Protokoll der Sitzung vom 12.10.2016

Der Kollege Eckert hatte eben für die SPD-Fraktion gesprochen, aber er ist jetzt gar nicht da. Dann kann ich den

von der SPD für die Kommunen zuständigen Kollegen Eckert, der in der Debatte gesprochen hat, aber jetzt nicht mehr da ist, wenn der Minister spricht, leider nicht ansprechen. Dann muss ich es eben den anderen sagen, so leid es mir tut.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist schon wenig glaubhaft, wenn der Redner der SPD hier vorträgt, die Hessische Landesregierung müsse, bevor sie über interkommunale Zusammenarbeit spricht, erst einmal bei sich selbst anfangen, wenn zu erwarten ist, dass bei den kommenden Haushaltsberatungen die SPD wahrscheinlich Änderungsanträge für Mehrausgaben zwischen 500 Millionen € und 1 Milliarde € einbringen wird.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Das ist wenig glaubhaft, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eines will ich schon noch sagen – das haben weder der Kollege Eckert, der immer noch nicht da ist, noch der Kollege Schaus verstanden –:

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ich habe es schon verstanden!)

Es geht bei der interkommunalen Zusammenarbeit nicht um Einsparungen. Es geht um Einsparungen im Sinne effizienten Handelns, aber es geht vor allen Dingen darum, die Qualität der Dienstleistungen in den Städten und Gemeinden zu verbessern, insbesondere in kleinen Städten und Gemeinden. Das haben die beiden Kollegen überhaupt nicht begriffen, wie sich an dem zeigt, was sie hier vorgetragen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Kollege Schaus stellt sich hierher und fragt: Wie wird das an die Bürger weitergeben? – In Form von Dienstleistungsqualität aus den Rathäusern an die Bürgerinnen und Bürger. Für wen denn sonst?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Statten Sie die Kommunen entsprechend aus, das wäre der einfachere Weg!)

Ich sehe schon, es ging Ihnen nicht darum, hier über die interkommunale Zusammenarbeit ernsthaft miteinander zu reden, sondern es ging Ihnen darum, ein bisschen Klamauk zu veranstalten. Sei es drum.

Ich werde mich des Themas gerne annehmen, insbesondere deshalb, weil wir den Kommunen, den Städten und Gemeinden im Lande sowie den Landkreisen Mut machen wollen, sich der interkommunalen Zusammenarbeit zu stellen. Das ist nicht ganz einfach. Wenn Sie fragen, was an dem, was wir hier miteinander diskutieren, neu ist, dann antworte ich: Jeden Monat kommt etwas Neues dazu, denn es treten immer wieder neue Sachgegenstände auf, die zum Gegenstand der interkommunalen Zusammenarbeit werden können. Ich finde, dass man den Kommunen durchaus Mut machen kann. Hier ist das Thema Friedhofsverwaltung der Städte Raunheim und Kelsterbach durch die Stadt Rüsselsheim angesprochen worden. Ich finde, es ist nicht selbstverständlich, wenn Abgeordnete in Gemeindeparlamenten

