Protokoll der Sitzung vom 30.03.2022

Michael Gorbatschow dachte ja, er hätte den Kommunismus überwunden. Anscheinend ist er dem Genossen Gerntke noch nicht begegnet.

(Beifall Freie Demokraten – Zurufe DIE LINKE)

Wenn Sie sich begegnet wären, hätte er zu Ihnen gesagt: Genosse Gerntke, Kommunismus funktioniert nicht. Probiere es erst gar nicht, weil das nur Unheil über die Menschen bringt. – Insofern ist unfassbar, was hier gerade vorgetragen wurde.

(Zuruf DIE LINKE)

Nein, das, was Sie erzählen, ist Kommunismus, und das funktioniert einfach nicht. Das hat in der DDR nicht funktioniert, in der Sowjetunion nicht funktioniert, und es funktioniert nirgends.

(Beifall Freie Demokraten)

Die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung ist – wir müssen ehrlich mit uns sein – ein Instrument aus der einfacheren Vergangenheit. Sie basiert auf einer schlichtweg nicht mehr vorhandenen gesellschaftlichen Altersstruktur. In einer Gesellschaft, in der die Menschen immer älter werden und somit ihr Anteil innerhalb der Gesamtbevölkerung weiter steigt, ist der Mechanismus der Generationenumlage nicht mehr zukunftssicher.

(Zuruf Axel Gerntke (DIE LINKE))

Hören Sie erst einmal auf Herrn Gorbatschow, und dann können wir weiterreden.

(Beifall Freie Demokraten)

Wir Freie Demokraten fordern daher seit Jahren, die jüngeren Generationen nicht länger zu überfordern. Zugleich treten wir für eine solide, gerechte und verlässliche Alterssicherungspolitik ein.

(Zuruf DIE LINKE: Und wie?)

Das kommt gleich. – Für uns ist klar: Erstens muss es eine Basisrente gegen Altersarmut geben. Zweitens. Das Renteneintrittsalter ist zu flexibilisieren. Zuverdienstgrenzen müssen abgeschafft und Teilrenten unkompliziert möglich gemacht werden.

(Axel Gerntke (DIE LINKE): Busfahrer mit 98!)

Drittens plädieren wir für ein nachhaltiges Denken in Jahrzehnten, um die Rentenversicherung auf die Herausforderungen der Zwanzigerjahre vorzubereiten, aber auch auf das, was danach kommt. Viertens möchten wir – und das

ist für uns zentral – mehr Kapitaldeckung und Aktienorientierung in der Rentenpolitik.

(Beifall Freie Demokraten)

Die Deutschen sind Sparweltmeister, aber niemand erklärt ihnen, dass Sparen in Zeiten von niedrigen Zinsen und hoher Inflation dazu führen wird, dass ihr Erspartes sich schlichtweg selbst auffrisst. Wenn wir eine nachhaltige Altersvorsorge für alle sicherstellen wollen, müssen wir mutiger sein und uns endlich trauen, zielgerichtet, langfristig und vernünftig die Aktienmärkte uns so zunutze zu machen, wie es viele andere Nationen schon längst machen.

(Beifall Freie Demokraten)

Das Ziel muss klar sein, nämlich die langfristige Stabilisierung des Rentensystems. Die Politik darf den Expertinnen und Experten in der konkreten Anlagepolitik jedoch nicht reinreden. Aktiensparen ist risikoarm zu gestalten. Die Schweden zeigen uns, wie das geht und wie man dabei erfolgreich sein kann.

(Zuruf René Rock (Freie Demokraten))

Selbst die können es besser als die Kollegen von der LINKEN.

Nun aber zum vorliegenden Antrag. Dieser besteht zunächst einmal zu zwei Dritteln aus Feststellungen und wärmt im vorletzten Absatz das Konzept der DeutschlandRente aus dem Jahr 2016 auf. Wenn man jedoch genauer hinschaut, sieht man, dass man aus dem aktuellen Antrag auch nicht schlauer wird als aus Ihrem früheren Antrag. Eklatante Unklarheiten bleiben bestehen.

Wie wäre ein solcher Staatsfonds vor staatlichen Eingriffen geschützt, damit dieser beispielsweise dann nicht doch zur Bankenrettung oder zum Stopfen von Haushaltslöchern genutzt wird?

(Beifall Freie Demokraten)

Wie schaut es mit Bestandsgarantien aus? Tragen Rentnerinnen und Rentner weiterhin das volle Risiko? Gibt es eine Mindestverzinsung? Kann der Kunde oder die Kundin auf die Gelder zugreifen, wenn einmal eine Notlage besteht? Zuletzt besteht weiterhin Unklarheit, wer genau die Kosten für diesen Staatsfonds trägt. Unklar bleibt auch, wie hoch sie eigentlich ausfallen und wie denn die beschworene Transparenz hergestellt werden soll.

Was mich neben diesen wenig ausgegorenen Gedankenspielen am meisten stört: Weshalb werden die im Antrag aufgeführten dringenden Probleme nicht diskutiert, beispielsweise Altersarmut von Frauen oder derjenigen, die im Niedriglohnsektor arbeiten? Wie genau die Deutschland-Rente eine Lösung dafür ist, dass bei mehr als 50.000 Hessinnen und Hessen, davon übrigens deutlich mehr Frauen als Männer, die Rente nicht zum Leben reicht, bleibt mir unklar. Wie die Deutschland-Rente den Umstand berücksichtigt, dass Frauen noch immer mehr Haus- und Pflegearbeit als Männer erledigen – unentlohnt, möchte ich anmerken – und die Bedeutung dieser Arbeit in unserer Gesellschaft und somit auch in der Rente keinen Niederschlag findet, darauf geben Sie keine Antwort.

