Protokoll der Sitzung vom 22.02.2017

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem wir über ein Thema gesprochen haben, das für das Land Hessen finanziell bedeutend ist und für die politische Schicht in diesem Land sicherlich auch sonst sehr spannend, kommen wir jetzt zu einem Thema, das vor allem für die Bürger in unserem Land wichtig ist, insbesondere für diejenigen, bei denen wir uns hier zu Recht so oft herzlich für ihre ehrenamtliche Arbeit bedanken: die Feuerwehrleute und Rettungskräfte, die unter Einsatz ihres Lebens immer wieder für uns tätig sind. Um sie geht es jetzt.

Es geht um die Frage, wie wir mit dem Thema Heckwarnsysteme bei hessischen Feuerwehren umgehen. Dabei geht es sowohl um fest montierte Systeme wie auch um Verkehrssicherungsanhänger.

(Beifall bei der FDP)

Wir mussten die Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Tat noch einmal hier ins Parlament bringen, weil deutlich geworden ist, dass das, was im Ausschuss beraten wurde, nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann.

Ich will Ihnen kurz die Ausgangslage schildern. Das hessische Verkehrsministerium, Herr Minister Al-Wazir hat am 2. November 2016 die seit März 2009 vom damaligen Wirtschaftsminister Posch erteilten Ausnahmegenehmigungen für Heckwarnsysteme an Einsatzfahrzeugen mit verkehrsleitenden Funktionen, also Blinkpfeile der Feuerwehr, widerrufen.

Zugleich wurde bereits bestehenden bzw. in Auslieferung befindlichen Heckwarnsystemen ein Bestandsschutz gewährt. Schon angebrachte Systeme müssen demzufolge zumindest nicht zurückgebaut werden. Auf eine Resolution des hessischen Feuerwehrverbands hin trat am 21. November 2016 der Innenminister mit dem Wirtschaftsminister in Kontakt, verbunden mit der Bitte, eine schnelle und pragmatische Lösung zu finden. Das hat ein wenig gedauert – ich will Sie jetzt nicht mit der relativ komplizierten Rechts

lage langweilen. Wenn es darauf ankommt, kann ich das notfalls aber auch noch ausführlich erläutern.

(Anhaltende Unruhe)

Es ist ein bisschen schwer, hier durchzudringen, Frau Präsidentin.

Aber lassen wir die Rechtslage weg. Die Rechtsfolgen sind das Entscheidende; sie betreffen die Feuerwehrleute draußen. Die Neuregelung von § 52 Abs. 11 StVZO mit der tatsächlichen Nutzung und den Möglichkeiten verschiedener, auch verkehrsleitender Anzeigen bleibt hinter dem Bescheid der Ausnahmeregelung zurück, die Minister Posch seinerzeit erlassen hat.

(Florian Rentsch (FDP): Aha!)

Danach sind diese Systeme jetzt nämlich grundsätzlich nicht mehr zulässig. Für bestehende Anlagen bestand nach den Rücknahmebescheiden vom November 2016 Bestandsschutz, sie mussten also nicht außer Betrieb genommen werden. Sie dürfen allerdings nur noch ohne die verkehrsleitende Funktion, also ohne den Richtungspfeil, eingesetzt werden; das ist das Problem.

(Zuruf von der FDP: Bescheuert!)

Ich würde einen solchen Begriff jetzt nicht verwenden, aber es ist jedenfalls nicht sonderlich sinnhaft, insbesondere aus Sicht der Feuerwehrleute.

(Beifall bei der FDP)

Es gibt eine Lösungsmöglichkeit. In Betracht käme, dass der Verkehrsminister nach § 70 Abs. 1 Nr. 2 StVZO eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Wenn er in dieser Ausnahmegenehmigung wieder die Nebenbestimmung der alten Ausnahmegenehmigung einfügen würde – ich will es verkürzen –, dann könnten auch neu beschaffte Feuerwehrfahrzeuge im bisherigen Umfang genutzt werden. Parallel dazu müsste man natürlich auf eine Änderung des § 52 Abs. 11 StVZO auf Bundesebene hinwirken. Das hat der Innenminister in Aussicht gestellt; ich gehe davon aus, dass das entsprechend angeschoben wird.

Das Problem ist, dass von der Landesregierung Ausnahmen abgelehnt worden sind – mit Verweis darauf, dass die StVZO seitens der Bundesebene bewusst und zielgerichtet so geändert worden sei, dass keine verkehrsleitenden Signale mehr verwendet werden dürfen.

Meine Damen und Herren, im Innenausschuss wurde uns dann erklärt, das Thema sei durch die Entscheidung der Landesregierung vom Januar 2017 gelöst. Da hat sich die Landesregierung gegen neue Ausnahmegenehmigungen zur StVZO entschieden, um die strittige Frage im Hinblick auf die schwierigen Zuständigkeitsfragen nicht entscheiden zu müssen.

