Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

(Beifall Freie Demokraten – Zuruf Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Seilbahnen gibt es als tägliches Nahverkehrsmittel schon lange, nämlich in Berlin, in London, in Singapur, in Hongkong, in Tiflis, in Ankara und sehr oft auch in Südamerika.

Seilbahnen haben entscheidende Vorteile: Sie sind schnell zu realisieren. Sie brauchen wenig Fläche. Sie brauchen vor allem keine 30 Jahre Planung und Genehmigung. Sie können 5.000 Menschen pro Stunde befördern. Sie sind leise. Sie sind barrierefrei. Sie sind elektrisch angetrieben; das dürfte Ihnen auch gut gefallen.

(Minister Tarek Al-Wazir: Keinen Dieselmotor ein- bauen!)

Ja, sie fahren auch ohne Fahrer. Sie sind äußerst kostengünstig. In Ankara liegen die Betriebskosten 80 % unter den Kosten für Straßenbahnen und Bussen.

(Beifall Freie Demokraten)

Seilbahnen sind zuverlässig, wartungsarm und können praktisch ohne größere Unfälle betrieben werden. Vor allem brauchen sie wenig Fläche und bieten kurze Umsteigezeiten.

Meine Damen und Herren, wir sind der Überzeugung, dass Seilbahnen, punktuell eingesetzt, von großem Vorteil sein können. Der Regionalverband Frankfurt Rhein-Main mit Thomas Horn an der Spitze hat das erkannt und auch zwei Pilotprojekte vorgeschlagen: einmal die Verbindung der großen Parkplätze am Waldstadion zum Bahnhof „Stadion“ mit den Linien 20 und 21 und zum Zweiten die Verbindung des Park-and-Ride-Platzes Taunusblick mit der Haltestelle U 6 an der Heerstraße. Es gibt weitere kommunale Vorschläge: einmal aus Niederdorfelden, aber auch aus dem Hochtaunuskreis die Verbindung der Hohen Mark mit Schmitten.

Am 8. Mai dieses Jahres findet der erste hessische Seilbahntag statt. Andere Länder wie Bayern und Baden-Württemberg planen auch schon. Da fragt man sich: Wie sieht es mit der Förderung in Hessen aus? – Nicht so eindeutig, muss man sagen. Zwar gibt es das Hessische Seilbahngesetz für die Zulässigkeit und den Betrieb. Aber die Förderfähigkeit ist nicht eindeutig geregelt.

Hessen hat zwar letztes Jahr ein neues Mobilitätsfördergesetz erlassen, aber § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a spricht von „Straßenbahnen, Hoch- und Untergrundbahnen“. Ob dagegen Seilbahnen von den dann noch genannten „Bahnen besonderer Bauart“ umfasst sind, ist gerade fraglich. In Bay

ern wurde bei ähnlicher Gesetzeslage nach der Mia-sanmia-Methode das Gesetz zwar so ausgelegt, wir halten uns in diesem Fall aber lieber an den grünen Verkehrsminister in Baden-Württemberg.

(Torsten Warnecke (SPD) und René Rock (Freie De- mokraten): Ah!)

Denn dort wurde schon 2016 die Seilbahn explizit in das Gesetz aufgenommen. Leider wurde das in Hessen bei der Verabschiedung des Gesetzes im letzten Jahr nicht bedacht. Wir wollen deshalb die Seilbahn als förderfähigen Verkehrsträger explizit aufnehmen – unabhängig von dieser Auslegung –, und wir wollen Rechtssicherheit schaffen.

(Beifall Freie Demokraten)

Wir wollen mit dem Gesetzentwurf aber auch eine Debatte über moderne Verkehrsmittel anstoßen, die Machbarkeit von Projekten prüfen lassen und gern auch weitere Verkehrsmittel der Zukunft mit aufnehmen.

