Protokoll der Sitzung vom 10.03.2016

Zur Bundesratsinitiative will ich Folgendes sagen: Für Hessen habe ich Anfang des Jahres 2014 – als es um das Thema der Kinderpornografie ging – immer wieder angemahnt, dass auch im Sexualstrafrecht Änderungen erfolgen müssen, weil dort Strafbarkeitslücken vorhanden sind. Es hat also dazu hessische Initiativen gegeben.

Wir haben der Bundesratsinitiative – es ist nicht nur eine –, die jetzt vorliegt, im Rechtsausschuss zugestimmt und auch in weiteren Ausschüssen. Ich erkläre hier für das Land: Diese Initiative ist so gut, dass wir ihr als Land Hessen beitreten werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Debatte zu den Tagesordnungspunkten 45 und 41 abgeschlossen.

Der Antrag unter Tagesordnungspunkt 45, Drucks. 19/3180, soll federführend dem Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss überwiesen werden, mitberatend dem Rechtsausschuss, der Antrag unter Tagesordnungspunkt 41, Drucks. 19/3175, nur dem Rechtsausschuss. Ist das korrekt? – Dann machen wir das so.

Kolleginnen und Kollegen, die Stühle sind schon da. Dann darf ich jetzt darum bitten, dass die Mitglieder des Staatsgerichtshofs in unsere Mitte treten.

(Die Genannten betreten das Innere des Plenarsaals.)

Jetzt kann ich Tagesordnungspunkt 3 aufrufen:

Hinweis auf den bereits geleisteten Eid zweier richterlicher Mitglieder des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen durch den Präsidenten des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen nach § 9 Abs. 3 und 2 StGHG

Ich begrüße zunächst die anwesenden Mitglieder des Hessischen Staatsgerichtshofs: Herrn Dr. Günter Paul als Präsidenten des Staatsgerichtshofs, als richterliche Mitglieder Frau Michaela Kilian-Bock, Frau Ursula Kraemer und Herrn Dr. Wilhelm Wolf sowie als nicht richterliches Mitglied Herrn Dr. Georg Falk.

Kolleginnen und Kollegen, nachdem am Dienstagabend der Wahlausschuss zur Wahl der richterlichen Mitglieder des Staatsgerichtshofs getagt und Frau Michaela KilianBock und Frau Ursula Kraemer zu richterlichen Mitgliedern wiedergewählt hat, findet nun der erforderliche Hinweis auf den bereits geleisteten Eid statt.

Herr Dr. Paul, ich darf Sie bitten, vorzutreten, um als Präsident des Staatsgerichtshofs den gewählten richterlichen Mitgliedern nach § 9 Abs. 3 Satz 1 Staatsgerichtshofgesetz auf den bereits geleisteten Eid hinzuweisen.

(Die Anwesenden erheben sich von den Plätzen.)

Dr. Günter Paul, Präsident des Staatsgerichtshofs:

Frau Direktorin Michaela Kilian-Bock, Frau Vorsitzende Richterin beim Verwaltungsgericht Ursula Kraemer, Sie haben schon einmal diesen Eid abgeleistet. Also genügt es nach § 9 Abs. 3 des Staatsgerichtshofgesetzes, dass wir uns auf diesen Eid beziehen, denn er gilt dann weiter.

Sie, Frau Kilian-Bock, haben diesen Eid am 8. September 2005 geleistet, das ist schon eine Zeit lang her; aber Frau Kraemer hat ihn schon im Jahr 2001 geleistet, am 16. Mai. Dieser Eid bindet Sie beide auch weiterhin, und ich gratuliere euch herzlich und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.

(Allgemeiner Beifall)

Herzlichen Dank. Auch ich darf meine Glückwünsche aussprechen und den Fraktionen nochmals Gelegenheit zur Gratulation geben.

(Gratulationscour – Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

Kolleginnen und Kollegen, wir fahren dann in der Tagesordnung fort und kommen zu Tagesordnungspunkt 15:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Fluglärm wirksam reduzieren – Drucks. 19/2026 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Als Erster erteile ich Kollegin Wissler, Fraktion DIE LINKE, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Seit Jahrzehnten wächst der Frankfurter Flughafen. Nach dem Bau der Startbahn West und Holger Börners denkwürdigem Satz „Kein Baum wird mehr fallen.“ in den Achtzigerjahren war nicht lange Ruhe. Es folgten Terminal 2 und Cargo City Süd, und dort, wo einmal der Kelsterbacher Wald stand, befindet sich mittlerweile die Landebahn Nordwest.

