Ich will hier nicht über Steuergeschenke an Reiche und Superreiche reden. Ich will hier nicht davon reden, dass es wieder nicht klappt, eine vernünftige Erbschaftsteuer auf den Weg zu bringen, bei der man die, die nichts dafür getan haben, dass sie etwas kriegen, ordentlich besteuert, da
Ich habe auch nichts dagegen, wenn Sie eine Vermögensteuer auf den Weg bringen, damit wir das, was wir brauchen – Bildung insgesamt, Kitabetreuung –, gebührenfrei anbieten können, damit wir eine gute Schule machen können, damit keiner davon belastet ist, damit die Schultern, die viel tragen können, auch viel tragen, weil es an anderer Stelle bezahlt wird. Genau das tun Sie nicht und reden anschließend von Gleichmacherei.
(Beifall bei der LINKEN – Klaus Peter Möller (CDU): Machen sie doch schon! Das sind gestaffelte Preise! Lesen Sie sich erst einmal ein!)
Nein, es gibt ganz viele Städte, die keine Staffelpreise haben. – Es gibt natürlich Geschwisterkinder, die nicht in dieselben Einrichtungen gehen.
Wie Herr Rock es eben schon gesagt hat – es muss nicht räumlich gleich sein, und es muss nicht der gleiche Träger sein –: Wenn man ein Kind in der Krippe, das andere Kind in der Kita und das dritte Kind in der Grundschulbetreuung hat, dann zahlt man dreimal den vollen Preis, weil es in der Regel keinen Geschwisterkinderrabatt gibt.
Dann können sie sich überlegen, ob sie noch erwerbstätig sein wollen oder nicht. Da reden Sie hier von Gleichmacherei. Wovon wir reden, ist, dass es eine Tendenz ist, die es Eltern in Zukunft immer schwerer bis ganz unmöglich macht, für ihre Kinder eine Betreuung zu bekommen.
Dann wollen wir einfach bei den ganz nackten Fakten bleiben: Wir brauchen doch nur zu schauen, wie viele Elternbeiträge beigetrieben werden müssen. Da haben wir eine ganz schlechte Informationslage.
(Klaus Peter Möller (CDU): Das scheint mir auch so, dass Sie eine schlechte Informationslage haben!)
Das wissen wir, seit die SPD dazu eine Anfrage gestellt hat. Aber es gibt Kommunen, von denen wir es wissen – wir alle sind auch kommunal unterwegs. Ich weiß von einer Kommune, in der sich 75 % der Beitreibungstätigkeit auf Kitabeiträge bezieht.
75 % der Beitreibungstätigkeit: Das heißt doch, dass wir dort Kraft binden, die wir vernünftigerweise anders einsetzen könnten. Ich glaube, es gäbe eine Menge Möglichkeiten, wie wir das umsetzen könnten. Wenn Sie den einen oder den anderen Schritt gehen würden, wäre das doch schon hilfreich. Aber Sie gehen gar keinen Schritt und zeigen mit dem Finger auf die Fraktionen im Haus, die versuchen, wenigstens einen Schritt zu gehen. Gehen Sie doch
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich versuche, mich in der Debatte mit den Argumenten auseinanderzusetzen, die eine Auseinandersetzung auch wert sind, also im wesentlichen mit den Punkten, die Herr Kollege Merz in die Debatte eingeführt hat.
Ich bin mit Ihnen einer Meinung, dass wir sehr genau darüber nachdenken müssen, wie wir Familien, die nach der momentanen Sozialgesetzgebung etwas oberhalb des Beitragsbemessungsniveaus liegen, Hilfestellungen geben können, damit der Besuch einer Kindertagesstätte nicht zu einer Situation führt, die diese Familien vor die Frage stellt: Können wir uns das leisten?
Das ist eine Debatte, über die es sich nachzudenken lohnt. Dazu bedarf es aber einer differenzierten Betrachtung und nicht einer Pauschalisierung. Damit komme ich zu dem Gesetzesentwurf, den Sie eingebracht haben: Es wird an keiner Stelle differenziert, und es wird an keiner Stelle auf die eigentliche Problemgruppe eingegangen. Es ist eine Pauschalisierung, bei der ich der Überzeugung bin, dass es sich lohnt, sie intensiv zu diskutieren.
