Lieber Kollege Promny, da Sie die Metapher vom Bergsteigen so sehr lieben: Der Weg, den man zurückgelegt hat, gibt jedenfalls bei gleichbleibender Höhe des Berges durchaus auch eine valide Auskunft darüber, wie viel noch vor einem liegt. Der Kollege Büger kann das mathematisch natürlich am besten erklären, aber ich glaube, das geht einfach per Subtraktion.
Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Schuljahr 2013/2014 boten 38 % der Grundschulen ein Ganztagsprogramm, inzwischen sind es mehr als zwei Drittel. Damit können wir im aktuellen Schuljahr mehr als 103.000 Schülerinnen und Schülern in Grundschulen und Grundstufen eine Betreuung in einem Ganztagsprofil des Landes ermöglichen. Im Vergleich zum Schuljahr 2013/2014 ist das mehr als eine Verdoppelung.
Dazu kommen die 24.000 Hortplätze, die durch die kommunalen und freien Träger zur Verfügung gestellt werden. Lieber Herr Kollege Degen, man kann das alles unzureichend finden. Ich weiß, das ist das Geschäft der Opposition. Aber zu behaupten, wie Sie das in Ihrem Antrag tun, der Ganztagsausbau sei „bislang kaum vorangeschritten“,
und man warte noch auf die Verwirklichung der guten Absichten der Landesregierung, das geht an der Realität nun wirklich meilenweit vorbei.
Niemals hat es in der Geschichte dieses Landes größere Anstrengungen in diesem Bereich gegeben als unter dieser schwarz-grünen Landesregierung, und das – meine Damen und Herren, das will ich jetzt auch nicht unerwähnt lassen – trotz Flüchtlingskrise, trotz Pandemie und trotz des furchtbaren Krieges in unserer Nachbarschaft.
Wir sind damit – um es einmal neudeutsch zu sagen – on track. Das zeigt auch der Abgleich mit der Studie des Deutschen Jugendinstituts und der TU Dortmund.
Meine Damen und Herren, wir kalkulieren aktuell mit einem landesweiten Bedarf von 80 %. Das ist schon ziemlich viel, gerade mit Blick auf das, was wir in ländlichen Räumen erwarten. Bei 80 % bedeutet das, dass wir bis zum Schuljahr 2029/2030 noch rund 56.000 Plätze in der ganztagsschulischen Bildung und Betreuung zu schaffen haben. Bei dem zugrunde gelegten Personalschlüssel gibt es einen zusätzlichen Bedarf von etwa 2.050 Vollzeitstellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt rechnen Sie einfach einmal hoch. Wir geben kontinuierlich, Jahr für Jahr, jetzt schon seit langer Zeit 350 zusätzliche Stellen in den Ganztagsausbau. Wenn wir das einfach nur so weitermachen, werden wir bis zum Schuljahr 2029/2030 2.800 zusätzliche Stellen investiert haben, also deutlich mehr, als der Bedarf in den Grundschulen aus heutiger Sicht beträgt.
Darauf komme ich gleich noch, Frau Kula. – Diese Stellen werden auch angenommen, an den Grundschulen ebenso wie an den weiterführenden Schulen, wo wir freilich mit dem Ganztagsausbau schon deutlich weiter sind. Deswegen mache ich mir derzeit überhaupt keine Gedanken darüber, dass man Schulen zu einem bestimmten Angebot verpflichten müsste. Das Prinzip der Freiwilligkeit ist und bleibt auch in diesem Bereich weiterhin zentrale Richtschnur. Das ist übrigens das, was uns von der linken Seite dieses Hauses unterscheidet, die nach wie vor der Idee der Zwangsbeglückung nachhängt.
