Protokoll der Sitzung vom 13.03.2014

Ich sage Ihnen auch, warum: Mittlerweile ist die EEG-Umlage bei fast 6,5 Cent angelangt. Das heißt, Sie zahlen für

die Umlage mehr als für den eigentlichen Strom, den ein Kraftwerk abgibt und bei dem, was den Preis angeht, der entsprechende Konzern schon die Gewinne abgezogen und für die CO2-Zertifikate bezahlt hat.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

All das hat der Konzern bezahlt, und trotzdem liegt die EEG-Umlage bereits über dem eigentlichen Strompreis. Das ist verantwortungslos. Die einfachen Menschen in diesem Land zahlen das.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Timon Grem- mels (SPD))

In einem System, in dem 23 Milliarden € umverteilt werden, gibt es Interessenlagen. Da geht es nicht mehr um den Klimaschutz, sondern um das Geldverdienen, das Gelddrucken und das Geldumverteilen.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

All das ist völlig aus dem Ruder gelaufen. All das muss unverzüglich beendet werden. Sie müssten, wenn Sie die Energiewende auch unter den Gesichtspunkten des Klimaschutzes sehen, unseren Vorschlägen folgen. Wir brauchen europäische Lösungen, wir brauchen eine Quotenregelung, und wir müssen weg von der Umverteilung von unten nach oben. Nur noch das ist nämlich das Ziel dieses Gesetzes. Technische Entwicklungen – auch das haben wir jetzt von der Bundesregierung gehört – sind durch dieses Gesetz nicht wirklich angestoßen worden.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Frau Dorn, ein bisschen ironisch möchte ich sagen, Sie haben hier aus Geschichten zitiert und auf Märchen verwiesen. Ich finde, zum Teil ist Ihr Beitrag auch aus der Zeit gefallen.

Aber, Frau Dorn, ein bisschen Hoffnung habe ich noch. Wenn ich nach Baden-Württemberg sehe – das ist das Land, in dem Sie regieren –, muss ich sagen: Ich glaube, es gibt kein Flächenbundesland in ganz Deutschland – bei den Stadtstaaten bin ich mir nicht ganz sicher –, in dem weniger Windräder errichtet werden als in Baden-Württemberg. Das ist Ihre persönliche Verantwortung. Von daher hoffe ich für Hessen, dass Sie hier genauso ineffizient sind. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Danke schön. – Als Nächste spricht Frau Wissler, DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vor drei Jahren lösten ein Erdbeben und ein Tsunami die Atomkatastrophe von Fukushima aus. Damit passierte zum zweiten Mal innerhalb von nur 25 Jahren etwas, was – wenn man den Lobbyisten der Atomwirtschaft Glauben schenkt – eigentlich nur alle paar Millionen Jahre passieren dürfte.

Heute ist die Situation in Fukushima immer noch außer Kontrolle. Nach wie vor treten große Mengen an Strahlung aus. Die Folgen für das Grundwasser sind dramatisch.

Weiterhin läuft hoch verstrahltes Wasser ins Meer: 200.000 l verseuchtes Wasser täglich. Etwa 150.000 Menschen werden nicht mehr in ihr Zuhause zurückkehren können. Die gesundheitlichen Langzeitfolgen sind kaum abzuschätzen. Nebenbei: Die Bewältigung dieser Katastrophe hat bisher mindestens 200 Milliarden € gekostet.

Die Katastrophe in Japan und der Druck der Anti-Atomkraft-Bewegung sowie die nahende Landtagswahl in Baden-Württemberg haben damals dazu geführt, dass die Regierung die ältesten AKWs in Deutschland stillgelegt und die gerade beschlossenen Laufzeitverlängerungen zurückgenommen hat. Allerdings muss man feststellen, dass drei Jahre nach Fukushima immer noch neun Atomkraftwerke in Deutschland am Netz sind. Sie produzieren täglich neuen Atommüll.

Dieselben Politiker, die sonst gern von Generationengerechtigkeit sprechen, haben offenbar keinerlei Skrupel, nachkommenden Generationen tonnenweise atomaren Müll zu hinterlassen, der über Hunderttausende von Jahren sicher aufbewahrt werden muss. Deswegen sagen wir: Der verantwortungsvollste Umgang mit Atommüll ist, dass man als Erstes damit aufhört, immer weiter welchen zu produzieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Dank des späten Ausstiegstermins – erst im Jahr 2022 – hat die Atomlobby zudem noch viele Jahre Zeit, erneut um einen Ausstieg aus dem Ausstieg zu kämpfen. Ich teile die Einschätzung von Herrn Gremmels, dass uns eine solche Diskussion in den nächsten Jahren bevorsteht; denn auch der sogenannte Atomausstieg ist eben nicht unumkehrbar. Das ist genau das Problem: Wenn die Energiewende ausgebremst wird, wie wir es leider derzeit auf der Bundesebene erleben, werden wir, befürchte ich, eine Debatte über die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke bekommen.

