Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um etwas mehr Ruhe für die Rednerin. – Frau Kollegin Wissler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wagner?
Bei einer Redezeit von fünf Minuten möchte ich das nicht. Sonst komme ich mit dem Punkt nicht durch.
Meine Damen und Herren, die Demokratie in Griechenland wurde ausgehebelt, und „Griechenland wird zum Protektorat der Eurozone“. Das sind nicht meine Worte, sondern das sind die Worte der GRÜNEN und langjährigen Bundestags-Vizepräsidentin Antje Vollmer, nachzulesen in der „Frankfurter Rundschau“. Sie sagt, die Eurozone habe damit gezeigt, dass demokratische Wahlen sinnlos geworden seien; die Veränderung des Systems solle nicht einmal
Blicken wir auf den 13. Juli zurück. In Brüssel wurde das dritte sogenannte Rettungspaket für Griechenland beschlossen. Tatsächlich handelt es sich um ein erneutes Kürzungsdiktat auf Kosten weiter Teile der Bevölkerung. Die neuen Kredite zögern den Zeitpunkt nur weiter hinaus, zu dem die Eurostaaten – die doch den Banken die Risiken großzügigerweise abgenommen haben – das Geld abschreiben müssen. Wohlgemerkt, in diese Situation haben sozial- und christdemokratische Schwesterparteien Griechenland gebracht, nicht unsere.
Griechenland wurde auf maßgebliches Betreiben des Bundesfinanzministers ein sogenannter Privatisierungsfonds aufgezwungen, also eine Art Treuhand 2.0. Er soll griechisches Staatseigentum zum Krisenpreis verhökern. Der Erlös aber soll nicht den Griechinnen und Griechen zugutekommen, sondern er soll der Tilgung der Schulden dienen, von denen alle wissen, dass sie sowieso nicht zurückgezahlt werden können.
Meine Damen und Herren, dieser Privatisierungsfonds bedeutet nichts anderes als den Ausverkauf der griechischen Infrastruktur an ausländische Konzerne,
und zwar an Konzerne wie die hessische Fraport AG. Um sicherzustellen, dass die Profite auch in den richtigen Kassen landen, wurde das schon länger im Raum stehende, aber von der Tsipras-Regierung gestoppte Fraport-Geschäft in den Text für das sogenannte Hilfspaket explizit aufgenommen.
Dabei geht es um die Vergabe der Konzessionen für 14 gewinnbringende griechische Flughäfen an die Fraport AG, während die 26 defizitären Flughäfen in Griechenland beim griechischen Staat bleiben sollen. Das heißt, die Gewinne fließen nach Deutschland ab, die Verluste bleiben in Griechenland und vergrößern das Haushaltsdefizit. Meine Damen und Herren, das nennt sich dann Rettungspaket. Der griechische Infrastrukturminister sagte dazu: Das passt eher zu einer Kolonie als zu einem EU-Mitgliedsland. – Damit hat er auch recht.
(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU): Mit wem regieren eigentlich die griechischen Linken?)
Wie sich zeigte, hat sich Ministerpräsident Bouffier hier tatkräftig eingemischt. Er reiste nach Brüssel, um bei der EU-Kommission Druck zu machen, damit Fraport zum Zuge kommt. Herr Bouffier ist der Auffassung, dass der griechische Staat unfähig sei, die Flughäfen zu betreiben. „Ohne Privatisierung“ – so sagte er wörtlich – „würden sie irgendwann mit Unkraut zuwuchern.“ Das waren seine Worte.
der für den Bau eines Regionalflughafens in Hessen verantwortlich ist, der nicht gebraucht wird und der jahrelang am Tropf öffentlicher Kassen hängt – eigentlich dazu, den Griechen Tipps zu geben, wie sie ihre Flughäfen zu betreiben haben?
Wie kommt ein Politiker aus einem Land, das es nicht einmal schafft, einen funktionierenden Hauptstadtflughafen zu bauen, dazu, so arrogant über die Griechinnen und Griechen zu urteilen? – Meine Damen und Herren, das ist peinlich und beschämend.
