Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

sagt, wir wissen es besser. Es ist wahrscheinlich keine Absicht, sondern nur Unkenntnis.

Deswegen, lieber, hochverehrter Kollege Rock, lade ich Sie gern zu mir nach Hause ein. Wir können uns dann in meinen Garten setzen, wenn es wieder ein bisschen wärmer geworden ist. Es war zwar gerade warm, wird aber im Frühling noch wärmer. Da können Sie mehrere Sachen gleichzeitig lernen. Erstens will ich Ihnen den Unterschied zwischen Primärenergieverbrauch, Energieaufkommen und Endenergieverbrauch erklären; das ist auf dieser Tabelle sichtbar.

(Der Redner hält ein Schaubild hoch. – René Rock (Freie Demokraten): Ich weiß, was das ist!)

Ich werde Ihnen erklären, warum die Windenergie mit 100 % Effizienz und die Kernenergie mit nur 30 % Effizienz unterschiedlich veranlagt werden. Aber Sie können gleichzeitig auch erleben, wie fürchterlich es ist, unter Windkraftanlagen zu sitzen. Von meinem Schlafzimmerfenster aus – im Garten ist man noch näher – sind es 400 m zur nächsten Windkraftanlage und 500 m zur übernächsten Windkraftanlage. Sie werden feststellen: Der Lärm der Windkraftanlagen ist nicht das Problem. Das Problem ist: Wenn ein Auto auf der Landesstraße dazwischen hindurchfährt, hört man die Windkraftanlagen leider nicht mehr, aber man kann trotzdem noch miteinander reden. Insofern: Die Einladung steht. Dann können wir das einmal in Ruhe durchsprechen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Grillen! – Gegenruf Janine Wissler (DIE LINKE): Nicht mit Kohle! – Gegenruf Robert Lambrou (AfD): Sie können die toten Vögel grillen!)

Wir können auch zusammen grillen,

(Beifall Janine Wissler (DIE LINKE))

wobei ich sagen muss, dass ich nicht der Griller bin. Ich mag nicht, wenn alles nach Rauch stinkt.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Erdgas!)

Aber das kann man mit Gas machen. Dann greifen wir die Gasinitiative der FDP damit auf. Wir können uns dann auch darüber unterhalten, warum die CO2-Emissionen im Verhältnis zum Primärenergieverbrauch ein komisches Argument sind, wenn wir gleichzeitig eine Situation haben, in der Deutschland größter Stromexporteur in Europa ist, und zwar aufgrund der vielen Kohlekraftwerke.

(René Rock (Freie Demokraten): Aber nicht Hessen!)

Deutschland. Ich spreche von Deutschland.

(René Rock (Freie Demokraten): Nicht Hessen!)

Ja, aber Sie argumentieren mit dem Importanteil. Den Importstrom bekommen wir nicht aus Frankreich, sondern aus Deutschland. – Der Importanteil von 50 % wäre viel geringer, wenn wir mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien schneller vorankämen. Dann würden wir einen viel größeren Anteil an Strom hier in Hessen selbst produzieren. Diese Zusammenhänge muss man schon begreifen, um eine faktenbasierte Diskussion hierüber zu führen. Da darf man nicht ständig Äpfel mit Birnen durcheinanderbringen und Malen nach Zahlen machen,

(Lachen Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

sondern dann muss man sich wirklich über die Fakten unterhalten. Fakt ist: Wenn wir in Hessen mehr erneuerbare Energien haben, wenn wir mehr Windkraftanlagen haben, ist auch der Anteil an Strom, den wir importieren müssen, wesentlich geringer. Dafür setzen wir uns ein.

(Beifall SPD)

Uns Sozialdemokraten geht es dabei nicht nur um Klimaschutz – das ist ein schöner Effekt –, sondern es geht auch darum, eine Politik zu machen, die Industrie und Mittelstand fördert. Ein großer Teil der Betreiber der Anlagen von erneuerbaren Energien sind mittelständische Unternehmer. Insofern wundert mich die Position der FDP immer wieder: sonst extrem naturschutzfeindlich. Man kann gar nicht genug zubetonieren und zumachen, man kann nicht genügend gegen Frösche sein. Bei den Windkraftanlagen sind sie aber plötzlich die Naturschützer und die absolut wirtschaftsfeindlichen Demagogen. Das geht für mich eigentlich nicht zusammen. Deshalb kann ich nur verweisen auf Matthäus 7 Vers 5.

(Heiterkeit und Beifall SPD – Zuruf)

In meinem Wahlkreis ist es wichtig, dass man sich da auskennt. Mein Kollege von der CDU nickt.

Ich möchte nicht alles im Widerpart zu Ihnen darlegen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, beim Thema Ultranet und bei der Verschwenkung stimmen wir Ihnen zu. Ja, 400 m Abstand sind notwendig. Es ist eine maßgebliche Veränderung der Nutzung, wenn wir da eine HGÜ oder eine Drehstromaufseilung machen. Dann muss das entsprechend umgeplant werden. Diese 400 m müssen eingehalten werden. Da haben Sie unsere Unterstützung.

