Es werden uns auch die Versuche nicht weiterhelfen, die Sie insbesondere in den Punkten 2 und 3 Ihres Antrags ansprechen. Wir haben jetzt schon eine klare Unterscheidung zwischen den Asylverfahren: die Asylberechtigten, die Flüchtlinge, die den Schutz nach der Genfer Konvention genießen, die Flüchtlinge, die den subsidiären Schutz genießen, und übrigens auch diejenigen, die Sie in Punkt 4 Ihres Antrags ansprechen. Diese Unterscheidung gibt es schon.
Wir haben de facto eine Situation, dass die Flüchtlinge aus Syrien, bestimmte Flüchtlingsgruppen aus dem Nordirak und, wenn ich mich richtig erinnere, seit Juni dieses Jahres auch Flüchtlinge aus Eritrea ein beschleunigtes Verfahren bekommen. Das ist ein Verfahren nach dem Asylverfahrensgesetz. Es ist anders geregelt und hat einen Verfahrensschritt weniger. Es wird viel summarischer durchgeführt. Dabei wird nicht der Schutz nach Art. 16 GG gewährt, sondern nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Insofern gibt es die klare Unterscheidung zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon.
Die Genfer Flüchtlingskonvention wendet einen weiteren Verfolgungsbegriff an als Art. 16 Abs. 2 GG. Übrigens zur Geschichte der Genfer Flüchtlingskonvention: Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 mit den Zusatzprotokollen von 1967 ist die Reaktion auf den fehlgeschlagenen Versuch von 1938, über Kontingente und Quoten die elende Situation deutscher Juden zu regulieren. Das ist damals kläglich gescheitert.
Ich will damit sagen, mit Kontingentpolitik – das gilt ganz vielen – sollte man ganz vorsichtig sein, auch vor dem Hintergrund der historischen Erfahrungen.
Herr Rentsch, dazu haben Sie kein Wort gesagt: Was soll dieser neue Status eigentlich sein, von dem Sie in Punkt 3 Ihres Antrages reden? Was soll das sein?
Da steht, es ist nicht der nach § 24 Aufenthaltsgesetz. Es ist sozusagen noch einmal eine Abstufung zum subsidiären Schutz. Der ist es also nicht. Es ist etwas Duldungsähnli
ches. Eine Duldung ist ein juristisch definierter Begriff, nämlich der Aufenthaltsstatus für Menschen, für die zwar ein Aufenthaltsbeendigungstitel vorliegt, für die aber Abschiebungshindernisse gelten.
Das kann doch nicht im Ernst Ihre humanitäre Alternative für einen sicheren Aufenthalt von Bürgerkriegsflüchtlingen sein.
Jetzt einmal ganz im Ernst, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn das sozusagen der neue Weg ist, sind wirklich endgültig alle humanitären juristischen Standards eingeebnet, die wir bisher festhalten.
Ich will auch deutlich sagen: Wir unterschreiben einige Prämissen nicht, die Sie machen. Wir unterstützen den Bundesinnenminister nicht bei dem Versuch, den Familiennachzug umfassend einzuschränken,
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN sowie der Abg. Mürvet Öz- türk (fraktionslos))
weil wir der Auffassung sind, dass zu einem gesicherten Status die Perspektive der Integration gehört. Zu der Perspektive der Integration gehört auch, dass man seine Angehörigen rettet, die ebenfalls, wie Sie nicht zu Unrecht schreiben, vor Todesgefahr fliehen. Die einen fliehen vor Todesgefahr, aber die Angehörigen sollen Ihrer Logik nach in Todesgefahr bleiben. Auch das hat mit einem humanitären Aufenthaltsrecht nichts, aber auch gar nichts zu tun.
Letzter Punkt: Sie schreiben nach wie vor – auch das ist ärgerlich – von den angeblich so vielen Menschen, die immer noch als Armuts- und Arbeitsmarktzuwanderer ins Land kämen.
Sie wissen genau, dass die Zahlen aus dem Kosovo, aus Albanien, aus Mazedonien mittlerweile auf einem Niveau von 2 % der Zuwanderung liegen. Und Sie wissen, dass es sich bei Syrien, Irak, Eritrea, Afghanistan, Pakistan, Nigeria um ein völlig anderes Spiel handelt.
ich komme zum Schluss – „mit schwächerem Status als alle, die wir jetzt schon haben“ – das ist ein noch schwächerer, duldungsähnlicher Status; das ist das, was hier steht –, wer das als humanitäre Alternative verkauft, den kann ich, mit Verlaub, nicht mehr ernst nehmen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN sowie der Abg. Mürvet Öz- türk (fraktionslos))
Vielen Dank, Herr Kollege Merz. – Herr Greilich hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Hierzu hat er zwei Minuten Redezeit. Bitte schön, Herr Greilich.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Merz, ich sehe überhaupt keinen Anlass, mit Ihnen hier irgendeine juristische Diskussion zu führen. Denn wir diskutieren hier über politische Setzungen, über politische Rahmenbedingungen und über die Frage, was gegebenenfalls im Gesetzgebungsverfahren entsprechend umgesetzt werden muss.