Weshalb werden in dem Antrag nicht diejenigen angesprochen, deren Renten unsicher sind, also die künftigen Generationen von Rentnerinnen und Rentnern, die aktuellen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Eine Vorsorge aus rein staatlicher Hand für folgende Generationen in unserem

Land ist utopisch. Sie schützt zu viele nicht vor Altersarmut. Verantwortungsvolle Politik muss die Rentenlücke offen ansprechen. Sie tun das nicht.

(Beifall Freie Demokraten)

Die Notwendigkeit der privaten Altersvorsorge ist unumstritten. Die staatliche Rente erhält einen jährlichen Zuschuss von 110 Milliarden €. Das ist nicht nachhaltig. An dieser Stelle möchte ich daher eines klarstellen, was meiner Meinung nach eine deutsche Besonderheit und leider auch die Krux an der Sache ist. Bei der von uns Freien Demokraten vorgeschlagenen Aktienrente wird oftmals nur an das wilde Spekulieren gedacht, wie wir es aus Filmen wie „The Wolf of Wall Street“ kennen oder wie wir es mit Ereignissen wie mit dem Fall Lehman Brothers in Verbindung bringen. Ferner könnte das jedoch nicht von dem sein, was wir mit einem staatlichen Fonds vorhaben, der an den globalen Aktienmärkten investiert und somit die Renten in Deutschland in Teilen, selbstverständlich nicht vollständig, absichert. Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass die Rente endlich von einer zentralen Stärke der Aktienmärkte profitiert, nämlich von deren langfristiger Entwicklung.

(Beifall Freie Demokraten)

Kurzfristige Schwankungen wirken sich bei langfristigen Anlagen nicht aus. Dort hat man ein verlässliches Plus. In einem seit Jahrzehnten wachsenden globalen Kapitalmarkt wäre es verantwortungslos, dieses Geld nicht in risikoarme und langfristige Anlageformen zu investieren. Hier liegt eine wichtige Aufgabe von Rentenpolitik, die oftmals übersehen wird. Wir müssen die finanzielle Allgemeinbildung von Menschen verbessern und ihnen erklären, dass die private Altersvorsorge profitabler und daher für jede Einzelne und jeden Einzelnen von Vorteil ist.

Die Rente ist durch das Handeln der Großen Koalition in den vergangenen Jahren schlecht auf die Herausforderungen der Zwanzigerjahre vorbereitet, wenn die Babyboomer in Rente gehen. Noch ist ein kleines Zeitfenster offen. Wir müssen daher diese Legislaturperiode nutzen, um zu handeln für Stabilität, Generationengerechtigkeit, zielgenaues Vorgehen gegen Altersarmut und einen modernen Sozialstaat.

(Beifall Freie Demokraten)

Für die AfD-Fraktion bitte ich nun Herrn Richter ans Rednerpult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Entschließungsantrag entspricht dem, was die Bürger unseres Landes über die Politik im Allgemeinen denken, wenn sie nur noch belustigt den Spruch des früheren Arbeitsministers Norbert Blüm bemühen: „Die Rente ist sicher.“

Kaum ein Bürger unseres Landes hat noch Vertrauen in unser Rentensystem, vor allem nicht die jüngeren Generationen.

(Beifall AfD)

Das ist die Istsituation. Die Istsituation ist von den LINKEN durchaus richtig dargestellt worden. Mit den Lösungen gehen wir aber nicht konform. Aber sie sind richtig dargestellt worden. Das hat mit Kommunismus nichts zu tun.

Tatsächlich hätte unser Rentensystem in den vergangenen Jahrzehnten neu aufgesetzt werden müssen. Deutschland liegt beim Rentenniveau nach einer OECD-Studie deutlich unter dem vieler EU-Staaten, auch unter dem Niveau sogenannter Krisenstaaten wie Italien, Spanien und Portugal, die wir wiederum mit unseren Steuergeldern retten.

(Beifall AfD)

Wenn ich es richtig aufgeschrieben habe, ist nur noch Griechenland schlechter dran. Dafür ist auch die CDU, die lange Jahre im Bund regiert hat, verantwortlich. An die FDP gerichtet, sei gesagt: Mir ist vollkommen neu, dass Aktien risikolos sind. Das habe ich so noch nicht wahrgenommen.

(Beifall AfD)

Das vorausgeschickt, beginnen wir doch einmal, die Punkte des Entschließungsantrags zu betrachten. Bereits den ersten Satz darf man als Realsatire betrachten:

(Beifall AfD)

Der Landtag stellt fest, dass die aktuelle Generation von Rentnerinnen und Rentnern nach den Ausführungen des Bundesarbeitsministers in diesem Jahr von einer deutlichen Anhebung der gesetzlichen Rente um über 4 % profitiert.

Betrachten wir die Rentenerhöhungen seit dem Jahr 2020 in Relation zum Verbraucherpreisindex. Dieser lag im Jahr 2000 bei 79,9 und im Jahr 2021 bereits bei 109,1. Beziehen wir nun eine Inflationsrate von rund 5 % im Jahr 2022 mit ein – wenn ich richtig informiert bin, gab es im vergangenen Jahr keine Rentenerhöhung –, dann dürfen wir feststellen, dass die Rentner in unserem Land immer weniger Kaufkraft zur Verfügung haben und der erste Satz in diesem Entschließungsantrag für die Rentner unseres Landes nur der blanke Hohn sein kann.

(Beifall AfD)

Natürlich ist sich der Landtag der vielfältigen gesellschaftlichen Herausforderungen der demografischen Entwicklung in unserem Land bewusst. Natürlich muss ein umsichtiges und zukunftsorientiertes Handeln der Verantwortlichen erfolgen. Nur: Warum ist das in der Vergangenheit nicht erfolgt?

(Beifall AfD)