Protokoll der Sitzung vom 03.02.2022

Zweitens werden wir weiterhin daran arbeiten, die Genehmigungsverfahren von Landesseite aus schlanker und effizienter zu gestalten. Dazu haben wir in dieser Wahlperiode bereits einen ersten Schritt gemacht. Der war gut und wurde insbesondere vonseiten der Praxis gut angenommen. Daran werden wir weiterarbeiten.

Drittens werden wir aber auch weiterhin an dem Thema „Transparenz schaffen“ arbeiten. Wir werden eine Mobilfunkakademie gerade auch für die kommunalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einrichten, weil dort über die Genehmigungen zu entscheiden ist.

Viertens werden wir uns weiterhin auf der Bundesebene dafür einsetzen, dass das Telekommunikationsgesetz attraktiv ist und angewendet wird. Konkret geht es darum, dass bei zukünftigen Frequenzvergaben nicht immer nur die Versteigerung angewendet wird. Das wird ein deutlicher Schritt in die Zukunft sein. Das ist eine Aufgabe für alle Landesregierungen. Wir haben uns dessen sehr erfolgreich angenommen – bereits 2018 und jetzt mit der Neuauflage.

Ich freue mich, dass wir einen einheitlichen Ansprechpartner bei uns in der Regierung für alle Mobilfunkfragen ha

ben. Das ist unser Digitalministerium. Daran arbeiten wir für die Zukunft. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Rolf Kahnt (fraktionslos))

Herzlichen Dank, lieber Kollege Hartmut Honka. – Nächster Redner ist der Kollege Oliver Stirböck, FDP-Fraktion, Offenbach.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Mobilfunkpakt ist grundsätzlich immer eine gute Sache. Aber ein Mobilfunkpakt schließt noch keine Funklöcher.

(Beifall Freie Demokraten, Bijan Kaffenberger (SPD) und Torsten Felstehausen (DIE LINKE))

Von diesen Funklöchern gibt es zu viele. Herr Honka hat eben gesagt, der Mobilfunkpakt sei so erfolgreich gewesen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ja!)

Die Aktuelle Stunde der CDU wird zu Honkas Märchenstunde.

(Zurufe CDU: Oh!)

Eure Zahlen sollen beeindrucken. Dabei sind sie im Bundesvergleich schlecht. Hessen liegt mit 94,99 % Flächenversorgung bei LTE bei Weitem nicht in der oberen Hälfte der Bundesländer. Kommen Sie mir übrigens nicht wieder mit der Haushalteversorgung und mit den 99,7 %.

(Zuruf CDU: Doch!)

Das sind nur Poserzahlen, weil sie keine Auswirkung haben. Viel Lärm, nichts dahinter.

(Beifall Freie Demokraten – Zuruf CDU: Uh! – Wei- tere Zurufe – Glockenzeichen)

Bei 5G liegt Hessen mit 52,76 % leicht unter dem Bundesdurchschnitt. Da nutzen auch keine Masteinweihungen, Frau Ministerin. Bei der 4G-Flächenversorgung sind nur drei Bundesländer schlechter als Hessen. Besser sind wir bei den Funklöchern.

(Heiterkeit René Rock (Freie Demokraten))

Bei weißen und grauen Flecken liegt Hessen über dem Bundesdurchschnitt. 9,65 % der hessischen Landesfläche sind graue und 4,81 % weiße Flecken. 0,42 % sind sogar noch richtige Funklöcher, also nicht einmal mit 2G angeschlossen. Das alles ist nicht gut. Das alles ist richtig schlecht.

(Beifall Freie Demokraten)

Alle Abdeckungszahlen sind bei Ihnen aggregierte Zahlen. Das heißt, wer alle drei Netzbetreiber auf dem Handy hat, hat fast überall in Hessen – das stimmt – ein gutes Netz. Vielleicht geht der Trend bei euch zum Zweit- oder Drittvertrag. Wir sind da ganz bescheiden. Wir haben nur einen einzigen Vertrag. Deswegen ist das alles nicht aus dem Leben gegriffen, sondern Sie präsentieren uns hier Statistikmüll.

(Beifall Freie Demokraten – Zuruf: Au, au, au! – Weitere Zurufe)

Im Zusammenhang mit aggregierten Zahlen spricht die Ministerin dann auch von einer weiter verbesserten Wahlfreiheit der Kunden. Wir realitätsfern ist denn das?

Ihre tollen Zahlen sind nichts anderes als Fake. Wir bilden uns bei Auto- und Zugfahrten die Gesprächsabbrüche und Einschränkungen beim Surfen doch nicht ein. Sie leben offensichtlich in einer Art Parallelwelt. Das muss dieses Raumschiff Wiesbaden sein, von dem so häufig die Rede ist. „Erde an Schwarz-Grün!“ kann ich dazu nur sagen.

(Beifall Freie Demokraten)

Die Ministerin lobt in gefühlt täglichen Pressemitteilungen jeden einzelnen gebauten oder sanierten Funkmast. Auch im Digitalausschuss spricht sie davon, dass „wir“ – damit meint sie die Landesregierung und die Netzbetreiber – das erreicht hätten. Herr Kollege Honka hat schon zutreffenderweise darauf hingewiesen, dass der Beitrag bei den geförderten Masten gleich null ist. Das hat also mit der Landesregierung gar nichts zu tun. Das sind allein die Netzbetreiber.

(Hartmut Honka (CDU): Die FDP möchte Steuergeld ausgeben – wunderbar!)

