Protokoll der Sitzung vom 09.12.2020

Die Kollegin Wissler meine ich nicht, andere schon. – Wir wollen den Bereich ausdrücklich stärken, weil wir sicher sind, dass im nächsten Jahr die Wirtschaftsleistung hoffentlich wieder anziehen wird, aber manche Probleme – Stichwort: Insolvenzen und Ähnliches – erst kommen werden. Dass eine Firma, die sozusagen ein schweres Jahr hinter sich hatte, erst einmal anfängt, zu warten, ob sie noch einmal einen neuen Ausbildungsplatz schafft, ist doch völlig klar. Genau an dieser Stelle wollen wir im Jahr 2021 unterstützen, damit möglichst viele Ausbildungsplätze angeboten werden und möglichst viele junge Leute eine Ausbildung beginnen können.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will zum Stichwort Energiewende nur einen Punkt nennen. Jahrelang habe ich mir in der letzten Legislaturperiode anhören müssen, dass unser Ziel der Verdoppelung des Anteils der erneuerbaren Energien am Strom unerreichbar sei. Ich habe schon gesagt: Wir haben das Ziel letztes Jahr erreicht. Wir haben es geschafft, den Anteil des in Hessen aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms von 12,5 % des Bruttostromverbrauchs auf 25 % – genauer gesagt: 24,9 % – zu bringen. Jetzt können Sie sagen, es fehlen 0,1 %. – Wenn der SPD nur 0,1 % fehlen würde, dann wäre sie froh, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wir haben also unser Ziel erreicht, und wir gehen das nächste Verdoppelungsziel an, nämlich die Verdoppelungsquote bei der Sanierung von Wohngebäuden, weil das ein Bereich ist, in dem ein Drittel der Energie in Hessen verbraucht wird. Davon entfallen 80 % auf Heizen und Warm

wasser in den Privathaushalten. An dieser Stelle gibt es noch viel zu tun. Da wollen wir die Bürgerinnen und Bürger mit unserem Wärmeeffizienzprogramm bei der Wärmewende unterstützen, die jetzt angesagt ist.

(Unruhe SPD)

Ich wollte nur kurz darauf hinweisen, dass die durchschnittliche Redezeit der anderen jetzt vorbei ist.

Frau Präsidentin, ich bin gleich durch. – Das hilft übrigens nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch der Wirtschaft und dem regionalen Handwerk.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch das ist eine Antwort auf die Corona-Pandemie, indem wir Klimaschutz und Wirtschaftsprogramme verbinden – und genau das ist jetzt angesagt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zuruf Marius Weiß (SPD))

Zum Thema Wohnen werden wir hier noch zweimal große Debatten zu zwei Gesetzentwürfen haben. Ich will nur so viel sagen: Wir haben in diesem Jahr so viele Anmeldungen im sozialen Wohnungsbau wie seit 2009 nicht mehr. Wir drehen diesen Tanker gerade.

(Zuruf Janine Wissler (DIE LINKE))

Ja, liebe Kollegin Wissler, im letzten Jahr gab es in Hessen unterm Strich, glaube ich, 550 Sozialwohnungen weniger.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja!)

Ja. – Ich will, dass das endet und dass wir das drehen. Aber in Berlin, wo die Linkspartei die Senatorin stellt, gab es im Jahr 2019 nicht nur 500 Wohnungen, sondern 20.000 Sozialwohnungen weniger.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe SPD und Janine Wissler (DIE LINKE))

Sie kritisieren und reden sozusagen in Ihrer eigenen Welt, und wir arbeiten schlicht an dem, was wir uns vorgenommen haben, und an der Lösung der Probleme.

Letzter Satz, Frau Präsidentin. – Wir haben heute Morgen eine Umfrage bekommen. Seit der letzten Landtagswahl: CDU plus 7, GRÜNE plus 2, SPD minus 1, FDP minus 0,5, LINKE minus 1, AfD minus 5. – Halten Sie weiter solche Reden, das hat bisher super funktioniert. – Vielen Dank.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marius Weiß (SPD): Was soll das denn? Was ist denn hier los? Das ist unverschämt! War das Wahlkampf, oder was? – Allgemeine Unruhe)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Al-Wazir. – Mir liegt noch eine Wortmeldung zum Einzelplan 07 von der SPDFraktion von Frau Löber vor. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Staatsminister, gestern bei der Generaldebatte ist das Thema Digitalisierung nicht explizit aufgenommen worden, auch nicht von Ihrem Ministerpräsidenten. Ich war bei der Debatte bis zum Ende anwesend, und ich finde deswegen Ihre Bemerkungen etwas unpassend.

