Protokoll der Sitzung vom 22.09.2022

Entsprechend begrüßen wir die Videoüberwachung von Bereichen, in denen es vermehrt zu Straftaten kommt bzw. sich eine kriminelle Szene etabliert. Allerdings sagen wir genauso deutlich: Zu einem Wildwuchs an Videoüberwachung darf es nicht kommen. Die Örtlichkeiten sind durch das Gesetz und durch Rechtsvorschriften klar zu definieren und zu begrenzen. Außerdem wird Sicherheit nicht nur durch Kameras erzeugt, sondern auch durch eine Vielzahl von Maßnahmen, die die Städte und Gemeinden in eigener Zuständigkeit leisten können. Beispielhaft seien hier Beleuchtungs- und Baumaßnahmen genannt, die dunkle Räume und Ecken vermeiden. Meine Damen und Herren, es bleibt festzustellen: Von einer grenzenlosen Videoüberwachung in Hessen wären wir auch unter Berücksichtigung von Bahnhöfen, Flughäfen sowie von Einkaufszentren noch weit entfernt.

Zum Schluss möchte ich noch die Eingangsfrage beantworten: Ja, die SPD übertreibt, aber nicht nur das, offensichtlich nimmt die SPD lieber grenzenlos Straftaten in Kauf, als mittels örtlich begrenzter Videoüberwachung

(Zurufe SPD: Ah!)

die Sicherheit der Bürger im Auge zu haben.

(Beifall AfD)

Das Fazit kann deshalb nur lauten: Die SPD selbst stellt ein Sicherheitsrisiko für unsere Bürger dar. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD – Günter Rudolph (SPD): Das größte Sicherheitsrisiko ist die AfD!)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Abg. Felstehausen das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren der demokratischen Parteien! Das vorgelegte Gesetz mit dem Namen „Gesetz zur Änderung sicherheitsrechtlicher Vorschriften und zur Umorganisation der hessischen Bereitschaftspolizei“ kann wohl mit Recht als eines der schlechtesten Gesetze dieser Wahlperiode bezeichnet werden.

(René Rock (Freie Demokraten): Da bin ich mir nicht sicher!)

Es ist tatsächlich eine einzige Bewerbung für den jährlich verliehenen Big Brother Award.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Minister Beuth, Sie hätten tatsächlich gut daran getan, die Regierungsfraktionen nicht dafür zu missbrauchen, ein Gesetz einzubringen, um sich eine Regierungsanhörung zu ersparen;

(Günter Rudolph (SPD): Der wusste ja, was kam!)

denn spätestens mit einer Regierungsanhörung wäre Ihnen klar geworden, dass weite Teile Ihres Gesetzes mit unserer Verfassung schlicht nicht vereinbar sind. Dies haben Sie – Herr Hahn und Herr Rudolph haben es deutlich gemacht – in der öffentlichen Landtagsanhörung zu hören bekommen. Was wir dort gehört haben, ist für einen Verfassungsminister tatsächlich eine einzige Blamage.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Aber Sie ziehen ein offensichtlich verfassungswidriges Gesetz nicht zurück; denn Sie wollen weiterhin mit dem gleichen Kopf durch die gleiche Wand. Für die Fraktion DIE LINKE kann ich daher schon heute ankündigen: Kommen Sie nicht zur Einsicht, werden dies die Gerichte klären müssen. Dies hat viele Gründe; und ich möchte sie am Beispiel der grenzenlosen Videoüberwachung noch einmal erklären. Videoüberwachung soll also pauschal – ohne Anlass und ohne Prüfung – an allen Einkaufszentren, Flughäfen, Personenbahnhöfen, Sportstätten und Packstationen in Hessen möglich sein. In den städtischen Gebieten liegen diese Bereiche derart nah beieinander, dass eine fast lückenlose Überwachung möglich ist. Meine Damen und Herren, das ist ein ganz erheblicher Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger; und das ist es, was uns dabei so empört.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Bisher ist im öffentlichen Raum die Videoüberwachung nur möglich, wenn es tatsächlich Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten gibt oder eine Gefahr vorliegt. Nach dem Gesetzesvorschlag der Regierungsfraktionen wäre eine solche Prüfung nun nicht mehr erforderlich. Als Begründung wird genannt, dass diese Orte „erfahrungsgemäß“ besondere Gefahrenpunkte darstellen würden. Welche Erfahrungen dies sind und wer sie gemacht hat, wird jedoch nicht ausgeführt. Sie versuchen noch nicht einmal, einen eklatanten Grundrechtseingriff ordentlich zu begründen.

Sie können auf Anfrage unserer Fraktion noch nicht einmal erklären, Herr Beuth, wie viele dieser Orte es in Hes

sen überhaupt gibt. Sie liefern weder eine Definition von dem Begriff „Sportstätten“, noch können Sie erklären, was Sie unter einem „Einkaufszentrum“ verstehen. Ist es denn schon die Metzgerei, die Bäckerei oder die Schusterei am Dorfplatz, die Sie zum Einkaufszentrum erklären, oder ist es vielleicht die Kegelbahn im Gasthaus zum goldenen Hirschen, den Sie als „Sportstätte“ bezeichnen? All dies lassen Sie völlig offen.

