Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

Es hätte zur Fairness gehört, dass man die anderen mit aufnimmt. Insofern stimmt das, was die Vorredner gesagt haben: Es ist auch ein Fall der PR für die Landesregierung. – Vielen Dank.

(Beifall Freie Demokraten und SPD – Zuruf BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Mein Gott! – Holger Bellino (CDU): Das ist die Profilierung der FDP!)

Herzlichen Dank, lieber Herr Dr. Naas. – Nächste Rednerin ist die Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Frau Wissler. Sie haben zwei Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, als Allererstes: Es hat niemand gesagt, dass die AzubiCard schadet. Es ist bei dieser Landesregierung schon eine ganze Menge, wenn eine Maßnahme nicht schadet.

(Beifall DIE LINKE, SPD und Freie Demokraten)

Es hat niemand gesagt, dass man das nicht machen darf, sondern es wurde die Frage gestellt, welchen Nutzen sie wirklich hat und ob die Auszubildenden nicht durch andere Maßnahmen wirksamer unterstützt werden können als durch eine Azubi-Card.

Nächster Punkt. Wenn Sie sagen, es sei gar nicht Ihre Azubi-Card und auch nicht die der Landesregierung, sondern die der IHK – der Kollege Naas hat schon darauf hingewiesen –, wundert man sich schon, wenn man auf die Homepage geht. Wenn man auf die Homepage geht, lächelt einen dort ein Tarek Al-Wazir an – ein Tarek Al-Wazir, der „wir als Landesregierung“ und „unsere Azubi-Card“ sagt. Da lächelt einen nur ein Tarek an, aber kein IHK-Präsident, kein Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung – niemand anders. Da lächelt ein Tarek stolz und begrüßt es, dass es eine Azubi-Card gibt.

(Beifall DIE LINKE – Tobias Eckert (SPD): Das ist der Beitrag des Landes! – Weitere Zurufe)

Deswegen finde ich, den Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen. Sie hätten auch ein Gruppenbild mit allen Partnern der Azubi-Card machen können. Ich finde, Sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass es Ihnen auch ein bisschen um die eigene Profilierung geht. Den können Sie nicht wegwischen.

(Beifall DIE LINKE, SPD und Freie Demokraten)

Vielen Dank, Frau Wissler. – Nächster Redner ist Herr Abg. Eckert für die Fraktion der Sozialdemokraten. Herr Eckert, zwei Minuten Redezeit für Sie.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, Sie müssen es irgendwann einmal lernen: Kritik ist Kritik und bedeutet keine schlechte Laune. Wenn wir Sie kritisieren, müssen Sie das ertragen, statt hier immer mit dem Gestus „Ach, Sie haben schlechte Laune“ zu kommen. Nein, Herr Minister, wir kritisieren nur, was Sie tun, oder vielmehr das, was Sie nicht tun.

(Beifall SPD, Freie Demokraten und DIE LINKE)

Deswegen haben in der Debatte vorhin alle Redner, zumindest bis zu Ihrem Wortbeitrag, gesagt, dass diese auf Initiative der Kammern eingeführte Karte zwar eine gute Sache ist, es aber nicht genügt, sie zum – einzigen – Thema einer Aktuellen Stunde zu machen. Man sagt, das ist, wenn wir uns ernsthaft über die Aufwertung von Ausbildungsberufen in Hessen unterhalten, vielleicht ein bisschen wenig.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Die Azubi-Card ist nicht schlecht, sondern sie ist eine gute Sache!)

Alle, außer den Mitgliedern der beiden Regierungsfraktionen, haben einen kleinen Beitrag dazu geleistet und gesagt, was man noch alles tun könnte, um diesem Ziel näherzukommen. Ich finde, man könnte sagen: „Danke, dass ihr euch an diesem Wettbewerb beteiligt und eigene Ideen einbringt“, statt sich so hierhin zu stellen.

(Beifall SPD, Freie Demokraten und DIE LINKE)

Lieber Herr Kollege Dr. Naas, bei Herrn Minister Al-Wazir werden Sie sich noch daran gewöhnen müssen; denn er ist nicht umsonst der einzige Minister, der, auf Kosten des Steuerzahlers, ganz viel in den Social Media unterwegs ist. Sie werden noch lernen, dass Sie überall dort, wo das Land Hessen etwas unterstützt, ein Bild des Herrn Ministers sehen, auf dem er die Leute grüßt – immer wieder, an jeder Ecke. Von daher gewöhnen Sie sich also daran.

