Heute, 22 Jahre CDU später, müssen wir feststellen, dass das Land Hessen es nicht geschafft hat, das Thema Wasser ernsthaft anzugehen.
Da hilft es eben nicht, mit einem tollen Imageprojekt wie „100 Wilde Bäche für Hessen“ ein Loblied über seine eigenen Erfolge zu singen; da geht es vielmehr darum, eine groß angelegte Initiative zu starten. Ja, der Schutz unserer Natur kostet Geld, viel Geld, aber noch mehr kostet es, für die Schäden durch fehlgeleitete Politik zu bezahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Bis heute schulden Sie uns, liebe Landesregierung, eine Antwort auf die Frage, wie Sie die Austrocknung unseres Landes stoppen wollen. Schauen wir uns beispielsweise die vielen Bachläufe in unserem noch grünen Bundesland an. Wir stellen gerade hier fest, dass die Nitratwerte viel zu hoch sind. Was haben Sie denn bisher unternommen, um flächendeckend die Nitratwerte zu senken und die hes
sischen Biotope zu schützen? – Wenn Sie mir jetzt sagen wollen, dass Sie mit der Renaturierung doch einiges angegangen sind, dann leiste ich Ihnen gerne eine kleine Nachhilfe.
Denn woher kommen die hohen Nitratwerte? – Genau, durch das Grundwasser. Und wie kommt das Nitrat da rein? – Richtig, durch Landwirtschaft. Da bringt es mir eben nichts, dass ich einen Bachlauf wunderschön renaturiert habe und sich unsere Ministerin Hinz in einer Hochglanzbroschüre der HLG damit brüstet, dass unsere Bäche – Zitat – „wieder wild, natürlich und artenreich“ werden, wenn unser Grundwasser weiterhin verunreinigt ist.
Da selbst das HLNUG festgestellt hat, dass die Nitratwerte viel zu hoch sind, muss ich davon ausgehen, dass auch unsere Landesregierung davon Kenntnis hat. Aber bitte verstehen Sie mich nicht falsch:
Aber in Ihrem Papier finde ich keine Lösungsansätze, Fördermaßnahmen oder Programme, die dazu beitragen, dass unsere Landwirte ohne Verlust in neue ökologische Möglichkeiten investieren können.
Wir brauchen mehr ökologische Landwirtschaft und eine Abkehr von der Massentierhaltung, die so einen Beitrag zum Umwelt- bzw. in diesem Fall zum Wasserschutz leisten können.
Konkret könnte eine solche Maßnahme eine weitere Reduzierung der Gülledüngung sein. Denn zu viel Nutztier überdüngt das Land. Hier müssen wir klare Regeln schaffen, dass beispielsweise Gülleimporte nach Hessen unterbunden werden.
Zusätzlich brauchen wir eine Reduzierung der Dichte an Nutzvieh, wie beispielsweise zwei Großvieheinheiten pro Hektar – die Umweltverbände fordern das schon länger –, und eine Subventionierung der Umstellung auf ökologische Landwirtschaft.
Aber auch die Bewässerung der Felder braucht eine grundlegende Reformierung. So brauchen wir Fördergelder, die unsere Landwirte unterstützen, wenn sie eigene Wasserauffangbecken bauen wollen, um Wasserentnahme zu reduzieren. Wir brauchen zusätzlich Tröpfchenbewässerung statt der Trommelberegnung.
Laut HLNUG haben wir seit 2003 mit kontinuierlich trockener werdenden Sommern und damit mit einem höheren Verbrauch an Wasser zu kämpfen. Dadurch ist die Grundwasserbildung in Hessen allein in den letzten Jahren um 27 % zurückgegangen. Wenn ich dann in Ihrem Antrag lesen muss, dass Sie durch die Infiltration die Erhöhung der Grundwasserentnahme kompensieren wollen, ist nur
die Hälfte der Aufgabe erfüllt. Denn wir brauchen nicht nur eine Kompensation, wir brauchen eine höhere Infiltration, um endlich unsere Grundwasserbestände wieder zu erhöhen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Da ist das Projekt „Neue Riedleitung“ eben nur eine Notlösung, um das Trinkwasser in das Ballungsgebiet RheinMain zu bringen. – Ja, die Situation ist bekannt, und ja, ohne diese Leitung würde unsere Metropolregion auf dem Trockenen sitzen. Aber braucht es denn dann nicht mehr Engagement im Bereich der reinen Wasseraufbereitung auch in Frankfurt und Co., um den steigenden Wasserbedarf auffangen zu können? Und ganz ehrlich: 400.000 € reichen nicht aus. Wenn man dem gegenüberstellt, dass die zweite Riedleitung Kosten in Höhe von über 100 Millionen € verursacht, dann frage ich mich ernsthaft, worauf Ihr Fokus liegt: auf einer zukunftsweisenden ökologischen Neuorientierung oder auf einem nicht zeitgemäßen, desaströsen „Weiter so“? – Aber keine Sorge, die Frage müssen Sie jetzt nicht sofort beantworten.
