Wir wollen außerdem eine ganzheitliche Energiewende. Auch das hat sich die Koalition zum Maßstab gesetzt. Wir wollen den Energiegipfel im Bereich Verkehr weiterführen, also eine wirklich ganzheitliche Energiewende voranbringen. Das ist ein sehr ehrgeiziger Plan, aber ich freue mich sehr, dass die Koalition hier entschlossen gemeinsam vorangeht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)
Nichts von dem, was wir uns im Koalitionsvertrag vorgenommen haben und was wir teilweise schon umsetzen, ist lapidar. Jeder einzelne Windpark ist eine Herausforderung, der eine mehr, der andere weniger. Ich danke der gesamten Landesregierung, allen voran Minister Al-Wazir, für das Engagement, das teilweise schon bewiesen wurde, um Windparkprojekte umzusetzen und schnell handlungsfähig zu sein. Es weht ein wohltuender frischer Wind im Wirtschaftsministerium. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass noch vor wenigen Monaten der damalige Wirtschaftsminister Florian Rentsch, in Wahlkampfzeiten rasend, am liebsten jedes Windkraftprojekt zerstören wollte. Aus ihm ist jetzt ein Don Quichotte geworden, und endlich weht ein frischer Wind durch das Wirtschaftsministerium.
Wir wollen unsere Ziele in der schwarz-grünen Koalition realisieren. Dafür brauchen wir aber Rückenwind. Im Moment bekommen wir von der Bundesseite eher Gegenwind. Bundesminister Gabriel muss ganz dringend seine Pläne für das Erneuerbare-Energien-Gesetz überarbeiten. Investitionen in die Energiewende, die bei uns in Hessen und in Deutschland schon getätigt worden sind, dürfen nicht gefährdet werden. Wir wollen, dass die Wirtschaft, die Kommunen, die Energieversorger weiterhin an heimischen Standorten investieren können, dass sich auch unsere Windkraftanlagenstandorte weiterhin lohnen. Deswegen hoffen wir sehr, dass sich Bundesminister Sigmar Gabriel endlich bewegt. Im Moment sind wir enttäuscht, dass es noch nicht danach ausschaut, aber wir geben ihm natürlich die Chance – –
Ich komme zum Schluss. – Er sollte nicht als Stallmeister Sancho Panza von Rösler und Rentsch enden. Er sollte auf das richtige Pferd setzen – wie wir. Nach den Vorgängen in Fukushima können wir nämlich eines gewinnen: die Energiewende. Das ist eine ganze Menge.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der dritte Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Fukushima sollte uns allen eine Mahnung sein, dass die Atomkraft eine nicht beherrschbare Form der Energie ist und dass die Alternative dazu nur der Ausbau der erneuerbaren Energien sein kann.
Leider ist Hessen bei der Energiewende seit drei Jahren noch nicht wirklich vorangekommen. Gerade beim Thema Biblis finden wir ein Desaster vor. Die rechtswidrige Abschaltung des Atomkraftwerkes in Südhessen wird uns heute ja noch beschäftigen. Aber auch der Rückbau des Atomkraftwerkes – damit ist noch nicht begonnen worden – und die Zwischen- und Endlagerfrage stehen noch im Raum. Die Auswirkungen der Atomkraftnutzung in Hessen werden uns also auch die nächsten Jahre – und sogar die nächsten Generationen – begleiten, und sie werden uns vor allem jede Menge Geld kosten.
Beim Einsatz der erneuerbaren Energien belegt Hessen unter den bundesdeutschen Ländern immer noch den Schluss
platz. 12,5 % beträgt der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Hessen. Liebe Angela Dorn, deshalb sage ich, ich halte es für nicht sehr ehrgeizig, diesen Anteil auf 25 % zu verdoppeln. Dann hätten wir zwar den gegenwärtigen Bundesdurchschnitt erreicht, der wird aber in diesen fünf Jahren wieder gestiegen sein.