Stattdessen hat die Landesregierung einen neuen Erlass auf der Grundlage des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes herausgegeben, der allerdings nur einen Bestandsschutz für bereits bestehende, bestellte Anlagen und deren Betrieb vorsieht. Das bedeutet nach Informationen, die wir auch von Feuerwehren bekommen haben: Bereits georderte, aber noch nicht gelieferte Fahrzeuge fallen nicht darunter, erst recht nicht solche, die in zwei oder drei Jahren ersetzt werden müssen. Insofern ist diese Lösung nicht zukunftsträchtig, Herr Minister.

Die Landesregierung, das will ich abschließend sagen, hat eine sinnvolle Lösung schlicht und ergreifend verschlafen.

Drei Jahre lang ist überhaupt nichts passiert. Dann wurden – ohne eine praktikable Lösung in der Tasche zu haben – mit dem Widerruf der Ausnahmegenehmigung Fakten geschaffen.

Meine Damen und Herren, ich wiederhole, was ich eingangs gesagt habe, als letzten Satz: Es geht um Leib, Leben und Unversehrtheit freiwilliger Rettungskräfte. Handeln Sie also einmal mutig. Gehen Sie voran, auch gegenüber dem Bund. Zeigen Sie einmal Mut nicht nur gegenüber der Opposition, sondern auch gegenüber einem Königsthron.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Kollege Greilich. – Als nächster Redner spricht nun Herr Kollege Irmer von der Fraktion der CDU. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich darf an dieser Stelle wahrscheinlich im Namen aller Anwesenden den über 70.000 Feuerwehrkameradinnen und -kameraden im Land Hessen ein herzliches Dankeschön abstatten für all das, was sie Tag für Tag, Nacht für Nacht für uns tun, auch unter Einsatz ihrer Freizeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich möchte auch darauf aufmerksam machen, dass es völlig richtig ist, dass wir bei dem Schutzparagrafen 112 die Feuerwehrkameraden ausdrücklich mit aufgenommen haben.

Meine Damen und Herren, wir stehen als Union und als diese Landesregierung tragende Koalition hinter unserer Feuerwehr und aller Arbeit, die sie leistet. Dies äußert sich nicht nur verbal in Sonntagsreden, sondern durch ganz konkretes praktisches Handeln.

Ich will nur einige wenige Stichworte nennen, um darzulegen, was wir tun. Beispielsweise stehen seit 2009 alljährlich – unabhängig von der Höhe der Feuerwehrschutzsteuer – 30 Millionen € zuverlässig zur Verfügung. In den letzten zehn Jahren haben wir rund 100 Millionen € in 975 Fahrzeuge und 270 bauliche Maßnahmen investiert.

Wir haben im Jahr 2014 die Feuerwehrstiftung zur Förderung des Ehrenamtes ins Leben gerufen. Wir haben Jubiläumszuwendungen für langjährig Aktive eingeführt. Die Jugendfeuerwehr erhält jedes Jahr 100.000 € Sonderzuwendung. Im Jahr 2014 erhielt sie anlässlich des Jubiläums 360.000 €.

Es gibt die monatliche Auszeichnung „feuerwehrfreundlicher Betrieb“. Es gibt Sonderregelungen zur Unterstützung der Feuerwehr beim Thema Feuerwehrführerschein. Eine mobile Brandschutzsimulationsanlage wurde angeschafft. Die Altersgrenze wurde von 60 auf 62 Jahre auf freiwilliger Basis erhöht. Es gibt die Verlängerung der Einsatzmöglichkeiten der Ehren- und Altersabteilung bis 70 Jahre auf freiwilliger Basis.

Es gibt die Nachwuchsförderung. Die Bambinigruppen wurden ermöglicht. Es findet Brandschutzerziehung im Kindergarten und in der Grundschule statt. Es gibt das Freiwillige Soziale Jahr bei der Feuerwehr. Es gibt einen Kooperationsvertrag zwischen den Schulen, der Feuerwehr und dem Kultusministerium. Das soll einfach einmal reichen, um deutlich zu machen, was wir für die Feuerwehr in Hessen in den letzten Jahren gemacht haben. Das kann sich sehen lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Greilich zu?

Bei fünf Minuten Redezeit lasse ich sie nicht zu. – Meine Damen und Herren, nun haben wir seit kurzer Zeit ein neues Problem. Im November letzten Jahres hat der Landesfeuerwehrverband Hessen völlig zu Recht wegen der Geschichte Alarm geschlagen, die Herr Kollege Greilich völlig zu Recht angesprochen hat. Demnach ist der Einsatz der Heckwarnanlagen mit verkehrslenkenden Maßnahmen nicht mehr möglich. Deswegen hat der Landesfeuerwehrverband Hessen zu Recht eine entsprechende Warnmeldung herausgegeben: Das geht nicht.

