Vielen Dank, Herr Kollege Bellino. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende dieser Debatte. Diese Aktuelle Stunde ist damit abgehandelt.
Beschlussempfehlungen der Ausschüsse zu Petitionen, hier: Petitionen Nr. 2061/19 und 2236/19 – Drucks. 19/3274 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Es hat sich der Kollege Greilich von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gehe davon aus, es wird jetzt ein bisschen ruhiger – auch wenn dieses Thema in der Sache etwas mehr Gehalt hat. Wir beschäftigen uns jetzt mit zwei Petitionen: einer Einzeleingabe – ich habe gehört, die Petentin ist auch hier, um dieser Debatte zu folgen –, außerdem einer Sammelpetition mit ca. 30.000 Unterzeichnern. Es sind einige Vertreter dieser Unterzeichner hier, unter anderem von der Landesschülervertretung, dem Landeselternbeirat, der GEW.
Es waren sehr viele, die sich daran beteiligt haben, 30.000. Es geht um Änderungen in der Lehrerzuweisung für die Grundschule und die gymnasiale Oberstufe. Der wesentliche Inhalt der Petitionen ist die Forderung nach Rücknahme der Kürzungen und Rückkehr zu der in der vergangenen Legislaturperiode geschaffenen 105-prozentigen Lehrerversorgung.
Als Grund für diese Forderungen wird zu Recht angegeben, dass diese Kürzung zu einem verschlechterten Bildungsangebot führt und dass unterschiedliche Bereiche – nämlich Inklusion und Ganztagsbetreuung – auf diese Weise durch die Koalition gegen die gymnasiale Bildung ausgespielt werden.
Meine Damen und Herren, ich will das hier einmal hervorheben: Es ist ein ziemlich einmaliger Vorgang, dass 30.000 Bürgerinnen und Bürger ihre berechtigten Bedenken gegen die Politik der schwarz-grünen Landesregierung vortragen.
Der Koalition fiel nach kürzestdenkbarer Beratung im Kulturpolitischen Ausschuss nichts anderes ein als die mit Mehrheit gegen die versammelte Opposition verabschiedete Doppelbescheidung nach Sach- und Rechtslage, auf Deutsch also Zurückweisung der Petitionen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist Arroganz der Macht,
nach dem Motto: Was kümmern uns die Bedenken? Für uns gelten nur unsere Verabredungen. Mehrheit ist Wahrheit.
Wir haben es nicht hingenommen, dass diese Entscheidungen in den Beschlussempfehlungen für Petitionen klammheimlich hier durchgewunken werden, sondern wir haben das heute hier auf die Tagesordnung gesetzt – und ich muss sagen, ich finde es schon schön, dass das Wirkung gezeigt hat.
Der Kultusminister lacht schon. Ein Schalk, wer meint, es sei ein Zufall gewesen, dass gerade gestern diese Pressekonferenz stattgefunden hat.
(Beifall bei der FDP und des Abg. Timon Gremmels (SPD) – Florian Rentsch (FDP): Besser spät als nie!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es lohnt sich aber natürlich, sich einmal anzuschauen, was denn da eigentlich verkündet worden ist. Verkündet wurde, dass die noch nicht vollzogenen Kürzungen – also weitere Kürzungen um nochmals 80 und dann nochmals 75 Stellen, um weitere 155 Stellen – nicht umgesetzt werden sollen. Was aber bleibt, das ist die erste Phase der Stellenkürzungen. Das waren schon einmal 160 und 150, insgesamt also 310 Lehrerstellen, die entzogen worden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, das, was Sie hier machen und jetzt als tolle Tat verkünden, ist schlichtweg halbherzig, weil zwar die vorhandenen Stellen bleiben, aber die nicht zurückgegeben werden, die Sie schon genommen haben.
Das heißt auch, dass diese Petitionen nicht erledigt sind. Es bleibt bei deren Forderung, den vollendeten Stellendiebstahl rückgängig zu machen und diese Stellen an die Schulen zurückzugeben.
Herr Kultusminister, ich will auch etwas zum Verfahren sagen. In der Vergangenheit haben Sie uns immer gesagt, Sie wollen Gespräche führen und dabei evaluieren, was denn tatsächlich an Auswirkungen vor Ort spürbar sei.
