Solche Maßnahmen würden den Auszubildenden und solchen, die es werden wollen, mehr nutzen als eine AzubiCard.
Vielen Dank, Frau Wissler. – Für die Landesregierung darf ich Herrn Staatsminister Al-Wazir das Wort erteilen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Koalitionsvertrag haben sich die Parteien, die die Regierung tragen, darauf verständigt, die berufliche Bildung weiter zu stärken, insbesondere durch Informations- und Kommunikationsmaßnahmen. Wir verwirklichen dabei unser Ziel, die berufliche Bildung mit der dualen Ausbildung und dem System der beruflichen Weiterbildung als attraktiven Weg zu einer erfolgreichen Erwerbstätigkeit besser wahrnehmbar zu machen.
Ich will bei der vielen schlechten Laune, die hier teilweise verbreitet worden ist, einmal darauf hinweisen – –
(Tobias Eckert (SPD): Sie unterstellen uns schlechte Laune! Es gibt hier überhaupt keine schlechte Laune!)
Wenn das keine schlechte Laune war, dann möchte ich Sie nicht schlecht gelaunt erleben, Herr Kollege Eckert.
(Heiterkeit und Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt CDU – Tobias Eckert (SPD): Das nennt sich Kritik, und das ist in einer Demokratie erlaubt!)
Ich möchte einmal darauf hinweisen, dass das Statistische Landesamt gestern bekannt gegeben hat, dass im letzten Herbst zum zweiten Mal in Folge die Zahl der Anfänger in der Berufsausbildung gestiegen ist, und dies, obwohl es weiterhin eine hohe Studierneigung gibt. Das zeigt, dass wir hier auf einem sehr guten Weg sind.
Ein wichtiger Teil davon ist die Steigerung der Wertschätzung, die der beruflichen Bildung entgegengebracht wird. Wir müssen es noch mehr schaffen, die berufliche Bildung als einen qualitativ hochwertigen und praxisorientierten Weg zu einer späteren Erwerbstätigkeit in den Köpfen – ich sage ausdrücklich: in den Köpfen – der jungen Leute und ihrer Eltern zu verankern.
Ich will an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir weiterhin das einzige Bundesland sind, wo ein Realschulabschluss mit einer darauf folgenden beruflichen Ausbildung und einer Abschlussnote von 2,5 oder besser einen sofortigen Hochschulzugang ermöglicht. Das heißt, wir können ausdrücklich sagen: Es gibt im Bildungssystem in Hessen keine Sackgasse mehr, egal, für welchen Weg man sich entscheidet.
Wir haben im letzten Jahr die Aufstiegsprämie eingeführt und werden sie zu Beginn dieses Jahres sogar noch einmal ausweiten. Für uns sind alle Formen der Bildung gleichwertig, egal, ob sie auf beruflichem oder auf akademischem Weg basieren. Die Einführung der Azubi-Card zielt in die gleiche Richtung: Steigerung der Wertschätzung und der Identifikation mit der dualen Ausbildung.
Ich will ausdrücklich sagen: Mit der Idee einer hessenweiten, flächendeckenden Einführung einer Azubi-Card sind die Hessischen Industrie- und Handelskammern an uns herangetreten. Unsere Aufgabe war es zunächst, die Aktion zu unterstützen und die Koordination der Initiative zu übernehmen.
Das ist die Azubi-Card der Hessischen Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern, der Landesärztekammer und der -zahnärztekammer. Sie können sich ja gerne an mir abarbeiten. Das ist okay, das steht in meiner Arbeitsplatzbeschreibung. Aber Sie machen damit auch die teilweise ehrenamtliche Arbeit der Leute lächerlich, die sich tagtäglich für Auszubildende einsetzen.
Die Karte soll bei den Auszubildenden identitätsstiftend wirken, ähnlich wie der Studierendenausweis, den zu haben völlig selbstverständlich ist. Übrigens ist die Karte nicht vergleichbar mit dem Schülerausweis; denn man tritt dann in eine neue Phase der beruflichen Bildung ein. Das ist genau der Unterschied.
