Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

Übergriff des Bundes gewehrt haben. Von daher kann man da nicht die Nummer „CDU gegen SPD, und die SPD war vorne“ aufmachen. Ich glaube, es war richtig, dass alle Bundesländer gegen diesen Übergriffsversuch des Bundes zusammengestanden haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Michael Boddenberg (CDU))

Ich bin der Meinung, dass der Einsatz digitaler Medien dieselben Qualitätsstandards wie jede Maßnahme im Bildungsbereich erfüllen muss. Das darf kein Selbstzweck sein. Wenn man in großem Maß Geld investiert, muss man die Frage stellen: Was kann mit diesen Investitionen besser erfolgen, als wenn man ohne diese wäre? – Man muss fragen: Was kann dadurch an der Unterrichtsqualität verbessert werden?

Auch im Zeitalter der Digitalisierung bleibt festzuhalten, dass analoge Kompetenzen wichtig bleiben werden. Nur wenn wir die Unterrichtung mit digitalen Medien mit den klassischen Unterrichtsinhalten zusammenführen können, wenn wir damit eine Verbesserung des Kompetenzerwerbs aller Schülerinnen und Schüler erreichen können, haben wir eine Verbesserung der Lehr-Lern-Situation an allen Schulen. Erst dann ist es eine lohnende Investition. Deswegen lohnt es sich, so viele Überlegungen anzustellen, wie wir das Geld investieren wollen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und verein- zelt CDU)

Die Qualitätskriterien guten Unterrichts sind für mich und für die GRÜNEN, dass wir den Kompetenzerwerb aller Schülerinnen und Schüler möglichst in allen Bereichen der Kerncurricula – früher Lehrpläne genannt – verbessern müssen. Das heißt, dass mit digitalen Medien, wenn sie eingesetzt werden, neue Zugänge oder motivierende Elemente daraus folgen müssen.

Zweitens. Es ist so, dass die Digitalisierung natürlich die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler maßgeblich gestalten wird, wobei auch heute nicht klar ist, wohin die Entwicklung gehen wird. Heute können wir immer nur die Situation heute lehren, während immer lebenslanges Lernen notwendig sein wird. Klar aber ist, dass sich Gesellschaft und Wirtschaft und damit das Arbeitsleben massiv ändern werden, weswegen dieser Kompetenzerwerb auch mit digitalen Medien erreicht werden muss.

Drittens. Neben den fachlich-inhaltlichen Kompetenzen ist es wichtig, dass Schülerinnen und Schüler medienkompetent werden, also selbstbewusst und reflektiert mit digitalen Medien umgehen können; denn digitale Medien bieten große Chancen, aber auch Risiken, und zwar nicht nur für die einzelne Schülerin und den einzelnen Schüler, sondern für die gesamte Gesellschaft.

Viertens. Ergänzend dazu bedarf es einer informationstechnischen Grundbildung, die einen wichtigen Beitrag zum Weltverstehen der Schülerinnen und Schüler geben kann. Das bedeutet, dass Informatikunterricht auch dann, wenn wir Digitalisierung über alle Fächer denken, weiterhin seine Berechtigung haben wird.

Fünftens. Wir als GRÜNE wollen kein Kind zurücklassen. Auch diese Frage muss die Digitalisierung beantworten. Auch hier müssen digitale Medien sinnstiftend eingebracht werden.

Sechstens. Wir als GRÜNE wollen, dass der Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern von ihrer sozialen Herkunft entkoppelt wird. Auch dieses Qualitätskriterium muss erfüllt werden, wenn wir über neue Medien reden.

(Beifall Michael Boddenberg (CDU) und Torsten Warnecke (SPD))

Siebtens. Wir wollen Integration und Inklusion an unseren Schulen vorantreiben. Auch das ist ein Qualitätsmerkmal, das bei allen bildungspolitischen Debatten reflektiert werden muss.

