auf die Staaten Nordamerikas, Europas, Japan und Australien verteilt sind. Nach einer zweiten aktuellen Studie, die vor wenigen Wochen veröffentlicht wurde, kommen auf jeden Euro, den die westliche Welt in den Ländern der südlichen Welt investiert, zwei Euro Gewinn. Die Nettokapitalflüsse gehen alle aus diesen Regionen ab. Die Einzigen, die dort von den wirtschaftlichen und Ressourcenentwicklungen profitieren, sind die Staaten der westlichen Welt, und deswegen haben sie eine besondere Verantwortung – auch in einer globalen Verteilungspolitik –, dafür zu sorgen, dass endlich Arbeit, soziale Sicherheit und Wohlstand in Ländern entstehen können, die in den letzten Jahrzehnten ausschließlich Gegenstand ökonomischer Ausbeutung und von sonst gar nichts waren. Diese Dimension muss in diese Debatte eingeführt werden, weil es die zentrale ist, um Fluchtursachen zu bekämpfen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Dazu gäbe es noch viele weitere Dimensionen aufzuschreiben, aber ich will es an dieser Stelle kurz machen. Ich will es aber klar sagen: Wer glaubt, dass es nur mit der Überweisung von ein paar Millionen Euro mehr für Flüchtlingslager getan ist, der irrt. Wir brauchen am Ende Chancen für Arbeit, Wohlstand und soziale Sicherheit in diesen Ländern – das gilt übrigens nicht nur für Afrika und für Zentralasien, das gilt auch für den Balkan. Auch das ist eine europäische Aufgabe.

Damit will ich zu einigen Bemerkungen zur Bundesebene kommen. Ich will es offen sagen: Ich halte es für notwendig, dass wir im Kern unsere Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik auf drei Titeln aufbauen.

Erstens. Das Grundrecht auf Asyl, so, wie wir es kennen. Ich will das klar sagen: Mit uns wird es keine Asylrechtsänderung geben. Der Art. 16a Grundgesetz wird mit uns nicht angefasst.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Alles in Ordnung! Das hat glücklicherweise bisher auch keiner gewollt!)

Das stimmt nicht. Es gab zwei Erklärungen aus Bayern, die ausdrücklich an Art. 16a wollten. Das sage ich schon mit Blick auf die Union; denn es gibt einen Teil, der sich zu dieser Frage irgendwann einmal klar verhalten muss, weil er bisher noch nichts dazu gesagt hat. – Wir sind uns also einig.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Zweitens. Auch mit Blick auf die derzeitige Situation und die Belastung in den Verwaltungen – der Ministerpräsident hat auch hierzu ein paar Bemerkungen gemacht – glauben wir, dass es notwendig ist, einen humanitären Aufenthaltstitel zu schaffen, der von Bürokratie entlastet ist und schlicht und einfach sagt, dass Menschen, die aus solchen Bürgerkriegssituationen wie in Syrien kommen, hier einen humanitären Aufenthaltstitel erhalten, ohne durch solche

Verfahren geschleust zu werden. Das wird nicht nur die Verfahren entlasten, sondern es wird am Ende auch schneller klare Perspektiven für diejenigen geben, die gerade nachvollziehbar zu uns kommen. Das ist unter dem Stichwort der Entbürokratisierung ein ganz wesentlicher Punkt.

(Beifall bei der SPD)

Der dritte Teil betrifft das, was wir in der Tat „Einwanderungs- und Zuwanderungsgesetz“ nennen – das wir in der Großen Koalition so nicht nennen dürfen, aber das faktisch über die Arbeitsverordnung insbesondere für den Westbalkan jetzt kommt –, und ich bin froh, dass Sie klare Worte dazu gefunden haben, dass es richtig und notwendig ist, Herr Ministerpräsident. Die Menschen – auch aus dem Balkan –, um die es in dieser Debatte in diesen Tagen besonders geht, fliehen aufgrund der sozialen und wirtschaftlichen Situation, in Teilen auch wegen der politischen Verhältnisse, und suchen eine andere Perspektive für ihre Familien. Ich vermute übrigens, dass der größte Teil in diesem Raum für seine Familien dasselbe versuchen würde, wenn man in vergleichbaren Situationen wäre. Deswegen ist es richtig, hier ausdrücklich eine Öffnung vorzunehmen.