Jetzt wissen wir – das haben Sie uns oft genug gesagt –, dass das ein Thema ist, das uns in den nächsten Monaten und Jahren begleiten wird. Deshalb ist es auch spannend, sich immer wieder zu vergegenwärtigen, wo es Argumente gibt, auf die einzugehen sich lohnt, und was möglicherweise noch zu berücksichtigen ist. Wenn wir über Gebührenfreiheit reden, müssen wir uns deswegen die Frage stellen: Für wen und für was?
Die Grundlage für die Beitragsfreistellung im dritten Kindertagesstättenjahr war, dass der Übergang von der Kindertagesstätte in den schulischen Alltag einer Begleitung bedarf.
Die Grundlage war, dass im dritten Kindergartenjahr viele Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass dieser Übergang gelingen kann. Gleichzeitig wird den Kindern damit auch eine Chance gegeben, keinen Bruch zwischen einer möglicherweise sehr behüteten – und von mir hoch geschätzten – Betreuung im familiären Umfeld und, auch in einer Kindertagesstätte, der Vorbereitung auf den schulischen Alltag zu erleben.
Die Diskussion darüber, das dritte Kindergartenjahr beitragsfrei zu stellen, war nicht durch die Frage motiviert, ob die Familien die Beiträge bezahlen müssen oder können, sondern es ging bei der Diskussion um das dritte, beitragsfreie Kindergartenjahr darum, Kindern diesen Übergang zu erleichtern. Das ist der Punkt gewesen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass das ein guter Ansatz gewesen ist, und – Frau Wiesmann hat die Zahlen genannt – ich glaube auch, dass diese Zahlen durchaus ohne diese Maßnahme erreichbar gewesen wären. Aber seis drum, ich will es gar nicht infrage stellen. Jedenfalls besuchen über 90 % der Kinder über drei Jahre eine Kindertagesstätte. Das ist ein toller Erfolg. Das zeigt, dass Kindertagesstätten akzeptiert sind, dass sie einen Bildungsauftrag haben und dass sie diesen Bildungsauftrag auch erfüllen. Sie erfüllen ihn in Zusammenarbeit mit den Trägern, seien es Kommunen, kirchliche Träger, freigemeinnützige Träger, Vereine, Elterninitiativen, und mit denjenigen, die darüber hinaus Verantwortung tragen, weil sie eine finanzielle Unterstützung leisten – nämlich mit dem Land.
Es bleibt also die Frage: Für wen ist die Gebührenfreiheit? – Ich gehe jetzt nicht auf das Thema Mängel in dem vorgelegten Gesetzesentwurf ein, von dem ich mich wundere, dass er von einer Seite Zustimmung erfährt, von der ich es nicht erwartet habe, weil die Kosten, die damit verbunden sind, nicht so einfach hochzurechnen oder aus der bisherigen Beitragsfreiheit zu übertragen sind.
Ich will Ihnen das System noch einmal erklären. Die Beitragsfreiheit im dritten Kindergartenjahr geht auf die Grundlage der statistischen Erfassung der in dieser Altersstufe befindlichen Kinder ein, unabhängig von der Frage, ob sie eine Kindertagesstätte besuchen oder nicht. Die Kommunen sind damit einverstanden, weil in der Regel das letzte Kindergartenjahr, für das sie eine volle Beitragsentlastung bekommen, real nicht zu 100 % in Anspruch genommen wird. Das wissen sie aus ihrer Erfahrung auch.
Da ist der Schuljahresbeginn. Das ist dann relativ einfach. Im Juli beginnt die Schule, also machen die Eltern sechs Wochen vorher noch einmal mit den Kindern Urlaub, weil sie sagen, dass das das letzte Mal ist, wo sie eine Chance haben, außerhalb der Schulzeit zu fahren. Oder es sind drei Wochen, oder sie nehmen sie heraus.
