Privat vorsorgen? Da kommt doch jedem hier sofort das Stichwort der Riester-Rente in den Kopf. Die Verbraucherzentrale schreibt zu dieser Form der Vorsorge auf ihrer Homepage:
Früher lohnte sich die Riester-Rente aufgrund der Förderung und deutlich höheren garantierten Zinsen für eine Vielzahl von Familien und auch gut verdienende Singles. Heute einen Riester-Vertrag neu abzuschließen, lohnt sich meist nicht mehr.
Ein solches Urteil ist eindeutig. Nach etwas über 20 Jahren ist die Riester-Rente in der Form dieser privaten Vorsorge praktisch tot
(Christiane Böhm (DIE LINKE): Sie war schon von Anfang an tot! Nur für die Versicherungskonzerne war sie attraktiv!)
oder zumindest grundlegend reformbedürftig. Anbieter ziehen sich zurück, die Zahl der Verträge sinkt. Hier kommt nun unsere Deutschland-Rente ins Spiel. Die DeutschlandRente beseitigt die bekannten Schwächen des Riester-Systems
und schafft ein System, welches renditestärker, transparenter und vor allem auch schlanker ist. Möglich wird dies durch einen staatlich organisierten Fonds, welcher auf Selbstkostenbasis agiert und vor staatlichem Zugriff geschützt die Finanzmittel anlegt. Durch die Einbehaltung der Beträge vom Arbeitslohn und die Abführung an den Anbieter wird das Verfahren im Gegensatz zu Riester-Verträgen für die Begünstigten wesentlich vereinfacht. Hierbei liegt ein Augenmerk darauf, dass die Verwaltungskosten für den Staat ebenso wie der bürokratische Aufwand für die Arbeitgeber niedrig sind.
Die Deutschland-Rente konkurriert zu Marktbedingungen mit vergleichbaren Anbietern und fördert somit auch den Wettbewerb. Es ist ein kostengünstiges und einfaches Standardprodukt,
welches natürlich offen für alle ist, aber insbesondere diejenigen Menschen im Blick hat, die stärker als andere potenziell von einer Unterversorgung im Alter betroffen sind.
Das sind beispielsweise Beschäftigte in kleineren Betrieben, die meist keinen Zugang zu einer betrieblichen Rente haben. Zudem gibt es eine automatische Teilnahme aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten mit der Möglichkeit, einfach auszusteigen, indem man sich aktiv gegen die Teilnahme entscheidet. Dies erscheint vor dem Hintergrund wichtig, dass sich immer noch viele Menschen nicht aktiv um ihre Altersvorsorge kümmern und sich allein auf den Staat verlassen.
In vielen weiteren Ländern ist eine Opt-out-Variante bei der Rentenvorsorge erfolgreich etabliert worden, etwa in den USA oder in Großbritannien, und hat zu einer besseren Altersvorsorge der Bevölkerung geführt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser umlagefinanziertes System der Rentenversicherung stößt bei seinem Ziel, den Lebensstandard unserer Bürgerinnen und Bürger im Alter zu erhalten, unweigerlich an seine Grenzen. Mit der Deutschland-Rente schaffen wir eine vertrauenswürdige Standard-Zusatzrente, insbesondere für Menschen mit niedrigerem Einkommen. Hessen agiert hier vorausschauend und innovativ und setzt nicht zum ersten Mal in der Finanzpolitik wichtige Impulse auf der Bundesebene.
Im Maschinenraum – ich komme noch einmal auf das Beispiel zurück – unseres Rentensystems benötigen wir zweifelsohne einen neuen Motor, und den made in Hessen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! „So darf man mit Menschen, die ein Leben lang hart gearbeitet haben, nicht umgehen.“
Gerhard Schröder, genau. „So darf man mit Menschen … nicht umgehen“, das war damals die Ansage der SPD. Das war eine harte Kritik an Schwarz-Gelb in den späten Neunzigerjahren, eine berechtigte Kritik. Man kann sagen – oh, Wunder –, die SPD hat das darin enthaltene Wahlversprechen auch eingehalten. Sie ist nicht so mit den Menschen umgegangen, sondern sie hat damals noch einen draufgesetzt:
(Beifall DIE LINKE – Tobias Eckert (SPD): Das ist typisch DIE LINKE! Ihr macht etwas, und wir bekommen es ab!)
Riester-Treppe, Kürzung der Hinterbliebenenrente, Streichung der Berufsunfähigkeitsrenten – das waren einige Stichworte – und die Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors. Warum der „Nachhaltigkeitsfaktor“ hieß, war damals das Geheimnis der Regierung. Wahrscheinlich hieß er so, weil er die Rentnerinnen und Rentner nachhaltig schädigte.
Dann kam die Große Koalition. Es ist nicht so, dass man da einen Kurswechsel vorgenommen hätte, sondern man hat dann obendrein mit einer schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters die Rente mit 67 eingeführt. Bis zum Jahr 2035 sollte das geschehen, hieß es im Koalitionsvertrag. Dank Münte wurde das – kurz bevor der Vertrag unterschrieben wurde, wurde das noch einmal geändert – noch fünf Jahre vorgezogen. Ich bin ihm auch persönlich sehr dankbar, dass ich als Mitglied des Jahrganges 1964 noch in den vollen Genuss der Rente mit 67 komme. Das kam noch obendrauf.
Warum das Ganze? Wegen der Demografie. Bei immer mehr Älteren und immer weniger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern muss man doch etwas machen. Das lesen wir auch jetzt hier im Antrag zur Deutschland-Rente. Weil die Menschen immer älter werden, müssen wir doch alle den Gürtel enger schnallen. Da gab es Prognosen. Die wurden hier heute auch über das Jahr 2035 und über das Jahr 2040 gemacht, wie sich hinter der zweiten Stelle nach dem Komma der Rentenbeitragssatz im Jahr 2035 entwickelt. Berufen wurde sich auf die Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes.
