Da Sie schreiben: „Nach Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses 18/1“, habe ich mir die Akten des Untersuchungsausschusses 18/1 angesehen. – Das war der Steuerfahnder-Untersuchungsausschuss der letzten Legislaturperiode.
Dann ist mir eingefallen, dass es vielleicht der zweite Fehler der Sozialdemokraten in ihrem Antrag war und dass 19/1 gemeint sein könnte. So viel zur Ernsthaftigkeit eines Antrags, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Sind wir eigentlich schon in der 19. Legislaturperiode? – Norbert Schmitt (SPD): Und dafür haben Sie Stunden gebraucht? – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)
Sehen Sie einmal, wie ernsthaft ich glaube, dass Sie Politik machen. Aber es war offensichtlich ein Fehler.
(Timon Gremmels (SPD): Ja, wir stehen zu unseren Fehlern! Das ist der Unterschied! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)
Zum dritten Teil des Ernsthaftigkeitschecks. Wenn Ihnen sozusagen aus Anlass unserer Klage gegen den VW-Konzern die Frage möglicher anderer zu realisierender Schadenersatzansprüche ein ernsthaftes Anliegen wäre, dann hätten Sie möglicherweise nicht nur auf den Gedanken kommen können, die wenige Monate zurückliegende Debatte über die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses zurate zu ziehen, sondern hätten vielleicht auch die Debatte über den Flughafen Hahn in diesem Landtag heranziehen können und uns in einem zweiten Absatz auffordern sollen, gegen das Land Rheinland-Pfalz zu klagen, weil dort in grob fahrlässiger oder gar vorsätzlicher Weise Anwaltskosten auf hessischer Seite verursacht worden sind. Exakt das haben Sie nicht getan, sondern sich nur auf diesen einen Punkt konzentriert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da wird man den Verdacht nicht los: Es geht nicht um die Sache, sondern darum, eine längst geführte Debatte im Landtag neu aufleben zu lassen und gleichzeitig einer Politikerin persönlich zu schaden und sie zu diskreditieren. Das ist Ihre wahre Absicht.
Wie sonst ist es zu erklären, dass der Kollege Schmitt frei aus der Luft gegriffen irgendwelche Personalspekulationen erfindet, nur um einer Persönlichkeit zu schaden, nur um Lucia Puttrich zu diskreditieren?
Ich habe versucht, aufmerksam zuzuhören, und habe mich gefragt: Gibt es ein einziges neues Faktum, das in der Debatte vorgetragen wurde und nicht bereits Gegenstand der Beratungen im Untersuchungsausschuss gewesen ist und jedenfalls bei einer Mehrheit des Hessischen Landtags zu einer Abwägungsentscheidung geführt hat, welcher Rechtsauffassung man zur Fragestellung von Verantwortlichkeit zuneigt? – Ich habe in dieser Debatte keine neuen Fakten gehört.
Ja, Sie müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass offensichtlich eine Mehrheit des Hauses eine andere Rechtsauffassung hat.
Nein, das ist keine Frage des Gnadenrechts. Dafür bin ich auch gar nicht mehr zuständig, wie Sie wissen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich diesen einen Punkt noch sagen: Diese Logik überzeugt mich bisher noch nicht restlos. Sie rekurrieren immer wieder auf die Anhörung. Denken wir uns eine Sekunde, diese Anhörung hätte stattgefunden. Hätten wir dann den Prozess vor dem VGH gewonnen oder verloren? – Wir hätten ihn genauso verloren, wie wir ihn verloren haben, wegen der materiellen Unrichtigkeit. Das wissen wir alle.
Deswegen werden wir, genauso wie andere Bundesländer auch, auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Wir sind der Auffassung, dass wir am Ende diesen Prozess gewinnen. Meine Damen und Herren, das ist keine Singularität in Hessen, sondern eine Frage aller Sitzländer.
Ganz zum Schluss: Am Ende seiner Rede hat Kollege Schmitt angekündigt, es bestehe das Risiko für die Landesregierung, sich der Untreue schuldig zu machen. Unsere Rechtsauffassung ist nach allem, was wir wissen, klar: Es gibt keinerlei Veranlassung, Schadenersatzansprüche zu stellen.
