Immer Geduld. – Die Frage, ob das überhaupt noch nötig ist, wird sich auch stellen; denn es ist ja schon allerhand passiert, wie wir im Laufe der Woche schon mehrfach dargestellt haben.
Ich beziehe mich aber auch noch einmal explizit auf das Thema Schienenreaktivierung. Es wurde von der Kollegin Heitland schon perfekt ausgeführt, was das Land alles gemacht hat und warum das nicht dazu beiträgt. Aber ich will noch einmal erwähnen, was sie noch nicht gesagt hat: Hessen Mobil hatte im Jahr 2014 eine Studie der reaktivierbaren Strecken durchgeführt – obwohl Hessen Mobil nicht dafür zuständig ist –, als Serviceleistung für die Kommunen. Diese Studie wird ständig überarbeitet, es ist ein Arbeitskreis Reaktivierung daraus entstanden. Das Land Hessen, zusammen mit Baden-Württemberg, hat eine einfache standardisierte Bewertung dieser Schienenreaktivierungsstrecken auf den Weg gebracht, die auch im Bund endlich im Juli veröffentlicht wurde. Danach werden alle Strecken noch einmal neu bewertet und können dann auch schneller und besser gebaut werden.
Ja, neue Schienen; ich rede von Reaktivierung. – Ganz neue Schienen? Dann erzählen Sie mir einmal, wo Sie die ganz neue Schiene hinbauen wollen. Warum verhindern Sie dann die ganz neue Schiene in Wiesbaden und die Straßenbahn in Bad Vilbel und alles, was Sie gestern schon einmal gesagt haben?
Tun Sie doch einfach einmal etwas. Unterstützen Sie aktiv die Kommunen vor Ort da, wo die Zuständigkeit ist, und sparen Sie sich dann das Gesetzeschreiben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat ist es so, dass in dem Koalitionsvertrag drinsteht – Zitat –:
Zur Beschleunigung von Maßnahmen werden wir die Einrichtung einer Landeseisenbahninfrastrukturgesellschaft prüfen.
Das steht da drin. Das ist prima. – Jetzt muss man sich natürlich fragen: Prüfen Sie schon, prüfen Sie noch, wollen Sie noch prüfen, oder sind Sie mit dem Schlafwagen unterwegs?
Ich denke aber, wir sind uns einig, dass eine bedarfsgerechte leistungsfähige Schieneninfrastruktur als Rückgrat des öffentlichen Personennahverkehrs einen hohen Stellenwert haben muss und hoffentlich haben wird – irgendwann.
Denn die Verkehrswende wird nur mit einer gegenüber dem Istzustand deutlich erweiterten Infrastruktur gelingen. Da muss die Schiene natürlich eine ganz große Bedeutung haben.
Große Bedeutung bedeutet natürlich auch, dass ein Ausbau der Bestandsstrecken zur Kapazitätserhöhung und Erhöhung der Geschwindigkeiten vorgenommen werden muss. Hier müssen Sie nicht auf den Bund warten, sondern hier kann durchaus auch die Landesregierung tätig werden.
Aber die Realität sieht anders aus – so ähnlich wie bei den Fahrradwegen. Da sind ja auch nur 13 km entstanden, so glaube ich, Herr Minister. Von daher begrüßen wir den Anstoß der FDP, dass hier ein Gesetz auf den Weg gebracht wird. Ob wir da zustimmen oder nicht, sage ich später noch.
Herr Al-Wazir hat im Frühjahr 2018 Folgendes gesagt – und das haben Sie auch immer wiederholt –: „Jeder Meter Schiene hilft.“
Ja, es bedarf einer landesweiten – und landesweit heißt auch landesweit – Schieneninfrastrukturstrategie. Diese Strategie gibt es aber nicht, obwohl diese als Grundlage für
die Realisierung einzelner Projekte äußerst wichtig wäre. So könnten auch Wirkungszusammenhänge zwischen den Projekten berücksichtigt werden. Aber das kann ja noch werden, wenn Sie aus dem Schlafwagen aussteigen.
Auch der Aufbau eines landesweiten Katasters, das die kritischen Stellen der Netzentwicklung benennt und damit die Informationsbasis bildet, ist an dieser Stelle längst überfällig.
Kommen wir zum ländlichen Raum. Wenn wir den ländlichen Raum betrachten, dann ist gerade dort die Schiene von immenser Bedeutung. Da gibt es viele Trassen, die stillgelegt wurden, die man durchaus in Betracht ziehen könnte wiederzubeleben. Ich erinnere nur an das Dreiländerdreieck Hessen, Thüringen, Niedersachsen. Da spielt sich derzeit nichts ab.
Übrigens, wenn wir schon vom ländlichen Raum sprechen: Da hat die Landesregierung immer wieder betont, sie verlege auch Arbeitsplätze in den ländlichen Raum – Behörden, Bildungseinrichtungen –, aber das tut sie nicht. Dann müssen Sie zumindest dafür sorgen, dass die Menschen aus dem ländlichen Raum in die Stadt fahren können – und das schnell und günstig.
Es ist nicht genug, zu wissen, man muss auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muss auch tun.
Ich glaube nicht, Herr Minister, dass es Ihnen an Wissen fehlt. Das glaube ich wirklich nicht. Sie sind schon ein schlaues Kerlchen.
(Heiterkeit – Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Günter Rudolph (SPD): Darüber reden wir noch einmal!)
Oh, ich glaube, da kriege ich Schelte von meiner eigenen Fraktion. – Nein, das ist schon so. Aber beim Wollen fehlt es, und beim Tun stellen wir leider nichts fest.
Der Minister setzt auf ELISA – Elektrifizierter, innovativer Schwerverkehr auf Autobahnen. Wenn man sich das einmal betrachtet, stellt man fest: Ich habe noch nie so einen Lkw gesehen. Es gibt ja auch nur 20.
(Karin Müller (Kassel) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist aber schade! Ich wollte Sie nach der Kurve Kassel fragen!)
Noch einmal zurück: Ich habe noch keinen dieser Lkw gesehen. Es gibt nur 20. Die Wahrscheinlichkeit, in Hessen einen Wolf zu sehen, ist ungleich höher, als einen dieser Lkw.
Liebe FDP, die Praktikabilität Ihres Gesetzentwurfs muss noch einmal durchdacht werden. Die Schweizer sagen: „Wir müssen darüber hirnen“ – insbesondere darüber, wie die Beteiligung aussieht. Deswegen sagen wir Ihnen wohlwollend eine Enthaltung zu. – Vielen Dank.