Protokoll der Sitzung vom 03.02.2016

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ich habe gesagt: damit es in der Region bleibt!)

Darauf will ich nur einmal hinweisen. Diese Fläche liegt nicht in der Kernzone der Welterbestätte, sondern in der Pufferzone. Es ist auch eine Fläche, die tatsächlich im Rahmen der von der Firma Grontmij erstellten Sichtachsenstudie betrachtet und als konfliktträchtig bewertet wurde, allerdings unter Annahme eines fiktiven Vorhabens und nicht anhand eines konkreten Vorhabens, bei dem Anzahl, genaue Lage und Höhe der Windkraftanlagen feststehen.

Wir haben deshalb zusammen mit Kollegen des gemeinsamen Welterbesekretariats für das UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal, mit dem Vorhabenträger und dem Bürgermeister der Stadt Lorch gesprochen. Es wurde vereinbart, dass bei der Beurteilung einer auf das konkret geplante Vorhaben ausgerichteten Sichtachsenanalyse die Methodik der Grontmij-Studie angewendet wird. Warum machen wir das? Weil das UNESCO-Welterbekomitee diese Studie im vergangenen Sommer als „hervorragend“ und als „handlungsleitend“ bewertet hat und wir diese Einschätzung der UNESCO beachten wollen und weil es erforderlich ist, dass das UNESCO-Welterbekomitee das geplante Vorhaben anhand einer konkreten Analyse bewerten kann. So möchten und werden wir sicherstellen, dass der Welterbestatus nicht gefährdet wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Sichtachsenanalyse ist Teil der Antragsunterlagen, die im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz vom Vorhabenträger einzureichen sind. Von wem denn sonst? – Insofern ist klar, dass der Vorhabenträger das beauftragt und nicht etwa irgendjemand anderes.

Wir werden diese Sichtachsenanalyse mit unserer Stellungnahme dem UNESCO-Welterbekomitee zur Bewertung übermitteln. Wir kommen unserer Verpflichtung, das Tal zu schützen, damit nach. Wir bewerten den Einzelfall, so, wie es der Landesentwicklungsplan vorsieht.

Insofern bin ich überzeugt davon, dass erstens die Energiewende in Hessen natürlich weitergeht und zweitens auf keinen Fall der Welterbestatus gefährdet wird. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Kollege Rentsch, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident, hier ist das Plakat, dass ich gerade eben schon einmal hochgehalten habe.

(Der Redner zeigt dem Präsidenten ein Plakat.)

Ich wundere mich ein wenig. Wir haben heute nicht über das Gutachten des Hessischen Landesamts für Umwelt und Geologie zum Thema Trinkwasserbeeinträchtigung durch eine Windkraftanlage auf dem Taunuskamm diskutiert. Ich habe nicht versucht, die Zerrissenheit der CDU im Rheingau-Taunus-Kreis zum Thema zu machen. Herr Kollege Stephan, deshalb zum Thema persönliche parteipolitische Angriffe: Wir haben eigentlich versucht, über die Frage Welterbe Mittelrheintal zu diskutieren. Frau Kollegin Wissler ist es gelungen, in der gesamten Debatte nicht einmal das Wort UNESCO-Welterbe in den Mund zu nehmen. Respekt, aber leider war es das Thema dieser Debatte.

(Beifall bei der FDP)

Frau Kollegin Dorn, vielleicht noch eine Anmerkung zum Thema Historie. Sie sind noch nicht so lange im Parlament,

auch die GRÜNEN nicht. Das Denkmalschutzgesetz in Hessen hat eine liberale Tradition und Handschrift, weil die FDP es auf die Tagesordnung gesetzt hat.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Nur dazu, was Denkmalschutz angeht: Wir haben da eine große Historie. Ruth Wagner und Wolfgang Gerhardt haben als Wissenschaftsminister in diesen Bereichen Massives vorangetrieben. Deswegen haben wir keinen Nachholbedarf, wenn es um Kulturpolitik geht. Kollege Al-Wazir hat zu Recht darauf hingewiesen – ich hatte vorausgesetzt, dass es bekannt ist –, dass Ruth Wagner als damals zuständige Wissenschaftsministerin beim Thema Verleihung des Welterbetitels für das Mittelrheintal massiv an vorderster Front gekämpft hat. Deshalb geht es nicht um diese Frage.