(Beifall SPD)

Leider muss das immer wieder gesagt werden. Das ist ein Teil der Standardrede, die Sie gehalten haben, hochverehrter Kollege Rock. Das ist diese Desinformation über die Energiewende und über das EEG. Wir reden hier nicht über Subventionen bzw. über Steuergeld, sondern wir reden über eine Umlage, die im Zusammenhang mit einer Lieferung steht.

(Zuruf René Rock (Freie Demokraten))

Wie gesagt: Einladung in den Garten. Wir können das da in Ruhe besprechen, Herr Rock.

Das ist eine Umlage, die im Gegenzug für eine Stromeinspeisung bezahlt wird, aber nur dann. Das muss man denen ins Stammbuch schreiben, die immer so tun, als könnte man eine Windkraftanlage errichten, und die steht dann da und produziert keinen Strom, und trotzdem würde man Subventionen erhalten. Keinen Cent bekommen Sie dafür, außer Sie sind Offshore-Windkraftanlagenbetreiber. Dann erhalten Sie eine großzügige Unterstützung für den Anschluss an Land. Das bezahlen wir alles mit. Die OnshoreWindkraftanlagen finanzieren sich aber nur aus dem, was man an Strom geliefert hat.

Ich komme aus der Energiewirtschaft und weiß deshalb, dass man das einen Festpreisvertrag nennt. Genau das haben wir früher mit vielen Industrieunternehmen so gemacht, die Energieanlagen hatten. Denen haben wir zu einem Festpreis Strom abgekauft. Genau das macht der Gesetzgeber mit dem EEG. Das muss man immer wieder erklären.

Zum Schluss noch zwei Worte zum Antrag der Koalitionsfraktionen.

(René Rock (Freie Demokraten): Sagen Sie doch etwas zu den SPD-Landräten!)

Ich habe leider nur zehn Minuten Zeit, René.

(René Rock (Freie Demokraten): Das sind SPDLandräte!)

Dazu komme ich gleich noch.

Der Antrag der Koalitionsfraktionen ist von besonderer Güte: kein Wort zum Konflikt über den Teilregionalplan Energie Südhessen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Warum nur?)

Wie ist denn eigentlich die Position der Koalitionsfraktionen zu diesem Konflikt? Das würde uns schon interessieren. Da gibt es halt gerade Stress über die unterschiedliche Aufteilung der Windkraftanlagen. Das ist schon interessant. Es ist logisch, dass man keine Windkraftanlagen im Tal baut und auch nicht mitten in Frankfurt. Das ist völlig klar. Es ist aber nicht so, dass der Vogelsbergkreis und der Mainz-Kinzig-Kreis die einzigen Höhenlagen im Bereich Südhessen sind. Ich bin Mitglied in der Regionalversammlung Mittelhessen und weiß deshalb, wie schwierig es ist, da einen vernünftigen regionalen Ausgleich zu finden. Dazu würde uns eine Positionierung der Koalitionsfraktionen interessieren.

(Beifall SPD)

Kein Wort zum Hessischen Energiegipfel. Bisher war es Konsens in diesem Hause, abgesehen von der FDP, die dann plötzlich nichts mehr davon wissen wollte. Wir sind uns aber einig darin. Da ist das 2-%-Ziel niedergelegt, über das wir gerade reden. Kein Wort zum Hessischen Energiegipfel und zu den dabei vereinbarten Zielen.

Dafür aber das Eingeständnis, dass man die eigenen Ziele – 25 % erneuerbare Energien am Stromverbrauch in Hessen – nicht erreicht hat. Vielen Dank dafür. Jetzt haben wir es auch regierungsamtlich bzw. fraktionsamtlich. Wir wünschen dabei natürlich weiterhin gute Verrichtung, um da weiter voranzukommen.

Um das zum Ende zu bringen: ceterum censeo. Herr Rock, es ist leider immer das Gleiche. Ihr Don-Quichotte-Kampf gegen Windmühlen ist wirtschafts- und mittelstandsfeindlich und außerdem verbraucherfeindlich, da die Windkraft die günstigste Form der Energieerzeugung ist. – Vielen Dank und Glück auf.

(Beifall SPD)

Als Nächsten habe ich Herrn Müller von der CDU auf der Rednerliste.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Rock, was macht man mit einem Antrag, der mit solch einer Verve hier eingebracht worden ist?

(René Rock (Freie Demokraten): Zustimmen!)

Was macht man mit solch einem Antrag, von dem Sie behaupten, dass dieser eine Zukunftssicht auf die Energiepolitik gibt, obwohl er doch nur alles ablehnt?

(René Rock (Freie Demokraten): Stimmt doch überhaupt nicht!)

Er sagt doch nur, was er nicht will.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Antrag sagt nicht, was er will, sondern er sagt im Prinzip ausschließlich, was er nicht will. Um das einmal politisch zu sagen: Sie kommen hier mit einer riesigen Bugwelle an, sehen die Kaimauer nicht, rammen das Schiff voll hinein und fragen sich dann, was passiert ist.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Kollegin Kinkel hat es netterweise bereits gesagt. Der Erfolg bei CO2 ist nur ein scheinbarer. Dieser war bedingt durch die Veränderungen in der Kraftwerkssituation. Mit der Wiederaufnahme von Staudinger 5 sah es wieder anders aus.

(René Rock (Freie Demokraten): Wo ist denn Ihre energiepolitische Kompetenz hin?)