Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

(Alexander Bauer (CDU): Sind Sie für oder gegen Pyrotechnik?)

Das geht vor allen Dingen zulasten der Polizei, die entsprechende Einsätze fahren muss, wie am vergangenen Donnerstag, und danach in der Kritik steht.

(Beifall Freie Demokraten, SPD und Janine Wissler (DIE LINKE))

Der gleiche Innenminister fordert eine Strafverschärfung für tätliche Angriffe auf Polizeibeamte, konkret ein halbes Jahr Haftstrafe. Wenn jemand Pyrotechnik in der Fankurve anzündet, dann soll ein Jahr Strafe drohen. Außerdem soll das als Verbrechenstatbestand eingestuft werden. Was ist das denn für ein Maßstab im Umgang mit der Polizei? Tätliche Angriffe auf die Polizei sind halb so wichtig wie das Abbrennen von Pyrotechnik?

(Beifall Freie Demokraten und SPD)

Ich sage das deshalb, weil man so erkennt, dass es um eine Profilierung geht. Das kann man ja machen. Man muss aber auch eine gewisse Sensibilität an den Tag legen. Ich verbiete niemandem, seine politischen Vorstellungen kundzutun. Es gibt aber eine gewisse Verantwortung, wie man mit einem Fan bzw. mit einem Verein umgeht. Das ist die Herausforderung, vor der man steht, und das ist leider nicht gelungen.

(Beifall Freie Demokraten und SPD)

Deswegen erwarten wir, dass sich neben dem Frankfurter Polizeipräsidenten Bereswill auch der Innenminister aktiv an der Deeskalation beteiligt. Dazu hat er gleich auch die Gelegenheit.

(Beifall Freie Demokraten und SPD)

Nun muss die Polizei in Frankfurt diese Eskalation ausbaden und muss versuchen, zu deeskalieren. Das macht sie sehr gut, und das ist auch der richtige Weg. Ich hoffe, dass sich die Eintracht intensiv darauf einlässt.

Die Vorgänge am vergangenen Donnerstag sollen rechtsstaatlich aufgearbeitet werden. Wenn die Eintracht entsprechende Verfahren in die Wege leitet, um das zu überprüfen, ist das völlig in Ordnung. Das begrüßen wir; denn dann ist geklärt, was ging und was nicht ging. Jetzt ist es aber die Aufgabe, insgesamt zu einer Deeskalation zu kommen; denn die dann folgende Spirale können wir nicht brauchen,

und zwar weder in Hessen noch in anderen Stadien. Wir müssen uns mit dem Thema der Gefährdung in Stadien beschäftigen. Niemand will, dass sich eine Familie nicht mehr traut, ins Stadion zu gehen. Ich denke, da sind wir uns quer durchs Plenum auch einig.

(Beifall Freie Demokraten und SPD)

Es ist Aufgabe, das mit Augenmaß zu machen und dafür zu sorgen, dass es nicht eskaliert. Jetzt ist es eskaliert, und jetzt geht es darum, das wieder zurückzufahren.

Ich will noch einmal darauf zu sprechen kommen, was die GRÜNEN vorgestern zur Regierungserklärung gesagt haben: Abrüstung in der Sprache bei allen. Es ist Zeit, den Dialog zu suchen.

(Günter Rudolph (SPD): Das hat man heute nicht gehört!)

Das war auch deutlich an den Innenminister gerichtet. Wir haben heute einen Antrag eingebracht, mit dem wir genau diese aktive Deeskalation einfordern. Wir hoffen, dass die GRÜNEN ihren großen Worten dieses Mal auch Taten folgen lassen und diesem Antrag zustimmen werden.

(Beifall Freie Demokraten und SPD)

Wenn ich sehe, wie sich die GRÜNEN, auch Bundestagsabgeordnete, in Frankfurt positionieren, dann glaube ich, dass es angezeigt ist, einmal zu schauen, ob das nicht einfach nur politische Arbeit vor Ort ist oder ob das wirklich Überzeugung ist und das Ganze dann auch umgesetzt wird. Deswegen geben wir Ihnen die Gelegenheit, heute in namentlicher Abstimmung diese Positionierung kundzutun. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall Freie Demokraten und SPD)

Vielen Dank, Kollege Müller. Sie haben namentliche Abstimmung beantragt.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Ist ja gut. Ganz ruhig. Das haben wir hier festgehalten. – Jetzt spricht der Innenminister, Staatsminister Peter Beuth. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beliebigkeit in der Argumentation ist schon ein bisschen abenteuerlich, wenn ich das einmal sagen darf. Am Dienstag, als die herausragend guten Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik vorgestellt wurden, hatte der Innenminister nichts damit zu tun. Heute ist er in dieser Debatte quasi der einsatzleitende Beamte gewesen. Das müssen jedoch Sie erklären. Das muss nicht ich erklären.

(Beifall CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf Janine Wissler (DIE LINKE))

Zunächst einmal möchte ich Folgendes klarstellen. Ich habe den Einsatz im Frankfurter Stadion weder angeordnet, noch wusste ich überhaupt davon, meine Damen und Herren.

