Wir beginnen mit dem Namensaufruf. Noch einmal die Bitte: Äußern Sie sich klar und deutlich, sonst nehmen wir Ihr Votum nicht an.
Darf ich fragen, ob jeder seine Stimme abgegeben hat? – Dann schließen wir und kommen zur Auszählung. Bitte sehr.
Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Ergebnis bekannt. 123 Kolleginnen und Kollegen haben sich beteiligt. Mit Ja stimmten 46, mit Nein 66 Abgeordnete. Elf Abgeordnete haben sich enthalten. Damit ist der Antrag in namentlicher Abstimmung abgelehnt.
Damit ist der Punkt erledigt, und wir können uns wieder den sportlichen Dingen widmen. All unseren hessischen Vereinen wünschen wir für die Zukunft sportlich alles Gute: von der Eintracht über die Kickers und alle anderen bis zu den Bayern.
(Heiterkeit und Beifall – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Können wir über das mit den Bayern abstimmen?)
Ich rufe Tagesordnungspunkt 31 auf: Antrag Aktuelle Stunde Fraktion der Freien Demokraten Hessens Schulen endlich in die Zukunft führen – Digitalpakt nutzen – Digitalisierungsmittel verdoppeln – Drucks. 20/203 –
in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 32: Antrag Aktuelle Stunde Fraktion der AfD Umsetzung des „Digitalisierungspaktes“ im Land Hessen – Drucks. 20/204 –
und Tagesordnungspunkt 34: Antrag Aktuelle Stunde Fraktion der CDU Digitalpakt – Einigung ist eine gute Nachricht für Schulen in Hessen – Drucks. 20/206 –
Mit aufgerufen ist Tagesordnungspunkt 43: Dringlicher Entschließungsantrag Fraktion der CDU, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Einigung bei Grundgesetzänderung ist wichtige Voraussetzung zur Umsetzung des Digitalpakts – Drucks. 20/254 –
Wir haben eine gemeinsame Beratung vereinbart. Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Wir haben auch vereinbart, dass der Kultusminister beginnt. Ich darf Herrn Staatsminister Prof. Dr. Lorz das Wort erteilen. Bitte sehr.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss sagen, ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass wir in einer Sitzung dieses Hohen Hauses einmal unabgesprochen drei Aktuelle Stunden zu demselben Themenkomplex gehabt hätten. Das ist also schon etwas Besonderes – und das auch noch zu einem wirklich positiven Sachverhalt. Das finde ich bemerkenswert.
Ja, heute ist ein guter Tag, bzw. die letzte Woche war eine gute Woche. Am 15. März, wenn der Bundesrat entscheidet, wird es noch einmal ein guter Tag sein. Es ist ein guter Tag für unsere Schulen, es ist aber auch ein guter Tag für den Bildungsföderalismus und damit für unser Staatswesen insgesamt.
Meine Damen und Herren, ich erinnere mich noch gut an die geradezu apokalyptische Berichterstattung im Dezember, als klar wurde, dass die Grundgesetzänderung zum Digitalpakt in das Vermittlungsverfahren geht. Was ist damals nicht alles an verpassten Chancen und Verzögerungen beschworen worden? Man konnte meinen, ein historischer
Augenblick würde ungenutzt verstreichen. Heute, nur wenige Wochen später, dürfen wir auf ein sehr gutes und erfreuliches Ergebnis blicken. Das zeigt, dass die Mechanismen unserer Verfassungsordnung funktionieren. Ich möchte allen an diesen Verhandlungen Beteiligten – ich darf auch einmal gerade Abwesende loben, insbesondere den Ministerpräsidenten und den Finanzminister – ganz herzlich dafür danken.
Ich meine aber auch, dass sich ein kurzer Blick zurück auf die Gründe lohnt, warum es überhaupt dazu gekommen ist. Wir reden hier von den 5 Milliarden €, die der Bund den Ländern eigentlich schon im Jahr 2016 offeriert hat. Wenn der Bund schon damals den eigentlich für die Bund-Länder-Finanzbeziehungen vorgesehenen Weg gewählt hätte, nämlich den Ausgleichsmechanismus über die Steuerverteilung, könnte das Geld jetzt schon sehr lange unterwegs sein.
Dann kam die Große Koalition im Bund. Sie hat Anfang 2018 eine sehr einfache und schlanke – ich würde sogar sagen: fast elegante – Grundgesetzänderung verabredet, mit der das auch möglich gewesen wäre. Aber das hat die Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag nicht mitgemacht. Stattdessen ist der Digitalpakt Ende 2018 mit jeder Menge Zusatzforderungen befrachtet worden, die letzten Endes auf die finanzielle Entmündigung der Länder und die weitgehende Aufgabe ihrer Kultushoheit hinausgelaufen wären. Das war nicht akzeptabel.