Darüber hinaus werden wir aber auch die Beschleunigung der Verwaltungsverfahren zu klären haben – Sie haben ausdrücklich etwas zum Thema BAMF gesagt, ich werde gleich einen weiteren Punkt dazu ansprechen –, und wir werden ganz sicher sehr hart und einschlägig mit dem Bund über die Frage der dauerhaften und vor allem dynamischen Mit- und strukturellen Finanzierung der Flüchtlingsfrage zu diskutieren haben. Die Große Koalition hat in der Tat ein paar Verabredungen getroffen, die in die richtige Richtung gehen. Ich bin allerdings zuversichtlich, dass da nicht nur etwas obendrauf kommt, wenn es uns am Ende gelingt – da muss ich Sie ein bisschen in die Pflicht nehmen, Herr Bouffier, weil wir beide wissen, dass derjenige, der in dieser Frage die Hosen am engsten an hat, der Bundesfinanzminister ist –, Ihnen und uns gemeinsam, den Bundesfinanzminister an allen uns möglichen Stellen dazu zu bringen, die Schatulle zu öffnen und der finanzpolitischen Verantwortung für die Handlungsfähigkeit in Kommunen, Ländern und Bund angemessen nachzukommen – ohne „langfristig“, „strukturell“ und „dynamisch“ wird es nicht gehen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Mit Blick auf aktuelle Debatten will ich allerdings auch bemerken, dass das, was der Bundesinnenminister offensichtlich in einem Referentenentwurf am Rande des Wochenendes durchzustechen versucht hat, um einmal den einen oder anderen Punkt in Sachen Leistungskürzungen im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes zu machen, für uns nicht zustimmungsfähig ist.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist nicht zustimmungsfähig. Ich will es mit Freuden sagen: Ich höre ja, dass der größere Teil wieder vom Tisch ist. Aber ich will klar festhalten, dass wir hierzu noch ein paar Diskussionen zu führen haben, genauso wie in der Frage der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten.

In beiden Punkten hätte ich gerne gewusst, was dazu die Position der Landesregierung ist. Denn auch dazu haben Sie heute nichts gesagt.

Ich will noch ein paar wenige Bemerkungen zur Landessituation machen. Wir haben an verschiedenen Stellen darüber geredet. Ich will klar sagen: Das Land ist in der Pflicht, die Erstaufnahme zu gewährleisten. Es muss dies vor allem in festen Quartieren tun. Dass 80 Standorte seit Wochen geprüft werden, ist schön. Aber wir erwarten eine beschleunigte Entscheidung. Denn am Ende können Zelte keine Lösung sein. Da bin ich sehr bei Ihnen.

Aber wir erwarten auch, dass die dortigen Entscheidungen beschleunigt werden, im Übrigen auch mit Blick auf die Verteilung der Flüchtlinge im Land, wo wir schon feststellen müssen, dass die Mehrzahl der Flüchtlingsunterbringungen in Nord- und Mittelhessen in kleineren Gemeinden stattfindet, die damit vor eine besondere Herausforderung gestellt sind – wir haben es am Thema Sicherheit diskutiert, wir haben es anhand anderer Themen diskutiert. Deswegen muss diese Frage mit größerem Engagement angegangen werden.

Ich zähle hier ausdrücklich nicht die Krümel. Ich habe es vorhin klar gesagt, wir werden das nicht machen. Aber ich glaube, dass es eine Aufgabe ist, die man mit etwas mehr Nachdruck aufnehmen kann. Ich will damit auch ausführen, dass die dauerhafte Finanzierung der Kommunen – Sie haben angekündigt, dass das bis Ende des Jahres geklärt sein soll – sichergestellt werden muss. Das ist ein klares Versprechen im Rahmen der Verhandlungen zum Kommunalen Finanzausgleich gewesen. Die Kommunen brauchen Klarheit und Planungssicherheit, damit sie mit den Mehrausgaben umgehen können. Vor allem brauchen auch die Orte, an denen sich Erstaufnahmeeinrichtungen befinden, größere Unterstützung.

