Protokoll der Sitzung vom 12.09.2024

Ich stelle fest: Hessen weist eine ähnliche Entwicklung auf – wen wundert es? – wie die Bundesrepublik Deutschland insgesamt – nein, sogar noch eine etwas bessere, eine weniger schlechte. Das ist die Wahrheit. Es gibt eben keine hessengemachte Baukrise. Und wenn Sie meinen, es gäbe sie doch – ich meine das nicht –, dann erlauben Sie mir den Hinweis, dass das alles Zahlen aus den Jahren sind,

in denen der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir hieß.

(Beifall CDU)

Jetzt kommen wir zu den Fakten. Was sind die Gründe, und wo haben wir als Staat, als Land, als Bund die Stellschrauben? Und was sagt das Baugewerbe? Das ist ja auch eine ganz wichtige Sache, dass man zuhört. Die wissen auch, wo die Probleme liegen. Da lasse ich Ihnen ein Zitat zukommen:

„Für Bauwillige … könnte das Bauen durch geringere energetische Vorgaben … wieder attraktiver werden. … Für die Baubranche selbst seien weniger Regulierungen der größte Segen. … Auf Baustandards, die nicht zwingend für die Gebäudesicherheit notwendig seien, sollten wir rechtssicher verzichten können.“

So sagt es Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Baugewerbeverbandes. Und, meine Damen und Herren, er hat recht mit seiner Aussage.

(Beifall CDU)

Der Zentrale Immobilien Ausschuss in Deutschland hat die Gesamtquote der staatlich induzierten Baukosten – das sind also die Bürokratiekosten – in Deutschland auf 37 % der gesamten Baukosten zusammengefasst. In fast allen Nachbarländern in Europa ist diese staatlich induzierte Baukostenquote erheblich niedriger. In allen Ländern liegt sie unter 30 %. In Schweden und Frankreich liegt sie unter 20 %. Und in unserem Nachbarland, das uns in der Struktur am ähnlichsten ist, nämlich in Österreich, sind es nur 7 %.

Wir haben in den letzten Jahren Jahr für Jahr neue technische Vorgaben beschlossen, neue energetische Auflagen geschaffen, die das Bauen verteuern. Das gehört an dieser Stelle zur Wahrheit. Und es gehört eben auch zur Wahrheit, dass der Geist dieser Politik der letzten Jahre natürlich maßgeblich auch von Ihnen betrieben wurde. Sie haben einen nicht unbeträchtlichen Anteil an dieser Regulierungsflut, die wir in Deutschland seit einigen Jahren haben.

(Beifall CDU – Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Wer hat denn die letzten 20 Jahre regiert?)

Verstärkt wurde dieser Prozess durch eine katastrophale Energiepolitik. Ich gebe nur ein Stichwort: Gebäudeenergiegesetz. Das führte zu massiver Verunsicherung bei den Bauherren und verteuerte das Bauen noch einmal drastisch im Vergleich zu vorher.

Es ist zu einem ganz großen Teil eine von Ihnen verursachte Krise. Es ist keine hessische Krise, es ist Ihre Krise, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer regiert seit 20 Jahren in diesem Land?)

Es ist die Krise derer – ich rede jetzt, Herr Wagner –, die Maß und Mitte verloren haben, die eine Staatsgläubigkeit an den Tag legen, die besagt, dass die Politik bestellt und die Wirtschaft liefert.

(Beifall CDU)

Es führt kein Weg daran vorbei, Maß zu halten und nur die Regelungen beizubehalten, die wirklich notwendig sind.

All das, was wir von hessischer Seite machen können, tun wir – mit unserem Pakt für den Wohnungsbau. Das bedeutet: Bürokratieabbau, Herabsetzen von Standards, Novellierung der HBO, Verfahrensbeschleunigungen, Flächenausweisungen, Erhöhung der Attraktivität zur Flächenausweisung. Wir haben das Hessengeld geschaffen, das die Grunderwerbsteuer für das eigene Heim faktische auf null herabsetzt, und wir haben – –

(Beifall CDU)

Kollege Stolz, Sie müssen zum Schluss kommen.

Das mache ich sehr gerne. – Wir haben die beste soziale Förderpolitik in Deutschland. Darauf können wir stolz sein. Das ist unsere Antwort. Wir handeln sehr schnell, innerhalb weniger Wochen und Monate.