Ich will als illustrative Beobachtung feststellen: Die Regierungen aller 16 Bundesländer über alle Parteigrenzen hinweg zu einer einheitlichen Ablehnungsfront zusammenzuschließen muss man politisch auch erst einmal fertigbringen. Aber Ende gut, alles gut.
Jetzt haben wir eine Grundgesetzänderung, die, wenn sie der Bundesrat am 15. März bestätigt, eine gute Grundlage für den Digitalpakt bietet, den richtigen Rahmen für Finanzhilfen des Bundes setzt und insbesondere klarstellt, dass diese Hilfen der kommunalen Bildungsinfrastruktur zugutekommen und nicht durch die Hintertür die bildungspolitischen Inhalte dem Bund überantworten. Das ist gut, damit kann man arbeiten, und wir freuen uns darauf.
Ich darf in meiner derzeitigen Zusatzeigenschaft als Präsident der Kultusministerkonferenz hinzufügen: Wir werden dafür sorgen, dass die dazugehörige Bund-Länder-Vereinbarung so schnell wie möglich in Kraft treten kann, sodass das Geld auf jeden Fall an die Schulen fließen kann, sobald sich der Bund haushälterisch dazu in der Lage sieht.
Aber bei aller Freude und Dankbarkeit muss man doch noch einen Satz zur Höhe dieses Geldes sagen; denn da kursieren teilweise abenteuerliche Vorstellungen, z. B. dass mit diesen 5 Milliarden € die bildungspolitische Landschaft jetzt grundlegend umgekrempelt würde und wir quasi den Übergang von der Steinzeit in die Moderne vollzögen.
Dabei besagen alle seriösen Schätzungen, dass es sich selbst in technischer Hinsicht zwar um eine sehr hilfreiche, aber letztlich nur um eine Anschubfinanzierung handelt. Schauen Sie sich anhand des hessischen Beispiels die nackten Zahlen an: Hessen kann aus diesem Digitalpakt
nach dem Königsteiner Schlüssel insgesamt 372 Millionen € erwarten. Auf fünf Jahre verteilt, sind das nicht ganz 75 Millionen € im Jahr.
Meine Damen und Herren, das ist Geld, ohne Zweifel, und wir sind auch dankbar dafür. Aber wir geben in Hessen schon jetzt pro Jahr mehr als 5 Milliarden € für Bildung aus, im Wesentlichen für die Lehrerversorgung. Die kommunalen Schulträger tun das Ihrige. Wir reden also von einer faktischen Erhöhung des Bildungsetats um etwas mehr als 1 %.
Sie wissen, wir haben eine durchschnittlich 105-prozentige Lehrerversorgung; da fließt der Großteil der Mittel unseres Bildungsetats hinein. Wenn ich morgen verkünden würde, dass wir die Lehrerversorgung auf 106 % erhöhen – das entspräche ungefähr dem Umfang des Digitalpakts –, würde es dann auch drei Aktuelle Stunden in diesem Haus geben, um die großartigen Chancen zu feiern, die sich damit eröffnen? Ich glaube das nicht. Ich sage das alles nur, um die Dinge ins richtige Verhältnis zu setzen.
Der wirkliche Clou des Digitalpakts, und das ist tatsächlich so, besteht darin, dass er die Initiativen, die wir seitens des Landes ohnedies ergreifen – übrigens schon seit längerer Zeit –, sehr gut unterstützen und dafür sorgen kann, dass wir noch schneller vorankommen: beispielsweise beim Breitbandausbau, zu dem bereits Planungen und Vorhaben für jede zweite Schule in Hessen vorliegen – da kann man jetzt noch mehr Gas geben –, oder in Ergänzung unseres kommunalen Investitionsförderprogramms „KIP macht Schule!“, für das wir jetzt schon 558 Millionen € mobilisiert haben. Das ist also mehr als der ganze Umfang des Digitalpakts für Hessen über fünf Jahre hinweg. Trotzdem: Das ist eine zusätzliche Unterstützung, die an dieser Stelle sehr hilfreich sein wird.
Dazu gehört auch das Aufsetzen auf unser bewährtes Programm „Schule@Zukunft“, mit dem wir schon seit 2001 digitale Ausstattung und übrigens auch Wartungsmaßnahmen fördern. Das alles lässt sich mit dem Digitalpakt wunderbar ergänzen und verstärken, sodass wir am Ende – da bin ich sehr zuversichtlich – wirklich über eine global wettbewerbsfähige Netzinfrastruktur verfügen können. Aber – und es ist mir als Kultusminister besonders wichtig, das zu betonen – diese Infrastruktur, so wichtig sie ist, macht alleine noch keinen besseren Unterricht und keine kompetenteren Schülerinnen und Schüler.
Worauf es ankommt, sind nämlich die pädagogischen Konzepte. Auch da ist die Kultusministerkonferenz – das schließt wieder alle Länder ein, auch über alle Parteigrenzen hinweg – schon länger unterwegs. Sie hat nämlich schon im Jahr 2016 eine Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ verabschiedet, in der sie besonderen Wert auf die pädagogischen Konzepte gelegt hat. Am Ende läuft natürlich alles wie immer auf die pädagogische Unterstützung und die Qualifizierung des Lehrpersonals hinaus. Meine Damen und Herren, speziell dort investieren wir auch.
