Stattdessen redet man vom „Allzeithoch“. Ich erinnere mich sehr gut an die vergangene Regierungserklärung des Kultusministers, in der alles schöngeredet worden ist. Wenn man aber einmal ehrlich sein würde, dann könnte man partnerschaftlich schauen, welche Lösungen man gemeinsam findet.
Nun ist das Kind in den Brunnen gefallen. Lehrkräfte fehlen. Das Problem wird sich in den nächsten Jahren noch weiter verschärfen. Eines kann ich Ihnen auch schon jetzt sagen: Die Aktivierung von Pensionären mag ein Tropfen auf den heißen Stein sein, aber natürlich keine ausreichende und adäquate Maßnahme, um an dieser Stelle zu reagieren. Das ist keine innovative Lösung.
Was wir dringend brauchen, ist eine verlässliche Lehrerbedarfsplanung, die nachhaltig und transparent ist. Wir erwarten, dass Sie das Parlament dabei mit einbeziehen, Herr Kultusminister, und nicht nur durch Pressemitteilungen verlautbaren lassen, welche Maßnahmen Sie kurzfristig und mittelfristig einleiten wollen.
Wir werden dieses Problem nur lösen können, wenn wir die Attraktivität des Lehrerberufs in Hessen endlich wieder steigern, wenn wir die Arbeitsbedingungen verbessern und auf Überlastungsanzeigen eingehen. Vor allem müssen wir dafür sorgen, dass die Entlohnung bzw. Besoldung für Lehrkräfte im Grundschulbereich endlich angehoben wird,
Erst so werden sich junge Leute wieder für die Aufnahme eines Lehramtsstudiums begeistern können. Nur so können wir dafür sorgen, dass unsere Schulen mit guten und qualifizierten Lehrkräften ausgestattet sind. Ich bin mir sicher, dieses Thema werden wir heute hier nicht zum letzten Mal besprechen. Das wird uns in den nächsten Jahren weiter beschäftigen.
In diesem Sinne bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit und wünsche uns noch eine angeregte Debatte.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Ich bin der SPD sehr dankbar, dass wir heute diesen Setzpunkt besprechen können, um die einzigartigen bildungspolitischen Leistungen der schwarz-grünen Koalition heute Morgen zu dokumentieren.
Herr Kollege Degen, wir leben in der Tat in herausfordernden Zeiten. Noch vor weniger als eineinhalb Jahren hat keine einzige Bedarfsprognose steigende Schülerzahlen ergeben. Es war nicht absehbar. Und was Sie völlig ausblenden, Herr Kollege Degen, ist, dass es diesen Bedarf an Grundschul- und Förderschullehrkräften in allen 16 Bundesländern gibt. Völlig ausgeblendet haben Sie aber auch, dass der Bedarf unterschiedlich groß ist. Das werde ich Ihnen gleich auch dokumentieren.
Beginnen wir einmal mit dem, was Sie feststellen. Sie gehen auf eine Prognose aus dem Jahr 2015 ein. Als Lehrer mit zwei Staatsexamina wissen Sie, wie lange es dauert, um einen Lehrer in unserem Sinne zu qualifizieren. Hierfür brauchen wir nämlich fünf bis sieben Jahre.
Jetzt rechnen wir das einmal hoch. Wenn wir zum Jahr 2015 fünf Jahre hinzuaddieren, sind wir beim Jahr 2020. Das heißt im Klartext: Einmal mehr beschreiben Sie konzeptionslos ein Phänomen ohne jeglichen Ansatz einer Lösung. Das ist SPD-Bildungspolitik, meine Damen und Herren.
Lediglich der unerwartete Zustrom von 25.000 Seiteneinsteigern in den vergangenen 18 Monaten hat zu dieser Situation geführt. Jetzt schauen wir uns einmal die Situation in rot geführten Bundesländern an.
Rot-Rot-Grün in Berlin: vierstelliger Lehrerbedarf im Grundschulbereich. Schauen wir einmal ins benachbarte Nordrhein-Westfalen: 4.329 Stellen nicht besetzt. Schöne
Grüße nach Nordrhein-Westfalen. Schöne Grüße an die Politik in der Verantwortung von Hannelore Kraft.
