Protokoll der Sitzung vom 03.02.2022

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Wo werden denn die Grundrechte eingeschränkt? An keiner Stelle werden sie eingeschränkt; es dürfen alle draußen demonstrieren.

(Beifall Freie Demokraten, CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SPD – Zurufe AfD)

Jeder, der das Gefühl hat, seine Grundrechte würden eingeschränkt, kann dagegen vor Gericht gehen. Und er bekommt, wenn es der Fall ist, auch Recht. Ich glaube an diesen Rechtsstaat, und ich vertraue diesem Rechtsstaat. Ich glaube, es ist auch gut, wenn wir das an dieser Stelle deutlich machen.

(Beifall Freie Demokraten, CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SPD – Zurufe Dr. Frank Grobe und Robert Lambrou (AfD))

Wenn dort Rechtsextremisten, Reichsbürger, Selbstverwalter unterwegs sind

(Unruhe – Glockenzeichen)

und versuchen, diese Demonstrationen für sich zu nutzen, dann muss man das aber genauso klarmachen. Und wenn Antisemitismus bei diesen Demonstrationen auch auftaucht, dann ist einfach Schluss mit lustig. Dann sind alle diejenigen, die dort unterwegs sind, aufgerufen, ein deutliches Stoppschild zu zeigen und zu sagen: Da machen wir nicht mit. – Das heißt nicht, dass man nicht demonstrieren darf; aber man muss deutlich machen, dass man sich von diesen extremen Gruppierungen und von diesen Äußerungen abgrenzt. Das erwarten wir von einem mündigen Bürger, der bei diesen Demonstrationen mit dabei ist.

(Beifall Freie Demokraten)

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir einen Öffnungsplan brauchen. Wir müssen den Leuten deutlich machen, dass wir aus diesem Corona-Pandemiegeschehen einen Ausweg suchen und dass Einschränkungen von Freiheiten

immer nur Ultima Ratio sein können, dass sie, sobald es nicht mehr notwendig ist, auch aufgehoben werden müssen. Dieser Punkt, dieser Impetus der Politik, die Freiheiten der Menschen nicht unnötig einzuschränken, ist mir und uns als Freien Demokraten in der Vergangenheit manchmal zu wenig nach außen getragen worden. Das könnte auch ein Grund für die Demonstrationen der vielen Menschen sein – da sind in der Tat auch GRÜNE dabei. Im Main-Kinzig-Kreis gibt es gerade Stress, weil auch eine grüne Fraktionsvorsitzende mit unterwegs war,

(Dr. Frank Grobe (AfD): Aha, oh, hört, hört!)

weil diese Menschen das genauso sehen. Diese Sorgen und Nöte der Menschen müssen wir als Politik ernst nehmen. Deswegen sind die Demonstrationen absolut in Ordnung, in Inhalten auch teilweise nachzuvollziehen und zu unterstützen. Aber wir müssen uns klar abgrenzen von allen Extremisten und Rechten, die versuchen, das als Wasser auf ihre Mühlen und auf ihre Politik zu ziehen. – Vielen Dank.

(Beifall Freie Demokraten)

Vielen Dank, Kollege Stefan Müller. – Jetzt spricht für die Landesregierung der Innenminister, Staatsminister Peter Beuth. Bitte sehr, Peter.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine möglichst abgewogene, differenzierte und für Hessen zutreffende Lagebeschreibung habe ich bereits im Innenausschuss am 20. Januar formuliert.

Die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und leider auch die vorhandenen Impfstoffe treffen nicht nur auf die Zustimmung, sondern in Teilen – richtigerweise ist das hier angesprochen worden –, in kleinen Teilen oder kleineren Teilen der Bevölkerung auf Kritik oder Sorge. Eine Minderheit lehnt sie sogar gänzlich ab oder vermutet darin eine Verschwörung.

In Hessen – wie in ganz Deutschland – ist im dritten Jahr der Corona-Pandemie und vor dem Hintergrund der Diskussion um eine Impfpflicht eine zunehmende Zahl von Protesten vornehmlich im Rahmen von Spaziergängen an Montagabenden zu verzeichnen. Nach einem kontinuierlichen Anstieg der Teilnehmendenzahlen im Januar dieses Jahres mit einem Höchstwert von ca. 19.000 Personen bei rund 160 Veranstaltungen waren die Zahlen am vergangenen Montag mit ca. 15.300 Teilnehmenden bei rund 170 Veranstaltungen leicht rückläufig. Die Versammlungen waren in Hessen weit überwiegend friedlich. Bei einigen wenigen Versammlungen kam es zu tätlichen Übergriffen.