Fahren Sie doch einmal in das Hessische Ried und fragen die Anwohner vor Ort, was sie davon halten, dass das Grund- und Quellwasser bei ihnen entzogen wird. Die Konsequenz ist doch, dass unsere Moore und Auen mehr und mehr austrocknen.
Bei Niedrigwasser im Hessischen Ried werden so gut wie alle Fließgewässer durch Klärwasser gespeist, und trotzdem werden 25 % wieder als Trinkwasser entnommen. Waren Sie nicht erst letzte Woche im Westwald, liebe Landesregierung, und haben eine millionenschwere Fördermaßnahme unterschrieben, da dieser Wald wegen des zu niedrigen Grundwassers bewässert werden muss? Irgendetwas passt da nicht ganz zusammen. Es braucht also regionale Konzepte statt überregionale Fernwasserstrecken, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Gerade im Ballungsgebiet haben wir doch das Problem der Flächenversiegelung. Der ohnehin schon trockene Boden hat dadurch zusätzlich das Problem, dass das wenige Wasser, das abgeregnet wird, nicht vom Boden aufgenommen werden kann. Auch hier suchen Sie anscheinend vergebens nach innovativen Konzepten.
Gerne gebe ich Ihnen hier ein Beispiel: Schwammstädte. Durch die Schaffung von Möglichkeiten, Regenwasser im Boden aufzunehmen, schaffen wir es, dass einerseits bei Starkregenereignissen die Kanalisation nicht überfordert wird und andererseits Trinkwasser dort gespeichert werden kann, wo es abgeregnet wird. Das kann man am Beispiel von Hamburg sehen. Die zufällig SPD-geführte Bürgerschaft hat die Notwendigkeit erkannt, nachhaltig mit Regenwasser umzugehen.
(Zuruf SPD: Hier hat man es nicht erkannt! – Gegenruf Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach, ja?)
Wir haben bereits 2017 in diesem Hause gefordert, dass wir die vierte Klärstufe dringend benötigen. Bis heute ist die vierte Stufe in Hessen kein Standard. Da ist es eben nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn – viele Jahre zu spät – Mörfelden-Waldorf als Modellkommune ausgezeichnet und gefördert wird und man auf Nachahmer hofft. Auch hier braucht es mehr Engagement von Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Im gleichen Atemzug brauchen wir aber auch eine Frischwasservermeidung in Industrie und Privathaushalten. Wo sind denn Ihre Konzepte, um die Nutzung von Brauchwasser zu fördern? Gerade im industriellen Bereich hätten wir die Möglichkeit, unser kostbares Trinkwasser aus den Kreisläufen zu reduzieren. Aber nein, auch hier fehlt es unserer ach, so geliebten Landesregierung an Innovationslust und Ehrgeiz.
Wenn schon nicht der eigene Wille da ist, sich des Themas anzunehmen, dann hätten Sie zumindest die Möglichkeit gehabt, die Wasserentnahmeabgabe, also den sogenannten Wassercent, wieder einzuführen. So haben wir es zumindest von der SPD-Fraktion in den jüngsten Haushaltsdebatten gefordert und sind – wie zu erwarten war – an Ihnen gescheitert. 13 Bundesländer in diesem Land machen es uns doch vor. Aber man sieht daran: Auch hier ist das Thema für Sie nicht wichtig genug.
Liebes Plenum, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen, zum Abschluss meiner Rede möchte ich darauf hinweisen, dass wir erst vergangene Woche zum Weltwassertag festgestellt haben, dass ein bewusster Umgang mit Wasser besonders wichtig ist. Wie wollen Sie es also schaffen, dass alle unsere Gewässer kurzfristig in einem guten Zustand sind? Mit diesem auf knapp einer Seite niedergeschriebenen Antrag – seriously? Also, ich glaube das nicht. Wozu gehen denn Kinder und Jugendliche Woche für Woche bei „Fridays for Future“ auf die Straße? Damit sie so ein Papier vorgelegt bekommen? – Wachen Sie endlich auf. Nehmen Sie endlich die Probleme in Angriff, die Sie seit Jahren nicht angehen wollen, und kümmern Sie sich endlich um den Schutz des Wassers. Beispiele, wie Sie das machen können, haben Sie jetzt genug von mir bekommen. Wir können Ihnen aber auch gerne mit einem Gesetzesentwurf bei der Ausgestaltung helfen.
