Sehr geehrte Damen und Herren, der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht war und ist die größtmögliche Analogie zur Organisation des christlichen Religionsunterrichts mit den evangelischen und katholischen Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften. Die Politik hat den Wunsch, für Kinder einen wissenschaftlich fundierten islamischen Religionsunterricht anzubieten. Wir GRÜNE begrüßen diesen Ansatz der Gleichbehandlung der Weltreligionen in Bezug auf den Religionsunterricht. Ob wir dazu im Bereich des islamischen Religionsunterrichts in der Vereinigung DITIB noch einen Partner haben, das liegt jetzt bei DITIB. Die Anforderungen der Landesregierung müssen vollständig erfüllt werden, da wird es keinen Rabatt geben.
Religionskunde ist dann eine Lösung, wenn wir hier keinen Partner mehr hätten. Wichtig ist aber an dieser Stelle noch einmal das Signal: In jedem Fall gibt es ein Angebot für muslimische Schülerinnen und Schüler.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Irgendwie hätte man darauf wetten können, dass der erste Setzpunkt der AfD in diesem Hause etwas mit dem Islam zu tun haben würde. Aber gut.
Deswegen hätte ich die Wette ja auch gewonnen. – Aber es ist eine gute Gelegenheit, um nicht nur über DITIB zu reden – das werde ich auch noch tun –, sondern vor allem um ein paar Dinge klarzustellen, die keineswegs nur den islamischen Religionsunterricht betreffen, sondern ganz generell das System des bekenntnisorientierten Religionsunterrichts, wie ihn das Grundgesetz und die Hessische Landesverfassung vorsehen.
Meine Damen und Herren, es hat nämlich einen guten Grund, warum der Religionsunterricht so detailliert im Verfassungsrecht geregelt ist. Das ist in den Verfassungen anderer Staaten keineswegs der Fall. Es ist ein weltweit einzigartiges System, das das deutsche Staatskirchenrecht hier etabliert. Deswegen nehme ich es Ihnen auch gar nicht übel, dass Sie es ausweislich der Formulierungen in Ihrem Antrag einfach noch nicht verstanden haben. Es ist eine komplexe Materie.
Aber genau deswegen müssen wir auch darauf achten – das ist der Appell an alle in diesem Hause, und da bedanke ich mich ausdrücklich bei den anderen Fraktionen –, dass sich in der Öffentlichkeit nicht irgendwelche gravierenden Missverständnisse breitmachen.
Er unterliegt dem staatlichen Aufsichtsrecht, aber er muss auch, das ist die Essenz des bekenntnisorientierten Religionsunterrichts, „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt“ werden.
Was bedeutet das im Einzelnen? Der Religionsunterricht – das ist schon ein paarmal gesagt worden, aber man kann es nicht oft genug wiederholen – ist eine staatliche Veranstaltung. Es unterrichten staatliche Lehrkräfte, die übrigens außer Religion noch andere Fächer haben, es sind alles deutsche Beamte, sie haben eine staatliche Lehrbefähigung, deutsche Staatsexamina, und sie unterrichten nach staatlichen Kerncurricula bzw. Lehrplänen, und das unter Aufsicht der Staatlichen Schulämter.
Ich will das deswegen noch einmal ganz klar feststellen, weil – und das zeigt Punkt 2 des vorliegenden Antrags – immer wieder diese Vorstellung da draußen in der Öffentlichkeit herumgeistert, die Religionsgemeinschaften, wer jetzt auch immer, würden in irgendeiner Weise an unseren staatlichen Schulen Unterricht erteilen. Deswegen will ich hier einmal ganz klar sagen: Es gibt keine Religionsgemeinschaft – keine –, die an unseren staatlichen Schulen Unterricht erteilt – keine DITIB und auch sonst niemand. Hier ist ausschließlich der Staat in der Verantwortung.