Erste Erkenntnis, die man daraus ziehen sollte: Es empfiehlt sich – das hätte man auch schon in der Vergangenheit lernen können –, Gespräche zu führen, bevor man irgendwelche Maßnahmen umsetzt.
Sie haben uns alle um sehr viele wertvolle Stunden unserer Lebenszeit gebracht – uns und all die anderen Beteiligten: mit dem Bildungsgipfel, der als reine Schwatzbude entlarvt worden ist und bei dem nichts herausgekommen ist. Das war einfach Beschäftigungstherapie.
Bei der Lehrerstellenkürzung haben Sie uns vorgeführt, worum es Ihnen geht: Sie entscheiden nicht im Hinterzimmer – das haben wir hier schon häufiger gehört –, sondern in den Besprechungen in der Dienstvilla des Ministerpräsidenten. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ob Dienstvilla oder Hinterzimmer – das macht es im Ergebnis nicht besser. Sie entscheiden einfach so, wie Sie das für richtig halten, ohne die Betroffenen zu fragen.
Der zweite Punkt. Herr Minister, Sie haben uns immer gesagt, nach den Ergebnissen werden Sie individuell prüfen, wo es vielleicht Nachsteuerungsbedarf gibt, wo man etwas tun muss.
„Abmilderung von Härten“ hieß es. Was Sie jetzt geboten haben, ist etwas völlig anderes. Sie nehmen keine individuellen Prüfungen, keine individuelle Abmilderung von Härten vor, sondern Sie nehmen einfach pauschal die zweite Hälfte Ihrer Kürzungspläne zurück.
In einer solchen Situation solch halbherzige Reaktionen zu zeigen, das zeugt nun wirklich nicht von Größe. Ich habe eine gewisse Befürchtung, was in einem anderen Bereich auf uns zukommt. Das betrifft einige im Bereich der Schule, insbesondere die Lehrer, die auf eine angemessene Besoldungserhöhung warten. Sie werden abtauchen. Sie machen irgendwelche kleinen Schrittchen und hoffen, dass Sie damit die Lage befrieden können. Das wird uns noch bevorstehen.
Ich kann Ihnen nur sagen: Das, was Sie jetzt hier im Bereich der Schule gemacht haben, wird nicht ausreichen.
Nehmen Sie das Beispiel eines klassischen Oberstufengymnasiums. Wir haben in Hessen davon immerhin 22. Dort bleibt durch die vollzogene Kürzung schon eine Minderung um rund 4 %. Wer Glück hat, hat also noch 100 % Lehrerversorgung. Das aber, was wir geschaffen haben – nämlich eine über die 100 % hinausgehende Versorgung, um eine gewisse Flexibilität zu schaffen –, haben Sie genommen. Das ist in den Eingangsstufen nicht mehr vorhanden. Das ist in den Oberstufengymnasien überhaupt nicht mehr vorhanden. 4 % der Stellen sind schon gekürzt. Das bedeutet, nehmen wir ein Oberstufengymnasium mit etwa 40 Stellen: Eineinhalb Stellen sind weg. Das ist eine relativ einfache Rechnung.
Sie sagen uns dann immer: Ja, da ist einer mehr im Kurs. – Es gibt vielleicht Kurse, in denen einer mehr ist. Zunächst einmal ist aber die Rechnung ganz einfach: Wenn Sie eine Stelle nehmen, dann haben Sie ungefähr 25 Lehrerstunden, bei eineinhalb Stellen, die hier betroffen sind, gibt das 38 – 38 Stunden, die an den Schulen nicht mehr zur Verfügung stehen. Das sind umgerechnet acht Leistungskurse oder 19 Grundkurse, die nicht eingerichtet werden können.
Worüber ich mich massiv geärgert habe, Herr Minister, das darf ich auch einmal deutlich sagen, das ist, wenn dann die Begründung kommt: Das können wir doch alles machen, es ist alles nicht so schlimm, wir haben doch eine 105-pro
zentige Lehrerversorgung geschaffen. – Verdammt noch mal, warum haben wir denn eine 105-prozentige Lehrerversorgung geschaffen? Doch nicht dafür, damit man anschließend locker wieder kürzen kann, sondern damit an den Schulen besser gearbeitet werden kann. Das war das Ziel.