Protokoll der Sitzung vom 22.02.2017

Meine Damen und Herren, aus all diesen Gründen ist es eine Scheinobjektivität, die Sie hier postulieren, die man angeblich mithilfe einer solchen Studie herstellen könnte. Das funktioniert nicht.

Deswegen gehen wir einen anderen Weg. Wir erkennen die zusätzlichen Belastungen an, die aus der inklusiven Schule, aus dem Ganztagsschulausbau und der Integration von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern resultieren. Das unterfüttern wir auch mit zusätzlichen Ressourcen, und zwar nicht zu knapp, beispielsweise mit über 2.000 Stellen für die inklusive Beschulung und mit über 2.000 Stellen für den Ganztagsschulausbau. Das läuft alles jenseits der normalen Unterrichtsversorgung. Über 2.000 Stellen gibt es mittlerweile auch für die schulische Integration von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern. Unterrichtsunterstützende sozialpädagogische Förderung statten wir mit potenziell 1.600 Stellen aus. Das findet alles jenseits der

normalen Ressourcen der Unterrichtsversorgung statt. Das machen wir alles, ohne dabei auf eine Studie zurückgreifen zu müssen, weil wir diese Form der besonderen Belastung unserer Lehrerinnen und Lehrer sehr wohl anerkennen und weil wir dem auch entsprechend Rechnung tragen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will nicht unerwähnt lassen, dass wir darüber hinaus auch noch der persönlichen Situation der Lehrerinnen und Lehrer Rechnung tragen mit der Arbeitszeitverkürzung, die zum kommenden Schuljahr bevorsteht. Deswegen trifft es einfach nicht zu, dass die Belastungen in Hessen in irgendeiner Form höher wären als in anderen Bundesländern. Wir liegen absolut im Schnitt der Bundesländer, was die Stundenvorgaben für die Lehrerinnen und Lehrer angeht. Es sei denn, Sie wollten behaupten, die Schülerinnen und Schüler in Hessen seien per se wesentlich problematischer als in Rheinland-Pfalz oder in Nordrhein-Westfalen. Das glaube ich von unserem Hessenland aber auch nicht.

Herr Minister, bitte denken Sie an die Redezeit.

Herzlichen Dank für den Hinweis, Herr Präsident. Dann will ich nur noch einen Aspekt unterbringen.

Denn vor allem richten wir das Fortbildungs- und Beratungsangebot für die Schulen und die schulischen Netzwerke neu aus, um den einzelnen Schulen Instrumente dafür an die Hand zu geben, zusätzliche Belastungen ihrer Lehrkräfte zu lokalisieren und mithilfe unseres Unterstützungssystems aus Lehrkräfteakademie und Staatlichen Schulämtern passgenaue individuelle Entlastungsmaßnahmen durchzuführen. Die Ressourcen dafür stehen bereit; das hat die eben vorgetragene Aufzählung noch einmal demonstriert. Wir müssen die Ressourcen nur an den richtigen Stellen einsetzen. Dafür geben wir den Schulen eine entsprechende Unterstützung. Das ist der Königsweg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen.

Wird der Antrag Drucks. 19/4337 an den Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen? – Ja, das machen wir so.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Forschungscampus ein Eckpfeiler für Mittelhessen als Region der Spitzenforschung – Drucks. 19/4346 neu –

Das Wort hat der Kollege Andreas Hofmeister, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Am 2. November 2016 besiegelten im Marburger Schloss die Präsidenten der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Philipps-Universität Marburg und der Technischen Hochschule Mittelhessen gemeinsam mit Wissenschaftsminister Boris Rhein die Gründung des Forschungscampus Mittelhessen. Damit fand ein längerer Planungsprozess zur weiteren Verbesserung der Strukturen für die Spitzenforschung in Mittelhessen einen erfolgreichen Abschluss.

Die Justus-Liebig-Universität, die Philipps-Universität und die THM verfügen als Forschungsstätten über unterschiedliche Stärken und Potenziale. Nicht ohne Grund genießt Mittelhessen als Region mit exzellenter Forschung und Lehre bereits einen guten Ruf. Nachdem die Beziehungen der beiden Universitäten in Marburg und Gießen früher eher angespannt waren, pflegen die drei Hochschulen seit mehreren Jahren eine gute Zusammenarbeit und kooperieren in einigen Bereichen.

Mit dem Forschungscampus wird die Zusammenarbeit nun weiter intensiviert. Daraus können und werden sich enorme Vorteile für Lehre und Forschung an den drei Standorten ergeben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zudem profitiert auch der wissenschaftliche Nachwuchs von der Kooperation: durch Tenure-Track-Professuren und eine gemeinsame Promotionsplattform der drei Hochschulen. Zu den Forschungsfeldern des Campus gehören unter anderem Psychologie und Neurowissenschaften, Mikrobiologie und Biologie, Herzkrankheiten-, Lungenerkrankungs- und Infektionsforschung sowie Geschichtsund Regionalwissenschaften.

