Nahrung-Genuss-Gaststätten war es auch. Aber IG Metall und IG Chemie waren strikt dagegen, weil sie Angst um die Tarifautonomie hatten. Das ist einer der Gründe, warum der Mindestlohn damals nicht gekommen ist. Diesen Fehler haben wir jetzt nachträglich korrigiert.
Das gehört zur Wahrheit eben auch dazu. Und zur Wahrheit gehört auch, wenn man sozusagen an dieser Stelle recht hatte, dass die sonstigen wirtschaftspolitischen Vorstellungen, die Sie so äußern, nicht immer das Gelbe vom Ei sind. Sie werden ja in Frankreich seit ein paar Jahren jetzt durchgesetzt. Das Ergebnis ist nicht gerade überzeugend, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir sprechen also darüber, dass wir einen Mindestlohn haben und dass wir froh darüber sind, dass wir ihn haben. Wir sind auch froh, dass er keine negativen, sondern eher positive Auswirkungen hatte.
An dieser Stelle danke für den Zwischenruf, Herr Kollege Schaus. – Sie müssen jetzt aufpassen, dass Sie das, was die FDP sozusagen immer noch vor sich herträgt, weil sie die positiven Auswirkungen gar nicht sehen wollen, nachträglich nicht noch legitimieren. Wir dürfen keinen Lohn haben, bei dem es am Ende politisch heißt: „Darf es gern noch etwas mehr sein?“
Es gibt gute Gründe, warum es nach dem Vorbild der Low Pay Commission in Großbritannien eine Kommission gibt, wo sowohl die Gewerkschaften als auch die Arbeitgeber vertreten sind und wo man das überprüfen kann.
Natürlich wird man ihn anheben müssen, wenn sich die allgemeine Teuerungsrate und das Lohnniveau insgesamt verändern. Aber wenn man einen politischen Mindestlohn hat, der quasi nur noch im Parlament festgelegt wird, ohne die Frage zu klären, was er für Auswirkungen hat, dann wäre es falsch. Es ist gut, dass es eine solche Kommission gibt, die sich fachlich mit dieser Frage beschäftigt.
Aber wir müssen natürlich auch zusehen, dass der Mindestlohn durchgesetzt wird. Jetzt kommen wir einmal zu dem Punkt, der auch in dem Antrag enthalten ist und die Frage betrifft, was eigentlich auf hessischen Baustellen los ist. Es gibt einen enormen Preisdruck. Das gilt nicht im Besonderen nur für die öffentlichen Baustellen. Das gilt vor allem für die Baustellen von privaten Bauherren. Ich will ausdrücklich sagen, dass dieser Preiskampf nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgetragen werden kann und dass wir ein Interesse daran haben, dass die Einhaltung des Mindestlohns bzw. des Tarifs, der auf Baustellen gilt – Stichwort: Entsendegesetz –, auch durchgesetzt wird.
Der Kollege Decker hat ja eine Neuerung in die parlamentarische Debatte hier eingeführt; er hat nämlich schon eine zweite Runde angekündigt, bevor ich den ersten Ton gesagt habe, was eigentlich, wie ich die Geschäftsordnung verstanden habe, eine Reaktion auf die Regierung sein sollte – aber geschenkt. Frau Barth, deswegen sage ich sozusagen präventiv: Wir wären ganz falsch beraten, wenn wir jetzt neben der eigentlich zuständigen Bundeszollverwaltung und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit eine zweite Landesstruktur einführen würden. Das wäre aus meiner Sicht ganz falsch, und das würde für zusätzliche Bürokratie und ein zusätzliches Durcheinander sorgen.
Wir müssen alle gemeinsam dafür kämpfen, dass der Zoll seiner Verantwortung nachkommt und dass die Kontrollen durchgeführt werden, von denen, die dafür zuständig sind und die übrigens auch polizeiliche Befugnisse haben, die eine Landesbehörde niemals haben könnte. Auch das ist in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen.