Heute belastet dieser Flughafen die Region mehr denn je mit Schadstoffen und mit Lärm. Das betrifft nicht nur die unmittelbaren Anrainergemeinden, sondern wirkt entlang der An- und Abflugrouten bis weit ins Kinzigtal hinein, bis nach Mainz und Rheinhessen.

Im Wahlprogramm der GRÜNEN hieß es zum Thema Fluglärm noch: „So, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben“. Ein achtstündiges Nachtflugverbot und die Verhinderung von Terminal 3 forderten die GRÜNEN in ihrem Programm.

Heute müssen wir leider Bilanz ziehen. Zwei Jahre Schwarz-Grün sind leider auch in diesem Bereich zwei Jahre gebrochene grüne Wahlversprechen, es sind zwei weitere Jahre Flughafenausbaupolitik.

(Beifall bei der LINKEN)

Terminal 3 wird gebaut. Schwarz-Grün spricht vom Lärmschutz und davon, dass es leiser werden soll. Aber man baut ein Terminal, damit dort Passagiere abgefertigt werden können, um danach in ein Flugzeug zu steigen. Ich frage Sie: Wenn man dadurch die Kapazitäten immer weiter erhöht,

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

wie soll es denn dann, bitte, in Rhein-Main leiser werden?

Natürlich ist es richtig, dass der Bau der Landebahn Nordwest ohne das Terminal 3 ziemlich sinnlos gewesen wäre. Das ist aus Sicht der Fraport klar. Aber genau das war in den letzten Jahrzehnten immer die Strategie: Man erweitert die Flugkapazität; dann baut man ein neues Terminal, das ist dann aber nicht ausgelastet; und dann argumentiert man, man braucht die nächste Bahn, usw.

Natürlich kann man die Schlussfolgerung ziehen und sagen, man muss dieses Terminal jetzt bauen. Wir halten das für die falsche Schlussfolgerung. Man kann nämlich auch

die Schlussfolgerung ziehen, dass die Landebahn Nordwest stillgelegt werden muss. Das wäre mit Sicherheit die vernünftigere Variante, wenn man an die lärmgeplagte Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet denkt.

(Beifall bei der LINKEN)

Schon beim Terminal 3 haben die GRÜNEN mächtig rumgeeiert. Alle Maßnahmen, die den Bau tatsächlich hätten verhindern können, wurden vermieden. Die schwarz-grüne Stadtregierung Frankfurt hatte die Baugenehmigung schon erteilt, als der grüne Verkehrsminister ankündigte, den Bedarf noch einmal prüfen zu wollen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das war mal!)

Am Schluss kam dabei dann ein – nennen wir es einmal – entschiedenes „Na ja, überlegt es euch noch einmal“ in Richtung Fraport AG heraus, verbunden mit dem Satz des Ministers „Baurecht ist keine Baupflicht“, als ob man einen Bauantrag stellen würde, wenn man nicht vorhätte, etwas zu bauen, und als ob das börsennotierte und gewinnorientierte Unternehmen Fraport AG auf Wachstumsmöglichkeiten verzichten würde, wenn sie ihm erlaubt werden und sie ihren Gewinn damit maximieren können.

Meine Damen und Herren, es ist nicht Aufgabe der Politik, an das Gewissen von Unternehmen zu appellieren, sondern es ist notwendig, als Gesetzgeber klare Grenzen aufzuzeigen. Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass das Land Hessen und die Stadt Frankfurt Mehrheitseigentümer der Fraport AG sind und auch deshalb verpflichtet sind, auf diese Entscheidungen Einfluss zu nehmen und vor allem darauf, dass die lärmgeplagte Bevölkerung mehr Ruhe hat und der Gesundheitsschutz an allererster Stelle steht.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann kam das nächste Placebo: die sogenannten Lärmpausen – also das stundenweise Schließen einzelner Start- und Landebahnen zwischen 10 und 11 Uhr abends und zwischen 5 und 6 Uhr morgens. Dabei wird, wohlgemerkt, nicht weniger gestartet und gelandet, sondern eben nur über andere Bahnen. Wir nannten das daher auch von Anfang an nicht „Lärmpausen“, sondern „Lärmverschiebung“.

