Dann wird der Antrag unter Tagesordnungspunkt 45, Drucks. 19/3074, dem Haushaltsausschuss überwiesen.
Gut. Dann rufe ich zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 45 auf, Antrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 19/3074. Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das sind die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dagegen? – Das sind SPD, DIE LINKE und FDP. Damit ist dieser Antrag angenommen.
Die Große Anfrage betreffend Kommunaler Schutzschirm und Kommunalfinanzen, Tagesordnungspunkt 37, ist besprochen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Dringlichen Antrag unter Tagesordnungspunkt 62. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der LINKEN. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen der CDU, der FDP und der GRÜNEN. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Erstes Gesetz zur Förderung von Chancengleichheit in der frühkindlichen Bildung (Kitagebüh- ren-Freistellungsgesetz) – Drucks. 19/3067 –
Verabredete Redezeit: zehn Minuten je Fraktion. Als Erster hat Kollege Schäfer-Gümbel für die SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir legen Ihnen heute einen Gesetzentwurf zur Förderung der Chancengleichheit in der frühkindlichen Bildung vor, weil wir davon überzeugt sind, dass das eine Frage der Logik, der Gerechtigkeit und der Vergleichbarkeit der Lebensverhältnisse in Hessen ist.
Wir legen Ihnen diesen Gesetzentwurf zur Förderung der Chancengleichheit in der frühkindlichen Bildung vor, weil es aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar ist – darüber diskutieren wir seit vielen Jahren in unterschiedlichsten Bereichen –, dass auf der einen Seite das Studium in Deutschland gebührenfrei ist – in Hessen nach langen und intensiven Auseinandersetzungen, ich erinnere an die Jahre 2007 und 2008 – und dass der Schulbesuch gebührenfrei ist. Wir sind in den letzten Jahren hier im Hause mehrfach gemeinsam zu der Überzeugung gekommen – Gerhard Merz hat gestern Abend darauf hingewiesen –, dass Kindertagesstätten und Kinderkrippen zum System der frühkindlichen Bildung gehören. Daher macht es, logisch gesehen, überhaupt
Deswegen schlagen wir Ihnen heute einen ersten Schritt zur Abschaffung von Elterngebühren im Bereich der frühkindlichen Bildung vor, und zwar in der Systematik, die die ehemalige Landtagsmehrheit von CDU und FDP hier im Hause bei der Befreiung des dritten Kindergartenjahres angelegt hat. Es ist nämlich auch unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten nicht nachvollziehbar, warum das dritte Kindergartenjahr gebührenfrei sein soll, das zweite und das erste Jahr aber nicht – von der Zeit in der Kinderkrippe gar nicht zu reden.
Deswegen schlagen wir Ihnen – anders als andere – kein „Gesamtpaket“ vor, in dem alles enthalten ist. Wir sagen: Lassen Sie uns in dieser Periode – zur Begründung werde ich gleich noch etwas sagen – einen ersten Schritt tun, indem wir das zweite Kindergartenjahr in der Logik und in der Finanzsystematik der Gebührenbefreiung des dritten Kindergartenjahres freistellen, weil es richtig ist, wenn es sich um ein System der frühkindlichen Bildung handelt, mit diesem Schritt auch zusätzliche Bildungsbarrieren in der frühkindlichen Bildung abzubauen.
Das ist auch deswegen eine Frage der Gerechtigkeit, weil es nicht sein kann, dass die finanzielle Belastung von Eltern durch das System der frühkindlichen Bildung extrem stark von dem Lebensort abhängig ist, an dem sie ihre Kinder großziehen. Wir erleben in Hessen die Situation, dass es auf der einen Seite Orte gibt, die gar keine Gebühren für die Unterbringung in Kitas erheben. Das ist zwar die ganz große Ausnahme, aber solche Orte gibt es. Auf der anderen Seite gibt es Orte, wo man 150 € für die Kitas aufbringen muss, und sogar Orte, wo man – beispielsweise für die U-3-Betreuung – bis zu 800 € pro Monat aufwenden muss. Deswegen sagen wir: Es muss eine Systematik geben, die dafür sorgt, dass die Belastungen der Eltern vergleichbar sind, und die dafür sorgt, dass es am Ende möglichst gar keine Belastungen mehr gibt, sondern die Familien unterstützt werden.
Letzten Endes ist das auch eine Frage der Vergleichbarkeit der Lebensverhältnisse, weil diese nicht von der Wahl des Lebensmittelpunkts der Eltern abhängig sein dürfen.
Zweitens. Wir wollen damit vor allem die Familien entlasten, und zwar ausdrücklich in einer Phase, in der sich Familien gründen, im Aufbau sind, in der die finanziellen Belastungen besonders groß sind. Auch deshalb ist es richtig, hier ein klares Signal zu senden.
Die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist an dieser Stelle ausdrücklich mit zu erwähnen, weil es nicht sein kann, dass gerade die Frauen – meistens sind es die Frauen – das Geld, das sie für ihre Erwerbsarbeit bekommen, anschließend für die Kinderbetreuung wieder ausgeben müssen. Das ist also auch eine Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Deswegen haben wir bereits vor Wochen darauf hingewiesen, dass wir die einmalige Chance nutzen sollten, die sich aus der Vereinbarung über den Länderfinanzausgleich ergibt, und diesen großen Schritt in der dritten Säule der Bildungssystematik gehen sollten. Heute wollen wir einen ersten Schritt hierzu unternehmen, weil wir wissen, dass das ein langer Weg ist, und weil wir wissen, dass noch andere Gesetzentwürfe zu diesem Thema vorliegen. Wir freuen uns, dass auch andere dieses Thema bearbeiten, von der Linkspartei angefangen bis zu Freien Wählern. Es wird ein langer Weg sein, es wird eine Reihe von Fragen dahinter hängen, die nicht ganz einfach zu lösen sind. Aber gerade in dieser Situation ist es richtig – wir haben in den letzten Wochen und Monaten in diesem Haus viel über den gesellschaftlichen Zusammenhalt gesprochen –, ein erstes und starkes Signal zu senden, dass wir die Familien unterstützen wollen. Auch deshalb legen wir Ihnen heute einen Gesetzentwurf zur Förderung der Chancengleichheit in der frühkindlichen Bildung vor und bitten sehr um Ihre Unterstützung.