Ich will deshalb ausdrücklich sagen: Ja, wir sind dafür, dass dort die Zuständigen dafür sorgen, dass die Regeln eingehalten werden. Ich bin ausdrücklich dafür, dass der Bund an dieser Stelle seiner Verantwortung nachkommt. Ich fände es aber ganz falsch, wenn wir an dieser Stelle die Zuständigkeiten für die Umsetzung der Gesetze vermischen würden. Das führt am Ende dazu, dass wir eher weniger anstatt mehr Durchsetzungsfähigkeit haben.
Ein Punkt, weil er auch immer wieder genannt wird – auch das sozusagen präventiv, Frau Barth –: Alle Bundesländer
machen das so, bis auf eines. Das ist Hamburg. Ich habe mich in dieser Frage einmal mit der Sache beschäftigt und habe eine Kleine Anfrage an den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg gefunden. Das sind die aktuellsten Zahlen, die wir gefunden haben: 2012 haben sage und schreibe 448 Kontrollen stattgefunden, übrigens mit dem Ergebnis: kein einziger Verstoß. Ich komme am Ende zu dem Schluss: Ob das wirklich so wirksam ist, daran mache ich einmal ein großes Fragezeichen.
Ich will einen weiteren Punkt nennen, der mir wichtig ist – Stichwort: Durchsetzung dessen, was wir beschlossen haben. Das Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz ist gut. Das Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz sorgt dafür, dass am Ende auch umgesetzt wird. Wir haben dort Kontrollmöglichkeiten – die Kontrollmöglichkeiten des Auftraggebers, der das Recht hat, sich vom Auftragnehmer alles vorlegen zu lassen. Wir haben die VOB-Stellen, die bewährt sind.
Übrigens: Aus meiner Sicht ist der beste Kontrolleur immer noch der Konkurrent; der schaut nämlich im Zweifel genau, was der andere macht, wie der andere vielleicht zum Zuschlag gekommen ist und ob der andere vielleicht unlautere Mittel eingesetzt hat. Da will ich auch ausdrücklich sagen, dass ich die Menschen ermutige, sich an die zuständigen Stellen zu wenden, wenn sie einen solchen Verdacht haben.
Frau Barth, es gibt auch bei der Personalausstattung bezüglich der VOB-Stellen kein Problem, weil wir keinen Stau unerledigter Punkte haben, sondern wir erleben zeitnah ein Abarbeiten an dieser Stelle. Wenn wir zu wenig Personal hätten, müsste es einen Stau unerledigter Fälle geben. Das gibt es nicht. An dieser Stelle gibt es keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf.
Wo wir Handlungsbedarf haben – das ist auf jeden Fall so –, ist bei der Frage, wie wir Menschen in die Lage versetzen, ihre Rechte wahrzunehmen. An dieser Stelle – Herr Kollege Bocklet hat es angesprochen – will ich ausdrücklich sagen, es war richtig, dass die Landesregierung durch das Sozialministerium die Beratungsstelle „Faire Mobilität“ gefördert hat, die sich gerade an diejenigen Arbeiter, die auf den Baustellen arbeiten, in der Landessprache wendet. Wir haben in Hessen jetzt Ansprechpartner, die das in den Muttersprachen Polnisch, Rumänisch und Bulgarisch machen.
Manchmal geht es nämlich schlicht darum, nicht neue Rechte zu schaffen, sondern dafür zu sorgen, dass die Menschen von ihren Rechten erfahren, und ihnen dann dabei zu helfen, sie durchzusetzen. An dieser Stelle sind wir auf einem guten Weg.