Nach dem Schulabschluss an einer allgemeinbildenden Schule geht man sozusagen in die eine oder in die andere Richtung. In dem einen Fall hat man eine Azubi-Card,
in dem anderen Fall hat man einen Studierendenausweis. Genau das ist der Punkt. – Liebe Kollegin Wissler, es ist aber ein Unterschied, ob man denselben Schülerausweis in der Hand hat, den man schon in der 5. Klasse hatte, oder ob man wirklich in eine neue Phase des Lebens eintritt.
Vielleicht können Sie sich das nicht vorstellen. Aber ich glaube, an dieser Stelle geht es genau um die Frage der Identitätsstiftung: Ich bin Auszubildender, ich lerne etwas, ich gehöre einer solchen Gruppe an, und das ist gut so. – Sie können es sich vielleicht nicht vorstellen, aber das kann für junge Leute ganz schön wichtig sein.
Ein weiteren Punkt: Über diese Karte finden die Auszubildenden den Zugang zu den Kontaktdaten der Ausbildungsberater in den Kammern, sodass sie bei Problemen und Fragen rund um die Ausbildung diese Kontaktdaten immer griffbereit haben. Das ist ein wunderbarer Nebeneffekt; denn wir haben zwar viele Unterstützungsangebote – Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen, Ausbildungsbegleitung –, aber oft bekommen die Leute es erst dann mit, wenn der Vertrag aufgelöst ist. Das heißt, jeder Azubi hat ständig die Kontaktdaten einer Beratungsstelle im Portemonnaie, an die er sich wenden kann, wenn es ein Problem geben sollte.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Bei der Industrie- und Handelskammer wird dies sogar noch durch den Zugang zu einem Portal ergänzt, über das die jungen Leute Prüfungsergebnisse und Ähnliches abfragen können. Zusätzlich gibt
es dann noch die Rabattangebote. Wir können, wenn wir das Ganze in einen gewissen Zusammenhang stellen, sehen, dass es besser ist, wenn wir uns insgesamt über die Frage auseinandersetzen, was wir alle für ein besseres Image der Ausbildung tun können.
Ich will ausdrücklich darauf hinweisen: Herr Scholz, Sie haben gesagt, dass Sie Lehrer waren. Hoffentlich haben Sie in der Schule nicht Rechercheaktivitäten unterrichtet; denn Sie haben die falsche Homepage erwischt. www.azubicard.de ist eine Website der Industrie- und Handelskammer Trier, während sich unter www.azubicard-hessen.de das Angebot findet, das die Industrie- und Handelskammern und die anderen Kammern in Hessen machen.
Ich kann Ihnen an dieser Stelle noch sagen, dass Hessen das erste Bundesland ist, in dem das flächendeckend angeboten wird. Unterm Strich finde ich, es ist es wirklich wert, dass wir uns an dieser Stelle gemeinsam Gedanken machen, was wir tun können, um das Image der beruflichen Ausbildung zu verbessern. Eines ist sicher: Das geht nicht mit schlechter Laune. – Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Staatsminister. – Ein paar Rabatte gibt es jetzt auch bei der Redezeit: Nach unseren Regularien wachsen allen Fraktionen zwei Minuten Redezeit zu. In Anspruch nehmen möchte diesen Redezeitrabatt Herr Dr. Naas, Fraktion der Freien Demokraten. Anschließend hat die Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Frau Wissler, das Wort. Bitte schön, Herr Dr. Naas.
Herr Präsident! Herr Staatsminister, ich will nur auf eine Sache kurz replizieren, weil meine Zwischenfrage leider nicht zugelassen wurde. Ich will nicht versäumen, vorzulesen, was Sie hier schreiben. Man hat in der Tat einen anderen Eindruck, wenn man das hier liest.
Man hat nicht den Eindruck, dass es die Azubi-Card der Industrie- und Handelskammern ist, die dabei mit dem Wirtschaftsministerium zusammenarbeiten, sondern man hat umgekehrt den Eindruck, dass es die Azubi-Card des Wirtschaftsministers ist. Da heißt es zwar: „Liebe hessische Auszubildende, wir als Landesregierung und die für Eure Berufsausbildung zuständigen Kammern möchten Euch mit der Azubi-Card …“, usw.