Werte Kolleginnen und Kollegen, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben im Koalitionsvertrag verankert, dass das hohe Niveau von Forschung und Lehre an den hessischen Hochschulen gehalten und weiter ausgebaut werden soll. In unserem Koalitionsvertrag findet sich nicht zuletzt das Ziel der Stärkung Mittelhessens als Forschungsregion. Diesen Weg verfolgen wir konsequent.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Allein die geplanten, in Durchführung befindlichen und bereits abgeschlossenen Baumaßnahmen – es seien hier speziell die drei mittelhessischen Hochschulen genannt – zeigen dies eindrücklich. Das Vorhaben des Forschungscampus Mittelhessen wird in den kommenden fünf Jahren über das Ministerium für Wissenschaft und Kunst mit insgesamt rund 7,3 Millionen € gefördert. Das ist gut angelegtes Geld und erhöht die Chancen der Hochschulen sowohl bei der Einwerbung von Drittmitteln in der Verbundforschung als auch im Exzellenzwettbewerb.

Meine Damen und Herren, in diesem Hause ist sicherlich unstreitig, dass Wissenschaft und Forschung der Motor für Innovation und damit für die Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes sind. Aufgabe der Politik ist es, hierfür die passenden Rahmenbedingungen zu setzen und damit den Hochschulen die Gelegenheit zur Profilbildung und zum Herausarbeiten ihrer Stärken in Forschung und Lehre zu geben. Bei dem konkreten Projekt, dem Forschungscampus Mittelhessen, gehört speziell die

Möglichkeit dazu, hochschulübergreifende Einrichtungen zu bilden, wie es nach dem Hessischen Hochschulgesetz möglich ist. Unsere drei mittelhessischen Hochschulen nutzen diese Rahmenbedingungen, ihre jeweiligen Stärken sowie ihre besonderen Kompetenzfelder mit dem Forschungscampus nun in vorbildlicher Weise.

Die Hochschulen des Verbundes verfügen einerseits über große inhaltliche Schnittmengen und ergänzen sich gleichzeitig fachlich durch die jeweils entwickelten eigenen Schwerpunkte. Dabei behalten sie ausdrücklich ihre Eigenständigkeit. Ich darf an dieser Stelle die Präsidentin der Philipps-Universität Marburg, Frau Prof. Dr. Krause, zitieren, die im Rahmen des Gründungsfestaktes feststellte: „Wir sind daher im Verbund stärker als jede einzelne Hochschule für sich“. Der Gedanke ist nachvollziehbar. Dass es aber wirklich gelungen ist, aus der Idee, der Theorie, in der Praxis einen Verbund zusammenzuführen, verdient eine entsprechende Würdigung, wie etwa im Rahmen dieser Debatte.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gilt, stellvertretend für alle Beteiligten den Präsidenten der drei Hochschulen, Frau Prof. Dr. Krause, Herrn Prof. Dr. Mukherjee und Herrn Prof. Dr. Willems, für ihren Einsatz im Sinne der mittelhessischen Region zu danken. Die weitere Profilierung Mittelhessens in der Wissenschaftslandschaft ist gleichbedeutend mit praktischer Standortförderung. Nachwuchswissenschaftlern werden neue Karrierechancen geboten, und die Verbundstrukturen bieten Anknüpfungspunkte für weitere außeruniversitäre Einrichtungen. Nicht zuletzt trägt der Verbund von JLU, PhilippsUniversität und THM dazu bei, sich in besonderer Weise im bundesweiten Wettbewerb der Hochschulen zu präsentieren.

Meine Damen und Herren, der Forschungscampus Mittelhessen ist ein hervorragendes Beispiel für die Attraktivität unseres Bundeslandes als Hochschul- und Wissenschaftsstandort. Den Standortvorteil Hessens werden wir als Koalition aus CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weiterhin fördern und, wo möglich, ausbauen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Hofmeister. – Das Wort hat Frau Özgüven, SPD-Fraktion.

Herr Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Zusammenarbeit der Philipps-Universität Marburg, der JustusLiebig-Universität Gießen und der Technischen Hochschule Mittelhessen hat eine lange Tradition.

Mit der Gründung des Forschungscampus Mittelhessen haben die drei Hochschulen nun einen sehr bedeutenden weiteren Grundstein gelegt, um die Forschung auf Spitzenniveau in Mittelhessen voranzubringen und zu etablieren. Die beteiligten Hochschulen weisen einerseits eine breite Schnittmenge auf, sind andererseits aber auch fachlich ergänzend zueinander aufgestellt, sodass sie gemeinsam stärker sind als jede Hochschule für sich alleine. Das Augenmerk der Kooperation liegt dabei insbesondere auf gemein

samen Forschungsprojekten und auf der Gewinnung und Ausbildung exzellenten wissenschaftlichen Nachwuchses.