Auch die kürzlich vorgelegte wissenschaftliche Evaluierung samt einer repräsentativen Befragung der dortigen Bevölkerung hat Zweifel aufgeworfen. Die Messungen zeigten naturgemäß auf, dass es teilweise leiser, teilweise aber auch lauter geworden ist und dass über 90 % der Befragten durch den Probebetrieb überhaupt keine Verbesserungen wahrnehmen würden.

Nein, hier kann man nicht wirklich von einem Erfolgsmodell sprechen. Der Aufwand und die Inszenierung dieser Landebahnwechselspielchen stehen in keinem Verhältnis zum Ergebnis. Die Lärmverschiebungen rund um den Flughafen bleiben eine Mogelpackung. Sie versuchen Aktionismus gegen Fluglärm zu simulieren, ohne auch nur einen Flieger weniger fliegen zu lassen.

Das ist das, was von Ihren Forderungen nach einem achtstündigen Nachtflugverbot übrig geblieben ist. Übrig geblieben ist die stundenweise Verschiebung von Lärm – aber auch nur, wenn der Wind richtig weht und es keine unvorhergesehenen Ereignisse gibt. Ob die Lärmpausen überhaupt beibehalten werden können, wenn die Zahl der Flugbewegungen steigt, steht sowieso in den Sternen. Des

wegen sagen wir: Es ist eine Mogelpackung und alles andere als ein Erfolgsmodell.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Gerald Kum- mer (SPD))

Die grüne Bundestagsfraktion hat im letzten Jahr einen sehr guten Antrag in den Bundestag eingebracht, der Lärmschutz in den Bundesgesetzen festschreiben und stärken will. Diesen Antrag haben wir in leicht geänderter Form in den Landtag eingebracht.

Herr Minister Al-Wazir, Sie hören immer gern Lob für die GRÜNEN: Das ist wirklich ein gelungener Antrag. Er ist von der Bundestagsfraktion der GRÜNEN. Sie haben vermutlich nicht an ihm mitgearbeitet, aber an der Stelle gibt es wirklich ein Lob für die GRÜNEN. Das ist ein guter Antrag, und deswegen haben wir ihn auch gern in veränderter Form hier eingebracht. Er benennt sehr richtig die Probleme durch den zunehmenden Luftverkehr und fordert grundlegende Änderungen, unter anderem am Luftverkehrsgesetz, am Bundes-Immissionsschutzgesetz und am Fluglärmschutzgesetz; denn diese Regelungen sind zu großen Teilen einfach nicht mehr zeitgemäß.

Gesundheits-, Klima- und Ressourcenschutz mahnen eine Wende im Luftverkehr an. Wenn wir nicht eingreifen, wird es bis 2030 zu einer exorbitanten Steigerung des Flugverkehrs um 65 % kommen. Wir können eine Wende im Luftverkehr stützen, indem die direkten und indirekten Subventionen abgebaut werden. Die Steuerfreiheit von Kerosin ist ein Beispiel. Sie muss abgeschafft werden.

Das sieht auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung so. Er hat im März 2014 ein Sondergutachten vorgelegt und darin festgestellt, dass Fluglärm und Luftverkehr im geltenden Recht in einer nicht mehr zeitgemäßen Weise privilegiert werden.

Der Sachverständigenrat folgert, die gesetzliche Regelung der Fluglärmproblematik im Luftverkehrsrecht sei unterentwickelt. Allein das Wort „unterentwickelt“ zeigt, dass es ein vernichtendes Urteil ist und somit dringender Handlungsbedarf besteht.

Meine Damen und Herren, im Bundestag stellte Ulli Nissen, SPD-Abgeordnete aus Frankfurt, den GRÜNEN eine Frage zur Einbringung dieses Antrags. Sie fragte, warum die GRÜNEN im Bundestag einen Antrag unter dem Titel „Fluglärm … reduzieren“ einbringen, aber dort, wo sie in der Landesregierung sind, nicht entsprechend handeln. Das ist eine gute Frage.