Meine Damen und Herren, ich verkenne nicht, dass acht Jahre eine lange Zeit sind. Ich habe eben acht Jahre als Kultusminister zurückgeblickt, das ist jetzt eine zufällige zeitliche Koinzidenz, aber es passt ganz gut. Denn für die volle Verwirklichung des Rechtsanspruchs müssen wir noch acht Jahre vorausblicken. Da kann sich viel verändern. Da werden wir auch bestimmt an der einen oder anderen Stelle noch nachjustieren müssen. Das kann über so einen langen Zeitraum gar nicht anders sein. Es wird daher sicherlich nicht die letzte Debatte in diesem Hohen Haus über dieses Thema gewesen sein. Aber dass wir sagen können, wir sind aus heutiger Sicht auf einem guten Weg und die Zwischenbilanz stimmt, das ist auf jeden Fall schon einmal eine gute Botschaft. Die lassen wir uns auch nicht kleinreden, meine Damen und Herren.
Natürlich werden wir auf diesem Weg noch auf so manche Hürde treffen. Eine der größten, das ist völlig zu Recht angesprochen worden, wird der Mangel an Fachkräften sein, im Erziehungswesen ebenso wie bei den Lehrkräften. Da hat der Kollege Degen recht. Aber das wissen wir, und deswegen sind wir auch schon längst dabei, gegenzusteuern, etwa mit dem Ausbau der Studienkapazitäten für das Lehramt an Grundschulen in den letzten Jahren. Da sind die Voraussetzungen längst geschaffen. Das wird sich auch auszahlen nach der Zeit, die man für die Ausbildung von Lehrkräften braucht.
Im Übrigen sind Grundschullehrkräfte – auch das ist völlig zutreffend gesagt worden – nur ein Baustein des Ganzen. Deswegen werden auch Programme wie beispielsweise die Praxisintegrierte vergütete Ausbildung eine Rolle spielen, mit der wir im Moment die Studierendenzahlen an den Fachschulen für Sozialwesen erhöhen. Das ist übrigens eines der Projekte, die wir gemeinsam mit dem Sozialministerium durchführen.
Überhaupt zeichnet sich das im Ganztag eingesetzte Personal durch seine Multiprofessionalität aus, und das soll auch so bleiben. Gerade das gewinnbringende Zusammenkommen unterschiedlicher Professionen und ihrer Perspektiven an Schulen birgt für die Förderung aller Kinder mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen und Entwicklungspotenzialen die besten Chancen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will die Frage der baulichen, räumlichen und sächlichen Ausstattung keineswegs beiseitelassen. Ohne sie, auch das ist zutreffend bemerkt worden, kann der Ausbau ganztägiger Angebote nicht gelingen. Deswegen ist es gut, dass der Bund dafür gemeinsam mit den Ländern Fördermittel bereitgestellt hat, für Hessen 80 Millionen €, gemeinsam von Bund und Land im Beschleunigungstopf und im Nachfolgeprogramm noch einmal 292 Millionen € für Hessen bis Ende 2027.
Aber, lieber Herr Kollege Degen, ich hätte da schon noch ein paar Wünsche. Vielleicht nehmen Sie sie umgekehrt auch aus der Debatte mit und können helfen, das nach Berlin zu transportieren. Wir brauchen beispielsweise vonseiten des Bundes ein schlankes Abwicklungsverfahren, was die Antrags-, Berichts- und Nachweispflichten anbelangt. Wir brauchen Mittel für die Koordination der Investitionsprogramme in den Ländern, da für die Umsetzung des Rechtsanspruchs auch zusätzliche Stellen in der Verwaltung notwendig sind. Wir brauchen einen zügigen Abschluss der vorgesehenen Verwaltungsvereinbarung und eine dauerhafte Absicherung der Beteiligung des Bundes an den tatsächlichen Betriebskosten. Und wir brauchen eine Dynamisierung der Bundesmittel, weil nur mit einem angemessenen Beitrag des Bundes die qualitativen und quantitativen Standards für die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf Dauer gewährleistet werden können.