(Beifall CDU und SPD – Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht der Wirtschaftsminister, Staatsminister Mansoori. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nehme aus der Aktuellen Stunde, die die GRÜNEN beantragt haben, mit, dass es Ihnen nach zehn Jahren, in denen Sie die Verantwortung für dieses Ressort hatten, gar nicht schnell genug gehen kann, jetzt alles anders zu machen, als Sie es in den letzten zehn Jahren gemacht haben. Wir wollen Sie darin gerne mit ambitionierter Reformpolitik unterstützen, meine sehr verehrten Damen und Herren von den GRÜNEN.

(Heiterkeit und Beifall SPD und vereinzelt CDU)

Ich habe gleich zu Beginn der Amtszeit meine zwei Prioritäten im Wohnungsbau sehr deutlich gemacht, auch wenn es schwierig ist, Prioritäten in diesem Bereich zu benennen. Ich finde es aber wichtig, den eigenen Standpunkt klarzumachen. Ich habe gesagt: Es geht darum, dass Wohnungen gebaut werden – das ist auch im Redebeitrag des Herrn Abgeordneten Stolz deutlich geworden –, für ganz normale Leute mit ganz normalen Jobs und mit ganz normalen Einkommen – Polizeibeamte, Krankenschwestern, Kassiererinnen und Kassierer, Erzieherinnen und Erzieher –, Leute, die keinen Wohnberechtigungsschein haben, die sich jede Woche Mühe geben, am Ende eines jeden Monats aber nicht reich sind, die sich keine 25 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter leisten können. Für diese Menschen müssen wir Wohnungen in Hessen bauen.

Ich habe zweitens gesagt, dass wir unseren Beitrag dazu leisten wollen, dass die Wohnungswirtschaft wieder in Gang kommt, weil wir nämlich wissen, dass der Wohlstand Hessens davon abhängt, dass die Unternehmen der Bauwirtschaft endlich wieder anpacken können, dass sie auf

den Baustellen unterwegs sind, dass die Kapazitäten nicht abgebaut werden.

Das sind unsere zwei Prioritäten, und an denen haben wir vom ersten Tag dieser Legislaturperiode an gearbeitet.

(Beifall SPD und vereinzelt CDU)

Da wird man auch über strittige Dinge sprechen müssen. Als eben das Thema Schallschutz erwähnt wurde, gab es einen Zwischenruf aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – ich weiß nicht, von wem –, der lautete: „Sind Sie denn gegen Schallschutz?“ Ich will Ihnen ganz offen sagen, auch wenn das eine streitbare Haltung ist: Ich bin gegen zwingenden überbordenden Schallschutz. Ich will es Ihnen an einem Beispiel aufzeigen. In den Neunzigerjahren sind Stahlbetondecken mit 18 Zentimeter Dicke verbaut worden. Heute werden Stahlbetondecken mit 24 Zentimeter Dicke und mehr verbaut. Dafür gibt es überhaupt keinen statischen Grund. Die Technik hat auch vorher funktioniert. Der einzige Grund dafür, dass man das macht, ist, dass mehr Schall absorbiert wird als vorher. Ich finde, wenn die Priorität ist, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, dann müssen solche Standards wieder abgeschafft werden.

(Beifall CDU und SPD)

Es geht auch gar nicht darum, das für alle zwingend zu machen, sondern darum, Ausnahmen zu ermöglichen, damit es eine Vielfalt im Wohnungsbau gibt.

Herr Abgeordneter Dr. Naas, auch Ihnen kann es in diesen sechs Monaten nicht schnell genug gehen. Der Bundesjustizminister, der Ihre Farbe hat, verspricht nun seit drei Jahren, dass er im Zivilrecht Möglichkeiten schaffen will, andere Baustandards zu vereinbaren. Ich drücke dem Bundesjustizminister die Daumen, und sobald er einen Vorschlag auf den Tisch gelegt hat, wie man im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen abweichende Baustandards vereinbaren kann, kann er sich auf die Unterstützung Hessens im Bundesrat verlassen. Wir stehen dem Bundesjustizminister zur Seite.