Wir werden als Land aus meiner Sicht gleichzeitig drei große Aufgaben lösen müssen. An erster Stelle steht das Bildungsthema. Dazu habe ich eine erste Bemerkung gemacht. Ich will allerdings darauf hinweisen, dass unter anderem die GEW sagt – ich habe ähnliche Zahlen schon einmal an anderer Stelle formuliert; es gibt auch andere Hinweise aus anderen Bundesländern –, dass wir ohne mehr Stellen in der Schule über das hinaus, was Sie jetzt verkündet haben, nicht auskommen werden. Wer glaubt – da bin ich wieder bei dem Grundsatz, keine Gruppen gegeneinander auszuspielen –, dass das alles nur aus Umschichtungen und der Rückholung von Pensionären geht, der irrt aus meiner Sicht.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden nennenswert zusätzliche Stellen brauchen. Ob das am Ende 500 sind, 300 oder 700, das können wir gerne in den Haushaltsplanberatungen diskutieren. Das bieten wir auch ausdrücklich an. Wir werden auch nicht die Vorbehalte aller möglichen Art nach dem Motto „Sie schmeißen jetzt Geld mit vollen Händen heraus“ erheben. Wenn wir in dieser Frage scheitern und Fehler machen, wird uns das ohnehin viel teurer kommen. Deswegen sage ich Ihnen: Seien Sie mutig bei den richtigen Entscheidungen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Zweiter Punkt. Das gilt auch für den zweiten Flaschenhals, auf den wir in den Verfahren zusteuern: die Verwaltungsgerichte. Auch dazu wird es klare Ansagen geben müssen. Das ist ein schwerfälliges Feld, das wissen wir sehr wohl. Aber auch deswegen muss man jetzt klare Entscheidungen treffen, und das wird nicht allein über Stellenverlagerungen gehen.

Das gilt im Übrigen auch für die Polizei. Da erlaube ich mir allerdings doch noch eine kleine politische Nebenbemerkung, weil der Ministerpräsident aus meiner Sicht völlig zu Recht darauf hingewiesen hat, dass wir in dieser Debatte aufpassen müssen, mit welcher Sprache, mit welchen Schlagzeilen und subtilen Texten wir arbeiten. Die Überlastung der hessischen Polizei ist nicht das Ergebnis der Flüchtlingssituation.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

3,5 Millionen Überstunden vor der Flüchtlingskrise, im Durchschnitt – wenn ich es richtig weiß; der Innenminister kann es bestätigen; ich höre, dass dieser Tage aktuelle Zahlen über Krankheitsstände im Ministerium eingegangen sind – gibt es Ende 20/Anfang 30 Krankheitstage pro Jahr in der hessischen Polizei. Sie rekrutieren in diesen Tagen pensionierte Beamtinnen und Beamte. Das ist richtig. Aber gleichzeitig setzen Sie Ihr Stellenstreichungsprogramm fort.

Deswegen sage ich Ihnen auch mit Blick auf die Hinweise, die Ihnen die GdP und andere gegeben haben, was die Entlastungsnotwendigkeit, die Unterstützungsnotwendigkeit und viele andere Themen angeht: Auch dort werden Sie nicht umhinkommen, einen kräftigen Schluck aus der Pulle zu nehmen, um die Entlastung in der Polizei zu organisieren. Ob das am Ende die 1.000 Stellen sind, die die GdP ins Gespräch bringt, oder ob es weniger sind, das werden wir in den Haushaltsplanberatungen sehen. Aber ich glaube schon, unterhalb der Ausbildung eines zusätzlichen kompletten Jahrgangs von 500 Beamtinnen und Beamten werden wir aus der Veranstaltung nicht herauskommen, wenn die Polizei dauerhaft entlastet werden soll.