oder in Stadtverordnetenversammlungen wichtige Aufgaben, die für die Bürger von großer Bedeutung sind, an eine andere kommunale Gemeinschaft abgeben. Das ist etwas Besonderes, und das muss man auch hier im Hessischen Landtag einmal herausstellen, weil wir Mut machen wollen, sich dieser Zusammenarbeit zu stellen. Wenn zwei, drei oder vier Gemeinden etwas gemeinsam machen, machen sie es einfach besser, als wenn jeder für sich sein Zeug zusammenstrickt. Das ist das Ziel, das wir hier verfolgen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben selbstverständlich ein Interesse daran, immer wieder deutlich zu machen, dass wir keine von oben gesteuerte Gebietsreform in diesem Lande mehr haben wollen. Wir wollen den Kommunen vielmehr die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, wie und ob sie zusammengehen. Seit 2004 haben wir hier etwas aufgebaut, was in den letzten Jahren durchaus Fahrt aufgenommen hat – ich komme gleich auf die Frage der Finanzausstattung zurück –, weil sich die Kommunen genau diesen Aufgaben gestellt haben. Das Know-how bei den Städten und Gemeinden, den Kommunalen Spitzenverbänden und auch in dem für die Kommunalaufsicht zuständigen Ministerium, wenn es um interkommunale Zusammenarbeit geht, ist bundesweit einmalig. Ich finde, man kann nicht häufig genug darüber reden, dass uns das in diesem Lande gelungen ist.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einen großen Anteil daran hat der Kollege und Bürgermeister a. D. Claus Spandau, der das Kompetenzzentrum für Interkommunale Zusammenarbeit leitet. Wenn man einmal bei einer Veranstaltung von Herrn Spandau war, dann hat man auch gesehen, mit welcher Sensibilität wir seitens des Landes an diese Fragen herangehen. 25 % der IKZ-Förderung fließen in das Feuerwehrwesen; da beruht alles auf Freiwilligkeit. Wer weiß, wie schwierig es wird, wenn Freiwilligkeit gefragt ist, der kann schon daran erkennen, dass seitens der handelnden Personen im Innenministerium mit hoher Sensibilität vorgegangen wird. Ich finde, es gehört sich, dass wir im Hessischen Landtag gelegentlich ein Dankeschön dafür sagen, dass uns das durch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so gut gelingt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Interkommunale Zusammenarbeit ist nichts Neues, ist keine Erfindung aus dem Jahre 2004, sondern etwas, was bereits in den Sechzigerjahren mit der Verabschiedung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit begonnen hat. Alle, die in den kommunalen Parlamenten Verantwortung tragen, wissen, dass das bereits in den vergangenen Jahrzehnten die gelebte Praxis in den Städten und Gemeinden war. Wir haben mit dem Aufbau der interkommunalen Zusammenarbeit, mit Förderprogrammen und mit unserem Kompetenzzentrum aber darüber hinaus Bereiche identifiziert, die sich für eine kommunale Zusammenarbeit eignen.

Dazu gehören sehr interessante, politisch von uns – oder zumindest von großen Teilen dieses Hauses – gewollte politische Ziele. Beispielsweise gibt es Projekte der interkommunalen Zusammenarbeit beim Thema Energiewende. Es gibt eine interkommunale Zusammenarbeit beim freiwilligen Polizeidienst, also im Bereich Sicherheit. Natürlich gehören hier z. B. auch die Zusammenarbeit von Be

triebshöfen, Standesämtern und Steuerverwaltungen genannt.

Wir haben einen weiteren Bereich für die Zusammenarbeit geöffnet, indem wir gesagt haben: Wir wollen Verwaltungsgemeinschaften besonders fördern. – Das ist in Allendorf (Eder) und in Bromskirchen wunderbar gelungen. Seit dem 1. Januar 2015 gibt es im Grunde genommen eine Verwaltung für zwei Städte und Gemeinden, ohne dass diese ihre Identität aufgegeben haben. Ich finde, eine solche Debatte schreit förmlich danach, dass man das hier einmal aufzeigt, um anderen Mut zu machen, einen solchen Weg zu verfolgen, um die Qualität der Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger in kleinen Gemeinden zu verbessern.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Hahn, es gibt jetzt einen Bürgermeister, der ehrenamtlich tätig ist. Das haben wir mit einer Änderung des § 44 der Hessischen Gemeindeordnung ermöglicht. Herr Hahn, ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie die Entwicklung befördern, indem Sie den aktuellen Stand abfragen und die Leute daran erinnern, dass so etwas möglich ist. Wenn aus der kommunalen Selbstverwaltung die Rückmeldung kommt, dass das zurzeit nicht auf der Tagesordnung steht, dann ist auch das okay. Wir wollen die kommunale Selbstverwaltung ja stärken, wir wollen die Kommunen eben nicht entmündigen, ihnen die Entscheidung nicht abnehmen, sondern wir wollen sie beraten, wir wollen ihnen zeigen, was geht. Am Ende ist und bleibt es aber ihre Entscheidung, wie sie sich organisieren wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich bedanke mich sehr herzlich für diesen Tagesordnungspunkt, für den Antrag und dafür, dass wir Gelegenheit hatten, über die interkommunale Zusammenarbeit zu sprechen: 183 Bewilligungen seit 2008, Fördermittel in Höhe von 13,1 Millionen € und eine Beteiligung von 400 hessischen Kommunen an IKZ-Projekten sind, wie ich finde, ein Ausweis für ein tolles Projekt. Es war gut, dass wir darüber gesprochen haben und gelungene Beispiele nennen konnten. Wir hoffen, dass das Projekt „interkommunale Zusammenarbeit“ weiterhin blüht, indem sich viele weitere Kommunen mit ihren Projekten in eigener Verantwortung zusammenschließen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Weil Sie den Kollegen Eckert gesucht haben, will ich Ihnen noch zurufen: Es war keine Missachtung Ihrer Rede; der Kollege Eckert hatte zeitgleich eine Besuchergruppe zu betreuen.