(Beifall CDU und SPD – Zuruf Dr. Stefan Naas (Freie Demokraten))

Wir machen unsere Hausaufgaben. Wir haben zu Beginn der Amtszeit die Kommission „Innovation im Bau“ eingesetzt. Wir haben sogar Zusatztermine geschaffen, um das Tempo der Arbeit in dieser Kommission zu erhöhen. Die Wirtschaft hat sich nach dem letzten Termin sogar dafür bedankt, dass wir das Tempo anziehen, damit wir in diesem Jahr ein erstes Baupaket auf den Tisch legen können. Wir werden uns selbstverständlich an dem orientieren, was Niedersachsen macht, was Bayern macht, was viel dazu beitragen kann, dass kostengünstiger, schneller und effizienter gebaut werden kann. Ich bin gespannt, ob wir dann noch die Unterstützung der GRÜNEN und der FDP in diesem Hause haben.

(Beifall CDU und SPD)

Wir rollen die digitale Baugenehmigung aus. Nahezu jede Bauaufsichtsbehörde wird in naher Zukunft in der Lage sein, dass die Menschen ihre Bauanträge bis zum Ende digitalisiert einreichen können. Wir können am Ende des Tages nicht beeinflussen, wie das Zinsniveau der EZB sein wird; aber wir werden jeden Tag unseren Beitrag dazu leisten, dass effizienter, schneller und günstiger gebaut werden kann.

Um Ihre Frage zu beantworten, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, warum wir Sie bei Ihrer Forderung nach einem Zinszuschuss nicht unterstützen: weil wir mit dem Hessengeld ein besseres Instrument eingeführt haben.

(Beifall CDU und SPD – Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Aktuelle Stunde unter Tagesordnungspunkt 36 abgehalten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 37 auf:

Antrag Aktuelle Stunde

Fraktion der Freien Demokraten

Die Affäre Mansoori. Genügt der Wirtschaftsminister seinen eigenen „Werten und Ansprüchen“? – Drucks. 21/1049 –

Das Wort hat der Wirtschaftsminister. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit Mitte Juli befassen sich nun die AfD, die GRÜNEN und die FDP mit einem simplen Sachverhalt: Eine Staatssekretärin wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt, weil eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich war.

Der Ausgangspunkt war eine streitbare Pressemitteilung, in der ich mehr Angaben gemacht habe, als ich von Gesetzes wegen hätte machen müssen.

Die Abläufe sind inzwischen bekannt. Ein Sachverhalt über das Auftreten meiner damaligen Staatssekretärin außerhalb des Ministeriums erreichte mich zu Beginn der letzten Plenarwoche vor der Sommerpause. Aus diesem Anlass führte ich mehrere Gespräche mit ihr über ihr Auftreten und über meine Erwartungen. Das Vertrauen in eine weitere Zusammenarbeit war in diesen Gesprächen nicht mehr herzustellen. Zum Ende der besagten Woche habe ich meiner damaligen Staatssekretärin im Gespräch mitgeteilt, dass wir uns trennen werden.

Mit der Bitte um Versetzung in den einstweiligen Ruhestand habe ich eine harte Entscheidung getroffen. Dieser Entscheidung war eine längere Entwicklung mit Differenzen über die Amtsführung in meinem Ministerium vorausgegangen. Die Entscheidung zur Trennung fiel nicht aufgrund eines singulären Sachverhalts. Sehr wohl stellt der Sachverhalt aber den entscheidungserheblichen Schlusspunkt der Entwicklung dar – trotz der von mir mehrfach betonten fachlichen Wertschätzung für Lamia Messari-Becker, die ich mir ausdrücklich im Ministerium gewünscht habe.

Einerseits lautet der in der Debatte erhobene Vorwurf, ich hätte zu viel gesagt, andererseits wird der Vorwurf erhoben, ich hätte zu wenig gesagt. Hätte ich die Erklärung, die ich später verfasste, anders formulieren können? – Ja. Wäre es womöglich sogar besser gewesen, sie knapper zu halten? – Aus heutiger Sicht ja. Bedauere ich den Fortgang? – Ja. Hätte es irgendetwas an meiner Bewertung des Sachverhalts und an meiner Entscheidung geändert, wenn

ich die Erklärung anders verfasst hätte? – Nein. Denn die Bürgerinnen und Bürger dürfen erwarten, dass die Spitze von Ministerien eng und vertrauensvoll zusammenarbeitet.