Ich komme zum Ende. – Abschließend möchte ich noch einmal den Appell an Sie richten: Wir brauchen eine Kehrtwende in der Wassernutzung, klare Rahmenbedingungen bei Wasserverbrauch und -entnahme, und wir müssen uns entsprechend grundlegend neu aufstellen. Doch was Sie hier betrieben haben, würde man in der Schule so nennen: Setzen, Sechs. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Schneider. Das war die erste Rede des Kollegen Schneider, wenn unsere Buchführung hier stimmt. Ich darf Ihnen dazu ganz herzlich gratulieren, lieber Herr Kollege Schneider.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sauberes Trinkwasser ist Grundlage unseres Lebens und dabei gleichzeitig eine gefühlte Selbstverständlichkeit. Wasser ist gefühlt ständig verfügbar. Wir machen den Hahn auf, und das Wasser fließt in Lebensmittelqualität und zu einem unschlagbar günstigen Preis von im Schnitt etwa 0,2 Cent pro Liter.
Sauberes Trinkwasser in ausreichender Menge ist aber keine Selbstverständlichkeit. Die Kommunen und Wasserversorger leisten erheblichen Aufwand, um die Wasserversorgung für die Bevölkerung sicherzustellen. Das wird insbesondere immer dann deutlich, wenn Abstriche bei Qualität oder Quantität gemacht werden müssen, z. B. wenn man vorübergehend eine Verunreinigung durch Kolibakterien hat oder wenn die Wasserförderung vor Ort nicht ausreicht. Wir hatten das Beispiel in Ulrichstein, wo der Brunnen nicht mehr ergiebig genug war und das Trinkwasser dann mit Tanklastern aus Feldatal herbeigefahren werden musste, oder auch in den vergangenen Jahren, wo im Taunus aktiv zum Wassersparen aufgerufen werden musste, weil in den Spitzenlasten nicht genügend Grundwasser oder Trinkwasser zur Verfügung stand.
Die Wasserversorgung ist gleichzeitig einem Wandel unterworfen. Das Rhein-Main-Gebiet z. B. kann seinen Wasserbedarf nur zu gut einem Fünftel bis einem Sechstel aus eigenen Quellen versorgen und ist auf Wasserlieferungen aus dem Hessischen Ried und dem Vogelsberg angewiesen. Gleichzeitig nimmt die Bevölkerungszahl im Rhein-MainGebiet weiter zu, sodass der Wasserbedarf weiter steigen dürfte.
Den Liefermengen in den Gewinnungsgebieten sind jedoch auch Grenzen gesetzt. Es kann nun einmal nicht mehr Wasser geliefert werden, als sich nachhaltig neues Grundwasser bildet. Vor dem Hintergrund des Klimawandels ist aber auch die Grundwasserneubildung einem Risiko ausgesetzt. Heißere und trockenere Sommer führen nicht nur zu einem Trockenstress für die Natur, sondern auch zu einem höheren Wasserverbrauch im Sommer. Damit Wasser immer in ausreichender Menge vorhanden ist, muss die Infrastruktur gerade auf diese Spitzenlasten ausgelegt werden. Das können größere Hochbehälter, größere Rohrdurchmesser oder auch Verbundsysteme im ländlichen Raum sein, um das Wassernetz aus verschiedenen Quellen zu speisen und so die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Wir müssen aber auch weiter darauf schauen: Wo können wir Wasser sparen? Hier hat sich in der Vergangenheit schon viel getan; denn der Pro-Kopf-Verbrauch an Wasser ist tatsächlich in den letzten Jahren stark gesunken. Es geht aber auch darum – und das ist heute schon angesprochen worden –: Wo kann Trinkwasser durch andere Wasserquellen ersetzt werden? Für die Toilettenspülung oder Gartenbewässerung braucht man keine Trinkwasserqualität. In Neubaugebieten in den Regionen, die auf Fernwasser angewiesen sind – also vor allen Dingen im Rhein-Main-Gebiet –, sollten daher Zweileitungssysteme geprüft werden.
Dann einige Worte zu den LINKEN. Es ergibt keinen Sinn, Zweileitungssysteme flächendeckend und landesweit zu bauen. Wir haben Regionen, in denen ausreichend Trink