(Beifall bei der SPD)

Herr Ministerpräsident, ich mache es mir dabei nicht einfach, indem ich sage, es kommt schon irgendwie, sondern wir werden es am Ende irgendwie klären. Ich sage das deswegen, weil ich weiß, dass es einzelne Abgeordnete aus diesem Haus gibt, die vor Ort herumrennen und erklären, die Belastung komme jetzt von den Flüchtlingen, oder die an anderer Stelle Sporthallen besichtigen und erklären, man müsse schauen, ob Flüchtlinge dort untergebracht werden könnten, und gleichzeitig den Verantwortlichen der Vereine erklären, dass man alles dafür tun werde, dass hier niemals Flüchtlinge hinkommen. Dabei habe ich noch nicht einmal von Herrn Irmer, Frau Steinbach oder anderen geredet.

Ich will das nur deswegen sagen, weil wir im kleinen Kreis klar verabredet haben: Wenn es solche Ereignisse gibt, werden wir sie miteinander besprechen. – Aber wir werden sehr genau darauf achten, welche subtilen Texte und Botschaften in den nächsten Wochen und Monaten gestreut werden. Das erwarte ich übrigens auch umgekehrt. Damit es klar ist: Es gibt kein unterschiedliches Maß. Das gilt nicht nur im Verhältnis zu den großen Volksparteien, sondern es gilt auch zu anderen. Wenn ich Schlagzeilen wie heute aus Offenbach häufiger lese, werde ich mich in der Tat einmal öffentlich mit der Frage beschäftigen, warum es eigentlich möglich ist, dass der konservative Regierungspräsident in Mittelhessen, Herr Witteck, mit seinem Laden hoch engagiert rund um die Uhr arbeitet, dass dort Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im einfachen und mittleren Dienst rund um die Uhr arbeiten, damit die Aufgaben erledigt werden, während andere doch ein bisschen beschau

lich zuschauen, was da passiert. Ich sage, die Gesamteinstellung kann noch ein bisschen stärker werden.

Deswegen mahne ich uns alle, das mit der Parteipolitik ernst zu nehmen. Das heißt dann aber auch, dass subtile Botschaften zu unterlassen sind; denn ansonsten wird das nichts mit der Zusammenarbeit.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Mit Blick auf die Uhr will ich einen Teil weglassen und komme zum Schluss. Ich habe am Anfang über Aylan Kurdi gesprochen. Ich hätte auch über die 70 Toten in einem Fleischlaster in Österreich reden können oder über Tausende Tote im Mittelmeer. Ich hätte heute aber auch ausführlicher über die persönlichen Begegnungen in den Flüchtlingseinrichtungen in den letzten Tagen reden können, in denen in der Tat viele Menschen mit Dankbarkeit und mit viel Hoffnung darauf setzen, dass wir diese Aufgabe hinbekommen, und das als große Chance verstehen.

Ich will am Ende sagen und noch einmal wiederholen, um klarzumachen, worum es geht: Wir haben es mit einer humanitären Katastrophe zu tun, die uns als Menschen, als Gesellschaft fordert und deren Lösung in ihrer Art und Weise darüber entscheidet, wer wir sind und wie es in den nächsten 25, 50 Jahren in der Welt aussehen soll. Diese Krise birgt sehr viele Herausforderungen. Sie ist eine Kraftprobe für unsere Gesellschaft, für ein vereintes und friedliches Europa, in das wir und viele vor uns so viel Kraft und Energie investiert haben und um dessen Erhalt und Stabilität wir immer wieder aufs Neue ringen müssen.

Sie ist aber auch eine Chance. Nach wie vor verschließen wir viel zu häufig Augen und Ohren angesichts der großen Armut, die in einer so hoch technisierten und fortschrittlichen Welt immer noch exorbitant verbreitet ist. Wir lassen Diktatoren und Tyrannen viel zu lange gewähren. Diese humanitäre Katastrophe, die jetzt Teil unserer eigenen Lebenswirklichkeit geworden ist, sollte uns endlich ein Weckruf sein. Es kann und darf nicht so weitergehen. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD – Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN, bei Abgeordneten der CDU und der FDP so- wie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Danke, Herr Schäfer-Gümbel. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich ihrem Vorsitzenden, Herrn Wagner, das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Flüchtlingskrise ist eine Herausforderung für Deutschland, ist eine Herausforderung für Hessen. Aber sie ist vor allem – das sollten wir nicht aus dem Blick verlieren – eine Herausforderung für die Flüchtlinge, die ihre Länder verlassen müssen.