(Beifall bei der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Leider hat sich seitdem die FDP nicht zu ihrem Vorteil entwickelt!)

Herr Al-Wazir, ich versuche, es einfach zu machen. Was die Bürger wundert, ist die Tatsache, dass die Pachteinnahmen dieser Windkraftanlage schon im Schutzschirm eingepreist sind und vom Land abgehakt worden sind. Ich hätte gerne einmal eine Antwort darauf gehabt, wie das Land diesen Konflikt sieht. Es gab keine Antwort.

Ich habe auch nicht die Diskussion aufgemacht, warum Rheinland-Pfalz anders als Hessen agiert. Aber eine Frage darf man schon einmal stellen: Wir haben in beiden Ländern grüne zuständige Minister, einen Minister und eine Ministerin. Hessen und Rheinland-Pfalz sind bei diesem wichtigen Thema des Welterbes nicht in der Lage, gemeinsam zu agieren. Was für ein Bild geben denn diese beiden Länder ab? – Sie werden doch in der Lage sein, mit ihrer Parteifreundin über die Landesgrenze hinweg zu sprechen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Ministerin Priska Hinz)

Frau Ministerin, ich freue mich, dass Sie mit uns der Meinung sind, dass das eigentlich nicht so schwer sein muss, wenn man in einer Partei ist. Es ist doch manchmal auch ganz einfach, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen. Dann sieht man nicht so auseinandergefallen aus, wie das bei dieser Debatte der Fall ist.

Das Welterbegebiet besteht aus einer Kernzone und einem Rahmengebiet. Windkraftanlagen können die visuelle Integrität des Welterbes gefährden. Das Ergebnis des Gutachtens der Sichtachsenstudie ist, dass die bis zu 200 m hohen Windkraftanlagen nicht mit dem Status des Welterbes zu vereinbaren sind. Deshalb hat sich der Generalsekretär der UNESCO an den Hessischen Ministerpräsidenten gewandt und gewarnt, diese Aktivitäten weiter zu betreiben. Das war der Grund.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Stephan, ich weiß übrigens nicht, wie Sie das in Ihrer Fraktion machen. Wenn aber der Ministerpräsident ein Versprechen abgibt, ist es für mich als Mitglied dieses Landtags wichtig, dass der Landesvater, wenn er so etwas sagt, es auch einhält. Ich weiß nicht, ob Sie sich mit Ihrer Wut gegen die FDP auseinandergesetzt haben, aber es ging heute um ein ganz anderes Thema. Es ging um das Thema Kulturpolitik und Welterbe und die Aussage des Ministerpräsidenten.

(Beifall bei der FDP)

Ein zweiter Punkt, das darf ich noch sagen, ist die Frage, was in dem Gutachten empfohlen wird. Es wird in dem Gutachten empfohlen, eine Zone von mindestens 7,5 km Abstand zu den herausragenden Aussichtspunkten der Welterbestätte freizuhalten. Der Rahmenbereich sollte komplett freigehalten werden. Der von der Stadt Lorch angestrebte Windpark im Vorranggebiet, 420 Ranselberg, liegt sehr nah an der Kernzone und deutlich innerhalb des Rahmengebiets. Wie will denn ein anderes Gutachten seriös zu einem anderen Ergebnis kommen? Hier geht es nicht um Fiktion, hier geht es um konkrete Tatsachen.

(Beifall bei der FDP)

Das Bild, das ich gezeigt habe, ist die Visualisierung genau dieses Vorhabens. Natürlich sind dort mehr Windräder enthalten, aber der Kernbereich ist dort oben abgebildet, Frau Kollegin Dorn. Es ist in dem Gutachten enthalten. Es ist die letzte Seite der Visualisierungsbeilage des Plans. Ich kann Ihnen die Anlage zeigen, ich habe sie mir extra noch einmal ausgedruckt.

Wer das sieht, muss doch zu dem Ergebnis kommen, von diesem Vorhaben sollte man Abstand nehmen. Warum führen wir denn ernsthaft, nachdem wir doch gemeinsam der Auffassung sind, dass der Welterbestatus ein wichtiger Bestandteil unserer Kultur ist, mit der UNESCO einen Konflikt über dieses Thema herbei? Da muss man wirklich schlecht beraten sein, oder man muss so ideologisch geprägt sein, dass man die Augen nicht mehr offen halten kann. Anders ist das nicht mehr zu erklären.