Nun ist natürlich die Frage berechtigt: Was ist dann die Rolle der Religionsgemeinschaften im bekenntnisorientierten Religionsunterricht? Wiederum: aller Religionsgemeinschaften, mit denen wir bekenntnisorientierten Religionsunterricht machen. Hier besteht kein zwingender Zusammenhang. Man kann auch Religionsgemeinschaft sein, ohne am Religionsunterricht mitzuwirken. Umgekehrt geht es natürlich nicht. Wir haben allein 37 Körperschaften des öffentlichen Rechts, also Religionsgemeinschaften, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts eingetragen sind – DITIB gehört übrigens nicht dazu, das ist nämlich auch keine Voraussetzung für bekenntnisorientierten Religionsunterricht. Aber es gibt 37 Religionsgemeinschaften, die den Körperschaftsstatus haben, und 13, mit denen wir bekenntnisorientierten Religionsunterricht machen. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Aber ein bekenntnisorientierter Religionsunterricht ohne Orientierung an einem bestimmten Glaubensbekenntnis – das ist schon denklogisch unmöglich, meine Damen und Herren.
Deswegen muss die Religionsgemeinschaft das staatliche Curriculum für den entsprechenden Religionsunterricht im wahrsten Sinne des Wortes absegnen bzw. ihm zustimmen. Deswegen brauchen die staatlichen Lehrkräfte für den Religionsunterricht – aber auch nur für diesen Religionsunterricht – eine Lehrerlaubnis der Religionsgemeinschaft, was übrigens, das sei nur nebenbei bemerkt, im Falle von DITIB noch nie ein Problem war. Das ist dann aber auch alles.
Und noch etwas liegt im Wesen des bekenntnisorientierten Religionsunterrichts. Da er sich an einem bestimmten Bekenntnis orientieren muss, setzt er sich zwar mit den Bekenntnissen anderer Religionsgemeinschaften auseinander, aber er deckt sie natürlich nicht ab; denn sonst wäre es ja
kein bekenntnisorientierter, sondern ein bekenntnisübergreifender Religionsunterricht. Das ist vom Grundgesetz aber so nicht vorgesehen. Deswegen ist es eine absurde Vorstellung, wenn man einen Vorwurf gegen eine Religionsgemeinschaft daraus konstruieren wollte, dass sie auf die Vorgaben ihres eigenen religiösen Bekenntnisses achtet. Denn das ist genau der Grund, weswegen die Mütter und Väter des Grundgesetzes den bekenntnisorientierten Religionsunterricht geschaffen haben.
Was man aber verlangen kann – das gehört zu jedem modernen Religionsunterricht heutzutage dazu –, ist natürlich der Blick über den Tellerrand. Das ist der Blick hinüber zu anderen Religionen und Bekenntnissen, auch die Auseinandersetzung mit ihnen – auf der Basis der eigenen Glaubenslehre. Speziell im Falle des islamischen Religionsunterrichts kann man an dieser Stelle hinzufügen, dass alle anderen islamischen Verbände und Organisationen, die an einem runden Tisch des Kultus- und des Integrationsministeriums teilgenommen haben, das alles auch gutgeheißen haben, weil sie gesagt haben: Ja, wir halten das für eine gute Idee, wenn auf der Grundlage unserer Bekenntnisse der Religionsunterricht nach diesen Curricula durchgeführt wird.
Nun noch eine letzte Sache. Bekenntnisorientierter Religionsunterricht entsteht nicht aus Beratungen mit möglichst vielen Religionsgemeinschaften, wie es Punkt 5 des AfDAntrags suggeriert. Erst wenn die Voraussetzungen für die Mitwirkung einer Religionsgemeinschaft vorliegen, hat sie auch einen Anspruch darauf, dass Religionsunterricht in Orientierung an diesem Bekenntnis erteilt wird. Das heißt, das ist eine rechtlich gebundene Entscheidung.
Umgekehrt gilt das übrigens auch – das jetzt einmal an die Adresse der Linkspartei. Wenn eine Religionsgemeinschaft – deswegen habe ich unterschieden zwischen den 37 Religionsgemeinschaften mit Körperschaftsstatus und den 13, mit denen wir bekenntnisorientierten Religionsunterricht machen – nicht als Kooperationspartner des Staates in den bekenntnisorientierten Religionsunterricht eintreten will, dann kann man ihr das auch nicht aufzwingen.