Ich will jetzt nicht damit sagen, dass all diese Qualitätsmerkmale auf einen Schlag mit neuen Medien erreicht würden, im Gegenteil. Wir sollten die Erwartungen, die mit der Digitalisierung verknüpft werden, eher dämpfen, damit nicht am Ende Erwartungen enttäuscht werden. Was ich damit deutlich machen will: Der Einsatz digitaler Medien ist für uns kein Selbstzweck, sondern muss sich, wie jede andere Maßnahme, an allgemeinen bildungspolitischen Zielen messen lassen. Wenn wir das zusammen denken, dann wird aus dem Digitalpakt und dem Digitalpakt Hessen ein großer Gewinn für unsere Schülerinnen und Schüler.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Wenn wir darüber reden, wie wir das umsetzen wollen, wird leider viel zu oft allzu kurz gegriffen. Wir hatten in der letzten Wahlperiode die Forderung der FDP: „Jedem Kind ein Tablet“. Ich glaube, dass dieses Vorgehen, mit der Gießkanne Geräte in die Welt zu setzen, die Schulen keinen Millimeter weiterbringt, sondern dass das eher Investitionsruinen erzeugt. Ähnliche Forderungen kamen heute von LINKEN und SPD. Ich glaube, dass das zu kurz gegriffen ist.

Wir brauchen vielmehr einen Digitalpakt Hessen, bei dem auch gezielte Maßnahmen zur Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern beinhaltet sind, die sie befähigen und stark machen, die geänderten Anforderungen im Unterricht umzusetzen. Wir können diesen Weg nämlich nur mit den Lehrerinnen und Lehrern gehen. Sie werden auch bei aller digitalen Technik unabdingbar für den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern bleiben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Wir müssen erarbeiten, welche Anwendungsempfehlungen, welche Handreichungen es für Lehrerinnen und Lehrer gibt. Wir müssen unterscheiden, wo der Einsatz von digitalen Endgeräten Sinn macht und wo er nur Spielerei ist, welche Software notwendig ist. Dafür brauchen wir alle Akteure der Lehrerbildung. Das heißt, von den Hochschulen über die Studienseminare mit den Schulen zusammen bis hin zu den Trägern der Fortbildung müssen wir alle mit an Bord nehmen.

Und wir müssen mit den Schulträgern – auch das ist ein wichtiger Bestandteil des Digitalpakts Hessen – Muster und Rahmen erarbeiten, wie die Investitionen – die sind vornehmlich durch die Schulträger zu erarbeiten – am sinnvollsten zu tätigen sind, dass an dieser Stelle das Geld auch sinnvoll eingebracht wird.

Nur wenn wir all das zusammen denken, wird die Digitalisierung auch mit Leben gefüllt. Ohne diese Überlegungen ist die Digitalisierung eine Hülle ohne Inhalt und wird nicht zum Gewinn für unsere Schülerinnen und Schüler.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Ich möchte in dieser Debatte auch noch einmal darauf hinweisen, dass bei allen neuen Inhalten, die durch die Digitalisierung diskutiert werden und die auch notwendig sind, in Schulen implementiert zu werden, es notwendig ist, dass auch das bisher Gelehrte künftig seinen Stellenwert in Schulen haben wird. Das heißt, selbst mit der Hand schreiben zu können, selbst im Kopf rechnen zu können, das wird auch in Zukunft notwendig sein. Das eigenständige Denken kann und soll uns keine Maschine abnehmen. Gerade die Förderung von kreativem Handeln wird meiner Überzeugung nach in Zukunft wichtiger werden, weshalb auch Kunst, Musik, Religion, Ethik oder darstellendes Spiel gerade in Zeiten der Digitalisierung sehr wichtig bleiben werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Der nun geschlossene Digitalpakt zwischen Bund und Ländern mobilisiert Millionenbeträge, auch für Hessen. Diese können wir gut gebrauchen. Die Koalitionsfraktionen von CDU und GRÜNEN wissen, dass die großen Hoffnungen, die auf der Digitalisierung liegen, nur dann erfüllt werden, wenn wir mit einem eigenen hessischen Digitalpakt dafür sorgen, dass das Geld zielgerichtet eingesetzt wird. Wir werden dafür sorgen, dass das Geld klug eingesetzt wird und keine Investitionsruinen entstehen. Wir werden Lehrerinnen und Lehrer stark machen, um mit ihnen den Einsatz moderner Medien zu einem echten Gewinn für alle Schülerinnen und Schüler zu machen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Vielen Dank, Herr Abg. May. – Als nächster Redner hat sich der Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten gemeldet, Herr René Rock. 1:30 Minuten. Bitte schön.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal kurz zu Wort gemeldet; denn von den Redebeiträgen von der Regierungsbank und den regierungstragenden Fraktionen, von denen immerhin der Fraktionsvorsitzende der CDU gesprochen hat, bin ich wirklich absolut enttäuscht.