Worüber wir hier zu reden haben, ist die Frage: Was sind Lösungen für die Probleme, die wir haben und die in der Tat überall in Deutschland wahrgenommen werden, nur anscheinend von großen Teilen dieses Hauses nicht? Das ist der entscheidende Punkt.
Sie haben gefragt, was man denn im Sommer hätte tun sollen. Jedenfalls nicht das, was die Kanzlerin gemacht hat, Herr Kollege Merz.
(Beifall bei der FDP – Michael Boddenberg (CDU): Was denn? Geben Sie doch einfach mal eine Antwort!)
Herr Kollege Boddenberg, ich will Ihnen einfach etwas sagen: Wir haben Ihnen vor Monaten schon einen Antrag vorgelegt, in dem wir gefordert haben, die Asylverfahren dadurch wieder in Gang zu bringen und zu beschleunigen, indem wir pauschal die bis Ende August gestellten Asylanträge von Syrern positiv bescheiden, damit wir diesen Stau ein Stück weit abbauen.
Damals lag die Anerkennungsquote für syrische Flüchtlinge bei weit über 99 %. Nachdem Frau Merkel ihre Botschaft gesandt ist, ist sie auf etwa 60 % gesunken. Da muss es doch irgendeinen Grund geben, etwa dass es keine entsprechenden Gründe gibt. Davor dürfen Sie nicht die Augen verschließen. Frau Merkel hat in der Tat die rechtlichen Regeln außer Kraft gesetzt.
Wir stehen auch zum Asylrecht. Daran wird sich überhaupt nichts ändern. Das ist ein individuelles Recht, das unser Grundgesetz verbrieft. Das trifft nach grober Einschätzung etwa für die Hälfte der Menschen zu, die heute zu uns kommen. Das ist eine sehr große und gewaltige Zahl. Das wissen wir alle.
Aber es gibt darüber hinaus zahlreiche reine Bürgerkriegsflüchtlinge, denen wir auch Schutz gewähren wollen.
Aber mit der Botschaft: Dies ist ein vorübergehender Schutz und keine Möglichkeit zum dauerhaften Aufenthalt. – Was wir für dauerhafte Einwanderung brauchen, ist ein Zuwanderungsgesetz.
Frau Präsidentin! Herr Kollege Greilich, Sie haben wieder keine Antwort auf die Frage gegeben, was Sie im September dieses Jahres getan hätten.
(Ministerin Eva Kühne-Hörmann: Nichts! Gar nichts! – Kopfschütteln des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))
Sie haben gesagt, was man hätte tun müssen, aber in Bezug auf ein Problem, das im September dieses Jahres gar nicht auf dem Tisch lag, jedenfalls nicht in dem Kontext, bei dem es um die Öffnung der Grenze geht, um es einmal untechnisch zu sagen.
Sie haben gesagt, man hätte damals schon die Bearbeitung der Anträge beschleunigen müssen. Das ist richtig. Das ist aber auch durch das beschleunigte, eher summarische Verfahren durchaus geschehen. Dass das trotzdem nicht in dem gewünschten Tempo abgearbeitet worden ist, beklagen wir alle gemeinsam. Da sind wir ja nicht auseinander.
Aber auszuführen, was das mit der Frage zu tun hat, wie man hätte verhindern können, dass die Grenze in Österreich völlig überlastet ist, und welchen Beitrag das zu einer Entlastung hätte leisten können, sind Sie eben wieder schuldig geblieben. Das tut mir leid.
Sie haben nach wie vor nicht erklärt, worin jetzt das wirklich Neue Ihres neuen Aufenthaltstitels im Verhältnis zu dem besteht, was in § 24 Aufenthaltsgesetz jetzt schon steht.
Nein, Sie berufen sich auf das, was da steht. Ich habe das vorhin extra noch einmal nachgelesen. Auch da steht nichts davon, dass man die Leute beliebig hin- und herschieben kann. Da ist zu der Frage des Familiennachzugs nach meiner Lesart auch nichts gesagt, jedenfalls nichts, was Sie hier gern hätten.
Ich bleibe dabei: Dieser Antrag ist der Versuch, auf einer populistischen – Entschuldigung, ich sage das nicht gern, weil ich, wie Sie wissen, den eigentlich zuständigen Kollegen sehr schätze – Welle mitzuschwimmen und eine neue politische Positionierung in Ergänzung zu anderen hier herbeizuführen. Ich warne Sie davor.