Zum anderen fehlt das auf dem Hessischen Energiegipfel geforderte Werben für die Akzeptanz der Windkraft. Wir haben auf dem Energiegipfel gesagt, die Schaffung von Akzeptanz ist der Schlüssel. Ich habe diese Bemühungen bei Frau Puttrich vermisst und setze etwas mehr Hoffnung in die neue Landesregierung, dass man auch in konkreten Konfliktfällen, wie z. B. im Taunus, im Reinhardswald oder in Neu-Anspach bei Herrn Bellino
der, wie ich heute gelesen habe, beim Thema Windkraft bei sich vor Ort die Segel gestrichen hat –, Akzeptanzkampagnen, -projekte und weitere Formen der Unterstützung auf den Markt bringt. Ich finde, die Landespolitik muss auch vor Ort gehen. Ich erwarte, dass der Wirtschaftsminister auch dort für die Windkraft wirbt und nicht nur hier im Landtag Reden schwingt. Solche Mediationsangebote brauchen wir ganz dringend.
Was wird von der dreijährigen Ära – wenn man überhaupt von einer Ära sprechen kann – von Frau Puttrich als Umwelt- und Energieministerin in Erinnerung bleiben? Ich sage Ihnen: nicht sehr viel.
Vielleicht der Untersuchungsausschuss. – Mehr als das Energiezukunftsgesetz, von dem heute keiner mehr spricht, ist nicht übrig geblieben; denn den Landesentwicklungsplan, der das 2-%-Ziel vorangebracht hat, hat nicht Frau Puttrich, sondern das Wirtschaftsministerium zu verantworten. Es ist also eine sehr magere, eine sehr dürftige Bilanz, die wir hier vorfinden.
Wenn man einmal in den schwarz-grünen Koalitionsvertrag schaut, dann sieht man, dass dort zum Thema Fotovoltaik kein einziger Satz steht. Dieses Thema spielt aber eine Schlüsselrolle in der Energiewende. Wir müssen doch den Mix aus erneuerbaren Energien voranbringen. Dazu gehören Windkraft, Biomasse und natürlich auch Fotovoltaik. Gerade wenn man bedenkt, dass in Nordhessen Tausende von Arbeitsplätzen an diesem Industriezweig hängen, finde ich es sehr dürftig, dass die neue Koalition in ihrem Koalitionsvertrag nicht einen einzigen Satz dazu verloren hat.
Ich sage Ihnen deutlich: Es gibt keine Alternative zur Energiewende. Die Energiewende ist die Antwort. Sie rechnet sich auch volkswirtschaftlich. Es gibt eine Studie des Stiftungsverbunds cdw, wenige Tage alt, in der ausgerechnet wird, dass in Nordhessen 27 % des Stroms schon aus erneuerbaren Energien kommen – vor Ort produziert von Bürgerinnen und Bürgern, von Bürgerenergiegenossenschaften, von Stadtwerken. Das ist eine wirkliche Energiewende: dezentral und mit Wertschöpfung vor Ort.
In dieser Studie ist auch herausgearbeitet worden, dass allein im Jahre 2012 Wertschöpfung im Umfang von 122 Millionen € in der Region Nordhessen gehoben worden ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Energiewende ist also ein ganz entscheidender Wirtschaftsfaktor für die Zukunft unseres Landes, weil sie uns auch von fossilen Energieträgern unabhängig macht, die wir importieren müssen. Der aktuelle Konflikt zwischen der Ukraine und Russland macht es notwendig, dass wir uns auch von russischem Gas unabhängig machen. Wir brauchen als Antwort darauf eine Energiewende vor Ort.
Über das Thema EEG haben wir schon im letzten Plenum diskutiert. Für uns ist ganz klar: Die Richtschnur bei der Novellierung des EEG muss sein, dass der Vorrang der erneuerbaren Energien fest eingeplant ist, dass wir eine feste, aber sinkende Einspeisevergütung haben. Unser Maßstab ist, dass auch mit dem neuen EEG die Ausbauziele für die Windkraft in Hessen umgesetzt werden. Dafür kämpfen wir in Berlin. Wenn Sie Ihre Möglichkeiten im Bundesrat nutzen, dann ziehen wir an einem Strang.
Lassen Sie mich abschließend einen Satz in Richtung von Herrn Seehofer sagen. Herr Seehofer bekämpft zum einen das HGÜ-Netz und zum anderen den Abstand von 2.000 m für die Windkraftanlagen. Ich sage Ihnen – darauf würde ich eine gute Flasche Wein verwetten –, der nächste Schritt, den der Unionskollege aus Bayern macht, wird darin bestehen, die Laufzeitverlängerung für das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld zu fordern. Darauf wette ich. Das müssen wir am Jahrestag von Fukushima verhindern. Die Atomkraft ist keine Antwort – auf keine der Fragen der Energiepolitik.