Deshalb hat DIE LINKE nach Fukushima vorgeschlagen, den Verzicht auf die zivile und die militärische Nutzung der Atomkraft im Grundgesetz festzuschreiben. Das wäre gut und sinnvoll gewesen. Dann wäre der Ausstieg wirklich unumkehrbar gewesen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nötig ist heute der Ausbau der erneuerbaren Energien; denn sie sind klimafreundlich, praktisch überall verfügbar und verursachen keine hohen Folgekosten. Die Alternative zur Atomkraft ist nicht die klimaschädliche Kohlekraft. Es hilft nicht, die eine Risikotechnologie durch die andere zu ersetzen. Deswegen lehnen wir auch das Fracking ab. Wir wollen nicht, dass es in Hessen oder sonst wo eingesetzt wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber wenn man sich anschaut, wie es um die Energiewende in Hessen steht, ist das leider wenig erfreulich. Jahrelang hat die schwarz-gelbe Landesregierung die Energiewende verschleppt und blockiert. Auch der neue, schwarzgrüne Koalitionsvertrag macht nicht allzu viel Hoffnung, dass sich das grundlegend ändern wird.

Was die Ziele angeht, haben sich die GRÜNEN der CDU bereits angepasst. Die CDU hat im Wahlkampf erklärt: 100 % erneuerbare Energien in Hessen bis zum Jahr 2050. Die GRÜNEN haben im Wahlkampf noch von dem Jahr 2030 als Ziel gesprochen. Der Kompromiss aus den Zielen

2030 und 2050 ist – das kann man im Koalitionsvertrag nachlesen – das Jahr 2050. Auch die konkreten Schritte in dieser Legislaturperiode bleiben unklar.

Für uns ist die Energiewende mehr als der Austausch eines Energieträgers. Hermann Scheer hat geschrieben, dass es in den politischen Auseinandersetzungen um die Energiewende „nur vordergründig um das Pro und Contra zu erneuerbaren Energien, im Kern doch stets um die Strukturen der Energieversorgung und die Verfügungsgewalt darüber“ gehe. Das sehen wir auch so. Deswegen muss die Ära des Strom-Oligopols der Großkraftwerksbetreiber mit der Ära des fossil-atomaren Zeitalters enden.

(Beifall bei der LINKEN)

Was wir brauchen, ist eine Dezentralisierung und Demokratisierung der Energiewirtschaft; sie muss Bestandteil öffentlicher Daseinsvorsorge sein. Wir brauchen eine stärkere Rolle der Stadtwerke; und wir brauchen eine stärkere Bevorzugung von Bürgergenossenschaften, weil die Erträge aus der Stromerzeugung dann den Menschen vor Ort, in der Region, zugutekommen. Das wird auch dazu beitragen, die viel beschworene Akzeptanz der Energiewende zu steigern.

Was wir nicht brauchen, ist eine Privilegierung von Großprojekten wie Offshore-Windparks, weil die nur dazu geeignet sind, die bisherigen zentralistischen Strukturen zu erhalten. Ich will noch einmal sagen, dass wir auch dem Mythos des teuren Stroms durch die Energiewende entgegentreten müssen. Herr Rock, ich finde, gerade angesichts der Milliardensubventionen, die in die Atomkraft gesteckt wurden, ist es wirklich ein schlechter Witz, wenn Sie jetzt die EEG-Umlage anführen. Schauen Sie sich an, was in Fukushima passiert ist. Angesichts derartiger Folgekosten ist es wirklich ein Witz, von teurer Windenergie oder Solarenergie zu sprechen.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Kollegin, die Redezeit ist abgelaufen.

Frau Präsidentin, vielen Dank. Ich komme zum Schluss. – Ich denke, Fukushima mahnt uns alle, die Energiewende in Hessen und in Deutschland endlich umzusetzen und uns dazu nicht nur in Sonntagsreden zu bekennen. – Vielen Dank.

Danke schön. – Das Wort hat Herr Kollege Stephan, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Es war ein Freitagmorgen am 11.03.2011, als um 7:11 Uhr die ersten Bilder aus Japan bei uns über die Bildschirme flimmerten. Ab diesem Moment, elf Minuten nachdem diese TsunamiWelle Japan erreicht hatte, wurden wir mit einer 14-tägigen Liveberichterstattung über diese Katastrophe informiert. Es begann mit einer Flutwelle, und es endete mit der Strahlenkatastrophe, deren Folgen Frau Dorn dargestellt

hat. Daher sollten wir auch der Opfer gedenken, die diese Katastrophe in Japan gefordert hat.