(Zurufe von der CDU)

Ich teile einfach mit, ohne jede Feststellung, dass der Kollege Eckert eine Besuchergruppe zu betreuen hat.

Bei Tagesordnungspunkt 7 steht kein Überweisungsvorschlag. Stimmen wir direkt ab?

(Zurufe: Ja!)

Wir stimmen direkt ab. Wer dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 19/3369, zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die FDP. Wer ist dagegen? – Keiner. Wer enthält sich? – Die SPD und die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Entschließungsantrag einstimmig angenommen.

Noch eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist der Dringliche Antrag der Fraktion der SPD betreffend Lärmobergrenze verbindlich und rechtlich umsetzbar einführen, Drucks. 19/3878. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 41 und kann zusammen mit den Tagesordnungspunkten 24, 11 und 18 aufgerufen werden. – Kein Widerspruch. So wird es gemacht.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes – Drucks. 19/3846 –

In der ersten Lesung wird der Gesetzentwurf vom Kollegen Wagner, dem Fraktionsvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eingebracht.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe die große Freude, heute den gemeinsamen Gesetzentwurf von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Novellierung des Schulgesetzes in den Landtag einzubringen. Mit diesem Gesetzentwurf tragen wir dem Rechnung, was wir seit Beginn der Legislaturperiode zum Schwerpunkt der Bildungspolitik gemacht haben: einem Mehr an Bildungs- und Chancengerechtigkeit für alle Schülerinnen und Schüler in Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir setzen mit diesem Gesetzentwurf auf drei Prinzipien. Das erste Prinzip, das diese Koalition leitet, ist der Respekt vor dem Elternwillen. Wir wissen es nicht besser als die Eltern, die Entscheidungen für ihre Kinder treffen. Wir wollen für die Kinder die bestmöglichen Fördervoraussetzungen an den Schulen schaffen, und wir wollen den Eltern die Möglichkeit geben, sich für das Bildungsangebot zu entscheiden, das aus ihrer Sicht für ihren Sohn oder ihre Tochter am besten ist. Das ist für uns Respekt vor dem Elternwillen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Zweitens lassen wir uns von dem Prinzip „Ermöglichen statt Verordnen“ leiten. Wir wollen unseren Schulen neue pädagogische Möglichkeiten einräumen, wir wollen ihnen Gestaltungsfreiheit geben, und wir geben ihnen eine gute Ausstattung, um ihre Arbeit zu erledigen. Aber wir schreiben ihnen eben nicht bis ins Detail vor, wie sie ihre Arbeit erledigen. Wir wissen nicht, welcher der beste Weg ist, um zu guten pädagogischen Konzepten zu kommen, sondern wir setzen auf „Ermöglichen statt Verordnen“.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Drittens setzen wir auf Evolution statt Revolution.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das wissen wir schon seit Langem!)

Wir wollen unser Bildungswesen mit Augenmaß weiterentwickeln. Aber wir wollen mit dem Fehler aufhören, der die hessische Bildungspolitik in früheren Jahrzehnten so oft ausgezeichnet hat: Immer neue, angeblich revolutionäre bildungspolitische Ideen sind in den Schulen ausgebracht worden, und dort hat man eigentlich nur gesagt: Um Gottes willen, könnt ihr uns nicht einen Moment in Ruhe lassen? Könnt ihr nicht uns entscheiden lassen, was das bessere pädagogische Konzept ist? – Deshalb setzen wir auf eine evolutionäre Weiterentwicklung statt auf immer neue, vermeintlich revolutionäre bildungspolitische Ideen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Lassen Sie mich auf einzelne Regelungen dieses Gesetzentwurfs eingehen. Wir regeln die ganztägig arbeitende Schule neu. Im Hessischen Schulgesetz wird erstmals der Pakt für den Nachmittag aufgenommen – das große Projekt dieser Legislaturperiode, mit dem wir es allen Grundschulen ermöglichen wollen, ein Bildungs- und Betreuungsangebot von 7:30 bis 17 Uhr zu machen. Außerdem wird im Hessischen Schulgesetz erstmals auch die rhythmisierte Ganztagsschule in gebundener und in teilgebundener Form geregelt.