Dieses Problem liegt in der Logik der kapitalgedeckten Altersvorsorge. In den Pensionsfonds sammelt sich weltweit viel Kapital an, das gerade bei den herrschenden Niedrigzinsen kaum noch sinnvolle Anlageformen findet. Ständig neue Blasen und Finanzkrisen werden zwangsläufig die Folge sein. Deswegen: Die Altersvorsorge der Menschen ist zu wichtig, um das Geld den Schwankungen der Finanzmärkte auszusetzen. Wir brauchen eine starke, umlagefinanzierte gesetzliche Rente, die auch Beamte und Selbstständige einbezieht. Bei einem umlagefinanzierten System gäbe es viele Probleme und Risiken erst gar nicht.
Meine Damen und Herren, was verbindet also die Themen „Versagen bei der Biblis-Abschaltung“ und „Versagen im Umgang mit der Automobilindustrie“? Die Interessen der Atomkonzerne sorgten für das rechtlich unhaltbare Moratorium nach Fukushima, und die lasche Politik zugunsten der Interessen der Autoindustrie sorgte letztlich für die sogenannte VW-Krise. Das kommt davon, wenn man alles andere den Interessen und dem kurzfristigen Gewinnstreben von Konzernen unterordnet. Dass das immer einmal ein paar Millionen Euro Steuergelder kostet, ist dabei offenbar kein Versehen, sondern einkalkuliertes Risiko.
Wenn die SPD nun fordert, dass die damalige Umweltministerin für den durch die Biblis-Stilllegung entstandenen Schaden haftbar gemacht werden muss, ist das in der Tat ein interessanter Gedanke. Die eine oder andere Million geht in CDU-geführten Ministerien immer einmal verloren. Ich denke an das Millionengrab der sogenannten Elite-Uni EBS – nicht wahr, Herr Arnold?
Ich denke an den Rechtsstreit mit zwangspensionierten und aus dem Dienst entfernten Steuerfahndern, an ein Schloss in Erbach und an rechtswidrige Personalbesetzungen bei der Polizei, weil Parteifreunde versorgt werden sollten. Ich sage es einmal so: Wenn jeder CDU-Minister für seine teuren Fehler persönlich haften müsste, dann wäre manch einer in diesem Raum längst ruiniert – allen voran der Ministerpräsident. Er wäre ein armer Mann.
gegen den gerade die Staatsanwaltschaft Frankfurt wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen Betrugs zum Nach
Meine Damen und Herren, es ist nicht einfach das Versagen Einzelner. Dieses Versagen hat System, und das hatte auch einmal einen Namen. Es nennt sich nämlich „System Koch“. Ich möchte aus der „Frankfurter Rundschau“ zitieren, die damals, nach dem Rücktritt von Roland Koch, das System Koch so beschrieben hat:
Roland Koch hat in Hessen ein System der Cliquenwirtschaft und der Hinterzimmer-Klüngel installiert, in dem Gefolgschaft und Machtabsicherung im Zweifel stets vor demokratischen Prinzipien stehen. … Egal, bei welchem Skandal der Mann ertappt wird, er tritt nicht zurück. … Es gibt kein Bundesland, an dessen Beispiel sich der Mechanismus der Hinterzimmer-Klüngel … besser beschreiben ließe als Hessen, wie es unter Koch und Bouffier geworden ist. … Wenn es der Sicherung der Mehrheit dient, wird im System Koch auch die Wahrheit geopfert. Anschließend erklärt die Hessen-CDU die Meinung der Mehrheit, nämlich ihre, zur Wahrheit. So lässt es sich in den Abschlussberichten der Untersuchungsausschüsse nachlesen, die mit Kochs Parlamentsmehrheit stets zu dem Schluss kamen, dass es in seiner Regierungszeit nie Skandale gegeben hat.
Ich finde, das hat man heute wieder sehr eindrucksvoll gehört. Genau das war auch die Argumentation von Herrn Arnold.
(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Holger Bel- lino (CDU): Können Sie auch noch etwas zum Thema sagen?)