Meine Damen und Herren, das hessische Mobilitätsfördergesetz ist gedanklich 1980 mit dem Radweg und der Fahrradverleihstation stehen geblieben. Modern und innovativ ist es nicht. Die Zukunft sieht anders aus.

(Beifall Freie Demokraten)

Jede Idee, die helfen kann, Pendler schneller ans Ziel zu bringen, ist eine Prüfung wert. Das gilt auch für die Seilbahn.

Ich freue mich auf die weitere Beratung unseres Gesetzentwurfs in den Gremien und im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall Freie Demokraten und Alexandra Walter (fraktionslos))

Vielen Dank, Herr Dr. Naas. – Als Nächster hat sich Herr Abg. Meysner von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet.

(Zuruf: Nicht mit der Seilbahn?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin nicht mit der Seilbahn nach hier vorn gefahren, aber wenn sie mich gehalten hätte, wäre es eine gute Seilbahn gewesen.

(Heiterkeit)

Mit dem Mobilitätsfördergesetz soll in Hessen den Kommunen mehr Geld und mehr Planungssicherheit für ihre Investitionen in Verkehrssysteme zur Verfügung gestellt werden. Die Förderung kommunaler Verkehrsinfrastruktur wurde bisher mit jährlich 96,5 Millionen € durch den Bund dem Land zur Verfügung gestellt, läuft aber Ende 2019 aus.

Mit dem Mobilitätsfördergesetz ersetzt Hessen die Mittel ab 2020 aus eigener Tasche, verstärkt die Förderung auf dauerhafter Basis und richtet sie auf nachhaltige Mobilität aus. Zudem wird die seit 2014 praktizierte hälftige Aufteilung auf öffentlichen Personennahverkehr und auf Straßen gesetzlich fixiert.

Die Aufstockung auf 100 Millionen € greift bereits 2019. Schwerpunkte hierbei liegen auf Elektromobilität, auf Radund Fußverkehr, z. B. durch die Anschaffung von Elektro

bussen – wir haben es gehört –, Bau von Radwegen, Carsharing, Leihfahrradstationen, IT-Systeme und die Grunderneuerung kommunaler Verkehrswege.

Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Mobilitätsfördergesetzes beantragt die FDP hier nun auch die Aufnahme von urbanen Seilen als förderfähige Maßnahme.

(Dr. Stefan Naas (Freie Demokraten): Bahnen! – Jürgen Lenders (Freie Demokraten): Seilbahnen!)

Seilbahnen. Was habe ich gesagt?

(Jürgen Lenders (Freie Demokraten): Seilen! – Gegenruf Holger Bellino (CDU): Das ist die Kurzform!)

Das gibt es doch gar nicht. Urbane Seilbahnen brauchen wir; nur die Seile reichen nicht.

Grundsätzlich sind auch die Beförderungsbedingungen positiv zu bewerten. Für 5.000 Personen – wir haben davon gehört – bräuchte man 100 Busse.

Wenn ich nicht vor einigen Wochen von der FDP in Fulda einen Antrag auf Bau einer Seilbahn von Fuldas Innenstadt zum Kloster auf dem Frauenberg gesehen hätte, was jahreszeitlich bedingt eher in den Büttenreden als in den gemeindlichen Gremien Niederschlag gefunden hat, wäre ich gar nicht auf den Hintergedanken gekommen, da genauer nachzustoßen. Deshalb ist eine genauere Prüfung notwendig. Eine uneingeschränkte Förderung halte ich demnach für nicht zielführend.

(Zuruf CDU: Sehr richtig!)

„Urbane Seilbahnen“ ist ein unbestimmter Begriff. Mit der vorliegenden Formulierung könnte auch für touristische Seilbahnen eine Möglichkeit der Förderung eröffnet werden, was dem eigentlichen Zweck des Mobilitätsfördergesetzes entgegensteht.

(Jürgen Lenders (Freie Demokraten): Markus, das stimmt nicht!)