Trotz allem ist es richtig, dass diese Initiative gestartet worden ist. Herr Minister, daher wäre es spannend, wenn Sie inhaltlich etwas dazu sagen würden: Wie wollen wir die Qualität von beruflicher Ausbildung in Hessen fördern? Wie wollen wir denn – ich weiß, über diese Frage müssen Sie mit Ihrem Ministerkollegen Lorz diskutieren – die Berufsschulen für die Ausbildung 4.0 fit machen? Das ist ein Thema, über das wir schon heute Morgen diskutiert haben.

(Michael Boddenberg (CDU): Das steht alles im Koalitionsvertrag!)

Herr Minister, das hat nichts mit schlechter Laune zu tun, sondern es ist Ihr verdammter Job, dass Sie dazu etwas sagen und eigene Ideen vorlegen. Nach Ihrer Rede kann man feststellen, Sie haben sich nur hierhin gestellt und gesagt: Alle kritisieren mich, das finde ich schlecht.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Was soll ich denn dann sagen? Mich kritisieren immer alle!)

Herr Minister, das gehört in der Tat dazu. Machen Sie Ihre Arbeit, dann bekommen Sie auch Lob von dieser Stelle. Wenn Sie ordentliche Vorschläge machen, unterstützen wir Sie gern. Aber sagen Sie bitte nicht immer erst: Ihr müsst mich erst loben, und dann mache ich mir Gedanken darüber, was ich mache. – Erst die Arbeit, dann das Lob. In dieser Reihenfolge machen wir das weiterhin im Hessischen Landtag.

(Beifall SPD, Freie Demokraten und DIE LINKE)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Eckert. – Nächster Redner ist für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Kollege Martin. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Eckert, als Erstes haben wir die Arbeit gemacht. Genau deshalb haben wir heute diese Aktuelle Stunde beantragt. Vielleicht habe ich es als Neuling ein bisschen falsch verstanden, was eine Aktuelle Stunde ist. Ich habe auf jeden Fall gedacht, man würde da immer ein aktuelles Thema aufgreifen, und zwar auch dann, wenn schon etwas gemacht worden ist. Wir können uns doch darüber freuen, dass wir nicht nur Dinge fordern, sondern auch konkret et

was umsetzen. Das müsste Sie doch ganz besonders freuen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU – Zurufe SPD und Freie Demokraten)

Dann sind einige – insbesondere der Kollege Eckert – darauf eingegangen

(Unruhe)

ich bin zum Glück mit dem Mikrofon lauter –, dass man nicht nur über andere reden wollte und sich nicht mit fremden Federn schmücken muss.

Als Neuling ist mir in den letzten Debatten durchaus auch aufgefallen, was die SPD immer so tut und was auch Sie in Ihrer Rede gemacht haben: Sie haben den Großteil Ihrer Rede damit verschwendet, sich an genau der Bundesregierung abzuarbeiten, der Sie selbst angehören, liebe SPD.

(René Rock (Freie Demokraten): Oh Mann!)

Was ist das denn für eine Art und Weise, hier über die Ausbildungspolitik in Hessen zu sprechen

(René Rock (Freie Demokraten): Weil Sie hier Verantwortung tragen!)

und uns dann vorzuwerfen, wir würden an der Stelle unsachlich sprechen?

Vielleicht sollte ich noch einmal die drei Punkte darlegen, die meine Rede beinhaltete. Punkt eins war: Was haben wir in den letzten Jahren bereits geschafft, und wie hat sich das ausgewirkt? – Ich habe z. B. gesagt, dass seit 2014 die Zahl der Menschen, die eine betriebliche Ausbildung hier in Hessen anfangen, kontinuierlich steigt. Dann habe ich über die Azubi-Card gesprochen, die jetzt kommt. Und dann habe ich einen Ausblick über das gegeben, was wir in den nächsten Jahren noch vorhaben.