(Beifall bei der FDP)

Abschließend zwei Punkte. Herr Kollege Weiß, Sie kennen wahrscheinlich als Abgeordneter das Gutachten der RWTH Aachen, das zu dem Schluss kommt, dass eine Mittelrheinbrücke den Welterbestatus nicht gefährdet. Ich gebe es Ihnen gerne. Das ist für den Abgeordneten, der vor Ort immer munter unterwegs ist, bestimmt ganz interessant, wenn er auch weiß, worüber er redet.

Zum Abschluss möchte ich ein Zitat nennen, das die zuständige Ministerin Lemke in Rheinland-Pfalz gesagt hat:

Die Frage, inwieweit Windenergieanlagen mit dem Welterbestatus vereinbar sind, wurde bereits im Dezember 2013 mit einem Gutachten „Sichtachsenstudie – Windkraft und UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal“ beantwortet. Das Gutachten kam zu dem Schluss, dass innerhalb des Rahmenbereichs des Welterbegebietes keine Windkraftanlagen errichtet werden sollten.

So Frau Lemke. Warum nicht so Herr Al-Wazir?

(Beifall bei der FDP)

Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Grüger für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wundere mich sehr darüber, wie die FDP das Thema UNESCO-Weltkulturerbe ganz offensichtlich dazu missbraucht, ihren Kampf gegen Windmühlen weiter zu betreiben.

Ich finde es unlauter, vor dem Hintergrund der tatsächlichen Situation, die wir im Bezug auf das UNESCO-Weltkulturerbe haben, den Eindruck zu vermitteln, als würden auf hessischer Seite Tausende von Windkraftanlagen gebaut werden, was dazu führen würde, dass das Weltkulturerbe in Gefahr stehe. Das Weltkulturerbe steht überhaupt nicht in Gefahr. Das ist von mehreren Rednern, unter anderem dankenswerterweise vom Kollegen Stephan, sehr sachlich dargestellt worden.

Das Weltkulturerbe steht nicht in Gefahr. Ganz offensichtlich geht es der FDP um etwas ganz anderes. Was mich daran wirklich aufbringt, ist, dass die FDP im Gegensatz zu den Anmutungen, die sie zu ihrer eigenen Politik macht, eigentlich eine mittelstandsfeindliche Politik betreibt.

Bei Windkraftanlagen geht es immer auch darum, dass mittelständische Unternehmen Windkraftanlagen betreiben und die Möglichkeit besteht, Wertschöpfung in die Kommunen zu holen. Das Beispiel Lorch ist genannt worden.

Insofern ist die Politik der FDP, die sie hier formuliert, nicht kulturpolitisch interessant, sondern mittelstands- und kommunalfeindlich. Das muss man durchaus noch einmal unterstreichen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Das Wort hat Frau Kollegin Dorn für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Rentsch, Sie irren sich, wenn Sie glauben, dass in dieser Sichtachsenstudie dieses Projekt genau gekennzeichnet ist und dass es sich um eine Visualisierung genau dieses Projekts handelt. Das ist eine Visualisierung eines fiktiven Projekts, weil man noch gar nicht wusste, was alles beantragt werden könnte.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Herr Rentsch, jetzt hören Sie mir bitte auch kurz zu. – Das erklärt sich schon alleine daran, dass drei bis vier Windräder in Lorch geplant sind und nicht so viele, wie auf Ihrem Bild zu sehen waren. Alleine daran müssten Sie merken, dass Ihre Annahme falsch ist.

(Michael Boddenberg (CDU): Ist das so?)

Herr Rentsch, es war eine wunderbare Studie, die von der UNESCO sehr gelobt worden ist. Diese Studie hat das gesamte Obere Mittelrheintal umfasst. Sie können sich vorstellen, dass eine Studie, die das gesamte Rheintal umfasst, eine etwas gröbere Sichtweise auf das Ganze wirft. Ein Antragsteller müsste es schaffen, für den einzelnen Standort Lorch genau auf dieser Studie aufzusetzen, genau die identische Methodik zu nehmen, die nur für den einzelnen Standort diese Sichtachsenbeziehung aufweist.

Das ist gefordert, und das wird der UNESCO vorgelegt. Ich frage Sie noch einmal: Was können Sie sich denn bitte noch mehr vorstellen, als dass so sichergestellt ist, dass auf keinen Fall der Welterbestatus gefährdet ist? Aus meiner Sicht ist damit alles klar.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)