Wir sind über all diese Punkte auch in guten Gesprächen. Das will ich in keiner Form in Abrede stellen. Ich bin auch sehr zuversichtlich, dass wir übereinkommen werden. Aber, wie gesagt, zusätzliche Unterstützung kann an dieser Stelle mit Sicherheit nicht schädlich sein. Nur gemeinsam mit allen Beteiligten können wir diesen Rechtsanspruch in die Tat umsetzen. Das ist eine Aufgabe, die uns mit vielen Akteuren weiter zusammenschweißen wird: natürlich
Bund und Länder, aber auch die Schulgemeinden mit den Lehrkräften und dem weiteren Schulpersonal, die Eltern und die Schülerinnen und Schüler dazu – denn sie müssen schließlich die Pläne vor Ort leben und umsetzen –, und dann natürlich in ganz besonderer Weise die kommunalen Träger.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt darf ich Sie noch auf den zutreffenden Hinweis in Punkt 2 des Antrags der Regierungsfraktionen aufmerksam machen:
den Rechtsanspruch zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) verankert und damit die Jugendhilfeträger mit der Umsetzung des Rechtsanspruchs beauftragt hat.
Bei den Stadtstaaten bedeutet das – deswegen haben wir beispielsweise auch die besondere Situation in Hamburg –, dass sie direkte Adressaten sind, weil sie für beides zuständig sind. In den Flächenländern ist das nun einmal anders, da geht es nur über die kommunalen Träger. Das hat im Übrigen zunächst einmal mit der hessischen Verfassungsgarantie von Schule und Unterricht überhaupt nichts zu tun. Die gute Botschaft ist aber: Das Land übernimmt, genau wie der Bund, Verantwortung gemeinsam mit den nach SGB VIII zuständigen kommunalen Trägern, weil wir alle anerkennen, dass das nur in einer gemeinsamen Anstrengung zu verwirklichen ist. Dann sollten wir aber auch auf diese Gemeinsamkeit in der Anstrengung entsprechend Wert legen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir werden uns also selbstverständlich mit den kommunalen Trägern sehr zeitnah nach Klärung der offenen Fragen mit dem Bund weiter zusammensetzen. Wir arbeiten seit Langem gut zusammen. Wir haben schon viele Erfahrungen miteinander gesammelt. Wir müssen unsere Arbeitsstrukturen jetzt noch besser miteinander verzahnen und gemeinsam zielgerichtet einsetzen.
Ich habe aber keinen Zweifel daran, dass uns das gelingen wird, dass wir die noch verbleibenden Hürden nehmen werden und dass wir den Weg zur Verwirklichung des neuen Rechtsanspruchs damit erfolgreich zu Ende gehen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Es wird vorgeschlagen die beiden Anträge, Tagesordnungspunkte 58 und 94, an den Kulturpolitischen Ausschuss zu überweisen. – Keiner dagegen, dann machen wir das so.
Bericht Dritter Bericht des Vorsitzenden des Petitionsausschusses betreffend Tätigkeit in der 20. Wahlperiode, Berichtszeitraum 2021 – Drucks. 20/7985 –
Zunächst kommt der Bericht des Vorsitzenden, zehn Minuten, und dann haben wir gesagt: Aussprache je Fraktion fünf Minuten. Der Kollege Ulloth, Vorsitzender des Petitionsausschusses, hat das Wort. Bitte sehr, Oliver.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! An dieser Stelle wird mir die Ehre zuteil, Ihnen den dritten Bericht des Petitionsausschusses für den Berichtszeitraum 2021 vorzulegen. 2021 war für uns ein besonderes Jahr; denn der Petitionsausschuss hat am 21. April seinen 50. Geburtstag gefeiert, also ein besonderer, ein runder Geburtstag.
Am 21. April 1971 kam der Petitionsausschuss unter dem damaligen Vorsitzenden Karl Heinrich Trageser erstmals zusammen, weil die Anzahl der Petitionen in den Fachausschüssen einfach zu hoch wurde. Das war die Geburtsstunde unseres Petitionsausschusses. Das Petitionsrecht selbst ist allerdings seit 1946 in der Verfassung verankert.