Wenn Sie also der Auffassung sind, dass es nach einer von Ihnen unterstellten vermeintlich ablaufenden Verjährungsfrist eine strafrechtliche Verantwortung wegen täterschaftlichen Unterlassens gibt, steht es Ihnen frei, das der Staatsanwaltschaft zu übergeben.
Damit Sie das dieses Mal richtig machen, gebe ich Ihnen die postalische Anschrift der zuständigen Staatsanwaltschaft gerne bekannt.
Es ist die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Wiesbaden, Mainzer Straße 124, 65189 Wiesbaden – damit Sie dieses Mal förmlich richtig arbeiten. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrter Kollege, Staatsminister Schäfer, vielleicht nur so viel zur gemeinsamen Regierungszeit und zur gemeinsamen Zusammenarbeit: Auch ich habe das Gefühl, dass Sie sich in Ihrem Amt wohlfühlen. Das ist aber nicht die Frage, um die es heute geht. Heute geht es um die Frage, ob durch eine drohende Verjährung dem Land möglicherweise ein Schaden entsteht. Das war Inhalt dieser Debatte.
Neben dem Versuch, den Sie gestartet haben, die Debatte für die Landesregierung zu retten, will ich Ihnen als verantwortlichem Finanzminister und als vormaligem Staatssekretär im Justizministerium schon sagen: Das Ressortprinzip und die -verantwortung sind sehr zentrale Punkte.
Jetzt zur Geschichte der gemeinsamen Vergangenheit. Es ist richtig – weil es immer dazwischengerufen wird –, dass wir damals bei der Frage, was nach dem Vorfall in Fukushima passiert, unterschiedlicher Auffassung waren. Große Teile der FDP und die Bundeskanzlerin waren der Auffassung, die Kernkraftwerke nicht wieder anfahren zu lassen. Es gab Teile der Union, die das anders gesehen haben.
Wir haben das diskutiert, auch streitig und emotional. Ich will für die Fraktion der FDP feststellen: Wir haben nicht gesagt, dass das Verfahren, das in den Händen der Umweltministerin lag, rechtswidrig durchgeführt werden soll. Das war nicht die Auffassung der hessischen FDP.
Herr Kollege Schäfer, Sie haben es so weggetan, dass die Anhörung gefehlt hat. Dann brauche ich Ihnen als gutem Juristen nicht zu sagen, dass es sich dabei um ein Standardverfahren handelt,
dass in einem belastenden Verwaltungsakt eine Anhörung desjenigen, der belastet wird, durchgeführt wird. Diese Anhörung war eine Voraussetzung dafür, ob wir das Urteil in materieller Hinsicht überprüfen lassen können.
(Peter Stephan (CDU): Warum haben Sie es nicht im Ausschuss gesagt? – Gegenruf der Abg. Nancy Faeser (SPD): Hat er doch!)
Die fehlende Anhörung hat im Endergebnis dazu geführt, dass die Überprüfung nicht stattfinden konnte.
Lassen Sie uns heute auf die Spielchen verzichten. Ich kann verstehen, dass Sie versuchen, wunderbare Beispiele aus anderen Ländern zu bringen. Es gibt viele Länder, in denen viele Parteien Verantwortung tragen. Da kann sich keine Partei im Hessischen Landtag herausnehmen.
Das, worum es heute geht, ist die Frage, ob das, was damals durch die Umweltministerin zu verantworten war, richtig oder falsch war und ob dem Land dadurch ein Schaden entsteht. Herr Schäfer, wenn man versucht, den Sachverhalt darauf zu reduzieren, dann war das ein schöner Vortrag, der an der Sache vorbeiging. Die persönlichen Animositäten lasse ich jetzt außen vor. Das gehört sicherlich in einer solchen Debatte dazu. Aber: Getroffene Hunde bellen. – Das ist eine Aussage, die heute definitiv stimmt. – Vielen Dank.