Positiv möchte ich aber in diesem Zusammenhang eine Sache erwähnen, die die Landesregierung wirklich gut gemacht hat, nämlich die baurechtlichen Vorschriften, die sie vereinfacht hat.

(Beifall Bijan Kaffenberger (SPD))

Was sollten wir zusätzlich noch tun? Wir müssen bundesweit Anreize für nationales oder lokales Roaming schaffen. Wir müssen uns für negative Auktionen einsetzen. Künftig soll bei Frequenzvergaben das Unternehmen zum Zuge kommen, das die niedrigsten Subventionen für einen zuvor festgelegten Ausbauplan fordert. Wir müssen Open RAN – gestern hatten wir Open Data – voranbringen, das im Gegensatz zu den herkömmlichen Funkzugangsnetzen mit offenen Schnittstellen herstellerneutral arbeitet. Dann können neue Mobilfunkstandards idealerweise per Software-Update auf die Basisstation der Antenne aufgespielt und müssen nicht mehr umgerüstet werden.

Also, gehen wir die Dinge an, die wirklich wichtig sind. Machen wir etwas, anstatt PR und Posing zu betreiben. Machen ist übrigens wie Reden, nur krasser. – Herzlichen Dank.

(Beifall Freie Demokraten)

Vielen Dank, Kollege Stirböck. – Das Wort hat jetzt der Kollege Torsten Felstehausen, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Viele Themen beschäftigen im Moment die Menschen in Hessen: die Corona-Pandemie, die Klimakrise und die Energiepreise. Aber Sie, liebe CDU, entscheiden sich für einen Mobilfunkpakt als Thema dieser Aktuellen Stunde. Na ja, alle Fraktionen setzen ihre eigenen Schwerpunkte. Sie habe sich diesen gewählt. Dann reden wir über den Mobilfunk

pakt. Für eine Aktuelle Stunde hätten wir allerdings viele andere Themen in Hessen gehabt.

(Zuruf Holger Bellino (CDU) – Weitere Zurufe – Glockenzeichen)

Aber lassen Sie schauen, was Sie zu berichten haben: eine Ankündigung. Zum x-ten Mal versuchen Sie, sich beim Thema Mobilfunk die Welt hier vom Rednerpunkt aus so zu machen, wie Sie sie sich wünschen. Aber trotz aller Gipfeltreffen und Mobilfunkpakte sieht die Realität doch immer noch anders aus.

Fahren Sie doch bitte einmal in den Odenwald. Schauen sie sich die Situation in Korbach oder Bad Karlshafen an. Meine fünf Minuten Redezeit reichen nicht aus, um den ländlichen Raum zu beschreiben, wo alles, was Sie hier postulieren, eben nicht Realität ist.

Wenn man dort mit den Menschen spricht, erntet man mit Blick auf Ihre Ankündigungen nur Kopfschütteln. Schon jetzt 95 % Netzabdeckung? Die Menschen sind froh, wenn sie ein Fünf-Minuten-Telefonat ohne Gesprächsabbruch führen können. Das ist die Realität im ländlichen Raum außerhalb des CDU-Elfenbeinturms.

(Beifall DIE LINKE und Freie Demokraten)

Was ist denn nun aktuell an Ihrer Stunde? 50 Millionen € wollen Sie aus Steuermitteln in den Netzausbau stecken. Diese Zahl hören wir seit zwei Jahren. Abgerufen scheint nichts zu sein. 300 Mobilfunkmasten wollen Sie mit diesem Geld hessenweit aufstellen.

Meine Damen und Herren, eigentlich wäre die originäre Aufgabe der Mobilfunkbetreiber gewesen, den Ausbau flächendeckend zu gewährleisten – und zwar nicht nur dort, wo es sich aufgrund der Siedlungsdichte besonders lohnt.

(Beifall DIE LINKE)

Es hätte einfachere und günstigere Möglichkeiten gegeben, die Netzabdeckung hessenweit zu verbessern. Man hätte auch Roaming bei den Frequenzen vertraglich festschreiben können, also: Dort, wo nur ein Funkmast eines Anbieters steht, könnte dieser verpflichtet werden, auch die Frequenzen eines anderen Anbieters huckepack zu nehmen. Das hätte in sehr kurzer Zeit einen großen Impact gehabt. Das wäre eine einfache und effektive Möglichkeit gewesen.

Mit Ihrem Mobilfunkpakt bleibt es, wie es ist: Jeder stellt seinen Funkmast dahin, wo die Gewinne sprudeln, und der Rest fällt als Aufgabe an den Staat zurück.

(Zuruf DIE LINKE: So ist es!)

Und noch etwas zu ihren Zahlen, mit denen Sie die hessische Bevölkerung in dieser Aktuellen Stunde beeindrucken wollen: Die Grundlage Ihrer Daten ist immer die sogenannte Haushaltsabdeckung. Liebe CDU, liebe Frau Ministerin Sinemus, das Telefon zu Hause nennt man Festnetz; dort wäre die Bezugsgröße Haushaltsabdeckung angemessen gewesen.

(Beifall DIE LINKE und Oliver Stirböck (Freie De- mokraten))

Beim Mobilfunk dagegen geht es eben nicht um die Frage, in wie vielen Haushalten man telefonieren kann, sondern es geht um die Frage der Netzabdeckung in der Fläche in Hessen. Da haben Sie offensichtlich etwas Grundlegendes missverstanden.

(Beifall DIE LINKE)