Da Sie aber mit den letzten Regierungserklärungen mit Sicherheit wichtige Themen aufgegriffen haben, aber die wahren, wirklichen Themen, die die Menschen bewegen, in diesem Landtag nicht aufgreifen, dürfen wir es uns als Opposition schon erlauben, die wichtigen Themen, die die Menschen oben auf der Tribüne interessieren, in diesen Landtag zu bringen.
Ich glaube, das kann doch nicht ernsthaft ein Vorwurf gewesen sein. Vielmehr sollte das unserer gemeinsamen Ansicht nach richtig sein. Wenn das Kreiskrankenhaus in Lindenfels wichtig ist, dann darf auch die Frage der Flüchtlingspolitik im Hessischen Landtag eine Rolle spielen.
Herr Kollege Wagner, ich möchte auf das eingehen, was Sie gesagt haben. Ich finde, die Art, wie wir diskutieren, ist richtig. Wir streiten in der Sache. Beim Thema Flüchtlingspolitik bin ich an vielen Stellen der Meinung des Ministerpräsidenten. Wir wissen aber, dass wir da ein schwieriges Feld haben.
Sie haben meiner Ansicht nach recht. Das Instrument der sicheren Herkunftsländer ist mit Sicherheit kein Allheilmittel. Es ist auch die Antwort – ich will nicht sagen: auf ein Staatsversagen, aber – auf eine nicht gut organisierte Struktur des Bundes hinsichtlich der Ausstattung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und anderer. Zu verantworten hatte das der Bundesinnenminister.
Ich frage die GRÜNEN dieses Landtags jetzt einmal: Warum haben die GRÜNEN dann im September des letzten Jahres bei der Ausweitung der sicheren Herkunftsländer auf Albanien und den Kosovo zugestimmt? Herr Kollege Wagner, das ist widersprüchlich.
Sie können das Instrument in Gänze ablehnen. Dafür kann man Gründe finden. Das will ich nicht bestreiten. Aber in dem einen Fall zu sagen, es ist in Ordnung, und in dem anderen Fall zu sagen, es ist nicht in Ordnung, ist widersprüchlich.
Drittens. Ich will das mit einer Aussage vermischen, die Herr Kollege Boddenberg am Ende seiner Rede getroffen hat. Ich finde, wir sind uns in der Sache näher, als das vielleicht diese Debatte hergibt. Herr Kollege Boddenberg hat zum Schluss wieder einmal gesagt – ich sage es einmal, wie ich es in Erinnerung habe –, wir sollten nicht dem Fehler unterliegen, solche Sachen im Hessischen Landtag zu diskutieren, weil man damit Öl in das Feuer derjenigen gießt, die das Thema missbrauchen. Wir reden von der Alternative für Deutschland.
Herr Kollege Boddenberg, ich glaube, dass die Einschätzung Ihrer Person im Umgang mit diesen Themen genau die Energie liefert, die die Alternative für Deutschland braucht, um mit ihren Verschwörungstheorien weiter zu wachsen.
Da können Sie gerne mit der Hand wippen. Ich bin nicht erst seit gestern in diesem Landtag. Vielmehr bin ich das
mittlerweile im 13. Jahr. Ich kenne noch die andere CDUFraktion. Ich weiß, was die CDU-Fraktion in den vergangenen Jahren in welcher Art und Weise hier zum Thema gemacht hat.
Herr Kollege Boddenberg, wenn es einen Ort gibt, an dem Themen angesprochen gehören, und wenn es einen Ort gibt, an dem die Menschen, die in diesem Land leben, Unterschiede feststellen sollen, dann ist es das Parlament. Es geht nicht um geschlossene Hinterzimmer, in denen wenige für viele verhandeln. Das kann definitiv nicht der richtige Weg sein.
Herr Ministerpräsident, jetzt kommen wir zu dem Thema, bei dem ich Sie kritisiere. Das ist etwas, was ich nicht nachvollziehen kann. Das haben Sie auch mit Ihrer an vielen Stellen zustimmungsfähigen Rede unserer Ansicht nach nicht wegwischen können.
Wir haben am 4. Februar dieses Jahres eine Debatte in diesem Landtag über die Frage gehabt: Wo steht Hessen bei dieser Frage? – Wir haben das nicht zum ersten Mal auf die Tagesordnung gebracht. Wir wollen zum wiederholten Mal über dieses Thema reden, weil wir es für ein wichtiges Thema halten.
Herr Kollege Boddenberg und Herr Ministerpräsident, natürlich wissen wir, was zu der Frage der Zustimmung im Bundesrat im Koalitionsvertrag steht. Das ist eine Regel, die auch zwischen der CDU und den Freien Demokraten vereinbart war. Nur war bei uns die Enthaltung und damit sozusagen die Neinstimme im Bundesrat die Ausnahme. In Ihrer Regierung ist das mittlerweile die Regel.
Das ist nun einmal leider so. Ich habe die Zahlen auf dem Tisch liegen. Es macht keinen Sinn, drum herumzureden.
