Meine Damen und Herren, wir stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt mit einer Vielzahl von Maßnahmen. Seit 2014 fördern wir mit dem Landesprogramm WIR die Teilhabechancen aller Menschen in Hessen. Ganz konkret heißt es in diesem Fall, dass die WIR-Koordinatorinnen und -Koordinatoren der 33 Vielfaltszentren von Beginn an in die kommunalen Krisenstäbe eingebunden sind. 2022 werden über das Programm erneut über 250 Projekte gefördert, einige auch von russischsprachigen Trägern durchgeführt. Sie verurteilen den Krieg Putins und rufen zur Solidarität mit Ukrainerinnen und Ukrainern auf.
Russischsprachige Menschen bieten derzeit ehrenamtlich ihre Unterstützung an. Sie stellen sich als Integrationslotsinnen und -lotsen zur Verfügung. Wir unterstützen dies mit entsprechenden Qualifizierungsschulungen unseres Kompetenzzentrums Vielfalt Hessen. Wir haben den WIR-Projektträgern gesagt, dass sie ihre Projekte auf die aktuelle Situation hin anpassen können. Das heißt, sowohl die Beratungsleistung für Geflüchtete als auch Programme gegen Diskriminierung russischsprachiger Menschen können entsprechend stattfinden. Natürlich stehen die Antidiskriminierungsnetzwerke wie auch die hessenweite Antidiskriminierungsberatung mit ihren Angeboten bereit – selbstverständlich auch für Menschen mit russischer Migrationsgeschichte.
Ich habe bereits am 5. März öffentlich erklärt, dass Putin und sein Regime nicht das russische Volk sind. Viele hier lebende Menschen mit russischer Migrationsgeschichte fühlen mit den Ukrainerinnen und Ukrainern und unterstützen die Geflüchteten, sich hier zurechtzufinden. Herr Schulz, Ihnen und Ihrer Fraktion daher einmal zum Mitschreiben: Es gibt niemals eine Rechtfertigung dafür, Menschen aufgrund ihrer vermeintlichen Herkunft auszugrenzen. Das, was Sie hier wieder gemacht haben, die einen gegen die anderen zu stellen und zu sagen: „Das eine sind die guten Geflüchteten und die anderen nicht“, wird es mit uns nicht geben.
Es waren doch Sie und Ihre Fraktion, die vor gerade einmal drei Monaten die Streichung aller Haushaltsmittel für die WIR-Vielfaltszentren und die Streichung aller Haushaltsmittel für die Antidiskriminierungsarbeit gefordert haben; und jetzt legen Sie uns eine Aktuelle Stunde vor, wo Sie sich gegen Diskriminierung wenden wollen. Ihr Engagement gegen Diskriminierung ist vollständig unglaubwürdig. Es ist ohne jedes Fundament. Bei Ihnen besteht leider auch keinerlei Hoffnung auf Einsicht; und mir fehlt die Geduld, Sie bei Ihrem Findungsprozess zu begleiten. – Vielen Dank.
Antrag Aktuelle Stunde Fraktion der SPD Verfassungswidrige Besoldungspolitik in Hessen beenden – rechtmäßigen Anspruch von Beamtinnen und Beamten zügig umsetzen – Drucks. 20/8175 –
Dringlicher Antrag Fraktion der SPD Verfassungswidrige Unteralimentierung von hessischen Beamtinnen und Beamten beenden – Drucks. 20/8189 –
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Reden wir zur Abwechslung einmal über verfassungswidriges Handeln; und damit kommen wir zur Hessischen Landesregierung.
Am 30. November letzten Jahres hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof – das höchste hessische Verwaltungsgericht – in einem denkwürdigen Beschluss entschieden, dass die Beamtenbesoldung in Hessen mindestens seit dem Jahre 2016 gegen die Verfassung verstößt und verfassungswidrig ist. Es ist nicht das erste Mal, dass diese Hessische Landesregierung einen sehr saloppen Umgang mit der Hessischen Verfassung hat. Wir erinnern uns: Wenige Wochen zuvor gab es das Urteil zum sogenannten Sondervermögen, wo auch ein deutlicher Verfassungsbruch zu attestieren war.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir erwarten zunächst einmal – das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit –, dass eine Hessische Landesregierung, geführt von CDU und GRÜNEN, sich an Recht und Gesetz, an die Verfassung, hält. Dies ist offensichtlich aber nicht der Fall.