Jede Erweiterung werden wir mit großem Interesse verfolgen müssen hinsichtlich der Frage, welche Kostenfolgerungen damit seitens der Kommunalen Spitzenverbände, aber auch der anderen Träger verbunden sind. Zumindest ist hier schon einmal ein entscheidender Mangel in Ihrem Gesetzesentwurf festzustellen, weil Sie das einfach kumulieren. Sie machen es sich jetzt auch einfach. Sie sagen einfach: Alles wird kostenfrei gestellt, egal, was es kostet. – Aber das ist keine verantwortungsbewusste Politik, wie wir das verstehen. Wir wollen schon wissen, was das kostet, was wir machen. Ich habe schon mehrfach Zahlen hineingerufen. Mit über 430 Millionen € unterstützt das Land jährlich in der Zwischenzeit die kommunale Aufgabe der Kinderbetreuung in unserem Lande.
Das ist eine riesige Kraftanstrengung. Sie wissen: Es waren 60 Millionen €, als wir die Regierungsverantwortung 1999 übernommen haben.
Für wen also die Gebührenfreiheit? – Für die Eltern. Das sollte man meinen. Also für alle Eltern. Ich bin jetzt weit davon entfernt, alte ideologische Diskussionen zu führen, aber das Thema Umverteilung von unten nach oben war mit Sicherheit kein Kampfbegriff der CDU. Aber das ist
genau das, was Sie mit dem Gesetzesentwurf machen. Das haben Sie bekämpft. Sie bevorzugen diejenigen, die es sich leisten können. Denn diejenigen, die es sich nicht leisten können, haben aufgrund der Sozialgesetzgebung sowieso eine Beitragsfreiheit.
Wir sind wieder in dem Grenzbereich, über den wir uns Gedanken machen müssen. Aber ich habe kein Verständnis dafür, warum das gut verdienende Ehepaar, das eine Sorge dafür trägt, dass auch Einkommensteuer bezahlt wird und vieles andere mehr, nicht auch einen Beitrag für die Kinderbetreuung aufzubringen hat. Dafür habe ich kein Verständnis. Aber die entlasten Sie.
Sie wollen die Grenzfälle erreichen, indem Sie pauschal alles über einen Kamm scheren. Das ist keine zielgerichtete Sozialpolitik. So machen wir keine Sozialpolitik und auch keine Kinderbetreuungspolitik, sondern wir kümmern uns um diejenigen, die einen Bedarf haben. Dort finden wir zielgerichtete und ehrliche Lösungen, aber nicht in der Pauschalisierung.
Jetzt kommen gleich die Repliken. Dann müssen Sie nur zuhören. Aber das können Sie, Herr Merz, das weiß ich. Wenn Sie das jetzt also gar nicht so sehr für die Eltern machen, die einen Bedarf haben, sondern für alle, dann könnte man auch sagen, dass es für die Kommunen ist. Das ist dann sozusagen für Eschborn. Wir sollen also Eschborn subventionieren. Sie stellen ihre Beiträge frei zulasten des kommunalen Haushalts, weil sie diese Leistungsfähigkeit haben, und sollen vom Land Geld bekommen.
Es tut mir leid, das brauche ich nicht. Denn ich finde, die Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Kommunen muss auch an der Stelle der Einkommensstruktur gewahrt bleiben. Ich sage auch als jemand, der aus einer durchaus unter finanziellen Schwierigkeiten leidenden Kommune kommt, nämlich Offenbach, dass ich mich freue, wenn es Eschborn sich leisten kann, seine Eltern beitragsfrei zu stellen. Aber ich muss Eschborn und den kommunalen Haushalt deswegen nicht entlasten, wenn es sich das leisten kann.
Ich muss nach anderen Wegen suchen, um finanzschwache Kommunen zu unterstützen, wenn der Anteil der einkommensschwachen Familien so hoch ist, dass es den kommunalen Haushalt überwiegend belastet. Aber das bedeutet nicht eine pauschale Gebührenfreiheit an dieser Stelle, sondern das bedarf einer differenzierten Betrachtung und keiner Pauschalisierung.