Heute gilt es, aber auch Rückblick zu halten und zu fragen, was denn seit diesem Zeitpunkt bezüglich der Energieversorgung bei uns passiert ist; und wir sollten einen Ausblick geben, was wir denn in Hessen noch zu tun haben und tun wollen. Wir haben damals den beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen – allgemein anerkannt, über alle Parteien hinweg. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass die verschiedenen Parteien hierzu unterschiedliche Vergangenheiten haben, unterschiedliche Vergangenheiten bezüglich der Kernenergie und der Dauer der Nutzung der Kernenergie hier bei uns.

(Timon Gremmels (SPD): Die einen haben etwas länger gebraucht!)

Wir können heute, 2014, feststellen, dass die sofortige Abschaltung von acht Reaktoren im Jahr 2011 die Versorgung von Haushalten und der Industrie nicht gefährdet hat, auch wenn wir wissen, dass es manchmal kritische Momente zu überwinden galt. Wir müssen aber auch feststellen, dass die Energieversorgung teurer geworden ist. Die Umlagen, der Ausbau von Stromleitungen, das Vorhalten nicht ausgelasteter konventioneller Kapazitäten und der Schutz unserer Industrie vor zu hohen Strompreisen sind alles Faktoren, die die Energie, den Strom, bei uns verteuern.

(Norbert Schmitt (SPD): Gas ist auch teurer geworden!)

Aber, das sage ich auch dazu, Herr Schmitt: nicht in dem Maße wie andere Energieträger, die wir im Ausland einkaufen, verteuert worden sind.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen also an dem Weg zur Energiewende Korrekturen vornehmen. Die steigenden Kosten sind erkannt, das Thema der mangelnden Koordination, sowohl national als auch international, ist erkannt, und die Weichenstellungen dazu sind eingeleitet. Sie sind eingeleitet, damit die Energieversorgung bei uns auch weiterhin sicher, sauber, bezahlbar und vor allem akzeptiert ist. Hessen wird seinen Einfluss auf die momentan diskutierten Neuregelungen zum EEG in Berlin geltend machen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wo stehen wir in Hessen? – Wir haben in Hessen mit dem Hessischen Energiegipfel einen beispielhaften Start hingelegt. Alle gesellschaftlichen Kräfte waren einbezogen. Es gibt ein Konsenspapier, das zumindest vier Parteien und fast alle gesellschaftlichen Gruppen unterschrieben haben. Ich stelle auch hier fest: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die CDU waren die tragenden Kräfte dieses Energiegipfels, und sie sind es auch heute noch.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Informieren, beraten und fördern, das sind die wesentlichen Schritte. Akzeptanzkampagnen sind von Anfang an wichtig, und sie sind in Zukunft wichtig.

(Timon Gremmels (SPD): Die GRÜNEN haben von Anfang an genauso viel gefordert wie wir!)

Die Ziele sind dargestellt. Frau Wissler, der Energiegipfel hat die Versorgung mit möglichst 100 % regenerativen Energien im Jahre 2050 festgeschrieben und keine Partei.

Es sind ehrgeizige Ziele – ebenso das Ziel, die Produktion regenerativen Stroms in Hessen in fünf Jahren zu verdoppeln. Aber es sind aus unserer Sicht realistische Ziele. Wir müssen daran denken, den Strom für die Industrie und die Haushalte auch weiterhin bezahlbar bereitzustellen. Wir investieren aus dem Landeshaushalt in Hessen auch viel Geld in die Forschung, vor allem für die Speicherung und die Umwandlung von Strom in Gas. Wir werden uns in Hessen als Koalition dafür einsetzen, dass die Stromleitungen, die notwendig sind, gebaut werden können. Wir werden dazu auch eine Fachleuteanhörung durchführen.

Die beste Energie, die wir haben, ist die Energie, die nicht verbraucht wird. Aus diesem Grunde sind auch hier Forschungsmittel verfügbar. Aus diesem Grunde werden auch die gesamten hessischen Landesimmobilien entsprechend saniert, damit wir dort möglichst wenig Energie zum Heizen und möglichst wenig Strom verbrauchen. Wir fordern aber auch weitere Förderungen, gerade des Energieeinsparens und der Energieeffizienz, in Berlin, ob es nun steuerliche Erleichterungen oder zusätzliche Mittel sind. Das ist wichtig, und das muss bundesweit geregelt werden.