Doch nicht nur dieses 50. Jubiläum, sondern auch etwas, was Sie im allerersten Satz unseres Berichtes sehen, deutet schon an, dass es ein besonderes Jahr war: Erstmals in der Geschichte wird Ihnen dieser Bericht nicht nach einer Regelung der Geschäftsordnung vorgelegt, zuletzt § 105 der Geschäftsordnung, sondern jetzt nach § 13 des Gesetzes über die Behandlung von Petitionen im Hessischen Landtag.
Wir haben hier im Dezember letzten Jahres gemeinsam das erste Hessische Petitionsgesetz auf den Weg gebracht, und das ist sicherlich ein großer Grund zum Feiern.
Meine Damen und Herren, wir haben damit einem besonderen Recht der Bürgerinnen und Bürger – ich betone das immer wieder sehr gerne: ein Jedermannsrecht von Verfassungsrang – eine gesetzliche Grundlage verliehen. Das Gesetz, welches CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SPD eingebracht haben, kann sich in seiner Ausgestaltung sehen lassen. Es ist für die Öffentlichkeit deutlich besser nachzuvollziehen, zum einen wie der Petitionsausschuss arbeitet, zum anderen was mit den eingegangenen Petitionen passiert.
Die Rechte der Berichterstatterinnen und Berichterstatter, die sich intensiv mit den einzelnen Petitionen auseinandersetzen, wurden gestärkt. Darüber hinaus wurden die Veröffentlichung von Petitionen von allgemeinem Interesse auf der Homepage sowie das Auskunftsrecht hinsichtlich personenbezogener Daten geregelt.
Meine Damen und Herren, all das wurde maßgeblich durch unsere ehemalige Vorsitzende Manuela Strube auf den Weg gebracht und begleitet. Sie wird sicherlich dieser Aussprache per Livestream folgen. Manuela Strube wurde am 7. November zur Bürgermeisterin der Stadt Baunatal gewählt. Dieser Freudentag für Baunatal bedeutete zugleich für uns hier im Haus, dass wir nicht nur eine geschätzte Kollegin verlieren, sondern dass es auch zu Veränderungen im Petitionsausschuss kommt. Es ging um Neubesetzungen. So ist sie heute im Rathaus am Bildschirm. Ich stehe hier an ihrer Stelle und darf den Bericht einbringen. Meine Kollegin Elke Barth hat nun meine Rolle übernommen
2021, um noch einmal auf Manuela Strube zurückzukommen, ist ein Erfolgsjahr gewesen. Wir haben auch seit dem Tag, an dem wir hier miteinander begonnen haben, vieles in Bewegung zu bringen versucht, und es ist uns auch gelungen. Ich möchte eines erwähnen. Das ist der Punkt, dass wir versucht haben, aus dem Haus herauszukommen. Wir haben mittlerweile den Weg gefunden, Sprechstunden im gesamten Land anzubieten. Die nächste Sprechstunde – dafür mache ich an dieser Stelle gerne Werbung – findet am 2. Mai statt. Die Kolleginnen Scheuch-Paschkewitz und Schleenbecker werden uns dankenswerterweise in Marburg vertreten.
Es gab weitere personelle Veränderungen. Der Kollege Dirk Bamberger ist nicht mehr Teil unseres Ausschusses. Auch ihm danken wir für seine gute Mitarbeit bei uns im Ausschuss. Auch das möchte ich an dieser Stelle erwähnen. In diesem Zusammenhang möchte ich zugleich die neue Kollegin Nina Heidt-Sommer und den neuen Kollegen Jan-Wilhelm Pohlmann vorstellen und beide noch einmal ganz herzlich von hier aus begrüßen. Beide sind schon engagiert dabei und kümmern sich um eingehende Petitionen. Herzlich willkommen im Petitionsausschuss.