Wer sind die Opfer? Die Ukraine hatte am 24. Februar 2022 – am Tag des Überfalls – rund 44 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Fünf Wochen später sind 10 Millionen Menschen auf der Flucht. Davon haben bereits 4 Millionen Menschen das Land verlassen müssen. Fast die Hälfte der Kinder hat kein Zuhause mehr. Von russischer Seite sind Kriegsverbrechen begangen worden.
Ich sage auch sehr klar, weil es immer heißt „Putins Krieg“: Jeder Befehlshaber sollte wissen, dass er sich nicht auf seinen Befehlsnotstand wird berufen können. Jeder Soldat, der auf Zivilisten schießt, auf Krankenhäuser oder Theater, soll wissen, dass er sich nicht wird auf einen Befehlsnotstand berufen können; und es gibt nicht den „schlechten“ Präsidenten und die „gute“ russische Armee – zumindest nicht für uns. Für uns ist ganz klar, wer in diesem Fall die Opfer sind; und wir wehren uns in aller Schärfe und Deutlichkeit gegen alle Versuche, gerade und ganz besonders von extremistischen Kräften – wir haben es in Deutschland erlebt –, dies zu relativieren. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich inhaltlich auf das Thema der Aktuellen Stunde der AfD-Fraktion eingehe, gestatten Sie mir vielleicht noch eine kurze Vorbemerkung: Wir haben bereits am Dienstag im Rahmen der Regierungserklärung ausführlich, mit einer Redezeit von 20 Minuten je Fraktion, über den brutalen Krieg in der Ukraine gesprochen. Dabei haben wir geschlossen unsere Solidarität gegenüber der Ukraine bekundet und den unentschuldbaren menschenverachtenden Angriffskrieg Russlands verurteilt.
Ich möchte in Erinnerung rufen, dass die demokratischen Fraktionen dieses Hauses am Dienstag einen gemeinsamen Entschließungsantrag, Drucks. 20/8127, eingebracht und beschlossen haben. Ich zitiere hier noch einmal Punkt 7:
Dem Landtag ist bewusst, dass die russische Bevölkerung nicht pauschal für den durch das von Präsident Putin geführte Regime begonnenen Angriffskrieg verantwortlich gemacht werden kann. Er
verurteilt daher jegliche verbalen und tätlichen Angriffe auf hier lebende russische und russischstämmige Mitbürgerinnen und Mitbürger.
Ich komme gleich drauf; warten Sie ab. – Unsere Fraktionsvorsitzende Ines Claus hat in der Debatte auch richtig festgestellt:
Dieser Krieg ist keine Frage der Nationalität. … Es ist eine Frage der Haltung und keine der Herkunft. Deswegen dürfen russisch sprechende Menschen in Hessen und Deutschland keinerlei Hass und Hetze erfahren.
Wir als CDU-Fraktion stehen an der Seite der rund 300.000 Mitbürgerinnen und Mitbürger in Hessen, die einen Aussiedlungshintergrund haben und sogenannte Russlanddeutsche sind. Ich möchte hinzufügen: Diese Menschen sind ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft, unserer Geschichte, ja, auch unserer Identität. Das ist mir und unserer CDU-Fraktion sehr wichtig.
Einer gesonderten Aktuellen Stunde, wo Sie das Ganze für Ihre Spiele nutzen wollen, hätte es nicht bedurft. Denn die Menschen nicht nach ihrer Herkunft, sondern nach ihrem Handeln zu beurteilen, ist für weite Teile dieses Hauses eine Selbstverständlichkeit.
Meine Damen und Herren, meiner Ansicht nach ist der beste Weg, um eine pauschalisierte Stigmatisierung und Diskriminierung zu vermeiden, gesellschaftliche Aufklä
rung. Hier liegt es an uns allen, wachsam zu sein, aufzuklären und Haltung zu zeigen. Wachsamkeit und Aufklärung, das sind hier die Schlagworte. Bei dem Schlagwort „Aufklärung“ möchte ich beispielsweise auf die Lehrer eingehen. Da will ich Ihr Bild auch nicht stehen lassen; denn in den Schulen in Hessen leisten die Lehrerinnen und Lehrer eine gute Arbeit, da sie im Unterricht auf die Geschehnisse eingehen und diese Themen mit den Schülern besprechen. Daher gilt mein Dank unseren Lehrerinnen und Lehrern, die für eine gute Aufklärung sorgen.