Ich möchte Ihnen einfach ein paar Beispiele nennen. Wir haben die Medienbildung schon vor zwei Jahren als prioritäres Fortbildungsthema etabliert und die Personalressour
cen dafür mehr als verdoppelt. Die Hessische Lehrkräfteakademie wird ab diesem Jahr regionale Fachtage anbieten, um Schulen den Austausch über gelungene Praxisbeispiele zu ermöglichen. Das ist in diesem Fall ganz besonders wichtig; denn ich glaube, all die Chancen, die sich aus der Digitalisierung ergeben – gerade pädagogisch –, sind nichts, was man sozusagen von oben herab ermöglichen kann. Das geht am besten, wenn jemand zeigt, wie es geht, und wenn er es dann den Kolleginnen und Kollegen erklärt. Das werden wir ermöglichen. Dafür werden wir die Foren schaffen.
Speziell beim Jugendmedienschutz arbeiten wir schon jetzt mit externen Kooperationspartnern wie der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien oder den „Digitalen Helden“ zusammen. Da gibt es noch viel mehr. Ich will weitere Kooperationen dieser Art schaffen. Ich bin auch dankbar für alle – ich habe schon einige Zuschriften im Vorgriff auf den Digitalpakt bekommen –, die sich zur Verfügung stellen und die beispielsweise gute Inhalte und gute Formate für gute Fortbildung einbringen können.
Die Fachberatung Medienbildung berät die Schulen intensiv bei der Entwicklung schulspezifischer Medienkonzepte. Mit den Universitäten haben wir ein Portfolio zur Medienbildungskompetenz für Lehrkräfte entwickelt. Ein Schulportal als nutzerfreundliche pädagogische Lern- und Arbeitsplattform ist im Aufbau. Ein Praxisleitfaden für den Umgang mit digitalen Medien im Rahmen pädagogischer Konzepte ist in Vorbereitung. – Ich könnte noch eine ganze Reihe von Maßnahmen aufzählen, aber ich habe die Uhr im Blick und weiß, dass ich langsam zum Ende kommen muss.
Was ich damit zeigen wollte, ist: Es passiert sehr viel – übrigens nicht nur in Hessen. Auch andere Bundesländer sind unterwegs. Aber wir sind in Hessen schon ziemlich lange vorne mit dabei. Wir mussten nicht erst auf den Bund warten, um zu diesem Thema verstärkte Anstrengungen zu unternehmen. Aber natürlich hilft uns der Digitalpakt dabei, hier noch schneller und wirkmächtiger zu werden. Meine Damen und Herren, dafür bin ich dankbar – nicht mehr und nicht weniger.
Nun lassen Sie uns alle gemeinsam anpacken, um unsere Schülerinnen und Schüler so gut wie möglich in die Welt von morgen zu führen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, werte Herren! Die Digitalisierung verändert vieles, insbesondere die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten. Nur wenn jeder Einzelne für diesen Wandel bestens ausgebildet ist, wird er die Chancen ergreifen können, die dieser Wandel bietet. Wir haben hier keine Zeit zu verlieren. Die Digitalisierung darf an hessischen Schülerinnen und Schülern nicht vorbeigehen;
denn sie werden morgen in Jobs arbeiten, die es heute noch nicht gibt. Deshalb müssen wir sie optimal darauf vorbereiten. Es geht dabei nicht nur um technische Kenntnisse, sondern auch um den kritischen Umgang mit den neuen Möglichkeiten und um digitalisierte, individualisierte Didaktik für herkömmliche Lerninhalte. Der Nachholbedarf ist hier immens.
Fest steht, mit dem Digitalpakt wird der erste Schritt in die richtige Richtung gegangen. Wir Freie Demokraten fordern allerdings weitere Schritte in diese Richtung. „Für fünf Jahre relativ überschaubare Beträge, auf Ewigkeit eine neue Bürokratie, auf Ewigkeit ein Durcheinander …“, so begründete der Ministerpräsident die Ablehnung des Landes Hessen der ersten Version des Digitalpakts. Wir Freie Demokraten sehen den nun vom Bundestag beschlossenen zweiten Entwurf etwas optimistischer. Die Bürokratie und das Durcheinander sind weggefallen, aber die relativ überschaubaren Beträge sind geblieben.
Worauf können Eltern, Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte in Hessen jetzt hoffen? Was heißt das konkret für den einzelnen Schüler, für die einzelne Schülerin? Der Kultusminister hat dazu Ausführungen gemacht. Ich will die Beträge einmal auf den einzelnen Kopf herunterbrechen. Begrenzt auf fünf Jahre pro Kopf und Jahr sind das rund 120 € für das Land Hessen.