Ich habe mich selten so sehr über Einlassungen des Finanzministers gefreut wie am Mittwoch letzter Woche, als der Finanzminister kurz vor der Vorstellung unseres Gesetzentwurfs über die enorm gute Steuersituation, die Konjunkturlage berichtet hat. Eine solche Vorlage hat die Opposition für die Finanzierung einer ihrer Initiativen selten bekommen.
Ich sage das deswegen, weil der Schritt, den wir Ihnen vorschlagen, etwa 62 Millionen € kosten wird. Das ist ein Beitrag, der aus unserer Sicht in dieser Legislaturperiode auch im nächsten Jahr zu finanzieren ist. Ich wiederhole es: Gerade in einer Zeit, in der wir erhebliche Mittel aufwenden, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu organisieren, wäre es richtig, ein Thema, das viele bewegt, jetzt aufzunehmen und im Rahmen der Regelungen dieses Gesetzentwurfs zu organisieren.
Weil uns das so ernst ist, will ich bei meiner Einbringungsrede ausdrücklich etwas tun, was ich sonst selten tue, nämlich die Gegenargumente aufzunehmen. Ich fange mit Herrn Bartelt an, der in der vergangenen Woche drei Kernargumente gegen unseren Vorstoß vorgetragen hat.
Zweitens. Er sagte, man könne Mittel aus dem Länderfinanzausgleich nicht verplanen, solange dieser noch gar nicht unter Dach und Fach sei.
Drittens. Im Übrigen sei die Sozialdemokratie sowieso gegen einen neuen Länderfinanzausgleich gewesen.
Das waren die drei Argumente, die Sie vorgebracht haben. Das erste Argument richtet sich selbst. Das wissen Sie selbst, denn mit dem Argument hätten Sie das dritte Kindergartenjahr gar nicht gebührenfrei machen dürfen.
Das zweite Argument richtet sich ebenfalls selbst, weil der Ministerpräsident am 31. Dezember 2015 konkrete Vorschläge zur Verwendung der Mittel aus dem Länderfinanzausgleich gemacht hat, nämlich für die Bereiche Hochschule, Investitionen und Schuldenabbau. Herr Dr. Bartelt, es geht nicht, zu sagen: Wenn die Opposition dazu einen Vorschlag macht, ist das nicht zulässig, aber wenn die Regierung das tut, ist es zulässig. – Das ist ein unlogisches und damit falsches Argument.
Bei dem dritten Argument werde ich abwarten, was Sie zu sagen haben; dann komme ich noch einmal nach vorne. Aber das Spannendste daran ist, dass es sehr bemüht ist. In der Sache haben Sie selten oder gar nicht dagegen argumentiert, und dafür gibt es einen guten Grund: weil der Ministerpräsident selbst als Spitzenkandidat der hessischen CDU vor der Landtagswahl auf einem Landesparteitag wörtlich erklärt hat, er mache die Landtagswahl im September 2013 zu einer „Abstimmung über einen gerechten Länderfinanzausgleich“ und über kostenfreie Kitas in Hessen.
An anderer Stelle sprechen Sie von einer „Betreuung zum Nulltarif“. Sie sind wirklich so sehr bemüht, Ihr eigenes Wahlversprechen jetzt nicht mehr einzulösen, dass ich sehr gespannt darauf bin, was Sie in dieser Debatte dazu beizutragen haben; denn wir tragen hier nichts anderes vor als das, was der Herr Ministerpräsident und ich anlässlich eines Spitzenkandidatenduells im Hessischen Rundfunk gemeinsam erstmals erklärt haben und was dann das zentrale Thema des Landesparteitags der hessischen CDU war. Insofern bin ich sehr gespannt darauf, wie Sie jetzt mit Sozialneiddebatten und vielem anderen umgehen.
Damit will ich auf den zweiten Teil der Gegenargumente eingehen. Ich weiß, ich habe nur noch zwei Sätze. Trotzdem will ich das noch machen. Ich wende mich an die GRÜNEN, die gesagt haben, die Sozis wollten mehr Ganztag, mehr Wohnen und dann auch noch Kitas; das gehe nicht. Herr Bocklet, ich will Sie nur ganz kurz daran erinnern: Zu dem Thema Ganztagsschule und zu dem Thema Wohnen haben wir gerade gemeinsam Beschlüsse gefasst.
In Richtung der GRÜNEN sage ich: Es gibt in der Tat einen wesentlichen Unterschied. Im Hinblick auf Ihr Wählerspektrum und unser Wählerspektrum und im Hinblick auf die Frage, wie wir uns als Partei aufstellen und wie Sie sich als Partei aufstellen, ist uns ein Punkt ganz entscheidend: Wir machen Politik für Menschen, die jeden Tag hart arbeiten und keinen Reichtum nach Hause bringen, und deswegen nehmen wir das Thema Familienentlastung ernst.