Meine Damen und Herren, in Hessen ist die Situation deutlich besser. Wir haben einen Bedarf von 300 Stellen, die wir aber besetzen werden, und zwar mit qualifizierten examinierten Lehrkräften, aber nicht mit Quereinsteigern, wie dies in anderen Bundesländern geschieht. Das ist kein Zufall. Denn das Land Hessen und dieser Kultusminister, Herr Prof. Dr. Lorz, haben sehr klug und sehr planvoll dazu beigetragen, dass die Stellen in Hessen nicht nur geschaffen werden, sondern dass sie auch besetzt werden: 800 zusätzliche Stellen im Haushaltsplan 2016, 1.100 zusätzliche Stellen im Haushaltsplan 2017, 612 Stellen kommen hinzu durch die Reduzierung der Arbeitszeit.
Das führt zu fantastischen Rahmenbedingungen. Wir erhalten eine Unterrichtsversorgung von 105 % aufrecht. Wir leisten uns die kleinsten Klassen, die es in Hessen jemals gab. Wir haben die drittkleinsten Klassen im Vergleich zu allen anderen Bundesländern. Das nenne ich eine bildungspolitische Leistung, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, schauen wir einmal auf die Ausbildungskapazitäten. Ihr pharisäerhaftes Larmoyieren finde ich bemerkenswert. Wir haben 4.800 Stellen für Lehrer im Vorbereitungsdienst. Wissen Sie, wie viele es 1999 gab? – 3.300. Das heißt, wir haben 1.500 Stellen obendrauf gepackt.
(Timon Gremmels (SPD): Wie viele waren es 1871? – Weitere Zurufe von der SPD – Gegenrufe von der CDU)
Das darf aber nicht von meiner Redezeit abgehen. Darauf lege ich großen Wert, denn ich habe noch viel zu sagen.
Schauen wir einmal nach Rheinland-Pfalz. Die dortige SPD-Kultusministerin Hubig – Sie kennen sie gut, vermute ich –, was hat die vor? Sie will 310 Lehrerstellen abbauen. Während wir 2.500 zusätzliche Planstellen schaffen, die auch besetzt werden, werden in Rheinland-Pfalz 310 Stellen abgebaut. Das nenne ich einen Unterschied, meine Damen und Herren.
Der VBE-Chef in Rheinland-Pfalz, Herr Bold, befürchtet die Schließung von 76 Schulstandorten, an denen die
So etwas machen wir nicht. Grundschulen in Dörfern und kleinen Städten sind das Rückgrat für die Entwicklung und Perspektiven an diesen Orten.
Niedersachsen ist so „mutig“, dass der dortige Kultusminister die Zahlen gar nicht erst veröffentlicht. Auch das sei an dieser Stelle einmal gesagt.
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern gibt es in Hessen keinen Unterrichtsausfall. Herr Kollege Degen, eine temporäre Doppelbesetzung bei einer Klassenleitung ist Ausdruck kluger operativer Arbeit einer Schulleitung. Ich erwarte von einer Schulleitung sogar, dass in einer besonderen Situation in besonderer Weise reagiert wird.
Hessen besteht den Wettbewerb mit anderen Bundesländern, das Land Hessen zahlt aber auch eine höhere Grundbesoldung als die allermeisten Bundesländer. Das sei an dieser Stelle einmal gesagt.
Das heißt, wir handeln wirkungsvoll, weitsichtig und klug – und zwar so klug, Herr Kollege Degen, dass jede Menge Bundesländer bei uns abschauen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, dass Sie mir abermals zu etwas Ruhe verhelfen. Ich bilde mir zwar ein, eine durchschlagskräftige Stimme zu haben, aber die linke Seite dieses Hauses scheint sehr aufgeregt zu sein, weil sie einmal mehr mit ihrem Setzpunkt neben der Spur liegt und diesen versenkt hat.
Hessen hat einen dreistufigen Maßnahmenplan. Wir handeln kurzfristig, indem wir Pensionären, die vor weniger als zwei Jahren aus dem Dienst geschieden sind – das sind 1.600 Leute –, anbieten, zurückzukehren. Außerdem haben 580 Lehrerinnen und Lehrer, die bald in Pension gehen, ebenfalls die Möglichkeit, ihre Dienstzeit zu verlängern. Das ist die kurzfristige Lösung.