(Beifall Freie Demokraten und Sabine Waschke (SPD))

Ich bin absolut enttäuscht über die wenigen Ambitionen, die Sie haben. Keine Ideen, keine Konzepte, kein Mut – nichts von dem, was wir brauchen, um der Digitalisierung gute Chancen abgewinnen zu können. Nichts von dem haben Sie heute hier gezeigt, und das ist traurig, weil es eine große Chance für die Landesregierung war, für CDU und GRÜNE, sich hier einmal darzustellen und zu sagen, wie sie diesen Aufbruch schaffen wollen. Wie wollen Sie das schaffen?

(Beifall Freie Demokraten und SPD)

Wenn ich hier sitze und diese Floskeln höre, das Tablet ersetze nicht das Gehirn, die Schülerinnen und Schüler sollten das eigenständige Denken nicht verlernen: Sagen Sie einmal, wo leben Sie denn? Da sitzen junge Leute und haben das Denken verlernt? Die sind es eben gewohnt, mit mobilen Endgeräten im Internet zu sein. Der einzige Ort in

Hessen, an dem das nicht geht, ist eine hessische Schule. Darüber müssten Sie doch einmal nachdenken.

(Beifall Freie Demokraten, vereinzelt SPD und DIE LINKE – Zurufe CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der einzige internetsichere Ort in Hessen ist eine hessische Schule. Dann stellen Sie sich hierhin und sagen, wir müssten Bedenken haben, Bedenken gegen die pädagogischen Konzepte – ich kann es nicht mehr hören. Ich kann es einfach nicht mehr hören.

(Zurufe CDU)

Legen Sie doch einmal ein Konzept vor, setzen Sie doch einmal etwas um, damit wir Bedenken haben können. Wo ist denn irgendetwas, wogegen wir Bedenken haben könnten? Es gibt einfach nichts. Es gibt nichts.

(Beifall Freie Demokraten, SPD und vereinzelt DIE LINKE)

Herr Kollege, ich muss Sie auf Ihre Redezeit hinweisen.

Danke. Es ist genug gesagt zu dem Thema.

(Heiterkeit und Beifall Freie Demokraten, SPD und vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abg. Rock. – Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt.

Ich stelle fest, die Aktuelle Stunde zum Digitalpakt – die Anträge Drucks. 20/203, 20/204, 20/206 – ist damit abgehalten.

Was machen wir mit dem Entschließungsantrag? Abstimmen oder in den Ausschuss geben?

(Zuruf: Ausschuss!)

Wir geben ihn in den Kulturpolitischen Ausschuss.

Damit haben wir auch dies entsprechend abgehandelt und kommen zu Tagesordnungspunkt 33: Antrag Aktuelle Stunde Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gute Nachricht für Hessens Auszubildende: AzubiCard stärkt Berufsbildung und öffnet Türen – Drucks. 20/205 –

Fünf Minuten Redezeit. Ich darf Abg. Martin von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort erteilen. Herr Martin, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! 49.900 Menschen haben in diesem Schuljahr eine berufliche Ausbildung in Hessen begonnen. Das teilte uns gestern das Statistische Landesamt mit. Das sind 1,6 % mehr als noch im Vorjahr. Seit 2014 steigt die Zahl der Menschen, die eine betriebliche Ausbildung ergreifen konnten, kontinuierlich an. Ich finde, das sind Zahlen, auf die wir hier im Hause durchaus stolz sein können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und verein- zelt CDU)