Das war wieder einmal ein ziemlich langer Satz. Vielen Dank. – Als Nächster hat der Abg. Rock, FDP-Fraktion, das Wort.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte dem zustimmen, was Herr Gremmels gestern gesagt hat, nicht dem, was er heute gesagt hat. Herr Gremmels, Sie haben gestern gesagt, wenn sich die Landesregierung das Thema „Energiewende in Hessen“ so sehr auf die Fahne schreibt, hätte sie am Dienstag eine sinnvolle Regierungserklärung dazu abgeben können, statt einfach einen Gesetzentwurf einzubringen.
Zu sagen: „Ich rede in der Aktuellen Stunde einmal über ein Thema, das uns so wichtig ist“ – das müssen Sie selbst einschätzen –, zeigt auch ein bisschen, welchen Stellenwert Sie der ganzen Angelegenheit beimessen.
Es kann sein, dass Sie jetzt – zu Recht – fragen: Was hat sich durch Fukushima geändert? Was war das Entscheidende an dieser Katastrophe in Fukushima? – Ich glaube, in Deutschland gab es viele Menschen, die schon vorher Angst vor der Atomkraft hatten. Viele Menschen haben
aber auch gedacht, die Atomkraft sei technisch beherrschbar. Das sei ein Risiko, das man nach menschlichem Ermessen eingehen könne.
Die Katastrophe von Fukushima hat bei vielen Menschen, die so gedacht haben, ein Umdenken bewirkt. Plötzlich, als man die Katastrophe vor Augen hatte, hat man Ängste verspürt, die man früher nicht hatte. Das ist nicht in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion oder in einem aus unserer Sicht technisch nicht so weit entwickelten Land passiert, sondern in einem Land, das mindestens die gleichen technischen Standards und technologischen Möglichkeiten hat wie wir.
Herr Gremmels, diese Angst hat sich Bahn gebrochen und politische Entscheidungen nach sich gezogen, die aus meiner Sicht unumstößlich sind und die aus meiner Sicht kein Ministerpräsident in der Bundesrepublik Deutschland noch einmal anzugreifen versuchen wird, auch ein Herr Seehofer nicht.
Aber eines hat uns das gelehrt, nämlich die maximale Transparenz im Umgang mit dieser Technologie. Darum kann ich nur noch einmal auf die Debatte von gestern verweisen: Diese Landesregierung, aber auch die sie tragenden Fraktionen tun sich keinen Gefallen, wenn sie die maximale Information nur beim Betrieb von Kernkraftwerken und nicht auch bei deren Rückbau sowie bei der gesamten Abwicklung der Atomkraft einfordern.
Ich kann Sie nur auffordern, auch hier klare Kante zu zeigen und sich nicht hinter gesetzlichen Vorgaben zu verstecken.
Dann kommen wir natürlich auch immer auf das Thema Rechtssicherheit zu sprechen. Aber womöglich reden wir an anderer Stelle noch einmal darüber. Ich will Ihnen noch einmal ganz dringend etwas ans Herz legen. Ganz dringend ans Herz legen möchte ich Ihnen, dass Sie, wenn Sie über die Energiewende sprechen und damit nicht nur den Ausstieg aus der Atomenergie meinen, sondern auch den Klimaschutz, noch einmal über die Instrumente nachdenken, mit denen Sie Ihre Ziele erreichen wollen.
Das Instrument, das Sie heute als das zentrale ansehen – Herr Gabriel ist am Nachdenken –, nämlich das EEG, muss abgeschafft werden. Das muss unverzüglich beendet werden.
Es ist keine Frage, dass die Energiewende, wenn das EEG weiterhin das Hauptinstrument zu ihrer Umsetzung sein soll, scheitern wird. Jeder, der sich aus ideologischen oder sonstigen Gründen darauf versteift hat, das fortzuführen, wird am Ende die Verantwortung für das Scheitern tragen. Wenn das Scheitern dann offensichtlich ist, will es, wie das oft ist, keiner gewesen sein.
Ich sage Ihnen auch, warum: Mittlerweile ist die EEG-Umlage bei fast 6,5 Cent angelangt. Das heißt, Sie zahlen für