Das Bundesamt sagt aber: Das sind keine Prognosen, sondern wir haben Annahmen getroffen. Wenn die Annahmen eintreten, dann entwickelt es sich auf eine bestimmte Art und Weise. – Das Statistische Reichsamt hatte beispielsweise nicht mit dem Zweiten Weltkrieg gerechnet, deswegen war das schlecht mit den Prognosen, die die aufgestellt haben. Das Statistische Bundesamt hatte in den Sechzigerjahren nicht mit dem Pillenknick gerechnet. Das Statistische Bundesamt hatte auch nicht mit der sogenannten Wiedervereinigung gerechnet. Auch die Zuwanderung im Jahr 2015 war nicht Bestandteil der Berechnung. Deswegen sind es nicht zwei Stellen hinter dem Komma, sondern eine Stelle vor dem Komma, um die es hier eigentlich geht, nämlich darum, dass Prognosen, die die Zukunft betreffen, bekanntlich schwierig sind. Darauf fußte aber der neoliberale Mainstream, der über zehn Jahre lang versucht hatte, das gesamte Rentensystem zu privatisieren.
Aber entscheidend ist doch nicht nur das Verhältnis von Jüngeren zu Älteren für die Entwicklung einer Rente, sondern entscheidend ist doch, wie sich Wachstum entwickelt, wie sich Produktivität entwickelt. Bei einem lohnbasierten System ist entscheidend, wie sich die Löhne entwickeln. Das ist doch für die Frage entscheidend, wie sich eine gesetzliche Rentenversicherung entwickeln lässt. Wenn es demografische Probleme gibt – um das auch klar zu sagen –, dann hat auch ein kapitalbasiertes System diese Probleme.
Es ging aber auch nicht um die Demografie. Auf der einen Seite ging es darum, die Interessen der Arbeitgeber zu wahren, nämlich die Sozialversicherungsbeiträge möglichst niedrig zu halten, die in einem Sozialsystem paritätisch getragen werden, an denen die Arbeitgeber also beteiligt werden. Auf der anderen Seite ging es darum, die private Versicherungswirtschaft zu pampern. Die neoliberale Politik, die Fraktionen, die hier alle sitzen, haben sich doch am Ende alle als Versicherungsvertreter betätigt.
Es ging um eine totale Entfesselung der Finanzmärkte. Das war der falsche Weg. Das war der neoliberale Weg. Das war der Weg in den ungebremsten Finanzmarktkapitalismus.
Diesen Weg will Schwarz-Grün jetzt mit der DeutschlandRente weitergehen: Schwächung der gesetzlichen Rentenversicherung, kapitalmarktbasierte Rentenleistungen, deren Höhe nicht garantiert ist. So ist das Modell. Es geht hier nicht darum, einen neuen Motor zu finden, sondern es geht darum, Zucker in den Tank der gesetzlichen Rentenversicherung zu schütten. Das ist das Modell.
Nun kann man meinen, die neue Bundesregierung hat verstanden und bremst den bisherigen Kurs, indem sie sagt: Wir wollen das bisherige Niveau halten. – Dies ist von der Ansage her schon einmal ganz nett. Das Problem ist allerdings, dass das ein Taschenspielertrick ist; denn das Niveau wird nicht gehalten.
Vielmehr haben wir auf der einen Seite die Rente mit 67, die weiter schrittweise angehoben wird. Das Rentenniveau basiert auf dem Regelrenteneintrittsalter. Wenn es höher ist, dann bezieht sich das Rentenniveau auf 48 % netto vor Steuern. Wenn die Leute mit 67 in Rente gehen, ist dieses Niveau natürlich niedriger, als wenn auf der Basis von 45 % gerechnet wird. Das ist ungefähr so, als hätten wir ein Thermometer und ziehen die Skala nach unten, und wundern uns, dass wir bei gleicher Gradzahl dennoch frieren.
Dazu gibt es aber Alternativen, nämlich den Ausbau der gesetzlichen Rentenversicherung, die Ausdehnung der Prinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung auf alle Erwerbstätigen, nicht nur auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch auf Selbstständige, Apotheker, Rechtsanwälte, aber auch auf Beamtinnen und Beamte und nicht zuletzt auch auf die Parlamentarierinnen und Parlamentarier.
Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier machen natürlich eine vergleichsweise kleine Gruppe aus, sodass das ökonomisch nicht so sehr viel für die Rentenversicherung bringt. Aus pädagogischen Gründen fände ich es aber sehr sinnvoll, wenn diejenigen, die über die Lebensbedingungen der gesamten Bevölkerung entscheiden, auch diesen Bedingungen unterworfen sind.
Wenn wir diese Erwerbstätigenversicherung einführen und wenn wir außerdem die Beitragssätze, an denen die Arbeitgeber beteiligt sind, moderat erhöhen, dann können wir auch eine vernünftige Rente mit einem Niveau erreichen, das vor dem Agenda-Niveau existierte und mit dem wir wieder zurück zur Regelaltersgrenze von 65 kommen. Das können wir dann auch finanzieren. Dafür stehen wir. Einen weiteren Weg in den Neoliberalismus werden wir nicht mitgehen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer hier im Hessischen Landtag die SPD, die GRÜNEN, die CDU und die FDP als neoliberal bezeichnet, der sagt sehr viel mehr über sich selbst als über diese vier Parteien.
Michael Gorbatschow dachte ja, er hätte den Kommunismus überwunden. Anscheinend ist er dem Genossen Gerntke noch nicht begegnet.