Wir haben am 4. Februar 2016 diese Debatte geführt. Ich habe hier das Protokoll der Rede der geschätzten Kollegin Wallmann vorliegen. Frau Kollegin Wallmann sagt in dieser Debatte – ich zitiere –:
Es liegt noch kein Gesetzentwurf vor. Wir werden da selbstverständlich Rücksicht auf unseren Koalitionspartner nehmen. In einer vertrauensvollen Koalition ist das so. Es ist selbstverständlich, dass wir als Koalition uns die Begründung ausführlich anschauen werden und das dann miteinander beraten werden. Sie können sich ganz sicher sein: Wir werden eine kluge Entscheidung treffen, wie wir das immer tun. – Vielen Dank.
Hinsichtlich der Frage, ob Sie immer kluge Entscheidungen treffen, bin ich unterschiedlicher Auffassung. Frau Kollegin Wallmann, am 15. Februar 2016 ist dieser Gesetzentwurf eingegangen. Heute haben wir den wievielten Juni 2016?
Vielen Dank. Wir haben Ende Juni 2016. Was ist seit Februar 2016 bis heute passiert? Was ist denn verhandelt worden? Was haben Sie denn in dieser Zeit gemacht? – Ich will nicht bestreiten, dass Landtagswahlen dazwischen waren. Wenn Sie das für ein wichtiges Thema halten – da sind wir wahrscheinlich einer Meinung –, dann müssen Sie den Menschen auch erklären, was Sie bis Ende Juni 2016 hinsichtlich dieser Frage gemacht haben.
Herr Ministerpräsident, wir haben uns das Thema für heute nicht ausgesucht, weil wir nicht wissen würden, worüber wir sonst reden sollten. Vielmehr haben wir es auf die Tagesordnung gebracht, weil wir der festen Überzeugung sind, dass die sicheren Herkunftsländer ein Mosaikstein hinsichtlich eines vernünftigen Umgangs mit den Flüchtlingen sind.
Zweitens haben wir aus Gesprächen mit den Menschen in diesem Land das Gefühl, dass sie wissen wollen, wie es um ihr Land steht, und dass sie wissen wollen, welche Position der Hessische Ministerpräsident und seine Regierung im Bundesrat vertreten. Sie wollen nicht, dass das nur in kleinen Hinterzimmern besprochen wird. Das ist mit Sicherheit nicht der richtige Weg.
Zum Abschluss möchte ich sagen: Ich würde mich freuen, wenn wir diese Debatte nach einer Regierungserklärung führen würden. Ich glaube, das wäre der richtige Weg. Es gibt genug Möglichkeiten. Die Landesregierung hat jeden Plenardienstag die Möglichkeit, eine Regierungserklärung abzuhalten. Sie nutzt diese Möglichkeit. Sie könnte das sogar noch häufiger machen.
Herr Kollege Al-Wazir, ich würde mich freuen, wenn Sie uns nicht nur mit den Themen beschäftigen würden, die Sie für wichtig halten, um über den Dienstag zu kommen. Vielleicht könnten Sie auch die Themen auf die Tagesordnung setzen, die die Menschen im Land wirklich beschäftigen. – Herzlichen Dank.
Herr Kollege Rentsch, vielen Dank. – Bevor ich Herrn Kollegen Schäfer-Gümbel als Nächstem das Wort gebe, freue ich mich, dass ich den ehemaligen Landtagskollegen, Herrn Herr, auf der Zuschauertribüne begrüßen kann. – Schön, dass Sie da sind.
Herr Präsident, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, herzlichen Dank für die Überziehung der Redezeit. Denn das gibt uns die Möglichkeit, in einer zweiten Runde noch einmal den einen oder anderen Punkt klarzustellen.
Ich will gerne ein paar Bemerkungen kritisch reflektieren. Ich will die Aussagen „in unserem politischen KleinKlein“ oder „in diesem Parlament Klein-Klein“ – aber es gehört dann eben auch dazu – an den Anfang stellen. Danach kann ich dann ordentlich zum Inhalt kommen.
Sie haben davon gesprochen, ich würde das kleine Karo aufrufen, wenn ich mich am Bundesinnenminister abarbeite. Das habe ich in der Tat mit zwei Sätzen getan. Ich be
finde mich da in der Tat in Gesellschaft mit vielen anderen. Aber es ist schlicht und einfach so: Diese Kritik ist nicht ganz neu. Sie ist in seinem Fall dezidiert nicht unbegründet.
Ich erinnere beispielsweise daran, dass die Ministerpräsidenten im Frühjahr letzten Jahres einmütig beschlossen hatten, die notwendige Personalausstattung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge – damals noch auf der Grundlage sehr viel geringerer Schätzungen – sofort und massiv nach oben zu führen. Es ist nichts passiert.
Herr Bouffier, es ist nichts Entscheidendes passiert. Denn im Herbst des letzten Jahres haben Sie gemeinsam mit 15 anderen Kolleginnen und Kollegen während der Ministerpräsidentenkonferenz den Bundesinnenminister erneut aufgefordert, die Beschlüsse aus dem Frühjahr endlich umzusetzen.
Ich kann ihn nicht außen vor lassen. Denn er ist nun einmal derjenige, der unter anderem für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig ist.