(Beifall SPD)

Uns war es wichtig, das Thema Digitalisierung hier im Zusammenhang mit Wirtschaft aufzunehmen. Mobilfunkausbau, Breitband – auch Sie haben eben kleine und mittlere Unternehmen angesprochen, für die das essenziell wichtig ist. Ich denke, dieser Zusammenhang ist hier gegeben. Vielleicht sollten Sie jeder Fraktion selbst überlassen, was sie hier zu welcher Thematik beiträgt. – Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Frau Abg. Löber. – Zur Geschäftsordnung hat sich Abg. Rudolph gemeldet.

Frau Präsidentin, wir bitten um einen Protokollauszug der Rede des Herrn Ministers – der in der bekannten, ihm eigenen Arroganz meint, Abgeordnete beleidigen zu müssen –, sodass wir das in der nächsten Sitzung des Ältestenrats besprechen können.

(Zurufe: Jawohl!)

Das ist mir nicht bekannt, aber einen Protokollauszug können wir natürlich gerne anfertigen. – Damit sind wir am Ende des Einzelplans 07.

Wir kommen zum

Einzelplan 08 – Hessisches Ministerium für Soziales und Integration –

Als Erste hat die Abg. Gnadl, SPD-Fraktion, das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Corona-Pandemie wirkt im sozialpolitischen Bereich wie ein Brennglas. Strukturen, die zuvor schon defizitär waren oder hart an ihrer Belastungsgrenze gearbeitet haben, sind in der Krise so unter Druck geraten, dass die Defizite noch deutlicher hervortreten und nicht mehr zu leugnen sind.

(Beifall SPD)

Die Folgen der Corona-Pandemie sind spürbar, doch sie betreffen nicht alle in gleichem Maße: prekäre Beschäftigung, kein bezahlbarer Wohnraum, Flüchtlingsunterbringung ohne landesweite Standards, ein unterfinanzierter öffentlicher Gesundheitsdienst mit zu wenig Personal.

(Unruhe)

Ich weiß gar nicht, was in diesem Raum los ist. Könnte mir vielleicht auch irgendeiner von den grünen Herren einmal zuhören, die sonst immer so empfindlich sind?

(Beifall SPD – Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Unruhe)

Bitte schenken Sie der Rednerin die entsprechende Aufmerksamkeit, die sich gebührt.

(Günter Rudolph (SPD): Gehen Sie raus, wenn Sie reden wollen! – Gegenruf: Herr Rudolph! – Weitere Zurufe)

Ich weiß nicht, was hier los ist.

(Holger Bellino (CDU): Reden Sie doch mal weiter! – Weitere Zurufe)

Ich würde gern weiterreden, Herr Bellino, aber ich finde diese Unruhe unglaublich. Man kommt kaum noch zu Wort, wenn man hier vorne am Pult steht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD, Freie Demokraten und Robert Lam- brou (AfD))

Prekäre Beschäftigung, kein bezahlbarer Wohnraum, eine Flüchtlingsunterbringung ohne landesweite Standards, ein unterfinanzierter öffentlicher Gesundheitsdienst mit zu wenig Personal, zu wenige Kapazitäten in Frauenhäusern, der Schuldnerberatung, der Obdachlosen- und Wohnungslosenhilfe, Personalnotstand in den Krankenhäusern, in der Altenpflege, in den Kitas – egal, wohin wir schauen, die Aufgaben der Daseinsvorsorge wurden jahrelang unterfinanziert. Die Krise hat die Versäumnisse dieser schwarzgrünen Landesregierung schonungslos offengelegt.

(Beifall SPD)

Sie nehmen jetzt über den Schattenhaushalt zwar gigantische Summen in die Hand, jedoch fehlen die strukturellen Veränderungen. Die vermissen wir im Einzelplan 08, im Sozialhaushalt.

(Beifall SPD)

Bei der Kinderbetreuung müssen wir endlich die richtigen Weichen stellen; denn Kinder haben ein Recht auf frühkindliche Bildung und auf Teilhabe. Eltern haben ein Recht auf Betreuung, und die Erzieherinnen und Erzieher haben ein Recht auf gute Arbeitsbedingungen.

In dieser Krise wurde besonders deutlich: Es gibt keinen Personalpuffer in den Kitas. Gleichzeitig fallen mehr Erzieherinnen und Erzieher krankheitsbedingt oder aufgrund der Quarantänemaßnahmen aus. Damit wird klar: Die sowieso schon strapazierte dünne Personaldecke dünnt sich noch mehr aus. Das führt dazu, dass vielerorts in den Städten und Gemeinden die Betreuungszeiten eingeschränkt werden. Die berufstätigen Eltern müssen jetzt sehen, wie sie damit zurechtkommen.

(Minister Michael Boddenberg unterhält sich mit Minister Tarek Al-Wazir.)