Man kann das alles nicht wollen. Nur, wenn man das nicht will, dann muss man das Grundgesetz ändern. Dafür existieren aber die Mehrheiten nicht, und ich halte, ehrlich gesagt, auch in der Sache nichts davon; denn die Idee, die dem deutschen Staatskirchenrecht zugrunde liegt – dieser Gedanke der besonderen Kooperation von Religionsgemeinschaften und Staat –, finde ich großartig in ihrer Einzigartigkeit. Das können Sie sehen, wenn Sie es vergleichen sowohl mit den laizistischen Systemen in dieser Welt, wo Religion zur Privatsache erklärt wird mit der Konsequenz, dass man teilweise überhaupt nicht mehr weiß, was da vor sich geht, als auch natürlich mit den Staatskirchensystemen. Deswegen ist diese besondere Konstruktion des deutschen Staatskirchenrechts ein Wert, den es zu bewahren gilt. Solange das so ist – wie gesagt, ich habe begründet, warum ich auch in der Sache dafür eintrete –, so lange müssen wir dann natürlich auch nach diesem Recht und Gesetz arbeiten, meine Damen und Herren.
Damit komme ich jetzt zu der konkreten Kooperation mit DITIB; denn nur auf der Basis dieser Bemerkungen kön
nen wir die Frage richtig stellen. Es geht nicht darum, ob man die Kooperation mit DITIB politisch will oder nicht. Darüber kann man die unterschiedlichsten Auffassungen haben. Die Frage ist ausschließlich die, ob DITIB die Voraussetzungen für eine Kooperation mit dem Land Hessen als Religionsgemeinschaft erfüllt. Wenn sie das tut, hat sie auch einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf diese Kooperation. Ob sie das tut, ob sie das noch tut – für 2012 wurde es ja einmal positiv festgestellt –, ja, daran gibt es Zweifel, die natürlich – das ist hier auch schon mehrfach erläutert worden – durch die Entwicklung in der Türkei und in den bestehenden Verbindungen zwischen DITIB und der Türkei, der türkischen Religionsbehörde begründet sind. Deswegen haben wir die Gutachten in Auftrag gegeben, deswegen habe ich DITIB eine Frist gesetzt, um bestimmte Vorgaben zu erfüllen. Daraufhin – das haben Sie den Verlautbarungen der letzten Woche entnehmen können – haben wir auch einiges, durchaus substanzielle Dinge, bekommen; aber nicht all das, was wir für nötig halten.
Meine Damen und Herren, jetzt sind wir im Bereich verfassungsrechtlich fundierter Ansprüche. Um hier abschließend rechtssichere Entscheidungen treffen zu können, muss man als Verwaltung den Sachverhalt vollständig ermitteln. Da reicht es in der Tat nicht – ich gebe einigen der Vorredner dazu vollkommen recht –, wenn man einmal einen Brief hin und her schreibt, sondern da muss man in Gespräche eintreten – das haben wir auch gemacht –, da muss man als Verwaltung notfalls auch Hinweise geben, da muss man klarmachen, was die Erwartungen sind, was die Voraussetzungen sind, und dann erreicht man irgendwann den Punkt, an dem man sagen kann: Jetzt haben wir alles versucht, was von unserer Seite aus möglich und erforderlich war. Jetzt können wir bewerten: Ist das ausreichend, was auf dem Tisch liegt, oder genügt das nicht? – Diesen Punkt haben wir im Moment schlicht und ergreifend noch nicht erreicht.
Wir werden das sauber aufarbeiten, wir haben entsprechende Nachforderungen an DITIB gestellt, wir werden diese Gespräche auch weiter führen. Wir werden anschließend in einem ordnungsgemäßen Verfahren die erforderlichen Konsequenzen ziehen. Solange dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen ist – das haben Sie auch den Verlautbarungen der letzten Woche entnehmen können –, finden wir eine Überbrückungslösung.