Aber auch andere hessische Politiker haben diesen Deal verteidigt. Der GRÜNE Frank Kaufmann spricht davon, das sei eine gute Nachricht für die Menschen, die im Rhein-Main-Gebiet mit den Belastungen des Flughafens leben;
Ihre Argumentation. Also, die Annahme, dass die Menschen, die in Frankfurt unter dem Fluglärm leiden, jetzt davon profitieren würden, wenn es diesen Griechenland-Deal der Fraport gebe, ist doch absurd – also ob die Lufthansa jetzt nur noch über Rhodos fliegt und nicht mehr über Frankfurt.
Auch die SPD hat Zustimmung signalisiert, mit dem Argument, das sei eine gute Nachricht für die Menschen – –
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nicht signalisiert! Ich habe gesagt, das ist ein guter Deal! Das ist richtig!)
Ihr könnt das ja gleich noch einmal ausführen. – Das sei eine gute Nachricht für die Menschen, die an den Standorten arbeiten. Leider sehen das aber die Menschen, die an diesen Standorten arbeiten, anders.
Die haben nämlich Angst vor Lohnkürzungen und vor Massenentlassungen. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Flughafenangestellten in Griechenland hat sich klar gegen die Privatisierung ausgesprochen. Das könnte die SPD ja einmal zur Kenntnis nehmen.
Meine Damen und Herren, das gesamte Vorhaben ist grotesk, denn Fraport als Privatisierer griechischer Flughäfen ist mehrheitlich in staatlichem Besitz – und dann hat Bouffier in Brüssel auch noch für eine Absicherung der Finanzierung des Fraport-Deals durch EU-Mittel geworben.
Das muss man sich einmal vorstellen: Die Fraport, ein öffentliches Unternehmen, beteiligt sich mithilfe der EU an der Ausplünderung des griechischen Tafelsilbers. Die Ge
winne fließen dann nach Frankfurt, nach Hessen und nicht mehr nach Griechenland. Hier zeigt sich, wessen Interessen Schäuble vertreten hat, nämlich in allererster Linie die von Deutschland.
Ich komme zum Schluss. Wir fordern die Landesregierung und die von ihr in den Aufsichtsrat von Fraport entsandten Mitglieder auf,
diese unsolidarische, diese erpresserische und europafeindliche Politik nicht mitzutragen, und dass sich der Ministerpräsident in Brüssel nicht weiter als Lobbyist für Fraport betätigt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! An der Politik, die Europa mit dem Druckmittel der Troika – später „Institutionen“ genannt – gegenüber Griechenland an den Tag gelegt hat, kann man gewiss vieles aussetzen. Etliche gegenüber den Griechen erhobene Forderungen führen auch hierzulande zu berechtigter Kritik. Dass umgekehrt, aus Richtung Griechenland, auch viel Unverständliches geliefert wurde, macht diese Angelegenheit nicht einfacher.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel und Uwe Frankenberger (SPD))
Aber nach der am vorigen Sonntag abgehaltenen Wahl mit der klaren Bestätigung der Regierung Tsipras zeigen die Signale in Richtung konstruktiver Zusammenarbeit, auch im Hinblick auf unser jetziges Thema.
Frau Kollegin Wissler, seitens der neuen Regierung wurde nämlich das deutliche Interesse bekundet, die Modernisierung der griechischen Flughäfen mit Fraport erfolgsorientiert voranzubringen, und deshalb die Forderung erhoben, diese Verhandlungen möglichst rasch abzuschließen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) und Clemens Reif (CDU))
Deswegen ist diese Aktuelle Stunde in der Sache überholt. Leider hat sich die Kollegin Wissler nicht durch Tatsachen von ihrem Vortrag abbringen lassen. Damit geben Sie einen Bewusstseinsstand wieder, den Sie hartnäckig verteidigen, der aber nun wahrlich nichts mit der Realität zu tun hat.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Her- mann Schaus (DIE LINKE))
Meine Damen und Herren, an den Fakten ändert sich auch dadurch nichts, dass die „heute-show“ vom letzten Freitag ebenfalls die Legende von den ausgeplünderten Griechen erzählt hat und dass vorgestern Dieter Hooge und ein paar