(Lachen Günter Rudolph (SPD) und Janine Wissler (DIE LINKE))

Vielmehr gab es eine polizeiliche Lageeinschätzung, auf deren Grundlage die Polizei gehandelt hat. Für mich steht außer Frage, dass es eine der wichtigsten Aufgaben des Staates ist, die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger überall bestmöglich zu gewährleisten.

(Beifall CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf Janine Wissler (DIE LINKE))

50.000 Menschen in einem Stadion sind für die Veranstalter und für die Polizei immer eine große Herausforderung. Selbst wenn es im Vorfeld einer Partie keinerlei Konflikte gibt: Ein volles Stadion ist für alle, die Verantwortung für die Sicherheit tragen, eine anspruchsvolle Situation. Das möchte ich Ihnen bei dieser Gelegenheit einmal auf den Weg geben.

(Beifall CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um die Besucher effektiv schützen zu können, führt die hessische Polizei seit Jahren einen intensiven Dialog mit den Verbänden, den Vereinen und den Fanvertretern. Ich selbst lade einmal im Jahr zum Fandialog ein. Allen Beteiligten ist dabei klar, wer für was steht. Lieber Kollege Müller, Sie waren sogar im Januar dabei, als wir diesen Dialog geführt haben. Deshalb kann ich Ihre Einlassung überhaupt nicht nachvollziehen.

Unsere szenekundigen Beamten stehen im dauerhaften Austausch mit Fans und Vereinen. Sie versuchen, Konflikte so früh wie möglich zu erkennen und zu entschärfen. Niemand – weder die hessische Polizei noch ich – ist an einer Eskalation im Stadion oder im Umgang miteinander interessiert.

(Beifall CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn sich aber Problemfans Schlägereien in unseren Innenstädten liefern oder verbotene 1.000 Grad heiße Pyrotechnik im Stadion abgefackelt wird, dann muss die Polizei aus ihrem gesetzlichen Auftrag heraus handeln, meine Damen und Herren. Aber selbst dann – das ist hier völlig korrekt dargestellt worden – prüfen die Kolleginnen und Kollegen in jedem Einzelfall, ob konkrete polizeiliche Maßnahmen in einer solchen Situation verhältnismäßig sind. Das ist ihre Aufgabe.

(Vereinzelter Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Ereignisse der vergangenen Woche werden von der Polizei gemeinsam mit Vertretern von Eintracht Frankfurt aufgearbeitet werden. Ich will Ihnen hier zurufen: Das Gespräch zwischen Herrn Bereswill und Eintracht Frankfurt ist für Ende nächster Woche vereinbart. Das ist gut, und das ist richtig so, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei darf aber niemand verkennen, welche Aufgabe die hessische Polizei auch bei Fußballeinsätzen hat: den Schutz der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger.

Deshalb werde ich, wird die hessische Polizei weiterhin auf die Vereine einwirken – damit meine ich explizit alle Vereine, nicht nur Eintracht Frankfurt –, dass Personen, die ein Sicherheitsrisiko für ihre Veranstaltungen und für die Zuschauerinnen und Zuschauer bedeuten, den Stadien fernbleiben müssen. Zum Zweck der Deeskalation erwarte ich dabei übrigens maximale Kooperation von allen Seiten –

von Polizei- und Sicherheitsbehörden auf der einen Seite und von Vereinen, Fanorganisationen und Vereinsführungen auf der anderen Seite – gegen all jene, die die Friedlichkeit eines Sportfestes stören.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sei es ein Straßenfest, sei es ein Konzert oder ein Fußballspiel: Ich fordere als Innenminister von jedem Bürger, dass er auf Gewalt verzichtet, dass er seine Mitmenschen nicht unnötig gefährdet. Wer so etwas macht, kann sich nicht auf eine vermeintliche Kultur, auf tolle Stimmung oder eine berauschende Atmosphäre berufen. Gesetze regeln unser Zusammenleben und müssen eingehalten werden – übrigens auch deshalb, um Gefahren für die Menschen zu begrenzen. Dafür gibt es diese Gesetze.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist eine Minimalforderung, der sich niemand, der ein Mindestmaß an Empathie für das Sicherheitsbedürfnis seiner Mitmenschen aufbringt, verschließen kann. Ich erwarte von jedem, dass die Prinzipien unseres Rechtsstaats respektiert werden. Eine Fankurve ist kein rechtsfreier Raum. Dort gilt nicht das Recht des Stärkeren oder des Lautesten. Wer sich darauf nicht einlassen kann, schadet meiner Ansicht nach dem Fußball, er schadet darüber hinaus aber auch dem Rechtsstaat.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Robert Lambrou (AfD))

Herr Minister, denken Sie bitte an die Redezeit der Fraktionen.

Ich komme zum Schluss. – Auf die Regeln des Rechtsstaats hinzuweisen und deren Einhaltung einzufordern, kann in einer Demokratie niemals eskalierend sein.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Wir sind am Ende der Debatte. Es ist namentliche Abstimmung über den Dringlichen Antrag der Fraktionen der SPD, der Freien Demokraten und der LINKEN, Drucks. 20/260, beantragt worden.