In diesem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs wird festgestellt, dass der Mindestabstand der Besoldung zur Grundsicherung 15 % betragen muss. Es ist ein Urteil, das ein Mitarbeiter des mittleren Dienstes der Besoldungsgruppe A 6 angestrengt hat. Die Entscheidung zog sich über mehrere Jahre hin. Der Verwaltungsgerichtshof stellt fest, dass die verfassungswidrige Besoldung mindestens bis in die Besoldungsgruppen A 10, A 11 reicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist auch kein Wunder. Ich habe so eine Vermutung, wer von den GRÜNEN sich insbesondere dafür eingesetzt hat, dass im Jahr 2015 die Beamtinnen und Beamten eine Nullrunde aufoktroyiert bekamen, im Jahr 2016 lediglich 1 % Besoldungserhöhung bekamen und sich demzufolge die Parameter entsprechend verändern.
Wie man so etwas in einem Koalitionsvertrag politisch festschreiben kann, das ist schon mutig. Man könnte es auch anders sagen: Das ist pure Ignoranz und Arroganz. – Der Verwaltungsgerichtshof hat Ihnen ins Stammbuch geschrieben, dass man so etwas nicht per Koalitionsverein
barung regeln kann. Das ist ein Desaster für diese Landesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Nun hören wir immer in Sonntagsreden und erleben es in den Haushaltsberatungen, dass es den weit über 100.000 hessischen Beamtinnen und Beamten blendend gehe. Wertschätzung von guter Arbeit drückt sich nicht nur in Lobesworten am Sonntag aus, sondern am Montag gehören auch die nötigen Euros dazu. Die teuren Mieten, die man hier im Ballungsraum zahlen muss, und die Lebenshaltungskosten tragen sich eben nicht von allein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist auch ein ziemlich schäbiger Umgang, zu sagen: Für eure Arbeit gibt es 0 % Besoldungserhöhung. – Das war die politische Botschaft des Jahres 2015. Sie war verheerend, weil sie ein Signal war an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Eure Arbeit ist uns nicht so viel wert.
Jetzt gibt es dieses Urteil. Jetzt werden Sie sagen: Ja, die Verfassungswidrigkeit ist formal noch nicht festgestellt. – Das kann in der Tat nur das Bundesverfassungsgericht feststellen. Da sich aber die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs in Kassel an den aufgestellten Grundsätzen aus Karlsruhe orientiert, wie die Alimentierung – das heißt so – für die Beamtinnen und Beamten zu erfolgen hat, ist das tatsächlich nur eine Formsache. Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Innenminister, erwarten wir von dieser Landesregierung keine monatelange oder jahrelange Hängepartie. Wir erwarten, dass der verfassungswidrige Zustand für die hessischen Beamtinnen und Beamten bei der Besoldung beseitigt wird und es endlich zu Nachzahlungen kommt. Das ist das Ergebnis, die Quintessenz dieser Entscheidung.
Ich bin immer noch fassungslos, wie man eine solche politische Entscheidung treffen kann. Das war ziemlich dämlich – um es einmal freundlich zu formulieren. Ich will selbstkritisch hinzufügen, als SPD und GRÜNE von 1995 bis 1999 regiert haben, gab es den einen oder anderen Vorschlag, der war auch toll. Da haben wir die sogenannte Jubiläumszuwendung für Dienstjubiläen abgeschafft. Ersparnis in Geld, in D-Mark damals: 3 Millionen DM. Der politische Schaden war wahrscheinlich um ein Vielfaches höher. Die Kolleginnen und Kollegen waren sauer, weil sie das Frühstück für ihre Kollegen mit dieser Jubiläumszuwendung nicht mehr bezahlen konnten.