Ich möchte hier noch einmal ganz deutlich machen, dass die Versammlungs- und die Meinungsfreiheit herausragende Güter unseres freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates sind. Die Rechte gelten für alle, unabhängig davon, ob die kundgetane Meinung in Inhalt, Sprache oder Duktus von der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger geteilt wird. Das ist auch in Krisenzeiten besonders wichtig. Bürgerrechte werden nicht zugeteilt oder freundlicherweise zugestanden, sondern sie sind grundlegende Rechte der Menschen in unserem Land. Die Hessische Landesregierung ist sich ihrer Verantwortung und Pflicht gegenüber allen Bürgerinnen und Bürgern in diesem Zusammenhang sehr bewusst. Men

schen, die friedlich ihre Meinung oder Kritik äußern möchten, schützen die hessischen Sicherheitsbehörden konsequent.

Konsequent gehen die Sicherheitsbehörden aber auch gegen Straftaten und Extremismus vor. Das bedeutet konkret: Die hessische Polizei unterscheidet im Umgang mit grundgesetzlich geschützten Versammlungen in keiner Weise nach dem Thema oder der Meinung der Demonstranten. Sie verhält sich in Ausübung ihres gesetzlich festgeschriebenen Auftrags neutral und schützt alle verfassungsgemäßen Grundrechte.

Genauso klar ist: In einem Rechtsstaat gibt es Regeln, an die man sich zu halten hat. Versammlungen sind spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe der zuständigen Behörde anzuzeigen. Das hat einen guten Grund: Die Anzeigepflicht verfolgt den Zweck, Versammlungen zu ermöglichen und zu schützen. Durch die Anmeldung erhalten die zuständigen Behörden die notwendigen Informationen, um erforderliche Maßnahmen für eine reibungslose Durchführung der Versammlung zu veranlassen, sodass der Veranstaltung der erforderliche Schutz – Herr Kollege Rudolph hat das angesprochen – dann auch tatsächlich gewährt werden kann. Ein Katze-und-Maus-Spiel mit Versammlungsund Sicherheitsbehörden ist der Sicherheit der Teilnehmenden an den Demonstrationen oder gar Gegendemonstrationen nicht zuträglich und im Übrigen völlig unnötig.

Wenn Rechtsextremisten das Protestgeschehen gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie als „lohnenswerte Aktions- oder Agitationsfläche“ erkennen und versuchen zu nutzen, beobachten die hessischen Sicherheitsbehörden das sehr wachsam und genau. Das Radikalisierungspotenzial besorgt uns. Aber, meine Damen und Herren, Polizei und Verfassungsschutz sind hier sehr wachsam.

Ohne jemanden in seinen Grundrechten zu bevormunden, appelliere ich an die Bürgerinnen und Bürger, genau zu schauen, mit wem sie gemeinsam ihre Rechte wahrnehmen und demonstrieren. Ich appelliere, genau zu schauen, wer vielleicht aus welchen Gründen dort agiert, agitiert oder die Bürgerproteste für seine ganz anderen, extremistischen Zwecke missbraucht. Das gilt übrigens immer, bei allen Demonstrationen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Hass und Hetze haben in ganz Hessen und auch auf Demonstrationen keinen Platz, egal in welcher Form sie daherkommen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt SPD und Freie Demokraten)

Den Polizistinnen und Polizisten, die unermüdlich eine sehr herausfordernde Arbeit leisten und die, wie wir in dieser Woche in dramatischer Weise vor Augen geführt bekommen haben, eine sehr gefährliche Arbeit leisten, möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich, ich glaube, auch im Namen der Kolleginnen und Kollegen des Landtages, sehr herzlich für ihre Arbeit danken. – Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, AfD und Freie Demokraten)

Vielen Dank, Herr Innenminister. – Damit ist diese Aktuelle Stunde behandelt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 83 auf:

Antrag Aktuelle Stunde Fraktion der CDU Neuer Mobilfunkpakt unterzeichnet: Hessen weiter Vorreiter im Mobilfunkausbau – Drucks. 20/7788 –

Es beginnt der Kollege Hartmut Honka, CDU-Fraktion.

Hochverehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der vergangenen Woche wurde der neue Mobilfunkpakt zwischen der Landesregierung und den drei Mobilfunkbetreibern Telekom, Vodafone und Telefónica unterzeichnet. Es ist die Neuauflage des Mobilfunkpaktes aus dem Jahr 2018. Da dieser Mobilfunkpakt sehr erfolgreich abgeschlossen wurde, haben wir hier heute diese Aktuelle Stunde beantragt, um über diese Erfolge zu sprechen; denn sie sind für unser Land, für die Menschen in unserem Land sehr positiv.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

2018 wurde vereinbart, dass 4.800 Mobilfunkmasten entweder neu errichtet werden oder modernisiert werden sollen. Wir können resümieren: Es sind nicht nur 4.800, sondern – ich muss es genau lesen – 5.758 neu errichtete oder modernisierte Mobilfunkmasten. Das ist deutlich über Ziel erfüllt; das ist gut für die Menschen in unserem Land. Das ist eine gute Leistung der Mobilfunkunternehmen und unserer Landesregierung.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

5.758 neu errichtete oder modernisierte Mobilfunkmasten – allein die Zahl ist schwierig zu merken – verbessern die Mobilfunkabdeckung in ganz Hessen. Allein im letzten Quartal des Jahres 2021 – wir haben es eben gehört – war es zwar in vielerlei Hinsicht nicht ganz einfach, aber über 100 neu errichtete Masten bedeuten an über 100 Orten besseren Empfang für die Menschen in unserem Land.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mobilfunk – alle in diesem Saal, aber auch die Menschen da draußen wissen es – wird im Alltag immer wichtiger. Daher ist es gut, dass wir feststellen können: Mit Ablauf des Jahres 2021 hatte mindestens ein LTE-Versorger 99,7 % Netzabdeckung in unserem Land. Jetzt mag man sagen: Das ist noch nicht perfekt; denn, wenn es nicht mein Netzbetreiber ist, habe ich ein Problem. – Aber insgesamt haben alle Mobilfunkanbieter eine Abdeckung von knapp über 95 % aller Haushalte. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit, dass man sehr guten Mobilfunk hat, ist in Hessen exorbitant gut. Das ist richtig so.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Torsten Felstehausen (DIE LINKE): Haushalte? – Bijan Kaffenberger (SPD): In der Fläche, aber Haushalte?)

Jetzt – das ist leider Realität – gibt es trotz all dieser guten Nachrichten immer noch das eine oder andere Funkloch.

(Stefan Müller (Heidenrod) (Freie Demokraten): Das eine oder andere?)

Auch dem einen oder anderen Kollegen soll das schon begegnet sein. Deswegen gibt es die Neuauflage des Mobilfunkpaktes. Auch hier ist die klare Marschrichtung: Es gibt die Zusage der drei Mobilfunkbetreiber, 4.000 Masten entweder neu zu bauen oder technisch zu ertüchtigen und fit für die Zukunft zu machen. Auch das ist richtig für die Menschen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stefan Müller (Heidenrod) (Freie Demokraten): Und wann soll das passieren?)

Der eine oder andere moniert: Das ist bislang marktgetrieben, und der Staat hat noch keinen Steuer-Euro dazugegeben. – Ich sage: bisher gut so. Das heißt nämlich: Noch wurde kein Steuergeld dafür ausgegeben, weil es am Markt funktioniert hat.

(Lachen Torsten Felstehausen (DIE LINKE) – Zurufe – Glockenzeichen)

Aber ich kann alle Kolleginnen und Kollegen beruhigen, die gern Steuergeld ausgeben. Wir haben 50 Millionen € dafür im Haushalt stehen. Sie wissen alle: Bevor man dafür Steuergeld ausgeben darf, muss ein kompliziertes Notifizierungsverfahren bei der Europäischen Kommission durchlaufen werden. Auch müssen umfangreiche Gutachten erstellt werden, bevor man die Förderung ausschütten darf. Für über 181 Kommunen ist bereits der Schritt des Markterkundungsverfahrens erfolgt. Wo die weißen Flecken nicht vom marktgetriebenen Ausbau geschlossen werden, werden wir in sehr absehbarer Zeit sehen, dass wir mit dem staatlichen Förderprogramm helfen, neue Mobilfunkmasten zu errichten, und damit weitere weiße Flecken von der Landkarte unseres Bundeslandes tilgen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zusammenfassend möchte ich kurz zum Abschluss die vier wesentlichen Eckpunkte des neuen Mobilfunkpakts benennen. Da sind erstens, wie schon häufiger genannt, die 4.000 neuen bzw. zu modernisierenden Mobilfunkstandorte, die für ein besseres Netz sorgen.

Zweitens werden wir weiterhin daran arbeiten, die Genehmigungsverfahren von Landesseite aus schlanker und effizienter zu gestalten. Dazu haben wir in dieser Wahlperiode bereits einen ersten Schritt gemacht. Der war gut und wurde insbesondere vonseiten der Praxis gut angenommen. Daran werden wir weiterarbeiten.