Damit habe ich übrigens – ganz im Gegensatz zu dem Kollegen von der AfD-Fraktion – auch konkrete Vorschläge gemacht, was man denn noch verbessern könnte. Sie haben allen Ernstes Menschen, die aufgrund eines geringen Einkommens gern über Vergünstigungen verfügen würden, damit degradiert – ich habe mir das aufgeschrieben –, dass Sie gesagt haben, das seien Almosenempfänger. Was ist das denn für eine Art und Weise? – Das ist respektlos, und das verbitte ich mir an dieser Stelle.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU – Zuruf AfD: Ganz falsch verstanden!)

Lieber Kollege, ich weise nur auf die Redezeit hin.

Ich komme zum Schluss. – Ich will noch auf einen Aspekt eingehen und mich an dieser Stelle Frau Wissler widmen. Ich bin 23 und habe einen Schülerausweis, und es ist wahnsinnig unbefriedigend, diesen vorzuzeigen. Deshalb finde ich es eine ganz tolle Initiative, dass die Azubi-Card auch diesen neuen Abschnitt einleitet. – Herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Martin. – Damit sind wir am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt.

Ich stelle fest, dass die Aktuelle Stunde, Drucks. 20/205, damit abgehalten worden ist, und möchte, bevor wir in die nächste Aktuelle Stunde eintreten, noch zwei geschäftsleitende Bemerkungen machen:

Erstens. Der Dringliche Entschließungsantrag Drucks. 20/254, den wir in der Aktuellen Stunde davor mit aufgerufen haben, geht, wenn ich es richtig verstanden habe, federführend an den Kulturpolitischen Ausschuss und mitberatend an den Digitalausschuss. Das möchte ich so noch einmal für das Protokoll festhalten. Zweitens. Eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist jetzt ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema Anhörung der Kulturschaffenden aus Soziokultur und darstellender Kunst, Drucks. 20/262. Wird die Dringlichkeit bejahrt? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann wird dieser zu Tagesordnungspunkt 46 und kann, wenn dem niemand widerspricht, mit Tagesordnungspunkt 24 zu diesem Thema aufgerufen werden. Außerdem eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU zum Thema gemeinsamer Bahnübergang Rüdesheim für Bundesgartenschau fit machen, Drucks. 20/263. Wird hier die Dringlichkeit bejaht? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann wird dies zu Tagesordnungspunkt 47 und kann, wenn dem niemand widerspricht, mit dem Tagesordnungspunkt 19 zu diesem Thema aufgerufen werden. Außerdem eingegangen und auch an Ihren Plätzen verteilt ist ein weiterer Dringlicher Entschließungsantrag, nämlich ein Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Rückzug aus dem INF-Vertrag, Drucks. 20/264. Wird auch hier die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dies zu Tagesordnungspunkt 48 und kann, wenn dem niemand widerspricht, mit Tagesordnungspunkt 20 zu diesem Thema aufgerufen werden. Außerdem eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU, Gewaltschutzarbeit sicherstellen – Istanbul-Konvention umsetzen – Sozialbudget absichern, Drucks. 20/265. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dies zu Tagesordnungspunkt 49 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit Tagesordnungspunkt 26 zu diesem Thema aufgerufen werden. Noch sind wir nicht ganz am Ende. Eines habe ich noch. Außerdem ist eingegangen und auch an Ihren Plätzen verteilt ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Klimaschutz und Energiewende weiterhin erfolgreich und bürgerfreundlich gestalten, Drucks. 20/266. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird das Tagesordnungspunkt 50 und kann, wenn dem niemand widerspricht, mit Tagesordnungspunkt 25 zu diesem Thema aufgerufen werden.

So viel zu den Bemerkungen.

Wir kommen damit zu Tagesordnungspunkt 35: Antrag Aktuelle Stunde Fraktion DIE LINKE Unmenschliche Abschiebepraxis in Hessen beenden – Drucks. 20/207 –

Als erster Rednerin darf ich der Abg. Sönmez für die Fraktion DIE LINKE das Wort erteilen. Frau Sönmez, Sie haben das Wort. Fünf Minuten.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Im Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung heißt es:

Menschenrechte und gelebte Humanität stehen im Mittelpunkt hessischer Asyl- und Flüchtlingspolitik.