Nun zur Wachsamkeit. Bei dem, was Sie hier gemacht haben, ist es wichtig, dass wir wachsam sind und genau hinhören. Ich möchte nämlich auch darauf hinweisen, dass wir die Quellen der Medien, die wir konsumieren, kritisch hinterfragen; denn die russische Propagandamaschine läuft und verbreitet gezielt Fake News, um gezielt Unfrieden, Zweifel und Konflikte zu schüren. Das haben Sie heute im Hessischen Landtag fortgesetzt.
Ich komme zum Schluss und fasse zusammen: Wir als CDU-Fraktion verurteilen jegliche pauschale Art von Diskriminierung gegenüber unseren russisch sprechenden Mitbürgerinnen und Mitbürgern.
Herzlichen Dank. – Meine Damen und Herren, das war die erste Rede des Kollegen Jan-Wilhelm Pohlmann. Alles Gute, Glück auf.
Dann machen wir weiter. Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Martina Feldmayer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
dass sie eben nicht der Anwalt der russischstämmigen und auch nicht der russischsprachigen Menschen ist, sondern es geht der AfD wie bei vielen Themen nur um die Spaltung der Gesellschaft.
Ich möchte nur ein paar Feststellungen treffen: Erstens. Wir haben in Europa Krieg. Es ist ein schrecklicher Krieg. Er ist völkerrechtswidrig; und es ist Putins Krieg.
Die Interessengemeinschaft der Deutschen aus Russland hat diesen heimtückischen Angriff schärfstens verurteilt und sich davon distanziert.
Weiter möchte ich feststellen: Es darf und kann in Deutschland oder anderswo keinen Generalverdacht für russischsprachige Menschen geben. Wir sind für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft, für eine Gesellschaft des Zusammenhalts und der Demokratie.
Wenn man bedenkt, dass in der NS-Zeit die Sowjetbürgerinnen und -bürger besonders unter den Gräueltaten, den Morden, der Verfolgung, dem Krieg zu leiden hatten und dass 27 Millionen Sowjetbürgerinnen und -bürger in diesem Krieg umgekommen sind, dann finde ich es besonders perfide, dass sich die AfD, deren Mitglied Alexander Gauland gesagt hat, die NS-Zeit sei „ein Vogelschiss in … deutscher Geschichte“, hierhin stellt und behauptet, der Anwalt der Menschen aus Russland zu sein.
Genau an diesem Punkt sieht man, dass Sie nicht der Anwalt der Menschen aus Russland sind, genauso wenig wie der Anwalt der Menschen, die unter der NS-Zeit zu leiden hatten.
Eine von Rechtsextremismus durchsetzte Partei, die jetzt auch vom Verfassungsschutz beobachtet werden kann, ist wahrlich nicht der Anwalt der Menschen, die Angst vor Diskriminierung haben. Dafür stehen die demokratischen Parteien in diesem Landtag. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Frau Kollegin Feldmayer. – Das Wort hat der Sozialminister, Staatsminister Klose. Kai, bitte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine war bereits vorgestern Gegenstand einer ausführlichen Debatte.
Ich lege Wert darauf, noch einmal zu betonen, dass sich wirklich viele Menschen in Hessen, auch der Landtag, auch die Landesregierung, von Beginn an mit den Opfern solidarisch gezeigt haben. Die Hilfsbereitschaft ist groß, sie ist wichtig; und es ist wichtig, dass uns dieses wertvolle Engagement und diese Solidarität erhalten bleiben.
Die Strukturen, die wir in den vergangenen Jahren auf allen staatlichen Ebenen auf- und ausgebaut haben, sorgen dafür, dass wir auch vor dem Hintergrund dieser folgenschweren Ereignisse handlungsfähig sind. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes arbeiten einmal mehr mit größtem Einsatz an ihrer Bewältigung. Es geht zuallererst um die Versorgung der Menschen, die bei uns Schutz suchen. Genau deshalb sorgen wir auch dafür, dass Menschen in Hessen gut ankommen und respektvoll miteinander leben können. Das schließt selbstverständlich Personen mit ukrainischer oder russischer Migrationsgeschichte ein.