Meine Damen und Herren, all das ist zwar wunderbar und in jedem Fall zu unterstützen; allerdings dürfen wir die Augen vor den Schwierigkeiten und Hindernissen, denen die drei Hochschulen weiterhin begegnen, nicht verschließen.

(Beifall bei der SPD)

Der Forschungscampus Mittelhessen steht vor dem Problem, dass sich Studierende nicht an zwei Hochschulen gleichzeitig einschreiben können. Dies wäre aber – auch nach Einschätzung der Akteure und der Studierenden – insbesondere in Masterstudiengängen von wesentlicher Bedeutung. Bei gemeinsamen Studiengängen setzen sich Studierende, die an der einen Universität immatrikuliert sind, selbstverständlich auch in Vorlesungen an der anderen Hochschule. Für die Entwicklung gemeinsamer Studiengänge ist daher die Möglichkeit zur Doppelimmatrikulation erforderlich. Die Aufhebung einer bürokratischen Hürde durch die Schaffung der Möglichkeit der Doppeleinschreibung wäre also eine große Erleichterung in der Lehre.

(Beifall bei der SPD)

Auf diese Weise würde sich das Problem, wie die Landesmittelzuweisungen zwischen den Hochschulen zu gewichten sind, in den genannten Fällen nicht mehr stellen.

Ein weiteres Problemfeld bilden die existierenden extremen Wettbewerbsformen. Diese sind auch im Falle des Forschungscampus Mittelhessen nicht förderlich, da sich die Hochschulen in Teilbereichen weiterhin im Spannungsfeld zwischen Konkurrenz und Zusammenarbeit befinden. Eine gänzliche Aufhebung des Konkurrenzverhältnisses kann also auch durch den Verbund des Forschungscampus nicht erzielt werden. Die sehr auf Wettbewerb ausgerichtete Finanzierungsstruktur der Hochschulen müsste sich deutlich ändern, um eine uneingeschränkte Kooperation und Arbeitsteilung zwischen den Hochschulen zu gewährleisten.

(Beifall bei der SPD)

Die Förderung des Forschungscampus mit einem Gesamtvolumen von 7,3 Millionen € für die Dauer von fünf Jahren ist positiv hervorzuheben. Jedoch hilft dieser Betrag lediglich, eine gemeinsame Geschäftsstelle aufzubauen. Die eigentlichen Mittel für die Forschung müssen weiterhin ausschließlich aus Drittmittelprojekten und dem LOEWE-Programm fließen.

Abschließend möchte ich auf Punkt 4 des Antrags zu sprechen kommen. Die SPD hat auf Bundesebene gegen den Widerstand des Koalitionspartners die zusätzlichen Tenure-Track-Professuren im Rahmen des Pakts für den wissenschaftlichen Nachwuchs mit einem Zuschuss von 1 Milliarde € über die Paktlaufzeit durchgesetzt. In dem Zusammenhang ist es doch sehr positiv, dass die CDULandtagsfraktion die gute Arbeit der SPD auf der Bundesebene anerkennt und unter Punkt 4 des Antrags lobend hervorhebt.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Dennoch reicht es nicht, nur Tenure-Track-Stellen zu schaffen. Bund und Länder müssen gemeinsam Dauerstellen für den Mittelbau an den Hochschulen finanzieren. Hierfür müssen neue Personalkategorien entwickelt und umgesetzt werden.

Herr Minister Rhein, Sie stellten in einer der vergangenen Plenarsitzungen in Aussicht, dass es künftig Dauerstellen für Daueraufgaben an den Hochschulen geben werde. Dies ist ein längst überfälliger Schritt, der den Forderungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Hochschulen entspricht und zur Entlastung der Beschäftigten führen wird. Wir sind gespannt, ob Ihrem Versprechen Taten folgen und Dauerstellen für Daueraufgaben verankert werden. Seien Sie sicher: Wir werden das beobachten.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Kollege Daniel May, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns als Koalition das wissenschaftspolitische Ziel gesetzt, die Vernetzung unserer Hochschulen zu fördern und die Clusterbildung weiter zu betreiben. Mit der Bewilligung der Mittel für den Forschungscampus Mittelhessen haben wir genau die Entwicklung initiiert, die wir im Koalitionsvertrag vorgesehen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Die Gründung des Forschungscampus Mittelhessen der drei mittelhessischen Hochschulen ist für uns GRÜNE ein gutes Beispiel dafür, dass es, bei aller Notwendigkeit des Wettbewerbs im Wissenschaftssystem – da sehe ich einen kleinen Unterschied zu dem, was meine Vorrednerin ausgeführt hat; ich glaube, dass Wettbewerb und Wissenschaft durchaus etwas miteinander zu tun haben sollten –,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)