Das haben wir übrigens damals teuer bezahlt. Es gab heftige Kritik; ich könnte Ihnen das alles vortragen. Was die CDU damals gesagt hat – in Klammern: die FDP auch, aber das sage ich nicht ganz so laut;
Im Übrigen ist der Fachkräftemangel auch in der hessischen Verwaltung ein Thema. Wer aber so mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgeht, sie so schlecht behandelt, darf sich nicht wundern. Es ist ein Desaster. Herr Beuth, beenden Sie endlich diesen verfassungswidrigen Zustand. Leisten Sie die Nachzahlungen, und zwar zeitnah. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Kollege Rudolph. – Nächster Redner, Kollege Frank-Peter Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte sehr.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Günter Rudolph, der Zuruf „Verursacher“ stimmt nur bedingt. Der Kollege Frömmrich muss sich leider krankheitshalber entschuldigen, sonst würde er hier stehen. Aber ich vertrete ihn gerne, in der Tat, weil diese Frage schon eine ganz wichtige ist. Wir haben damals, das ist immerhin sieben Jahre her, durchaus heftig gestritten.
Zunächst einmal herzlichen Dank, lieber Günter Rudolph. Wir haben heute, obwohl ich es eigentlich erwartet habe, die sonst übliche Empörungsrhetorik nicht gehört, sondern nur einen scharfen Angriff und sogar Selbstkritik – man höre und staune, das ist bei Günter Rudolph ein Punkt, den man sich im Kalender vermerken sollte – über Dinge, die zwar schon sehr lange zurückliegen, aber immerhin.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine sachliche Erörterung der Problematik ist sicherlich auch angemessen. Wir brauchen keine lautstarken verbalen Wettbewerbe, wer die Beamtinnen und Beamten am besten versteht und ihnen am meisten verspricht. Wir brauchen – und sollten uns darüber in diesem Haus auch einig sein –, was wir immer wieder zu Recht betonen, die Wertschätzung für die Bediensteten des Landes, die an unterschiedlichsten Stellen ihren Dienst für uns alle versehen. Es geht um Respekt und nicht um Randale.
Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben ein Problem zu lösen und wollen dies mit Engagement und Sorgfalt tun und dabei auch die Bediensteten, ihre Vertretungen und die Gewerkschaften mitnehmen. Wir werden die Besoldung neu strukturieren und dabei selbstverständlich die Gebote der Verfassung beachten.
Das sind aber, das darf ein Finanzpolitiker auch hervorheben, nicht nur die Aussagen des Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz, sondern unter anderem auch die Vorgaben des Art. 141 unserer Hessischen Verfassung.
Der Kollege Rudolph hat bereits darauf hingewiesen, der Rechtsweg ist noch sozusagen am „Beschrittenwerden“. Das heißt, wir haben noch kein abschließendes Urteil. Trotzdem drängen Sie hier und werfen der Regierungsmehrheit Verzögerung vor.
Ich frage mich: In welcher Rolle tun Sie das, verehrter Herr Kollege Rudolph, als Sprachrohr von Heini Schmitt? Das kann er selbst am besten, wie wir gemeinsam wissen.
Der Beamtenbund erhebt natürlich lautstark Forderungen. Nur, auch ihn darf man einmal darauf hinweisen: Am 15. Oktober letzten Jahres wurde der Tarifabschluss in Hessen auch gerade von Herrn Schmitt noch sehr gelobt, insbesondere auch seine Übertragung auf den Besoldungsbereich. Aber seit dem 30. November gilt das alles nicht mehr, da ist das nichts mehr wert, da wird jetzt nur noch polemisiert.
Der Kollege Rudolph hat da auch ein Stück weit eingestimmt. Übrigens, sowohl in Richtung Herrn Schmitt als auch in Richtung SPD-Fraktion – bei Ihnen steht es im Antrag unter dem Punkt 3 –: Eine Rücklagenbildung im Haushalt, die dort gefordert wird, haben Sie bis vor Kurzem massivst bekämpft,