Wichtig ist vor allem auch der Hinweis, dass auch ohne direkte Aufnahme des Begriffs „urbane Seilbahnen“ zum jetzigen Zeitpunkt eine Förderung durch das Mobilitätsfördergesetz unter der Formulierung „Bahnen besonderer Bauart“ möglich sein müsste – analog zum bayerischen GVFG. In München wurde eine Machbarkeitsstudie gefördert. Es gibt Fachliteratur zum Stahlbau, wo die Bahnen besonderer Bauart wie Seilbahnen definiert worden sind. In Trier gibt es auch Informationen darüber, dass Bahnen besonderer Art Seilbahnen und förderfähig sind. Schließlich laufen im Moment Untersuchungen bzw. Machbarkeitsstudien zur Möglichkeit eines sinnvollen Einsatzes. Diese gilt es abzuwarten. Entsprechende Ergebnisse können dann auch im Rahmen der Förderrichtlinie Berücksichtigung finden, meine Damen und Herren.

Aus genannten Gründen werden wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen können, warten aber ab, was die Anhörung uns bringen wird. – Vielen Dank.

(Beifall CDU und Alexandra Walter (fraktionslos))

Vielen Dank, Herr Kollege Meysner. – Als Nächster hat sich der Kollege Eckert von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Entlasten Seilbahnen bald den Nahverkehr im RheinMain-Gebiet?“, „Seilbahnen für Pendler – nicht nur für Skifahrer“, „Mit Seilbahnen dem Stau entfliehen“ oder „Könnten Seilbahnen in Frankfurt am Main eine Alternative zu Auto, Bus und Bahn sein?“ – all das sind Zitate aus Zeitungen der letzten sechs Monate, die auf den Vorschlag, der aus dem Regionalverband Frankfurt Rhein-Main kommt, von Herrn Verbandsdirektor Thomas Horn und seinem Ersten Beigeordneten Rouven Kötter, zurückgehen. Diese haben durch die Diskussion über urbane Seilbahnen ein Stück weit die Debatte „Wie können wir Mobilität der Zukunft gestalten?“ geweitet und mit dieser Idee, die sehr unterschiedlich debattiert worden ist, aufgezeigt, dass wir, wenn wir über Mobilität der Zukunft reden, die eine oder andere Idee durchaus sehr ernsthaft diskutieren müssen; denn immer dasselbe von dem, was wir bisher kennen, ist vielleicht nicht die Antwort auf die Frage nach der Mobilität der Zukunft.

(Beifall SPD und Freie Demokraten)

Ob der Schritt direkt mit dem Gesetzentwurf richtig ist, um das Thema auch hier im Hessischen Landtag zu diskutieren, sei dahingestellt.

(Jürgen Lenders (Freie Demokraten): Was ist das für eine Logik?)

Ich will an dieser Stelle eine Aussage des Kollegen Lenders vom 23. Mai 2018 kurz zitieren, denn er beschrieb damals das Problem sehr treffend; das gilt auch für die Seilbahnen. Er sagte:

Frau Kollegin Müller, es stimmt: Es ist ein breiter Strauß. Dieser Strauß ist noch ein bisschen breiter geworden, als er ursprünglich war. Das macht auch ein bisschen das Problem aus; …

Weiter sagt er:

Das heißt, für die einzelnen Bereiche werden weniger Mittel zur Verfügung stehen.

Das ist genau die Problembeschreibung. Wie wir beim Mobilitätsfördergesetz im letzten Jahr – im Übrigen war heute exakt vor einem Jahr die erste Lesung überhaupt – thematisiert haben, ist das, was wir in § 3 an förderfähigen Tatbeständen beschreiben, mit dem, was Sie in § 1 – Mindestfördersumme 100 Millionen €; Kollege Meysner, es dreht sich um diese fulminante Steigerung von 96,6 auf 100 Millionen €, die Sie eben beschrieben haben – – Reicht das überhaupt aus, um die förderfähigen Themen, die wir beschreiben, mit abbilden zu können?