Ich glaube, dass wir dazu beitragen können, wenn wir nicht die Debatten von vor zehn Jahren führen, sondern uns über die Frage Gedanken machen, wie es in der Zukunft möglich ist, dass wir faire Bedingungen sowohl auf dem Arbeitsmarkt insgesamt als auch ganz besonders im Bausektor durchsetzen können. Ich glaube, dass wir mit unserem Vergabe- und Tariftreuegesetz dazu beigetragen haben, dass wir auch an dieser Stelle die Bedingungen verbessern können. Wenn wir das in zwei Jahren evaluieren, da bin ich sicher, werden das auch diejenigen so sehen, die vor einem Jahr noch dagegen gestimmt haben. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Staatsminister Al-Wazir, da ich irgendwie schon ein bisschen geahnt habe, was Sie sagen,
konnte ich auch schon vor Ihrer Rede meinen Beitrag anmelden. Ich denke, der Punkt der Kontrolle des Vergabegesetzes verdient doch noch einmal eine besondere Betrachtung. Warum stellen wir heute erneut einen Antrag? – Wir haben Ende des letzten Jahres eine Anfrage darüber gestellt, wer in Hessen überhaupt mit der Kontrolle öffentlicher Aufträge betraut ist, wie viele Stellen das sind und wie oft kontrolliert und beanstandet wurde.
Das Ergebnis war für uns niederschmetternd: gerade eine Handvoll Sacharbeiterstellen – hier einer mit 10 %, dort einer mit 20 % – leisten, alles zusammengezählt, in Hessen im Bereich der VOB diese Aufgabe. Die Zahl der untersuchten Vergaben war minimal. Bei der Oberfinanzdirektion gab es zehn Vergabeüberprüfungen in den letzten drei Jahren.
Keine Fallzahlen konnte uns Hessen Mobil nennen, und bei den drei Regierungspräsidien – wobei in einem derzeit eine Stelle unbesetzt ist –: gerade einmal 150 Kontrollen im Jahr.
Herr Arnold, gerade einmal 23 Unternehmen sind hessenweit auf der Sperrliste für öffentliche Aufträge. Ich glaube, in den letzten zwei Jahren sind drei hinzugekommen. Es ist ja nicht so, dass Sie gar nicht kontrollieren, auch wenn Sie heute plötzlich sagen, dass Sie nicht zuständig sind.
Aber glauben Sie bei der Zahl an Aufträgen, die hessenweit jährlich vergeben werden, wirklich, dass das eine angemessene Kontrolldichte ist?
Meine Damen und Herren, das wäre, als ob wir in Hessen insgesamt vielleicht fünf Blitzgeräte für Geschwindigkeitskontrollen aufstellen.
(Heiterkeit des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das würde sich der eine oder andere wünschen!)
Herr Staatsminister Al-Wazir, das zeigt aber auch: Ihre Argumentation, es sei ausreichend, nur bei Beschwerden unterlegener Bieter zu kontrollieren – Sie haben damals gesagt, der Markt kontrolliert –, hat sich nicht bewahrheitet. Fazit: Wer betrügen will, hat vor allem in Hessen die besten Möglichkeiten. Das sagen auch die Gewerkschaften.
Dass in Hessen, wie wir durch Statistiken der SOKA-BAU jetzt wissen, die niedrigsten Durchschnittsstundenlöhne aller westdeutschen Flächenländer gezahlt werden, obwohl
Aber auch diese Tatsache beirrt Sie nicht im Geringsten. Die neueste Argumentation, Sie wollen keine Doppelstrukturen aufbauen, war in der Presse zu lesen. Wie gesagt, als Sie das Gesetz verabschiedet haben, haben Sie noch gesagt, der Markt kontrolliert. Jetzt, wo es nicht funktioniert, sagen Sie, Sie sind nicht zuständig, das muss allein der Zoll machen. – Falsch, meine Damen und Herren.
Das passiert nicht nur in Hamburg, sondern auch im kleinen Bremen, wo allein – warten Sie, ich habe es aufgeschrieben – über 100 Kontrollen pro Jahr durchgeführt werden. In 17 % aller Fälle werden Vertragsverletzungen vorgefunden – eine Quote, die zeigt, dass es sich lohnt nachzuschauen.