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Leider hat sich daran nicht allzu viel geändert, außer dass die GRÜNEN das heute offenbar etwas anders sehen und mit diesem System ganz gut leben können. Deshalb: Ja, wir fordern, dass Frau Puttrich die Verantwortung für diese Fehler übernimmt. Aber vor allem wollen wir, dass diese Politik in Hessen aufhört. – Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zwei Vorbemerkungen, bevor ich mich inhaltlich mit dem Antrag beschäftige:
Erste Vorbemerkung. Verehrter Herr Kollege Rock, es muss für die hessische FDP unglaublich schrecklich gewesen sein, dieses Land mitzuregieren.
Da ich mir heute wieder Ihren Redebeitrag angehört habe sowie manche Redebeiträge der Vergangenheit, stelle ich fest: Es muss entsetzlich gewesen sein, an der Regierung dieses Landes beteiligt gewesen zu sein. Es ist ein beachtlicher Umstand, mit welchem Tempo Sie sich von gemeinsam getroffenen Entscheidungen entfernen.
Dabei hatte ich eigentlich das Gefühl, dass sich die Kollegen Dr. Hahn, Rentsch, Beer und Posch in ihren Ämtern durchaus nicht unwohl gefühlt haben, als sie diese noch hatten. Aber so ist das gelegentlich.
Ich freue mich, dass der Kollege Schmitt wenigstens zu Beginn seiner Rede in einem Halbsatz gesagt hat, dass er die Klage des Landes Hessen gegen den VW-Konzern für richtig halte.
Entschuldigung, das nehme ich ausdrücklich zurück; es war ein ganzer Satz, ein vollständiger Satz von vorne bis hinten.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wir wollen schon bei der Wahrheit bleiben! – Zuruf von der SPD: Was man auf der Regierungsbank ja nicht hinkriegt!)
Das ist mir deshalb sehr wichtig, weil ich eine solch eindeutige Klarheit bei der Lektüre einer Pressemitteilung von nordhessischen sozialdemokratischen Abgeordneten eher vermisst habe.
In einer Erklärung hat der noch amtierende oder, ich weiß nicht, zumindest ehemalige SPD-Bezirksvorsitzende von Nordhessen, der jetzt Bürgermeister in Baunatal ist, das exakte Gegenteil gesagt. Das scheint mir wieder die gleiche sozialdemokratische Strategie zu sein, wie man sie bei K+S und anderen Themen sieht: Überall dort, wo es gerade in den Kram passt, wird eine Position vertreten, wobei es egal ist, ob es genau die gegenteilige ist, die an anderen Stellen vertreten wird. Das ist eine durchschaubare Strategie, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Nancy Faeser (SPD): Es sind immer nur die anderen! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)
Nun nähern wir uns einmal dem Antrag. Es ist im Moment so üblich, alles irgendwelchen Checks zu unterziehen. Ich will mich diesem gemeinen gesellschaftlichen Trend nicht entziehen und nenne das jetzt einmal einen Ernsthaftigkeitscheck:
Erster Teil, das Benennen der Rechtsgrundlage für den vermeintlichen Schadenersatzanspruch. Jetzt muss ein erfahrener Innenpolitiker, wie es Günter Rudolph ist, nicht wissen, dass seit 2014 eine andere Rechtsgrundlage gilt.
Das muss er nicht wissen. Das kann man auch korrigieren. Wer aber versucht, anderen in Bezug auf die Ernsthaftigkeit von Verwaltungshandlungen Vorwürfe zu machen, ist in der Notwendigkeit, jedenfalls formal korrekte Anträge vorzulegen. Das ist Ihnen an der Stelle offensichtlich nicht gelungen.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Das Hessische Verwaltungsverfahrensgesetz ist geändert!)
Ich komme zu einem zweiten Punkt, den Sie offensichtlich nicht bemerkt haben und der mich heute Nacht mehrere Stunden der Vorbereitung gekostet hat.
Da Sie schreiben: „Nach Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses 18/1“, habe ich mir die Akten des Untersuchungsausschusses 18/1 angesehen. – Das war der Steuerfahnder-Untersuchungsausschuss der letzten Legislaturperiode.