Das geht nicht. Das können wir nachvollziehen. Herr Kollege Greilich, Sie haben darauf hingewiesen: Im Jahr 2009 hat der damalige Verkehrsminister Posch eine entsprechende Ausnahmeregelung zu Recht ermöglicht.

Der Bund hat 2013 erklärt: Wir brauchen eine Vereinheitlichung, Heckwarnsysteme ja, verkehrslenkende Maßnahmen nein. – Die Ausnahmeregelung wurde durch das Wirtschaftsministerium im November letzten Jahres widerrufen. Deshalb kam es zu dem Sich-Einsetzen des Landesfeuerwehrverbandes Hessen. Es gab eine erste Klarstellung des Ministeriums am 23. November 2016. Demnach war der Rückbau der Heckwarnanlagen nicht nötig. Damit wurde das Gesamtproblem allerdings noch nicht gelöst.

Ich wurde in diesen Tagen vom Feuerwehrverband Wetzlar angeschrieben. Ich habe sofort den Innenminister angeschrieben und darauf aufmerksam gemacht. Der Innenminister hat innerhalb eines Tages erklärt: Das Problem ist bekannt. Wir werden es lösen. Ich werde das mit dem Wirtschaftsministerium abstimmen. Wir wollen genau die Lösung, die wir in der Vergangenheit hatten.

Dann gab es den Antrag der FDP-Fraktion vom 3. Januar 2017. Es gab einen der Fraktionen der CDU und der GRÜNEN vom 11. Januar 2017. Beide hatten das Ziel, den Einsatz der Heckwarnanlagen mit Verkehrslenkungsmaßnahmen weiterhin zu ermöglichen. Das sollte einerseits geschehen, um möglicherweise entstehende Unfälle nach dem ersten Schadensereignis zu vermeiden. Andererseits sollten damit weitere Menschenleben gerettet werden können. Natürlich geht es auch darum, den Schutz unserer Feuerwehrkameraden im Einsatz zu erhöhen. Das ist in der Sache völlig unstreitig.

Am 30. Januar 2017 gab es dann einen gemeinsamen Erlass des Innenministers und des Wirtschaftsministers. Daraufhin hat der Landesfeuerwehrverband Hessen durch sei

nen Präsidenten, Herrn Dr. Ackermann, erklärt, er sei froh, dass schnell eine praktikable Lösung gefunden worden sei.

Ich bin genauso froh. Denn es geht darum, dass wir unseren Feuerwehrkameradinnen und -kameraden in schwieriger Lage helfen. Das wollen wir. Das haben wir damit erreicht. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Irmer, danke. – Als nächster Redner spricht nun Herr Kollege Franz von der SPD-Fraktion. Herr Kollege, bitte schön, Sie haben das Wort.

(Günter Rudolph (SPD): Sprech jetzt einmal zur Sache! Sprech jetzt einmal zu den Heckwarnanlagen!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich noch einmal kurz auf die Rede des Herrn Irmer eingehen. Sie sind Lehrer. Ich würde sagen: Bei der Aufgabe wurde das Thema verfehlt. Erst zum Schluss kamen Sie auf das Thema zu sprechen.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abge- ordneten der LINKEN)

Eines haben Sie sicherlich richtig gesagt. Dem kann ich mich voll anschließen. Dabei geht es um den Dank und die Anerkennung für alle Aktiven in den hessischen Feuerwehren. Es geht um alle, die dieses System letztendlich aufrechterhalten.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Jetzt komme ich einmal zum Kern der Sache. Alle staatlichen Maßnahmen für die hessischen Feuerwehren und Rettungskräfte, unabhängig davon, ob das durch Gesetze, Verordnungen oder Erlasse geschieht, müssen sich einem wichtigen Kriterium stellen und dieses auch erfüllen: Dient diese Regelung der zusätzlichen Sicherheit derer, die anderen helfen und allein dadurch schon höheren Gefahren ausgesetzt sind, oder werden die Einsatzkräfte dadurch sogar zusätzlich gefährdet? Diese Frage muss man beantworten.

Vor diesem Hintergrund ist auch die Debatte um den technischen Begriff der Heckwarnanlagen mit verkehrslenkenden Funktionen zu bewerten. Wie schon erwähnt, wurde der bisherigen hessischen Ausnahmeregelung zur vollumfänglichen Nutzung, also auch der verkehrslenkenden Funktionen, aus dem Jahr 2009 die rechtliche Grundlage entzogen. Grund dafür war die Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung durch den Bund im Jahr 2013, die zwar die technischen Details der Heckwarnanlagen harmonisierte, jedoch die Nutzung der verkehrslenkenden Funktionen untersagte.