Diese Überbrückungslösung sieht so aus, dass auf der einen Seite kein weiterer Ausbau stattfindet. Das heißt, der Unterricht mit DITIB läuft an den Standorten und in den Jahrgangsstufen weiter, wo er bisher auch konkret beanstandungsfrei gelaufen ist, weil wir keinen Grund haben, ihn ad hoc zu beenden. Für diejenigen, die jetzt in der 6. Klasse sind, schaffen wir ein Alternativangebot in alleiniger staatlicher Verantwortung für die Klasse 7, weil unsere zentrale Leitlinie ist – das wird auch für die dann zu treffende endgültige Entscheidung die zentrale Leitlinie sein –: Wir wollen die Schülerinnen und Schüler muslimischen Glaubens auf keinen Fall ohne Angebot lassen. Am besten ist dieses Angebot bekenntnisorientiert im Sinne des Grundgesetzes. Aber wenn das nicht geht, dann stellen wir als Staat ein anderes Angebot zur Verfügung. Das werden wir jetzt überbrückungshalber teilweise schon im Schuljahr 2019/20 machen. Spätestens zum Schuljahr 2020/21 muss dann klar sein, wohin die Reise geht. Deswegen habe ich auch gesagt: Die endgültige Entscheidung muss in diesem Jahr fallen. Das werden wir vom Verwaltungsverfahren her einer entsprechenden Entscheidung zutreiben.
Aber ich will auch noch einmal ganz klar sagen: Wir werden uns dabei von niemandem treiben lassen. Wir werden uns nicht von der Einhaltung unserer rechtsstaatlichen Standards abbringen lassen.
Meine Damen und Herren, uns geht es hier nicht um die schnelle Schlagzeile. Die könnte ich hier relativ billig bekommen. Das weiß ich, das hätte ich auch schon lange haben können. Aber hier geht es wirklich um die Sache, weil das für das Selbstverständnis des entsprechenden Unterrichts und für das, was aus unserer Verfassung daraus folgt, eine ganz zentrale Angelegenheit ist. Gerade weil wir die Sorgen, die sich mit DITIB verbinden, so ernst nehmen, können wir Schnellschüsse an dieser Stelle überhaupt nicht brauchen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Die antragstellende Fraktion hat beantragt, den Antrag direkt abzustimmen. Dann machen wir das so. Wer für den Antrag der AfD zur Beendigung der Kooperation mit DITIB ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die AfD-Fraktion und die fraktionslose Abg. Walter. Wer ist dagegen? – Das ist der Rest des Hauses. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Dann kommen wir zu Tagesordnungspunkt 12: Erste Lesung Gesetzentwurf Fraktion der Freien Demokraten Gesetz zur Änderung des Mobilitätsfördergesetzes – Drucks. 20/175 –
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Förderung von Seilbahnen in Hessen – der eine oder andere wird schmunzeln. Dabei ist jeder von uns schon einmal Seilbahn gefahren; denn Seilbahnen sind ein gutes Beförderungsmittel, und sie können auch Teil einer modernen Mobilität sein. Gerade dort, wo andere Verkehrsmittel nicht so einfach hinkommen – in die Berge, über Flüsse, in schwieriges Gelände, in dicht besiedelte Städte, wo Verkehrsraum knapp ist –, können Seilbahnen helfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Hessen steht im Stau oder in überfüllten S-Bahnen. Da nützt es nichts, wie es der Minister gerne tut, auf qualitatives Wachstum oder auf weitere Freifahrkarten oder Dauertickets für Beamte, Schüler oder Senioren zu setzen. Das ist alles schön, aber die Züge sind voll, und die Probleme liegen woanders.
Wir brauchen zusätzliche Straßen, gerne auch mehr Radwege und mehr ÖPNV. Wir brauchen insgesamt mehr Mobilität. Wir Liberale verteufeln dabei nicht ein bestimmtes Verkehrsmittel. Wir spielen das eine nicht gegen das andere aus: die Straße nicht gegen die Schiene. Wir wollen eine
Diese intelligente Verknüpfung zwischen Straße und Schiene kann punktuell auch durch moderne Seilbahnen erreicht werden.
Meine Damen und Herren, wir müssen jede Möglichkeit nutzen. Wer heute über autonomes Fahren und Flugtaxis nachdenkt,
für den sind Seilbahnen ein selbstverständliches Verkehrsmittel der Zukunft. Seilbahnen sind die Straßenbahnen der Luft.