(Beifall DIE LINKE)

Am eklatantesten waren jedoch die Aussagen der Sachverständigen in der Anhörung: Es gibt schlicht und ergreifend keinen Beweis dafür, dass eine grenzenlose Videoüberwachung überhaupt Kriminalität verhindert. Sicherlich, Videoüberwachung kann bei der Aufklärung von Straftaten hilfreich sein. Was wir aber wollen, ist eine Verhinderung der Straftaten an sich. Gerade in Wiesbaden haben wir feststellen müssen, dass Videoüberwachung zu einer Verlagerung der Kriminalitätsschwerpunkte, nicht zu einer Reduzierung der Kriminalität führt.

(Robert Lambrou (AfD): Das stimmt so nicht!)

Videoüberwachung wird von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, als Allheilmittel gepriesen, gegen Gewalt und Straßenkriminalität, gegen Vandalismus und Graffiti. Es wird immer wieder gesagt, man wolle Straftaten verhindern; und Sie gehen davon aus, wer gefilmt würde, begehe keine Straftaten mehr. Das versprechen Sie uns immer wieder. Aber die Sachverständigen haben uns während der Anhörung etwas anderes berichtet. Es gibt – ich wiederhole, was die Sachverständigen sagten – keinen wissenschaftlich evidenten Beweis dafür, dass Straftaten aufgrund der Videoüberwachung abnehmen.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Und wen stört das?)

In Hessen ist schon jetzt eine umfangreiche Videoüberwachung möglich; trotzdem haben wir die genannten Straftaten zu verzeichnen. Sie verdrängen die Kriminalität, statt sich den Ursachen zuzuwenden. Sie verbannen die Polizei vor Monitore, statt sie vor Ort helfen zu lassen.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, dazu kann ich nur sagen: Dieses Konzept von Sicherheit wird niemals die Zustimmung der LINKEN erhalten.

(Beifall DIE LINKE)

Als Letztes möchte ich, es ist zwar schon gesagt worden, noch einmal das Zitat von Benjamin Franklin in den Raum stellen:

Wer Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.

Meine Damen und Herren, hierüber sollten wir noch einmal nachdenken. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abg. Felstehausen. – Für die Fraktion der CDU hat jetzt Herr Abg. Bauer das Wort.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (Freie Demokraten): Dass dies ein LINKER sagt, hätte ich auch nicht gedacht! Dass ich das erleben durfte!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei solchen Debatten geht es immer wieder um die Balance – das ist hier angesprochen worden – von Freiheit und Sicherheit. Ich darf für die CDU-Fraktion feststellen, dass wir seit vielen Jahren für mehr Sicherheit in Hessen sorgen und damit für mehr Freiheit der Menschen. Das ist das Credo unserer Politik: Wir sorgen dafür, dass die Menschen in Hessen sicher und frei leben können. Das ist der Maßstab unserer Politik.

(Beifall CDU)

Wir investieren seit Jahren Rekordsummen in moderne Polizeitechnik und in eine bestmögliche Schutzausstattung. Noch nie gab es mehr Polizistinnen und Polizisten, nie gab es mehr Geld für Präventionsmaßnahmen, nie waren die Aufklärung höher und die Straftaten geringer. Dieser Minister ist ein Sicherheitsminister; und er ist ein Freiheitsminister.

(Beifall CDU – Zuruf DIE LINKE: Ein Unsicher- heitsminister!)

Meine Damen und Herren, solche Zustände gab es noch nie. Ihr letzter Innenminister hat sich bei der Präsentation seiner PKS am 18. Februar 1998 feiern lassen.

(Günter Rudolph (SPD): Ach du liebe Zeit!)

Ich darf ihn einmal zitieren:

Halten wir also fest – ich wiederhole es, damit auch die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition es in sich aufnehmen und vielleicht auch weitererzählen –:

(Torsten Felstehausen (DIE LINKE): Reden Sie auch zur Sache?)

In Hessen ist die Zahl der Straftaten – ich wiederhole es … – um 7,5 % zurückgegangen. Wir haben eine Aufklärungsquote, wie wir sie seit 20 Jahren … nicht mehr hatten.

(Günter Rudolph (SPD): Reden Sie zum Antrag!)

Das sagte Bökel 1998. Was war der Zustand? Aufklärungsquote damals: 44,4 %, Aufklärungsquote heute: 65,5 %. Das ist der Unterschied zu CDU-geführter Landespolitik.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Super!)

Wie kommt es dazu, meine Damen und Herren? Es kommt dazu, weil wir mehr Polizei haben; wir haben mehr Investitionen, und wir haben auch den richtigen rechtlichen Rahmen dafür, dass die Polizei gute Arbeit machen kann. Da komme ich genau zu dem Punkt: Wir brauchen gute gesetzliche Rahmenbedingungen, damit die Polizei erfolgreich arbeiten kann.

(Zuruf René Rock (Freie Demokraten))